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Dresdner Journal : 06.04.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-04-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189504062
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18950406
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18950406
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1895
- Monat1895-04
- Tag1895-04-06
- Monat1895-04
- Jahr1895
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- Dresdner Journal : 06.04.1895
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K41 Kltbald erhebt sich neues Geschrei und wUder Lärm in »m Raddaublättern Daß die schlimmen Engländer mit Vorbedacht diesen Unfall herbeiführten, ist natürlich der crste Gedanke, den Störenfriede in die erregbare Masse schleudern Man wundert sich fast, daß nicht auch alsbald ein oder mehrere Minister als Mitverschworene bei dieser angeblichen Unthat verdächtigt werden. Statt dessen macht man den Präsidenten der Republik als früheren Marineminister vnd den letzten Kriegsminister, General Mercier, den man jüngst noch als Hauptpatrioten auf den Schild erhoben, für die Charterung der englischen Dampfer verantwortlich und greift sie aufs heftigste an, um den heutigen Marine minister Admiral Besnard dafür zu verherrlichen. Der letztere soll bei seinem Amtsantritt sich gegen die Ein haltung des englischen Bertrags ausgesprochen und verlangt haben, man solle Reuegeld zahlen und französische Dampfer nehmen. Ob das unwahrscheinlich ist oder nicht, macht nicht« aus. Es paßt in den Angriffsplan: eS soll wieder ein Ministerium gestürzt und allgemeine Perwirrung an- gerichtet werden. Daher wird frischweg behauptet, Admiral Besnard habe damals alle Verantwortlichkeit von der Hand gewiesen, sei hernach mit aller Macht gegen die Annahme der Einladung nach Kiel gewesen und habe nun seine Ent lassung eingereicht. Ob letztere Annahme frei und schlecht erfunden ist, verschlägt wieder nicht«. Die Sache hilft für den Straßenverkauf eines lärmenden Abendblattes und erfüllt daher ihren Zweck In den Regierungskreisen wird man übrigens bei dem neuen Lärm ebenfalls unruhig und nmös. Das Hauptorgan der Ministeriellen läßt sich be- Ml« von einem Arzte, der lange in Madagaskar gehaust hat, in aller Form bescheinigen, daß eine Verzögerung des Aufbruchs der Expedition bis gegen Ende Mai dem Ge sundheitszustand der Truppen in Madagaskar eher günstig als nachteilig sein würde. Das mag richtig sein Nun entsteht die Frage, ob durch die Verzögerung nicht die Zeit des hohen Wasierstandes verpaßt wird, der eine Grund bedingung für den Flußtransport von Truppen und Mate rial auf der ersten Hälfte des Marsches bildet. — Im „Echo de Paris" findet sich ein interessanter Artikel Fouquicrs über die „Bismarckfeier", der folgende bezeichnende Stelle enthält: „.... ich verberge nicht eine Minute lang die Sympathie, welche ich dem deutschen Volk bewahrt habe. Wenn man sich einiger Geistcsfreiheit erfreut, so muß man anerkennen, daß die Deutschen, selbst militarisiert, durch den Kampf erregt und siegestrunken, bei der Eroberung maßvoll verfuhren. Ihre Führer haben zwar mit höchster Strenge die Kricgsgesetze mgewendet, aber sie haben bei ihren Soldaten die Dis ziplin aufrechterhalten, und Akte der Rohheit und Gewalt- thätigleit waren verhältnismäßig selten. Ich hatte während des Krieges den Schmerz, mich in den vom Feinde be setzten Ländern aufzuhalten. Ich bin überzeugt, daß man von einem in eine deutsche Stadt einguartierten Zuavcn- regiment ganz andere Dinge erlebt hätte. Der Augenblick scheint mir daher gekommen, zwar nicht um unsere Hoff nungen aufzugeben, wohl aber, um sie aus dem militär ischen in den philosophischen Bereich übergehen zu lassen..." B e l ü i e». Brüssel, 5. April. Die Kammer hat heute nach Annahme eines Amendements, welches den früheren Ge- meindewählcrn vom 25. Jahre an eine Stimme auf Grund besonderer Fähigkeiten zugesteht, das Gemcindewahl- gesetz mit 90 gegen 52 Stimmen angenommen. Dafür stimmte die konservative Rechte, dagegen stimmten ge schlossen die Sozialisten und die Progrcssistcn sowie 6 Christlich-Soziale. Drei Abgeordnete enthielten sich der Abstimmung. — Die Kapitulation der belgischen Sozial demokratie vor dem entschlossenen Widerstand, auf den ihre maßlosen Forderungen bezüglich des Kommunalwahl- rcformgesetzes stießen, bildet eine gar nicht genug zu be herzigende Lehre für alle zaghaften Gemüter, welche sich nur zu halben Maßregeln aufraffcn können. Charakteristi- schcrwcise sind es gerade die soliden, ruhigen Elemente des Arbeitcrstandes, die angesichts des von den Berufs Hetzern angetretencn Rückzuges erleichtert aufatmen. Ihnen wäre die Proklamierung des Generalstreikes gerade jetzt, nach Überstehung eines langen, harten und wenig einträglichen Winters, um so verhängnisvoller geworden, als ihre ma teriellen Hilfsmittel ziemlich aufgebraucht sind und sie von der eingetretenen günstigeren Jahreszeit sich einen verhält nismäßig höheren Verdienst versprechen zu können glauben Auf eigene Faust würden sie trotzdem nimmermehr gewagt haben, einem etwa von der sozialdemokratischen Partei leitung beschlossenen Gencralstreike sich zu widersetzen, aus gegründeter Furcht vor dem brutalen Terrorismus des sozialdemokratischen Prätorianertums, das jeden Arbeiter an Leib und Leben bedroht, der von seinen angeborenen Menschenrechten, insbesondere von der Unabhängigkeit und Freiheit seines Willen«, einen anderen Gebrauch zu machen sich beikommen ließe, als von der Parteileitung vor- geschrieben wird Allein die Wahrnehmung, daß die Regierung diesmal entschlossen war, nicht nachzugeben und eS lieber aufs Äußerste, auf den offenbaren Konflikt mit der Umsturzrotte ankommen zu lassen, hat einen äußerst wohlthätigen moralischen Einfluß auf die rechtlich gesinnten Arbeiter geübt. Sie sehen jetzt, daß in Belgien der Um sturz denn doch nicht Trumpf ist, und das giebt ihnen den Mut, auch ihrerseits mit ihrer wahren Meinung über den Generalstreik und dessen berusshetzerische Propheten nicht länger hinter dem Berge zu halten Dessen hatten sich die Parieihäupter nicht versehen. Sie ahnten instinktiv, daß unter dem Schutze der aktionsbereit stehenden Truppen die Arbeitüwilligkeit und Arbeitsnotwendigkeit bei der Mehrzahl der Arbeiter über den sozial demokratischen Generalstreikukas jedenfalls zur Tages ordnung übcrgegangen sein würde, und so zogen sie eS denn vor, das Experiment lieber erst gar nicht zu versuchen Die Erwägungen, womit der diesbezügliche Beschluß des Parteirats begründet ist, sind so faden scheinig, daß es keines besonderen Scharfblickes bedarf, um zu erkennen, wie hier nur aus der Not eine Tugend gemacht wird. Noch gehen zwar die Wogen der Erregung in den sozialdemokratischen Kreisen ziemlich hoch, aber man merkt deutlich, daß der Sturm sich gelegt hat und daß man eS blos noch mit den all mählich schwächer werdenden Nachwirkungen desselben zu thun hat. Gleichwohl werden die an leitender Stelle ge troffenen militärischen und sonstigen Vorsichtsmaßregeln noch bis auf weiteres beibehalten werden, da vereinzelte spätere Explosionen der überhitzten Volksleidenschaft nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sind. Vor Ablauf des 1. Mai dürften insbesondere die zur Fahne einge zogenen VerstürkungSmannschaften kaum in ihre Heimat entlassen werden. Italien. Rom, 5. April. In vatikanischen Kreisen wird ver sichert, daß die Frage der Wiedervereinigung der anglikanischen mit der römischen Kirche einen be deutenden Schritt vorwärts gemacht habe. Nach langen Verhandlungen zwischen dem Papst und Lord Halifax habe Leo XIII. den Anglikanern vorgeschlagen, die Ent scheidung der römischen Konsilien anzunchmen. Im übrigen wolle der Papst eine versöhnliche Lösung der Schwierig keiten anstreben und dies in einem Manifest an die angli kanischen Kirchen darlegen. — Man spricht davon, daß dem Personenwechsel in der Botschaft in Paris, nämlich der Ersetzung des Hrn. Reßmann durch den Grafen Tornielli, die sich im Interesse der Wiedcrbesestigung der Beziehungen zwischen Italien und Frankreich als vorteilhaft erwiesen hat, demnächst auch ein Personenwechsel in der französischen Botschaft im Ouirinal folgen und Hr. Billot durch eine andere Persönlichkeit ersetzt werden dürfte. Wie es scheint, hängt dies mit der Absicht, die Handelsvertrags verhandlungen zwischen Frankreich und Italien wieder auf zunehmen, wenigstens mittelbar zusammen, und die etwaige Wahl des künftigen Vertreters Italiens beim Ouirinal dürste — falls es eben zu einem Personenwechsel kommen sollte — auf eine Persönlichkeit fallen, die schon durch ihre bisher auf handelspolitischem Gebiete belhätigten Anschau ungen die Gewähr für die Förderung der Wiederherstell ung eines vertragsmäßigen Verhältnisses böte. Man glaubt in diplomatischen Kreisen sichere Anzeichen dafür zu haben, daß die französische Negierung sowohl in politischer als in handelspolitischer Beziehung eine Annäherung an Italien herbeiwünsche, und daß ihr auch daran gelegen sei, gewiße Verstimmungen zu verwischen, die in Italien durch mancher lei französischen Einflüssen zugeschriebene Vorgänge auf afrikanischem Gebiete hcrvorgcrufcn worden sind. Man führt diese größere Geneigtheit Frankreichs zu einer An näherung an Italien übrigens auch darauf zurück, daß es der französischen Regierung mit Rücksicht auf die zwischen Frankreich und England bezüglich der afrikanischen An gelegenheiten entstandenen Streitfragen, erwünscht sein mag, in ein besseres Verhältnis zu Italien sic treten. Daß nran italicnischencits die dargebotene Hand gerne ergreifen würde, ist zweifellos, zumal gerade auf afrikanischem Ge biete manche Erwartungen, die man bezüglich einer wenig stens mittelbaren Unterstützung durch England gehegt hat, von ihrer Erfüllung ziemlich weit entfernt geblieben sind. Spanien. Madrid, 5. April. Eine dem Ministerium der Kolonien zugegangene Depesche des Gouverneurs von Cuba vom gestrigen Tage bestätigt die Landung der Jn- surgentenführer Maceo, Valide« und Crombet. Eine Abteilung von 700 Aufständischen wurde im Centrum von Cuba bemerkt; man vermutet, daß die Aufständischen be absichtigten, die Landung de« Jnsurgentenführer« Gomez zu schützen, der nach den letzten Nachrichten sich in Haiti befinden und sich bemühen soll, ein Schiff zu mieten, um auf Cuba zu landen. — In der Deputiertenkammer erklärte auf eine Anfrage, ob der Kommandant des Kreuzers „Conde Pena dito" vor Gericht gestellt sei und seines Oberbefehls ent hoben worden sei, weil er auf die „Allianca" hatte schießen lassen, der Minister der Kolonien, er könne hier auf keine Antwort erteilen Großbritannien. London, 5. April. Die vorgestrigen Mitteilungen des „Standard" über das englisch-russische Pamir-Ab kommen sind bisher keinem Widerspruch von englischer oder russischer amtlicher Seite begegnet, man darf sie dem nach als zuverlässig ansehen. Das Abkommen dürfte in St. Petersburg mehr Freude erregen als in London. Der aus dem kleinen Sör-kul-See (Woods- oder Piktoriasee) flößende, fälschlich Oxus benannte Fluß soll die Sttdgrenze des russischen Gebiets bilden. Östlich vom Sör-kul-See wird die Grenze durch eine Linie nach Tasch bis zur Grenze Chinas verlängert und im Westen soll der Pandsch fluß („Woods Oxus" benannt) das russische Gebiet von Afghanistan trennen. Rußland erhält somit fast den ganzen Pamir mit Einschluß der bisher von Afghani stan beanspruchten Staaten Schugnan und Noschan mit den Gund- und Schach-dara-Thälern; es verzichtet dagegen auf die auf dem linken Ufer des Pansch stromabwärts von Kalai Wamar, der Hauptstadt von Roschan, gelegenen Ge biete des zu Buchara gehörigen Darwas-Staates, Gebiete, die übrigens schon auf der 1890 richtiggestellten Karte der betreffenden Gebiete von Habenicht, Hanemann und Barich als nicht zu Buchara gehörig bezeichnet sind Rußland hat so gut wie alles erhalten und so gut wie nichts aufgegeben. China, dessen Aufmerksamkeit durch den Krieg mit Japan in Anspruch genommen ist, geht ganz leer aus, und Afghanistan er hält südlich von der bezeichneten Südgrenze einen schmalen zum Wachanstaat gehörigen Gebirgsabhang, der wohl als Pufferstaat zwischen Rußland und Tschitral ge dacht ist. Wenn England daher rasch seine Herrschaft in Tschitral Herstellen kann, so vermag cs die nach dem Pamir hinübcrführenden Hindukuschpässe in seine Gewalt zu bringen und damit die indische Nordwestgrenze gegen Rußland zu schließen. Aus dieser summarischen Uebersicht erhellt schon zur Genüge, wie gelegen den Engländern der Streit mit Sher Afzul und Umra Chan gekommen ist. Auch ohne die jüngsten Zwischenfälle hätte Sir Robert Lows Heeressäule nordwärts rücken müssen, um die Hindu kuschpässe gegen Rußland zu besetzen. Trotz aller Erlasse des indischen Vizekönigs wird daher Tschitral von John Bull verschluckt werden; man wagt nur nicht, den ein geborenen Stämmen seine Eroberungsabsichten offen ein zugestehen. Es wäre aber auch verfehlt zu glauben, daß durch das jüngste englisch-russische Abkommen die Pamir- Frage aus der Welt geschafft sei. Kleine Flüsse scheiden in derartigen Gebirgsländcrn nicht, sondern verbinden. Man darf sich daher nicht wundern, wenn Rußland eines schönen Tages der afghanischen Schemherrschaft über Wachan ein Ende macht und sich ans den Hinduluschpässen England von Angesicht zu Angesicht gcgcnüberfindct. Je nachdem Tschitral sich als eine mehr oder minder harte Nuß zum knacken erweisen wird, dürfte dies auf der Nord oder der Südseite des gewaltigen Gebirgszuges sein, der die natürliche Grenze Indiens darstellt. Reibungen zwischen Russen und Engländern in jenen entlegenen Gegenden sind daher trotz des neuen Abkommens in der Zukunft zu ge wärtigen. — Nach dreitägiger Beratung hat heute das Unter haus die irische Landbill ohne namentliche Abstimmung angenommen. Die Redner der Opposition widersetzten sich der zweiten Lesung nicht, erklärten jedoch, die Bill er fordere eine erhebliche Abänderung in der Kommission. — Heute wurde Lorv Cromers Jahresbericht über die Fortschritte Ägyptens im Parlamente ver teilt. Nach einem Hinweis auf die in verschiedenen Zweigen des öffentlichen Dienstes durchgcsührten Reformen stellt Lord Cromer fest, die gegenwärtigen Minister und die höheren englischen Beamten der verschiedenen Departe ments arbeiteten aufrichtig gemeinsam zur Wohlfahrt Ägyptens, und es sei zu hoffen, daß kein widriges Er eignis das gegenwärtig bestehende gute Einvernehmen stören werde. Wegen der Mißbräuche des Sklavenhandels sei zur Zeit eine Revision der Konvention von 1877 zwischen England und Ägypten in Erwägung gezogen. — Allmählich sickert au« den Meldungen über die am Mittwoch stattgefundene Erstürmung de« Malakan- passeS durch die Engländer die Thatsache durch, daß der Kampf ein sehr schwerer gewesen ist und die Verluste der Engländer größer waren, als angeblich behauptet war. Der Verlust von 50 Mann soll sich jetzt allein auf die zweite Brigade beziehen, während an dem Gefecht auch die erste Brigade, freilich im zweiten Treffen, beteiligt war Die Kräfte der Gegner an Ort und Stelle werden jetzt auch nur noch auf 3000 Mann angegeben. Es war dem englischen Befehlshaber, General Low, gelungen, durch eine geschickte, an demselben Tag ausgeführte Scheinbeweg ung gegen zwei weiter südöstlich gelegene Pässe, dem Schahkit- und dem Mirapaß, die Gegner zu teilen. Der Vormarsch am 2. war sehr schwierig und durch Regen noch besonders erschwert Die Lasttiere, meist Ponies, wurden vom Sturme niedergeworfen. Da man sehr eilig von Peschauer ausbrach, müßen Tragochsen, Maultiere und Esel unterwegs aufgebracht werden, was sehr schwierig ist. Kamele sollen nachgesührt werden, da im Gebirge Fuhr werke überhaupt nicht zu verwenden sind. Heute sollen sich die erste und zweite Brigade in Aladand, der Haupt stadt von Suat, wieder vereinigen Bulgarien. Sofia, 5. April. In dem Prozeß gegen den ehe maligen Polizeipräsidenten Lukanow und Genossen wur den Lukanow, der frühere Polizeikommissar Totem und der frühere Polizeiagent Soistarow schuldig erkannt, Luka Iwanow behufs Erlangung eines Geständnisses mißhandelt zu haben. Lukanow und Toteiv wurden zu 4 Jahren, Soistarow zu 3 Jahren Festungshaft, zum Verluste des Ranges und zum Ersatz der gemeinsamen Prozeßkosten verurteilt. Dresdner Nachrichten vom 6. April. -- Ihre Majestät die Königin beehrten gestern die Ostcrausstellung des Königl. Hoflieferanten I. Olivier mit Allerhöchstihrem Besuche. * Aus dem Polizeiberichte. Auf einem Neubau in der Fürstenstraße stürzte gestern nachmittag ein fünfund zwanzig Jahre alter Maurer aus dem ersten Stockwerke in das Kellergeschoß. Er erlitt so schwere Verletzungen, daß er alsbald nach dem Unfälle verstarb. — Bei dem Begegnen zweier Lastgeschirre geriet gestern gegen Mittag aus der Großenhainer Straße unterhalb der Concordien- brücke einer der Kutscher unter seinen Wagen. Er wurde überfahren und nicht unerheblich am linken Oberschenkel gequetscht. * Im Monate März 1895 sind bei der Königl. Polizei- dircktion hicrselbst a) 6 Selbstmoide und b) 8 Selbstmordversuche zur Anzeige gekommen. Zu n) Selbstmorde betreffend, so haben sich vergiftet: t Person (männlich, ledige, erschossen: .1 Person (männlich, ledig), erhängt: 4 Personen (männlich, verheiratet) im Alter von 27, 26, 54, 53, 56 und 50 Jahren und zwar: 1 Privatgclehrter, 1 Kolporteur, 1 Lokomotivsührcr a. D., 1 Bürslensabrilant, l Privatus, t Möbclhändler; sämtliche Per sonen waren in Dresden wohnhaft und evangelisch-lutherischen Glan' cnsbekenntnisscs. Zu K) Selbstmordversuche betreffend, so haben sich durch Herabstürzen von einer Brücke bcz durch Ertränken: 2 Personen (1 männlich, 1 weiblich; 1 verheiratet, 1 verwitwet), Ertränken: 1 Person (männlich, ledig) und zwar: 1 Bahnarbciter, 1 Hosriemerswitwe, 1 Schlciser, im Alter von 29, 66 und 30 Jahren selbst zu entleiben ver sucht; sämtliche Personen waren in Dresden wohnhaft und evangelisch-lutherischen Glaubensbekenntnisses. * Beim Leiha inte in Dresden betrugen im Monat März die gewährten Darlchne 289 268 M auf 11571 Psändcr (im Vorjahre 253 616 M aus 12 164 Psänder); die durch Zurückzahlung erloschenen Darlehnc 240 348 M aus 9766 Psändcr nm Vorjahre 216M6M. aus 10 703 Psänder) und die durch Versteigerung des Psandes erloschenen Darlchne 10 959 M. aus 740 Psänder (im Vorjahre 12 241 M aus 797 Psänder). Einyksandtcs. Engl. Herren-Rcitbeinkleider, Breeches, Jockey- Dreß, Wildleder-Unterkleider, Ncgcnrücke, Fahr- u. Reit handschuhe, bezieht man zufriedenstellend bei N. Hermann, Waisenhausstr. 20, I Stock raubt, gekocht und gebacken worden! Alle diese peinlichen Prozeduren, die zu keinem anderen Resultate führten, als zur Vernichtung des Versuchsobjekts, wurden dann auch m Deutschland an neuen und alten Instrumenten vorge nommen, um dem Geheimnis der Tonbildung auf die Spur zu kommen, beziehungsweise jenen Ton zu er zeugen, der den auserlesenen Mustern ihren von Jahr zu Jahr im Preise steigenden Wert verleiht. Alan hatte sich allmählich davon überzeugt, daß weder die Form, noch die Bauart, noch das Holz, noch der Lack, jedes für sich allein oder alles zusammen, ausschlaggebend wären. Gleichwohl treten noch immer Fanatiker des Holzes und des Lackes auf, welche sich einbildcn, daß eine untergegangene, in alten Kirchenthüren oder -Bänken noch vorhandene Holzart, ein besonderer oder in einem besonderen Zustande des unfertigen In struments aufgetragener Lack die Oualität des Toncs be einflusse. Die Mehrzahl der solideren Geigenbauer aber, die nicht darauf ausgehen, dem Publikum Sand in die Augen zu streuen, vertröstet sich und andere mit der Hoff nung, daß die Erzeugnisse ihres ehrlichen Fleißes, falls sie den hochgestellten Ansprüchen der Musiker und Lieb haber vorläufig noch nicht genügen sollten, dies doch zweifelsohne in sechzig oder siebzig Jahren fertigbringen würden. Mit dieser schönen Hoffnung ist natürlich nie mand gedient, da sich von der Erfüllung derselben weder der Händler noch der Käufer so leicht wiro überzeugen können. Wer wollte leugnen, daß moderne Geigen, die tüch.ig gespielt werden, mit der Zeit beßer klingen als neue? Die Unterschiede und Unregelmäßigkeiten der ein zelnen resonierenden Teile ebnen sich nach und nach, bis sie gänzlich verschwinden, sodaß Brust, Rücken und Seitcnbänder nebst der von ihnen eingcschloßenen Luft immer gleichmäßiger miteinander schwingen Um diesen Prozeß zu beschleunigen, schachteln gewissenlose oder einfältige Instrumentenmacher die Geigen aus, d. h. sic schaben die Holzplatten so dünn, daß diese, ohne zu zerbrechen, den beträchtlichen Druck der Spannung zur Not noch ertragen; die Instrumente sprechen dann viel leichter an, verlieren aber den edlen Timbre des Tones und beginnen zu näseln. In der Frage, wie läßt sich eine neue Geige ohne Schaden in eine alte ver wandeln, wäre das Problem, das uns hier beschäftigt, enthalten, sofern damit angedeutet sein sollte, daß der edle Klang eines Instruments nicht die unbedingte Folge seines Alter« zu sein braucht. Und mit dieser Wendung komme ich auf Freund Fleischer und seine Erfindung zurück Auch er, der von fugend auf den Rätseln des Geigenbaues nachgesonnen, hat sich jene Frage oft vergeben« vorgelegt, bis ihm in einer schlaflosen Nacht, die er als Maler des Panoramas der Schlacht von Bannockburn bei Edinburgh verbrachte, die Antwort cinfiet- Seine Idee ist so einsach wie das Ei des ColumbuS; aber die Konsequenzen der Idee sind weitverzweigt und in ihren letzten Wirkungen kaum zu übersehen, und, was noch ganz besonders ins Gewicht fällt, die Erfindung kommt zur rechten Zeit. Wie lange wird eS dauern, und die wenigen noch vorhandenen alt- italienischen Instrumente ersten Ranges, für welche die von Antoine Vidal in seiner „Lutherie" angeführten drei- hundertneununddreißig welschen Meister nicht Ersatz leisten können, sind dem Tode verfallen! Auch die Geigen ster ben, nachdem sie mehrere Generationen ihrer Besitzer über lebt haben. Ihre mittlere Lebensdauer beträgt zweihun dert Jahre Sie bleiben solange im Vollbesitze ihrer Kraft, als die in ihrer Brust befindlichen verhärteten Holz gesäße, Jahresringe oder kurzweg Jahre genannt, von dem belebenden Balsam des Fichtcnharzes gespeist, ihre Elasti zität bewahren und die Schwingungen der vom Bogen an gestrichenen Darmsaiten stark mit- und nachzufühlen ver mögen. Das Abstcrben einer Geige zeigt sich am Verfall ihres Klanges, dcr immer matter und reizloser wird, bis dann plötzlich einzelne Töne gänzlich ausbleibcn. Sobald die Jahresstrcifen völlig ausgedorrt sind, versiegt die Fülle des Wohllautes, und das seelenlose Instrument gleicht einer Leiche, die nur noch als dumpfe, träge Materie auf äußere Einwirkungen reagiert. Die Schönheit des Klan ges beruht also zum größten Teile auf der Schwingungs fähigkeit der Jahre, und daß dieselben möglichst frei und gleichmäßig sich bewegen können, sei eine Hauptsorge des Geigenbauers. Gelingt cs ihm, durch Wahl des Holzes, das die Jahre in richtigem Abstande von einander zeigt, durch die genaue Beobachtung der mathematisch berechneten Proportionen, unter Anwendung des von ihm entdeckten Verfahrens, ein Instrument zu schaffen, dessen Brust eine Art von hölzerner Harfe vorstellt, sodaß die Jahre ähnlich wie die Saiten bei einem Klavier bei aufgehobener Dämpfung Mitschwingen, sobald der Bogen die Geige be rührt, so klingt jedes neue Instrument, vorausgesetzt, daß es gut gebaut ist, wie eine echte alte Violine. Vuillaume hatte 1824 von Tarisio die berühmte, aus der Geigen sammlung des Grafen Cozio de Salabuc herstammende Stradivari von 1716 gekauft, welche noch niemals ge spielt worden war Zu einem Jahrhundert des Schweigens, von seiner Entstehung an, verurteilt, entfaltete das herr liche Instrument gleichwohl sofort alle Vorzüge, die man von einer Geige wünschen mag, und widerlegte somit den Aberglauben, daß es erst hätte ausgcspielt sein müssen, um einen schönen Ton zu geben. Fleischer hat übrigens durch das Mikroskop die Richtigkeit seiner Entdeckung von den alten Meistern sich nachträglich bestätigen lassen: sein Verfahren war ihr sorgfältig gehütetes Geheimnis. Nicht lange wird es dauern, und mancher arme Geiger wird eine Stradivari oder Guarncri vom allerneuesten Datum besitzen, wie sie Hr Carl Zach in Wien nach Fleischers Vorschrift höchst trefflich verfertigt. Ist es nicht ein eigener Gedanke, der einen Maler, wie Schindler, zu einem phantastischen Bildchen hätte verführen können, mit dem Violinbogen die Tryadcnseele einer hochragenden grünen Fichte aus der engen Behausung, in die sie durch den Zaubcrwillcn eines kundigen Meisters gebannt ward, wieder hcroorzulocken, daß sie mit sanfter Stimme sehn süchtig von der Pracht des verlorenen Waldes singe? Einstmals lebt' ich im Walde, da hat mich getötet ein Bcilhicb; War die Lebende stumm, singt nun die Tote so süß!*) *) Übersetzung des unter einem Porträtstiche Ticsien- bruckcrs, des angeblichen Erfinders dcr Violine, befindlichen Distichons von 1562: „Viva tui in »>Ivi«, mim ünra. oooi«a svouri, I)nm vixi, tucui, mortua clules eauo." * Gestern abend sand in einer Versammlung, zu welcher nur die aktiven Mitglieder eingeladen und erschienen waren, die Konstituierung des „Großen Phil harmonischen Chores" statt. Hr. Kapellmeister Kurt Hösel sprach in einer längeren Rede über den Zweck und über die durch diesen bedingte Art dcr inneren Organisa tion. Der „Große Philharmonische Chor" hat nur eine Tendenz rein künstlerischer Natur. Alle von dem Redner gemachten Vorschläge wurden angenommen. Als ständiger Uebungstag wurde dcr Montag gewählt, die erste Probe jedoch — ausnahmsweise — auf Mittwoch, den 10. d. M-, festgesetzt. Das Ucbungslokal ist dcr große Saal der ersten Etage m den „Drei Raben" (Marienstraße) und das Werk, mit welchem der „Große Philharmonische Chor" seine Thätigkeit beginnt, ist Franz Liszts „Legende von dcr heiligen Elisabeth". — Anmeldungen für den „Großen Philharmonischen Chor" nimmt Kapellmeister Hösel (Per- moscrstraße 5, III) entgegen. * Die Schlußprüfungsaufführung der Dresd ner Musikschule findet nächsten Mittwoch, den 10. April, abends 7 Uhr, im großen Saale des „Tivoli", Wcttiner- straße, statt Vorgetragen werden folgende Werke: Mo scheles, O-moN-Konzert, zweiter und dritter Satz, mit Or chester, Henkelt, Variationen für Klaviersolo, op. 1, Spohr, Violinkonzert Nr. 12, mit Orchester, Scharwenka, U-moII- Konzert, mit Orchester, Mendelssohn, Musik zu „Athalia", Chöre, Soli und Orchester. Eintrittskarten kann jedermann unentgeltlich in dcr Expedition der Schule, Neumarkt 2,11., erhalten. * Im Lokale des Sächsischen Kunstvereins auf der Brühlschcn Terrasse (geöffnet Sonntags von 11 bis 3, Donnerstags von lO bis 1, an den übrigen Wochentagen von 10 bis 4 Uhr), sind neu aufgestellt: Oel- gemälde. Weiblicher Studienkops von -ß Erwin Langer (Dresden); Tierbildnis von Hans Knoellcr (Dresden); Landschaften von Walter Bcsig, Erwin Langer und Marie Paschke (Dresden); drei Marinebclder von Fritz Sturm (Berlin); Stilleben von Louise v. Hanenfeldt (Dresden); hierzu der Nachlaß des -j- Prof. Hermann Baisch (Karlsruhe), hauptsächlich Tier- und landschaftliche Motive, bestehend in 124 Ölgemälden, 8 Aquarellen und 29 Handzeichnungen; Ticrbil^, Aquarell und zwei Blatt Ticrstudien, Kreide- und Bleistiftzeichnungen von Hans Knoellcr (Dresden); außerdem 263 Blatt architektonische Zeichnungen, Baukoukurrenzplöne für ein Geschäftshaus am Pirnaischen Platz, ausgestellt von Hermann Ilgen (Dresden). * Lichtenbergs Kunstsalon, Viktoriahaus. Aus 30 Nummern besteht die Sondcrausstellung der Werke des Finnländers Axel Gallon, welche neu zur Aufstellung gelangt ist. Man hat hier eine außergewöhnlich kräftige Künstlernatur vor sich, welche im stände ist, Wirkliches und Phantastisches gleich leicht zur Änschauung zu bringen. Über die schon erwähnte Plastik von Max Kruse werden wir Näheres mitteilcn, sobald die schwierige Ausstellung (jedenfalls in den allernächsten Tagen) beendet sein wird; sür heute nur die Bemerkung, daß da« Werk ein Relief ist, welches das Schweißtuch der heiligen Veronika dar stellt Neu ausgenommen wurden außerdem eine Reihe anmutiger Landschaften von H. v. Stegmann-Stein und v. Bertrab, sowie ein Gemälde „Somuierglut" von Hans Olde. * In der Secessionisten-Ausstellung von Ernst Arnold, Königl. Hofkunsthandlung (Wilsdrufferstraße, Ecke Altmarkt), gelangten folgende Kunstwerke neu zur Auf stellung: „An dcr Maas bei Dortrccht", „Der Singel bei Amsterdam" von Hanü Hermann; „Bismarck", „Alte Frau", „Ein Franzisknner" von Konrad Fehr; „Früchte", „Stillleben" von I. P Carstens; „Gute Nacht" und „Sybille" von Franz Schier. — Eine besonders reich haltige Kollektivausstellung von Werken Max Lieber manns in Berlin wird zur Zeit zusammengcstcllt und voraussichtlich im Lause der kommenden Woche eröffnet werden; dieselbe umsaßt etwa 50 Arbeiten de« hervor ragenden Meisters Der Kunstsalon derselben Firma in der Schloßstraße, Ecke der Sporergaffe ist dem Besuche geöffnet-
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