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Dresdner Journal : 15.07.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189307151
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930715
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930715
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1893
- Monat1893-07
- Tag1893-07-15
- Monat1893-07
- Jahr1893
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- Dresdner Journal : 15.07.1893
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— In» ersten Quartal de- Etatsjahre» 1893/94 find an Wechselstempelsteuern im Reiche verein» nahmt 2 007 537,55 M.: gegen den gleichen Zeitraum de- Vorjahres ist das ein Mehr von 57 293,65 M. — Die „B.P.N." schreiben: „Der Futterversand aus den östlichen Provinzen Deutschlands nach dem notleidenden Westen hat seit etwa einer Woche begonnen und nimmt täglich wachsende Dimensionen an. Was für Materialmengen das Ernteergebnis der Landwirtschaft des Ostens zur Verfügung gestellt hat, ersieht man daraus, dah der Andrang zu den Bahn stationen ein derartiger ist, daß oft auf langen Straßen- zügen der Verkehr stockt. Es werden ganze Eisenbahn züge mit Heu abgelassen, von denen jeder einzelne Waggon bis zu 50 Zentner Heu ladet, was, den Zug zu durchschnittlich 50 Wagen gerechnet, jedesmal eine erkleckliche Menge auSmacht. Und dabei werden die Zufuhren eher größer als geringer. Die Beamten müssen vielfach über ihre gewöhnlichen Dienststundcn hinaus arbeiten, um den Verkehr bewältigen zu können." — Die namentliche Abstimmung im Reichstage am Donnerstag über 8 1 der Militärvorlage wies wohl die größte Präsenzzahl auf, welche bisher im Reichs tage konstatiert worden ist. Von den 397 Mandaten sind infolge der Doppelwahlen 5 unbesetzt und von den 392 Abgeordneten nahmen 385 an der Abstimmung teil, von denen 198 mit Ja, 187 mit Nein stimmten. — Gefehlt haben: die Abqg. Ahlwardt, v. Czarlinski, Hartmann (Württemberg) krank, Letocha, Leuß, Lieber mann v. Sonnenberg und Wenzel. — Der Abg. Letocha (Zentrum) hat gestern sein ReichStagSmandat niedergelegt. Er fehlte schon vorgestern bei der Abstimmung über 8 1 des Militärgesetzes. Hr. Letocha gehörte zu denjenigen Zentrumsmitgliedern, welche sich in der Wahlbewegung „freie Hand" Vor behalten hatten. — Die wirtschaftliche Vereinigung im Reichs tage hat gestern in ihren Vorstand gewählt: von den Deutschkonservativen die Abgg. v. Manteuffel und v. Ploetz, von der ReichSpartei v. Kardorff und Leuschner, von den Nationalliberalen vr. Enueccerus und Münch-Ferber und endlich den Antisemiten Lieber mann v. Sonnenberg. Weimar, 14. Juli. Seitens der Großherzvg- lichen Staatsregierung sind die Anträge der lantwirt schaftlichen Zentralstelle zur Bekämpfung der Futter- not, über die vor einigen Tagen berichtet ward, alsbald in eingehende Beratung gezogen worden. Entsprechend denselben ist beschlossen worden, alsbald die Beifügun gen über eine vermehrte und erleichterte Abgabe von Streu- und Futtermitteln aus den Staatswaldungen zu erlassen. Auch sollen die beträchtlichen Gemeinde Waldungen in gleicher Weise nutzbar gemacht werden. Die Kammergutspächter sollen auf Antrag die Erlaub nis zum Verkauf von Stroh erhalten. Vor allem aber hat die Regierung eine Summe von 400000 M. bestimmt, um den bedürftigen Gemeinden Darlehen zu 3 Prozent zur Beschaffung von Streu- und Futter mitteln zu gewähren. Und zwar werden sich die Ge meinden dabei der Unterstützung der landwirtschaftlichen Hauptvereine zu bedienen haben. Die Regierung ist bei dieser Beschlußfassung von der sehr richtigen An schauung ausgegangen, daß cs jetzt zunächst darauf ankomme, der in Bezug auf die Sommerfütterung des Viehs bestehenden Not einigermaßen entgegenzutreten, wo sich diese bereits übersehen läßt. Dies sei noch nicht der Fall in Bezug auf die Winterfütterung. Sollte auch hier ein Notstand eintreten, so wird sie alsbald weitere Maßnahmen treffen und unter Mit wirkung des Landtags alsbald durchführen. — Die beispiellose Trockenheit hält an ; zwar haben hier und da Strich und Gewitterregen stattgefunden, aber sie haben keine nennenswerte Feuchtigkeit gebracht. Die Wasserverhältnisse gestalten sich infolgedessen sehr be denklich; in manchen etwas höher gelegenen Orten muß schon seit geraumer Zeit das Wasser zu Wagen herbeigeschafft werden. Der Bestand an Rindvieh und Schafen hat sich infolgedessen erheblich vermindert. Wien, 14. Juli. Die Annahme des entscheidenden ersten Paragraphen der deutschen Militärvor lage findet bei sämtlichen Wiener Blättern Zu stimmung Sie drücken ihre Befriedigung darüber aus, daß endlich diese Frage ihrer Erledigung ent- gegeugehe, welche nur allzulange den deutschen Reichs tag und das deutsche Volk ausschließlich beschäftigt habe. Es sei nun zu wünschen, daß auch aus der ferneren Beratung der Vorlage die Regierung als Siegerin Hervorgehen werde, damit sie sich endlich anderen Aufgaben zuwenden könne Namentlich warnen die Wiener Blätter die Parteien des deutschen und sie allein wären dazu vielleicht im stände. Wohl gärt es unklar in ihren Köpfen, aber der Mann fehlt, der sich an ihre Spitze stellt und ihnen den richtigen Weg weist. Ich weiß übrigen»' nicht," schloß er, „weshalb ich Euch dieses alles erzählt habe, aber Euere Art flößt mrr Vertrauen ein." Magdalena Pape hatte aufmerksam auf jedes Wort geachtet. Jetzt sprach sie leise: „Heinrich Paternoster maker! Auch eines Weibes Rat fällt mitunter auf fruchtbaren Boden. Ihr habt ebenso, fast noch mehr gelitten, als ich. Laßt mich nach denken, vielleicht finde ich besser als Ihr den Weg zur Vergeltung. Eins muß ich Euch jedoch heute schon sagen. Ich weiß den rechten Mann, der in seiner Hand alle Fäden vereinigen, der mit klugem Vorbedacht alle Unzufriedenen um sich scharen muß, wenn der Anschlag gelingen soll. Aber wir beide find so offenherzig gegen einander gewesen, daß es für dieses Mal genug sein mag. Ich werde jetzt gehen. Reicht mir die Hand auf treue BundeS- genossenschaft." Er fühlte ihren warmen Händedruck und sah ihre großen feuchtschimmerndcn Augen nahe seinem Antlitze. „Ihr seid schön, Magdalena", flüsterte er, „sehr schön." Sie lächelte ihn berückend an. Er zog sie an sich und drückte einen Kuß auf ihre Lippen. Sie riß sich loS: „Lebt wohl, unser Bündnis ist besiegelt." DaS Licht zitterte in seiner Hand, während er sie auf den Flur hinauSbegleitete. Reichstages davor, durch kleinliche Bedenken die An- nähme der ganzen Vorlage zum Scheitern zu bringen, denn der ganze Kampf sei eine Augenweide für die Feinde des Deutschen Reiches gewesen, den zu be- schließeu es hohe Zett sei. Die Stellung der einzelnen Parteien zur Vorlage findet in den Blättern eine kritische Beleuchtung und eS wird die Opposition ein» zelner Parteiführer auf daS Schärfste verurteilt. „Zum glückt," lo schreibt da» ,.Fremd«oblattver mögen weder Zentrum, noch «ichterparlei die Annahme de- MilitSruorlage zu vereiteln; man hat r» dem Reichskanzler schwer genug gemacht, dem Reiche die Macht,n geben, die er und alle deutschen Fürsten und Regierungen für unerläßlich halten; aber unmogUch kann mau e» ihm nicht mehr machen. Da) läßt sich wohl schon heute sagen, noch ehe alle Teile de« Besetze» die zwei r Lesung passiert haben " Die „Neue Freie Presse" tadelt die Liberalen, daß sie sich wegen der MilitSrvorlage entzweit haben, wodurch sie eS dem Grasen Caprivi erschwert haben, sich weiter aus der mitt leren Linie seiner bisherigen Politik zu halten. Sie haben dadurch nur den reaktionären Elementen d>» Feld ringerLumt. Schließlich ermahnt das Blatt die Liberalen sich wieder zu vereinigen. Andere Blätter betonen die Schwierigkeit für den Reichskanzler, mit der schwankenden Majorität deS jetzigen Reichstage« weiter zu regieren, wenn einmal die Militärvor lage angenommen sern werde. — In Angelegenheit deS FutterauSfuhrver- botS fand gestern ein Ministerrat statt, zu welchem oer Ackerbauminister Graf Falkenhayn, seinen Urlaub unterbrechend, von Ischl nach Wien gekommen war. Stach Beendigung dcr Verhandlungen mit Ungarn, welche jetzt in einem rascheren Tempo fortgesetzt werden sollen, wird im ungarischen und im österreichischen Amts- blatte der Ausfuhrverboterlaß der beiderseitigen Ge- samtministerien erscheinen. Entgegen anderweitigen unrichtigen Mitteilungen, daß die Ungarn dem Aus fuhrverbote Schwierigkeiten machen, konstatiert das „Wiener Tagblatt" daß gerade der Wunsch der Un garn für die österreichische Regierung entscheidend war, dem Futterausfuhrverbote zuzustimmen, an wel chem die Ungarn in erster Linie ein Interesse haben, und zu welchem man sich hier nur mit Rücksicht auf die Zukunft der Viehzucht entschlossen hat. — Ganz unabhängig von den zwischen den beiden Regierungen im Zuge befindlichen Verhandlungen inbetreff des eventuellen Erlasses eines Viehfutterausfuhrverbotes hat der ungarische HandelSminister Lukacs schon mit dem gestrigen Tage angeordnet, daß auf den genannten Linien der Staatseisenbahnen der bisherige begünstigende Ausnahmetarif für Heu, Stroh und Häcksel undRoh- preßstroh am I. September d. I. außer Kraft tritt und demnach mit dem vorgeschriebenen sechSwöchent- lichen AnkündigungStermiu für Heu, Stroh, Häcksel uud Rohpreßstroh die regulären Frachtsätze deS Lokal- gütertarises, und zwar als Nachtrag vom 4. September in Geltung treten. Ebenso wurden im westungarisch- vsterreichischen Eisenbahnverbande dieselben Tariferhöh ungen mit der Geltung vom I.September d.I. angeordnet. — In dem beabsichtigten Verbot der Ausfuhr von Stroh, Heu, Rapskuchen und einigen anderen Futter stoffen foll angeblich die Möglichkeit der Gewährung von Ausnahmen im Wege des Dispenses Vorbehalten werden. Solche Ausnahmen würden aber voraus sichtlich nur für solche Sendungen in Betracht kommen, für welche die Käufe bereits vor der Publikation des Verbotes abgeschlossen waren und der Kaufpreis schon ganz oder teilweise bezahlt ist, oder die sich schon auf dem Wege nach der Grenze befinden. Keinesfalls würden die Ausnahmen auf Spekulationskäufe An wendung finden. — Die wegen thätlicher Beleidigung des Erzbischofs Sembratovic verhafteten rutheni- sehen Studenten wurden auf die günstige Aussage des Erzbischofs hin unter Einstellung der Untersuchung aus der Haft entlassen. Pari-, 13. Juli. Dank einem großen Kratt- aufwande hat die Kammer noch gestern abend spät die Budgetberatung vollendet. Nach Beseitigung aller Vorschläge, welche auf eine Umgestaltung der Thüren- und Fenstersteuer, sowie der Getränkesteuer abzielten, war von den Reformen, mit welchen sich die Abgeordneten den Wählern zu empfehlen gedachten, nichts übrig geblieben; aber unter den jetzigen Um ständen sah die Mehrheit schon einen schätzbaren Ge winn darin, daß sie überhaupt fertig geworden war. Mehr als einmal hatte man befürchtet, auf halbem Wege stehen bleiben zu müssen. Wie gewöhnlich gingen der schließlichen Abstimmung einige Prinzipien- erklärungen vorauf. Namens der Rcchlcn erklärte dAilliercs: „Wir halten cs sür nöäg, die Verantwortlichkeit für einen Haushaltsplan abzulehnrn, in welchem man irrigerweise Reformen zu finden hoffte. Die verfpiochenen Reformen sind au« geblieben, und man hat nichts gethan. um die steigende Flut der Ausgaben einrudämmen Das Budget für l89s ist nickN im Gleichvewicht: wir lärmen uns diese» Bankerott aller Haffuuugea nicht a»- schließen' Der Vorsitzende dieses Ausschusses, Burdeau, antwortete: , Wir Haden diese» falschen Anschuldigungen das Bild der Wahrheit entgegen M iellen Gerade diejenige», welche den Re» publikaneru vorwerfen, leine Reformen auSzuführe» haben gegen diese Reformen gestimmt Gerade sie haben behändig für die neue» dlasgaben gestimmt, um sich bei ihre» Wählern beliebt zu machen ; sie sind dieselben, welche durch ihre Bünd- niff« die Zukunft d - Lande» gefährdet haben. Die jetzige g«- setzgebende Versammlung hat das mühsame Werk au-gefühn, in den Staatshaushalt Einheitlichkeit rinzuführen; sie hat da» außerordentliche Eri.'gSbudgel abgc,-hofft. Sie hat in stark m Maße zum Verschwinden der ZinSgarantien, der Schul» und Bizinalw:gckasjen, welche die Rechte wieder Herstellen wollte, bei- getragen. Und während die Kammer dieser Aufgabe nachgiug, stiegen die öffentlichen Fond-, und die Nachfolger der jetzigen vefetzgeber werden die Früchte ihrer Arbeit ernten Die Re publikaner können ohne Furcht vor dem Publikum erscheinen und sein Urteil abwarten.' Paris, 14 Juli. Das auf den heutigen Tag fallende Nationalfest ist in Frankreich seit 14 Jahren stet- in Eintracht aller Republikaner und unter Teil nahme der gesamten Bevölkerung gefeiert worden. Heute sollte eS anders sein, so wollten es der Gemeinde rat, die radikalen Abgeordneten, die Arbeitersyndikate und die Studenten, die sich in Vorschlägen zur Ver hinderung der Festlichkeiten Überboten. Gestern abend bei der Vorfeier herrschte unaewöhnliche Stille, im Quartier Latin war keine Fahne sichtbar, selbst die Cafe- und Bierlokale waren gezwungen, jede festliche Dekorierung zu Unterlasten, um die Studenten nicht herauszufordern. In den Arbeitervierteln war eben falls äußerlich nur geringe Beteiligung Heute morgen um 9 Uhr fand der Zug der elsässisch-lothringischen Vereine vom Boulevard Straßbourg nach der Place de la Concorde zur Bekränzung der Statue der Stadt Straßburg statt. Der Zug bestand aus einem Dutzend Vereinen mit beflorten Bannern, im ganzen waren es elwa 500 Männer, Frauen und Kinder, letztere vielfach in elsässischer Tracht. Da es in Strömen regnete, waren auf den Boulevards wenig Neugierige. Auch erfolgten keinerlei Manifestationen. Auf der Place de la Concorde hatte die Polizei den Platz um die Statue freigehalten. Nach erfolgter Anbringung der Fahnen und Kränze wurde die Marseillaise gesungen, vrve la kraue«! viv« I'^l8aee- kiorraiue! gerufen, worauf der Zug sich nach dem Denkmal der Jungfrau von Orleans in der Rue du Rivoli und dem Denkmal Gambettas auf der Place du Caroussel begab. Früh morgens hatten bereit- eine Deputation der Leol« politeodnilju« und die Mitglieder der ehemaligen Patrivtenliga die Statue der Stadt Straßburg geschmückt. London, l4. Juli. Das englische Unterhaus hat gestern den zweiten Abschnitt der Homerulebill erledigt, d h. die Beratung des Paragraphen 9 wurde pünktlich um 10 Uhr abends abgebrochen und die Paragraphen 10 bis 26 debattelos angenommen, soweit sie nicht auf Wunsch der Regierung gestrichen oder zurückgestellt wurden. Die Gestaltung der Klausel 9 machte zwar gestern noch viele Schwierigkeiten, schließ lich erhielt das Kabinett aber doch eine Mehrheit von 29 Stimmen für seinen Antrag. Die gesamte Vorlage muß nach der Resolution Gladstone am 27. Juli be endigt sein. Es erübrigt dann nach die Bericht erstattung nnd die formelle dritte Lesung, ehe die Vor lage an das Oberhaus gelangt. Lord Salisbury hat an die konservativen Lords schon jetzt ein Rundschreiben gerichtet, worin er sie um ihre Anwesenheit im Ober hause für die letzte Woche im August und die erste Woche im September ersucht aus Anlaß der dann zu erwartenden Generaldebatte über die Homerulebill Durch diese Thatsache ist das Gerücht widerlegt, die Lords würden die Bill sofort bei dem formellen Ein bringen verwerfen. Es scheint im Gegenteil, als ob sie geneigt sind, wenigstens die Form zu wahren, um in den Augen der großen Masse nicht als vorein genommen und befangen in ihrem Urteil zu gelten. Ueber den Verlauf der gestrigen Unterhaussitzung wird der „Voss. Ztg." folgendes berichtet: Der Gladstoneaner Wallace erklärte bei der Erörterung des Antrag« Gladstones, der neueste Plan der Regierung würde Großbrr'annien unter den Hus Irlands bringen. — LabouchLre und Pease unterstützten den Antrag. — Balsour bekämpste ihn im Natmir de Opposition und warf der Regierung Mangel an Konsrqucnz vor. Statt da» Haus zu leiten, ihm eine Politik zu unterbreiten und an dieser sestzuhalten, ändere sie ihre Pläne täglich. Solche Regierung anzugreisin, sei kaum der Mühe w.rt. — Gladstone entgegnete, eS sei der Re gierung völlig gleickgiltig, ob Balfour sie angreffe oder nicht. Während der letzten sieben Jahre habe die Regierung stets ein- peräumt, daß die Frage der Beibehaltung der irischen Abgeord neten und die Form dieser Beibehaltung mit Schwierigkeiten veeknüpst sei Die Regierung habe wiederholt dargrthan, daß jedwedes Verfahren ernsten Bedenken offen stände. Deshalb habe st« di« Eulscheiduug über die verschied«»«» Möglichkeiten de« Urteile d«S H««seS überlasse». — Ihawberlai» be hauptet, die Regierung hätte das Parlament sofort aufläse» u»d Wege» dieser Frag« an da» Lard appelliere« solle», «oetl Gladstone versprochen habe, da» britische Volk solle i» dieser Frage die entscheidend« Stimme habe«. — Gladstone rrwiderle, Großbritannien hab« di« entscheidende Stimme in dicßm Parla ment. weil besten Vertreter die Mehrheit deS H-useS bildeten. — Shamberlai» entgegnete, r» handele sich ru» die Frage, ob die Interessen Großbritannien» geprüft werde» sollten »on Delegierten au« Irland, die von Priestern vorgeschlage», mm ungebildeten Wähler» gewählt uud vo» Feinde» Englands unterstützt würden. Nachdem im weiteien Verlaufe der erregten Er örterung noch der Parnellitenführer Redmond für den Anttag, der Gladstoneaner Ione- dagegen gesprochen hatte, wurde um 10 Uhr zur Abstimmung geschritten, welche die Annahme des ministeriellen Antrages mit 326 gegen 297 Stimmen ergab. Die Gladstoneaner Rathbone, JoneS, Clark Wallace und Bolton stimmten gegen die Regierung, vier Liberale enthielten sich der Abstimmung Klausel 9 wurde in. der abaeänderten Fassung, daß 80 irische Abgeordnete ohne Einschränkung ihrer Stimmberechtigung im Reichsparlament bei- behalten werden sollen, mit einer Mehrheit von 29 Stimmen der Vorlage einverleibt. Der Antrag der Regierung auf Streichung der Klausel 10 wurde mit 358 gegen 49 Stimmen genehmigt; fast die ganze Opposition hatte sich der Abstimmung enthalten. Die Klauseln 11, 12, 13, 17, 20, 2l wurden ohne Ab stimmung gestrichen, die Klauseln 14—16 zurückgestellt uud die Klauseln 18, 19, 22 bis 26 mit der Durch schnittsmehrheit von 34 Stimmen angenommen. — In der heutigen Sitzung des Unterhauses erklärte der Premierminister Gladstone auf eine bezügliche Anfrage, da« auswärtige Amt habe gehört, daß fran zösische Schiffe den Menamfluß hinaufgefahren seien, wisse jedoch nicht, daß diese Schiffe Siam mit Feindseligkeiten bedrohen wollten; er müsse da her jede Erklärung verschieben, bis die von Frank reich erwarteten Auseinandersetzungen eingetroffen sein würden. — Hierauf wurden nach kurzer Debatte die Glückwunschadreffen an die Königin, den Prinzen und die Prinzessin von Wales und den Herzog und die Herzogin von Aork anläßlich der Vermählung der letzteren einstimmig angenommen. Im Laufe der De batte sprach W Redmond sein Bedauern darüber auS, daß die Hochzeit nicht von einer Amnestie sür irische politische Gefangene begleitet gewesen wäre. — Der Kanzler der Schatzkammer Harcourt erklärte, nach den Btrichten des britischen Ministerresidenten Jones in Bangkok und des Befehlshabers des dort stationierten Kanonenbootes scheine es, daß zwei französische Kano nenboote gestern abend ihren Weg trotz der Opposition der siamesischen Behörden und auch gegen den Wunsch des französischen Ministerresidenten erzwungen hätten und vor Bangkok gegenüber der britischen Gesandtschaft vor Anker gegangen seien. Die britische Regierung sei zu der Ansicht geneigt daß diese Aktion von dem französischen Flottenkommandanteu ohne Ermächtigung seiner Regierung erfolgt sei, da dieselbe nicht im Ein klang mit den wiederholien Versicherungen des fran zösischen Ministers des Auswärtigen stehe, wonach die britische Regierung eine vorherige Anzeige von jeder neuen etwa beschlossenen Aktion erhalten sollte. Es müßten jedoch die Erklärungen abgewartet werden, die ohne Zweifel aus Paris eintteffen würden, sowie weitere Berichte hinsichtlich der Entwickelung der Er eignisse in Bangkok, bevor eS möglich sei, sich eine definitive Ansicht über das Vorgefallene zu bilden oder eine solche auszusprechen. Athen, 12. Juli. Am nächsten Sonntag wird im Beisein des Königs von Griechenland, der Spitzen der amtlichen Welt und der Gesellschaft die feierliche Eröffnung des Kanals von Korinth vor sich gehen. Die Bedeutung der neuen Wasserstraße für den Verkehr Europas mit dem östlichen Becken deS Mittelmeeres und darüber hinaus mit Salonichi, Konstantinopel und den Häfen deS Schwarzen Meeres liegt auf der Hand. Alle diese Plätze nebst den See städten an der Küste Kleinasiens werden durch den neuen Kanal ihre Beziehungen zum Abendlande sich verbessern und vervielfältigen sehen. Das jetzt voll endete Werk wurde, so schreiben die „B. P. N", schon zu Neros Tagen in Angriff genommen, aber nicht zu Ende geführt. Seine Größenabmessungen entsprechen denen des Suezkanals, und wenn auch der Verkehr, der den korinthischen Kanal benutzen wird, den Ver gleich mit der Frequenz des Suezkanals wohl niemals wird aushalten können, so wiid er doch vollständig hinreichen, um dem neue» Wasserwege eine hervor ragende Rolle im modernen Seeverkehr de« Mittel- Johann Smede rieb sich schlaftrunken die Augen, als Paternostermaker vor ihm stand. „Du geleitest Magdalena Pape wieder nach Hause. Noch eins. Ich sagte Dir schon, daß Du reinen Mund über diese Begegnung halten solltest. Nimm daher Deine Zunge in acht. Dir könnte sonst übles widerfahren." Paternostermaker ließ die beiden hinaus und schloß vorsichtig den Riegel. „Ich muß doch gleich morgen wieder einmal mit Heinrich von der Wische sprechen", dachte er, indem sich zur Ruhe begab „Das Weib kann recht haben. Nur Entschlossenheit führt zum Ziele.' 6. Paternostermaker schlief in dieser Nacht so ruhig und fest wie immer. Seine eiserne Natur war schwachen Aufwallungen zugänglich, eine nachhaltige Aufregung aber gewann so leicht nicht die Herrschaft über ihn. Als er am anderen Morgen etwas später als gewöhnlich erwachte, lächelte er bei dem Gedanken an das Erlebnis der Nacht still vor sich hin. ES kam ihm sehr merkwürdig vor, daß ein Frauenzimmer ihn zum Fortschreiten auf dem Wege ermutigen wollte, den zu betreten seit langer Zeit schon seine Absicht war. Wenn er sich Magdalena gegenüber halb ab- lehnend verhalten hatte, so entsprang diese» Benehmen ganz seiner stet- geübten Vorsicht. Tr sprach mit Fremden nur in Andeutungen, au» denen allenfalls auch da» Gegenteil von dem, wa» er dachte, herauszulesen war. Die» mußte jedoch ein Ende nehmen, sobald er an die Spitze eine- Unternehmen» trat, dessen Aus führung ebenso kühn wie gefährlich war. (Forts sol,,) Konzert. Auch d-m zweiten Konzert der Badi schen Militär-Kapelle ist gestern ein starker Be such und die lebhafteste Anerkennung der Hörerschaft zuteil geworden. Die Veranstaltungen dieses Orchesters bringen nicht nur dem großen Publikum eine neue Kost, sondern nehmen auch das spezielle Musikintercsse gefangen durch den historischen Reiz der Programm gestaltung. Sie verzichten auf das Universal-Unter haltungsmittel btkinnter Ouvertüren und Opern- transcriptionen und fassen mit ihren eigenartigen Gaben die Menge doch an der gleichen Stelle, wo sie am sichersten zu halten ist, an der Empfänglichkeit für daS Melodiöse. Von der Melodie, dem ewigen Quellpunkt der Musik, strömt ja die stärkste magnetrsche Kraft auf das Publikum aus und wieviel anmutige, frische r nd kernige Melodik findet sich schon in deu LandStnechts- stücken und in den Märschen des siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert»! Fein und leicht zieht sie ihre Linien noch in der Musik der Landsknechte, die eigentlich nur durch kräftigen RythmuS das rauhe Ge werbe der Söldnerkrieger betont, aber bereit» mit dem Anfang de» achtzehnten Jahrhundert» nimmt sie derbere Elemente in sich auf und vor allem schmiegt sich die instrumentale Behandlung dem wachsenden Lärm de» militärischen Gewerbe», der Schlachten an, die unter dem Donner der Feuerwaffen, nicht mehr im Handgemcnge entschieden werden. Höchst charakteristisch für diesen Entwickelung-gang der Melodiebildung und der Instrumentierung, zugleich auch fesselnd in den mannigfaltigen Klangwirkungen der verwendeten Original-Tonwerkzeuge waren in den beiden Konzerten die Vorführung de» Militärmarsche» von seinen Anfängen di» auf unsere Zcit und der „histonschen Albumbiälter", die aUecdi gs auch einige lyrische Stücke enthielten . . . Auf die musikgeschicht lich interessante Seite der Produktionen näher einzu gehen, darf uns erspart bleiben, da die verteilten Pro gramme für jede einzelne Nummer mit vollkommener Sachkenntnis auSgedrückte Erläuterungen brachten. Über kas Leistungsvermögen der Kapelle haben wir un» bereits geäußert. Es ist bewundernswert, mit welcher ebenmäßigen Fettigkeit die Spieler ihre modernen Instrumente für die Harmoniemusik wie die älteren und die gegenwärtig ungebräuchlichen be handeln, mit welcher Schlagfertigkeit und Feinheit in allen rythmischen und dynamischen Abstufungen, mit welcher Klarheit und Noblesse in den verschied, nsten instrumentalen Klangeffeklen sie ihre Vorträge ge- stalten. Der Vollklang dieses Orchesters ist w vor nehm, so abgeklärt, alle seine Darbietungen tragen einen so musikalisch echten und lebensvollen Charakter, daß e» auch ohne seine glänzende Spezialität historischer Militärmusikvorttäge Aufsehen beim Publikum und auSzeichnenden Beifall bei den Kennern finden würde. Die Kapelle und ihr trefflicher Leiter dürfen de» Dankes der Dresdner Musikfreunde versichert sei«.- Vielleicht nehmen sie aus der freundlichsten Haltung unsere» Publikum» und au» dem ungewöhnlich gün stigen Spruche der Kritik Veranlassung zu einer baldigen Wiederkehr. i Köruer-Bidliographie. Im Anschluß an unsere kürzlich gebrachte Besprechung der Schrift „Theodor Körner und seine Beziehungen zur Musik" von Ro- bert Musiol sei auf tue bereit» anläßlich de» hundert-
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