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Dresdner Journal : 18.06.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189606185
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960618
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960618
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1896
- Monat1896-06
- Tag1896-06-18
- Monat1896-06
- Jahr1896
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- Dresdner Journal : 18.06.1896
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südchinesischen Provinz Jünnan, von Binnö, Tonkin, Siam gehören und denen auch das Idiom der Laos an gehört, über das vor allem Bastian Klarheit verbreitet hat. maßen auseinander, daß Einige die Möglichkeit des Ent stehens dieser sehr seltenen Naturerscheinung geradezu be streiten und die Kugelblitze in das Gebiet der — wohl in der That märchenhaften — Irrlichter verweisen möchten Allein, nachdem sich jetzt die Fälle mehren, in denen die Erscheinung der Kugelblitze zuverlässig beobachtet ist, wird sich jener abweisende Standpunkt nicht mehr vertreten lassen, und die Forderung der Lösung des Rätsels wird immer dringender Im 13. Bande der „Meteorol Zeitschr" (1896) berichtet Prof. Reimann über eine in Hirschberg vom Sekundaner Zabel beobachtete Erscheinung eine» Kugelblitze» In Hirschberg erschien eine rötlichgelbe Kugel von etwa '/, m Durchmesser, die in der Höhe des ersten Stockwerks eines Wohnhause« schwebte und während eine« Zeitraums von 10 bi« 15 Sekunden Strahlen nach unten sandte Die Kugel drehte sich bei ihrer langsamen Vorwärtsbewetzung um eine horizontale Achse, sie ver schwand mit emem betäubenden Knall, begleitet von einem klirrenden Geräusch, und sandte beim Zerspringen einen Blitzstrahl au« Die Kugel hatte nach ihrem Verschwinden keine sichtbaren Spuren hinterlassen Gruppen nur noch südlich von Jangtse auf und verbreiten sich nach dem Süden zu, nach Indochina hin, wo ver wandte Stämme wohnen, mit denen sie vieles gemeinsam l a'ien Wie für alle zurückgedrängten, aus ihren Stamm sitzen vertriebenen Völker sind die Berge auch für die Miaotse die letzte Zuflucht geworden Die Miaotse wohnen in den Pro vinzen Kweitschu und Kuangsi, in den Bergen des ncrd- westlichen Kuangtund (Kanton), auf dem Bergrücken, der die Provinzen Tsetschwan und Hünnann scheidet, und im Südwesten von Tschekiang. Man sieht, daß sie dem Süden zugedrängt wurden und so weit zurückwichen, als das Meer ihnen gestattete Einige Stämme flohen sogar über da« Meer und finden sich in Ansiedelungen aus der großen Insel Hainau Auch auf Formosa, da« nun Japan zugefallen ist, sollen Miaotse-Stämme in den unwirtlichen Bergen wohnen Die Chinesen betonen stet« die Kluft, welche sie von den Miaotse trennt; sie nennen sie, soweit sie unter ihnen wohnen, Schu-Miaotse, d. h Unterworfene; die anderen wild in den Bergen lebenden heißen Scheng- Miaotse, d. h rohe Miaotse Aie seltsame Boot«bevölkerung des Kantonflusse« gehört diesem Volksstamme an, hat jedoch ganz die chinesische Sprache angenommen Gleich wohl kann man die kleinen, doch sehnigen Gestalten von den Chinesen sofort unterscheiden Bastian hat diesem eigentümlichen Volke seit Jahren besondere Beachtung ge schenkt Der Erforscher der Lao», über die früher so viel gefabelt wurde, wird hoffentlich auch im stand« sein, da« Rätsel der Ureinwohner von China zu lösen Alles wird ankommen auf die genaue Durchforschung der Sprache, die man nach den spärlichen Proben, die wir kennen, den Thar-Sprachen zurechnet, zu denen die Sprachen in der * Die Ansichten der Fachmänner über dir Erscheinung von Kugelblitzen, für welche die Wissenfchaft noch kein« Erklärung zu gtben im stand« ist und di« man auch durch die Elektrisierrnaschin« nicht nachmachen kann, gehen der- * Das Miaotse-Volk, zu dessen Erforschung Adolf Bastian noch einmal nach Ostasien anscheinend gewandert ist, wird al« da« Urvolk von China betrachtet, dessen Spuren noch vielfach sichtbar und besten Reste über da« ganze Land versprengt sind Die Miaotse unterscheiden s,cb von den eigentlichen Chinesen durchau«; Sprache, Ge stalt, Sitten sind verschieden Eie treten in geschlossenen 1' Im Alter von nahezu 60 Jahren ist in Wien, wo sie seit iiber zwanzig Jahren gelebt und gewirkt hat, Ludmilla Dietz gestorben Sie war in Preßburg ge boren und begann ihre schauspielerische Laufbahn in Buda- Pest, hat dann fünfzehn Jahre am Brünner Stadttheater gewirkt, bis sie Anfang der 70er Jahre in Wien ihre künstlerische Heimat sand Dort hat sie anfangs noch al» Sängerin an der ehemaligen Komischen Oper, später al« „komische Alte" am Laubcschcn Stadttheater, dann am Theater an der Wien, sowie am Carl-Theater ihr eigent liches Arbeitsfeld gefunden und mit ihrem kernigen Humor, ihrem frischen, gesunden Wesen und ihrer darstellerischen Energie nicht nur in Wiener Volksstücken, sondern auch in den Dichtungen Anzengrubers Hervorragende« geleistet Ihr 40 jährige« Echauspielerjubilüum (12. März 1893), an ivelchem die Jubilarin im „Pfarrer von Kirchfeld" die Brigitta und die Schratt das Annerl spielten, war «in kleines Ereignis im Wiener Theaterleben Ludmilla Dietz zählte zu den wenigen Schauspielerinnen, die, wie Anna Schramm, Amalie Schönchen und Elise Schmidt, ein An recht aus den Namen eine« weiblichen Komiker» erheben dürfen LilMik und Volkswirtschaft * über das voraussichtliche Beuiebsergkbnis der Aktien Gesellschaft Görlitzer Maschineiibauanstalt und Eisen gießerei 1895 96 wird mitgeteilt, daß die Gesellschaft währe: d des ganzen nun zu Ende gehenden Geschäftsjahres sehr stark beschäftigt war und mit umfangreichen Aufträgen in das neue Jahr treten wird. Tie Gefchäftsrcsullate des laufenden Jahres sind derartig, daß für das erhöhte Aktienkapital (1600 000 M. gegen l 150 ovo M.) eine um mehrere Prozente bessere Divi dende als im Borjahre (12 zur Verteilung gelangen wird, obschon der Erlös für die neuen Aktien, der bekanntlich zur Vergrößerung der Fabrik verwendet wird, noch nicht mitwerbend wirkte * Nach der „Franks Ztg." erwarb ein deutsches Kon sortium. an dessen Spitze die Firma Jacob Landau und Kommerzienrat Mettncr-Landeshut in Schlesien steht, die Kon zession zur Errichtung einer mechanischen Spinnerei und Weberei in Belgrad. Tas Kapital soll vorläufig eine Million Mark betragen; mit dem Bau der Fabrikgebäude wird heute begonnen. 88 Dresden, 18. Juni Aus dem heutigen Kleinvieh markte waren außer 1026 Kälbern und 1362 Landschweinen auch 300 Hammel und 40 Rinder oder in Summa 2728 Schlachtstücke, 131 mehr als auf dem gleichen Markte der Vor woche, zum Verkarf gestellt. Davon waren außer sämtlichen Rinder und Hammeln auch 60 Landschwcine Überstände vom dieswöchigen Hanptmarkte. Der Geschäftsgang gestaltete sich abermals in allen Sorten ausgeprägt langsam. Primaqualiiät d r Landjchweine wurde ohne Gewähr von Taravergütung zn 32 bis 34 M. und solche geringerer Sorte zu 29 bis 31 M pro Zentner lebendes Gewicht gehandelt, während der Zentner Fleischgewicht der Kälber, je nach Qualität der Stücke, mir SV bis 60 M und in einzelnen Fällen darüber hinaus zn be zahlen war Rinder und Hammel erzielten auch dieselben Preise wie aus dem letzten Hanptmarkte EingesanLks. In der Struvestr. 9 sehr günstig gelegenen, neu er öffneten Lsalskr-KsU» von S. lisckrotLKr, alleiniger Vertreter der »oickel L Irumaitü'eedei rsürrSckkr, hat man Gelegenheit, das Zweiradfahren schnell und ungenirt zu erlernen und wird deren Besuch Interessenten angelegentlichst empfohlen Herren-Anzüge, vornehm im Schnitt und Ausstattung, äußerst solid im Stoff, fertigt prompt zu 42 bis 120 Mk N. Hermann, Waisenhausstraße 20, l. Stock Fernsprecher: Amt I, 2674 5085 ivenigstenS läßt sich telegraphieren, daß der Deputierte Gerault-Richard auf einem zu Ehren Liebknecht« veran stalteten Festmahle einen Toast auf den großen deutschen 'Sozialisten" ausbrachte Daß diese Ovation eine verfehlte war, weil Liebknecht den Namen eine« „Deutschen" in der That nicht verdient, schien aber dem Genossen Jaure- einzuleuchten; denn dieser feierte den Gast al« dm „helden mütigen Vorkämpfer de» internationalen Sozialismus". Liebknecht seinerseits hatte jedenfalls die Absicht, gegen die Ehre, Deutscher genannt zu werden, zu protestieren; denn er erklärte bekanntlich, seine Reichstagsreden, in denen er gewohn heitsmäßig auf die französische Revolution zurückgreife, feien derart von französischem Geiste erfüllt, daß seine Kollegen ihn den „Franzosen" nannten Dieser Charakterzug Lieb knecht» ist so bezeichnend, daß er die weiteste Verbreitung verdient. In England führte Liebknecht bekanntlich sich dadurch ein, daß er darauf hinwies, wie die Engländer die politischen Musterknaben für uns Deutsche seien, in Frankreich sagt er den Franzosen mutatis mutanckis da« Gleiche. Das ist ein wenig stark selbst von dem „großen" Vorkämpfer der internationalen Sozialrevolution Die französischen Genossen müßten sehr schwachköpsig sein, wenn sie auf diese plumpen Umschmeicheleien hineinfallen und Liebknecht ernst nehmen wollten Eine kräftige selbst bewußte Nation bringt solchen vielseitigen Herren, die heute englisch, morgen französisch, übermorgen vielleicht spanisch — nur nicht national — „empfinden", nur ein Gefühl — das der größten Geringschätzung — entgegen Wenn Herrn Liebknecht in Frankreich diese« Gefühl vor- enlhalten wird, wenn er in Festmahlen und Toasten auf Kosten der Franzosen schwelgen darf, so wird er wohl selber wissen, daß dies zu dem einzigen Zwecke geschieht, die deutschen Sozialdemokraten durch ihren großen Führer für den Tag der französischen Aevanche als Hilfstruppen zu gewinnen. Karlsruhe. In der gestrigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde die von der Verfassungskommission bean tragte Resolution auf Neueinteilung der Wahlkreise einstimmig angenommen. Für den Umfang der neuen Wahlkreise soll die Einwohnerzahl in der Weise die Grund lage bilden, daß der Wahlkreis im Durchschnitt je 25000 Einwohner zuerteilt erhält. Kravtreich. Paris. Der internationale Verlegerkon greß hielt vorgestern früh seine zweite Versammlung ab und nahm eine Reihe von Beschlüssen an, worüber bereits im einzelnen beraten worden war. Die erste betraf die Deponierung von Exemplaren neu erschienener Werke in den staatlichen Archiven Diese Frage mar in Frankreich das erste Mal unter Franz l. gesetzlich geregelt worden, jedoch noch nicht in allen Ländern Der Kongreß beantragte deshalb, daß sie allgemein und für den Verleger oder in Ermangelung dessen für den Autor obligatorisch werde Vom Drucker wird die Deponierung nicht verlangt. Von gewöhnlichen Werken müssen zwei Exemplare, von Musik- «verken, Kupferstichen, Photographien rc. drei Exemplare in den staatlichen Sammlungen deponiert werden. Ein An trag betreffs der Zuwiderhandelnden wurde verworfen und deren Bestrafung der Gesetzgebung anheimgestcllt Auch über die Reproduktion schriftstellerischer Werke wurde be raten und beschlossen, daß diejenige mittelst öffentlicher Vor lesung nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Rechtsinhabers gestattet sein soll Diese Erlaubnis ist nicht notwendig, wenn es sich um Vorlesungen handelt, die zum Zwecke der Kritik oder der Belehrung geschehen Der Kongreß bestimmte ferner, daß all« großen Verlagshäuser den Bei tritt zu der Berner Konvention veranlassen und befürworten sollten Aus der Tagesordnung stand schließlich noch die Frage der Reproduktion von Zeitungsartikeln, über welche der französische Akademiker Ferdinand Bruneti. re referieren sollte. Dieselbe wurde wegen Abwesenheit des Referenten auf morgen verschoben — Ter Erzbischof von Cambrai, Msgr. Sonnois, hat betreffs der Frohnleichnamsprozessionen an den Pfarrer Bertaur in Roubaix folgenden Brief gerichtet: „Mein lieber Herr Curatus! Ich habe soeben den Bericht über die katholische Manifestation in Roubaix gelesen Gut, sehr gut! Ich sende Ihnen ex iutimo corcke Glückwünsche und Dank. So müssen wir Katholiken des 19. Jahrhunderts, wir Parias der bürgerlichen Freiheit, meines Erachtens zu Werke gehen. Thaten müssen geschehen, die mit unwider stehlicher Beredsamkeit, wenn auch ohne Worte, pur 8i muovs" sagen, wie einst Galilei, auf den Boden stampfend, ausrief. Die zeitgenössische, christliche Freiheit rnuß energisch das Wort wiederholen: „llo vis et ge nmrebe." Keine vorherige Erörterung, keine Worte! Aber positive Thatsachen, frank und frei und fest! Die Trom pete erschallt, zwar noch nicht zur Schlacht, aber man muß sie auf der ganzen Front hören!" * Paris. Die Senatoren und Deputierten au« den Zucker erzeugenden Departements versammelten sich gestern nachmittag unter dem Vorsitz Ribots. Die Delegierten erstatteten Bericht über die vormittags stattgesundene Unterredung mit dem Ministerpräsidenten Meline. Sodann erläuterte Brincard einen Gesetzesvorschlag des Inhalts, die Steuer auf die zur Zuckcrbereitung verwendeten Zuckerrüben zeitweilig zu erhöhen, um die Export prämien zu decken Die Versammlung beschloß aufs neue zusammcnzutreten, fobald Meline die Grundlagen seines Gesetzentwurfs festgestellt hat — Eine sonderbare Meldung läßt sich der „Figaro" aus London übermitteln: Man versichere in den dortigen politischen Kreisen, daß zwischen Deutschland und England Abmachungen getroffen seien, die England die Eroberung d«S Sudans gestatteten, wofür Deutfchland die Walfischbai zur Abrundung seiner südwestafrikamschen Besitzung erhalte. — Der ,,T«mp«" hebt hervor, daß das in der Chamberlainschen Rede ausgemalte Ideal, das riesige, aber nur locker zusammenhängende englische Reich, Mutter land, Schutzherrschasten und Kolonien durch einen Zoll verband harmonisch und einheitlich zusammenzuschließen, dasjenige der gegenwärtigen Generation im Lande des lmsssr tmro geworden sei Mehr als fünfzig Jahre nach dem feierlichen Regierungsantritt de» Freihandels, den der Cobdenclub in Greenwich zu feiern gedenke, werde man da« widerspruchsvolle Schauspiel erleben, daß England die Jahre von der Handelsfreiheit unter der Leitung eines ehemaligen Radikalen von Birmingham verleugnen werde — („Voss. Ztg ") Die schöne Zeit der Volkstümlich keit de« Hrn Felix Faure sollte nicht lange dauern. Wo ist der Volksjubel, der ihn früher empfing, wenn er die Krankenhäuser und Kinderbewahranstalten besuchte und sauber gewaschene Arbeiterkinder küßte. Wo ist das schmeichelhafte Gedränge der Klublrute, da« ihn umwogte, wenn er sich auf dem Rennplatz oder in der Ausstellung der Gartenbaugesellschaft zeigte? Das sind jetzt Dinge der Vergangenheit Das Volk ruft nicht mehr: „Vivs kelix!" wenn es den Präsidenten der Republik sieht, und die Leute der Gesellschaft beobachten gegen ihn kalte Zurückhaltung, wenn sie nicht, wie in den letzten Wochen der Ministerschaft des Hrn. Bourgeois, in feindseliger Ab sicht den Senat hochleben lasten Und wie das immer zu gehen pflegt: da er zu gefallen aufgehört hat, so werden jetzt dieselben kleinen Züge, die früher beifällig hervor gehoben wurden, bekrittelt und bespöttelt Die Eleganz de« Hrn Felix Faure erregte anfangs allgemeines Wohl gefallen Dem Volke gefiel es, daß ein Mann von seinem Fleisch und Blut mit Meisterschaft alle die Formen be herrschte, die die Hochgeborenen für ihre unnachahmliche, ererbte Besonderheit halten, und die Gesellschaft wußte es ihm dank, daß er im Elyseepalast einen Ton einsührte, der die Residenz des französischen Staatsoberhauptes den Schlössern stolzer Herrscher gleichsetzte Die Straßenmenge klatschte Beifall, wenn sie der prächtigen Karrosten des Elysse ansichtig wurde, und ze reicher die Livree, je kost barer das Gespann war, um so angenehmer war ihr der Anblick Als Hr. Felix Faure sich einen Spitzenreiter ge nehmigte und den berühmten Montjarret in seinen Dienst nahm, da freute sich das Volk über die doch wenig in die Gleichheitrepublik passende Erscheinung des feier lichen Mannes im blauen Rock mit Goldverschnürung unv Goldknöpfen, weißen Beinkleidern, hohen Stulp stiefeln und goldbetreßtem Zylinderhut. Die Ge sellschaft war einen Augenblick bereit, Hrn Felix Faure sogar als arbiter slsxantium anzunehmen, und der Prinz von Sagan schien in seiner Würde eines Modekönigs ernstlich bedroht Sogar der seltsame Einfall des Präsi denten der Republik, zu seinem Frack und der ausgeschnit tenen Weste weiße Gamaschen zu tragen, wurde ruhig hingcnommen und nach einem ersten Augenblick der Ver blüffung durch diese kühne Neuerung ließen sich im „Gau- lois", in dem die geheimsten Herzensregungen des vor nehmen Faubourg St Germain und Faubourg St. Honors sich zu offenbaren pflegen, gewichtige Stimmen vernehmen, die den Fall mit gebührendem Ernst behandelten und zu dem Schluffe kamen: „Warum nicht? Ter Gedanke ist neu, aber er wird seinen Weg machen" All' das ist jetzt vorbei Das Volk grollt über den Prunk, den Hr Felix Faure entfaltet und nennt ihn unnötige Aufschneiderei. Die Gesellschaft sucht boshaft kleine Verstöße gegen den von ihr gutgeheißenen Brauch und ist nicht mehr geneigt, sie als berechtigte Selbständigkeit und vorbildliche Neuer ung gelten zu lasten. Sie rümpfte gestern die Nase über das Viergespann und Montjarret und bemerkte, daß Hr. Felix Faure nicht auf der Höhe sei; er müßte wissen, daß der Faubourg den tlranä I>rix nicht mehr als Gelegenheit zur Entfaltung großer Gala betrachte, da er dieses Sport fest für einigermaßen verpöbelt halte Früher lobte man die lebhafte Beteiligung von Frl. Faure an allen Liebes werken und Höflichkeiten des Präsidenten Jetzt hält man sich darüber auf, daß Frl. Lucie Faure an die Familie Jules Simons eine Art amtlichen Beileidschrcibcns gerichtet hat. Kurz, Hr Felix Faure und die Eeinigen können es niemand mehr recht machen, sie mögen es anfangen, wie sie wollen. — Der hiesige Korrespondent der„M. Allg. Ztg." schreibt in einem Artikel unter dem Titel „Einst und jetzt" über die russisch-französischen Beziehungen unter anderem folgen des: „Seit der Thronbesteigung Kaiser Nikolaus'H hat sich vieles, sehr vieles geändert. Der junge Zar tritt an scheinend wenig, jedenfalls viel weniger als sein Vater, persönlich hervor; in Wirklichkeit dürfte er heute schon weit mehr der „Herr" sein, als eS jener gewesen ist. Die Ratgeber seines Paters, namentlich die unverantwortlichen, jene, die durch den Alkoven der jetzigen Zarin-Mutter oder auf Hintertreppen in das Kabinett Alexanders l>I gelangten, hat Kaiser Nikolaus ganz still, ohne Brutalität, ohne Aufsehen zu erregen, gewechselt und abgeschoben. Rian hat das hier in Paris von Anfang an befürchtet, hat es erst zu verhindern versucht im alten Bunde mit den russischen Revolutionären, und beginnt jetzt einzusehen, daß alle« vergeblich ist, Schmeicheln und Drohen, Unter handlungen und Jntriguieren Die russische auswärtige Politik unter Nikolaus 0 und dem Fürsten Lobanow ist eben nicht mehr dieselbe wie die, welche zu den Zeiten Alexanders Ul- und des Hrn v. Giers getrieben wurde. Das ist vielleicht niemandem so klar geworden wie in den letzten Monaten und Wochen den Franzosen, und da« England zum Ausdruck zu bringen, und nach allem, wa« in dieser letzten Woche in Hamburg und Berlin sich er eignet habe, müsje man anerkennen, daß die deutsche Presse ganz und gar nicht al« wahrer Ausdruck der öffentliche» Meinung in Deutschland zu bettachten sei; von all den gehässigen Artikeln und Betrachtungen der politischen Lage zwischen den beiden Nationen sei in den Masten de« deutschen Volkes nichts zu spüren Daß jene Aeußerungen der deutschen Presse in der Transvaalangelegenheit nur die Antwort auf die Streitruse der englischen Publizistik im Januar gewesen, und daß das Telegramm des Ober hauptes der deutschen Nation selbst bis in die Reihen der Sozialdemokratie den einmütigsten Jubel geweckt habe, das hat ja sogar Herr Liebknecht in London eingeräumt und diesen Zeugen werden am Ende auch die „Times" gelten lasten Die alte, überhebende Gewohnheit der Engländer, sich um die Verhältnisse anderer Nationen nicht zu kümmern und sie infolgedessen lediglich nach willkürlichen Phantasie vorstellungen zu beurteilen, tritt auch in diesen Auslassungen der „Times" wieder zu Tage, in denen das englische Rhodes-Blatt seine völlige Unkenntnis der Gesinnungen des deutschen Volkes und der deutschen Presse aufs augen fälligste beweist — „Daily Chronicle" bemerkt zu den letzten Äußerungen des Präsidenten Krüger: „Der Rhodes- schen Partei in England werden die Erklärungen Krügers, daß die Bibel seinen Leitstern in seiner Politik gegenüber den „Reform"-Führern gebildet habe, seltsam in den Ohren klingen Daß jemand im Leben einen andern Leitstern wählen sollte, als den Kurszettel, muß Staatsmännern vom Gepräge Cecil RhodeS als unverzeihliche Ketzerei er scheinen Vielleicht besteht aber dennoch in England noch etwas Sympathie mit dem alten holländischen Farmer, welchem solcher Köhlerglaube wie Gott, Pflicht und Vater land noch nicht ganz abhanden gekommen ist Die gegen wärtige kosmopolitische Finanz hält diese Mazzinischen Losungsworte jedenfalls für so altmodisch wie die Krino- lienen Dennoch scheint sich aber große Kraft hinter ihnen zu befinden Jedenfalls haben sie die mit Champagner genährte Agitation in ganz alttestamentarischer Weise zurückgewiescn." — Die Entscheidung des Richters Sir John Bridge, als er Dr Jameson und fünf von den An geklagten ihrem Prozeß überlieferte, während er neun frei ließ, war für englische Rechtsauffastung bezeichnend Sir John führte aus, daß nach dem strengen Recht Soldaten für jede ungesetzliche Handlung, welche sie begingen, ver antwortlich seien Eine gerichtliche Verfolgung aber unter Umständen einzuleiten, wo wirkliche Bestrafung doch nicht Platz greifen würde, sei müßig und ungehörig Die An geklagten hatten eine persönliche Bürgschaft von je 2000 Pfd. Sterl und ein anderer eine solche von 1000 Pfd. Sterl zu erlegen Die Bürgschaften waren nicht da. Der Ver teidiger, Sir Edward Clarke, teilte dem Richter mit, daß sie bis 4 Uhr nachmittags zur Stelle sein würden Der Richter drang auf sofortige Erlegung Nach englischem Recht hätten die sechs Angeklagten die Zellen des Unter suchungsgefängnisses zu kosten bekommen, wenn der gute Richter nicht die Verhandlung bis 4 Uhr vertagt hätte. Dann kam alles in Ordnung. (Fortsetzung der TageSgcschichte in der ersten Beilage^ * Man schreibt der „Tgl Rdsch "auS Rom: Während Ober die Thätigkeit de» alten Meisters Verdi tiefes Dunkel lagert und nur seine besten Freunde noch immer etwas von einer Oper „Re Lear" munkeln, an welcher er arbeiten soll, schaffen die jungen italienischen Kompo nisten sehr fleißig und ohne gerade sich in dunkles Ge heimnis zu hüllen Alberto Franchetti, der Komponist von „Cristoforo Colombo", arbeitet gegenwärtig an einer komischen Oper Da» Werk soll den Titel „Pour- ceaugnac"führen; der Text, der von Ferdinando Fontana herrührt, ist dem Lustspiel „Monsieur de Pourceaugnac" und dem „Eingebildeten Kranken" von Moli« re entnommen. Herr Franchetti hat bereits den ersten Akt abgeschlossen Der Musik rühmt man nach, daß sie „sprudelnd" sei Giacomo Puccini, der Komponist von „Manon LeS- caut" rc., ist gegenwärtig in Mailand und ivird sich bald in die Sommerfrische Torre del Lago zurücknehen, um dort seine dreiaktige Oper „ToSca" (nach Sardou) zu Ende zu führen Mascagni schreibt an einer japani schen Opera Leoncavallo will im Herbst seine „jBohöme" vollendet haben Mario Costa endlich, d«sten musikalische Pantomime „Histoire d'un Pierrot" über die größten Bühnen Italien» ihren Triumphzua ge halten hat, versucht jetzt ein würdige« Gegenstück zu dieser Pantomime zu schaffen tritt nirgends so deutlich in die Erscheinung, wie hier in Paris. Und damit komme ich auf die Moskauer Feste Sie sind jetzt endgiltig vorüber. Selbst die französische Mission ist abgereist Ich sage ausdrücklich, „selbst" die französische Mission, denn <S hat hier nicht nur in den Kreisen der Radaupatrioten, sondern in den allermaßgebcndsten Regierungskreisen bis ganz zuletzt die Absicht bestanden, den General de Boisdeffre, wenn irgend möglich, noch nach Schluß der offiziellen Feste in Rußland zu belassen, um dann, wenn die französischen Offiziere mit den russischen „unter sich" waren, sich noch ein bißchen zu verbrüdern, so, wie man sich früher unter Alexander lll. verbrüdert hatte, viel weniger in Liebe, als in Haß, natürlich in Haß gegen Deutschland. Di« Sache scheint aber eben nicht möglich gewesen zu sein Warum nicht? Nun doch wohl am Ende, weil es der Zar und sein Minister des Äußern, Fürst Lobanow, nicht gewünscht haben. Und dem Zaren und seinem leitenden Minister gebührt auch der Dank dafür, daß es zu unliebsamen, für alle ehrlichen Friedensfreunde und alle die, die auf gute internationale Sitten halten, peinlichen Zwischenfällen in Moskau nicht gekommen ist. Die französische Mission zog ab, wie sie gekommen war: in aufgezwungener Bescheidenheit Darin, in der Rolle, die die französische Krönungsabordnung bei den Moskauer Feierlichkeiten gespielt hat, nicht in der Katastrophe auf dem Chodinskyfelde und noch weniger, wie man französischer- seits jetzt gern glauben machen möchte, in der hier ge flissentlich aufgebauschten und tendenziös gedeuteten Rede de« Prinzen Ludwig von Bayern beim Gartenfest des Moskauer Deutschen Vereines liegt denn auch das Haupt ereignis, das die Krönungsfeier gezeitigt hat: das offizielle Rußland, das zarische Rußland ist zum erstenmal seit einem Jahrzehnt wieder Herr geworden über das revolutionäre slavophile Rußland Die Franzosen haben im Verein mit den Epigonen der Katkow und Skobelew wieder einmal die Kriegstrommel rühren wollen, das zarische Rußland hat aber die Friedensschalmei geblasen." Spanten. Madrid. Der russische Botschaftssekretär trat in der vorvergangenen Nacht aus seiner Wohnung auf die Straße, wobei er seinen kleinen Hund trug So gleich stürzten sich städtische Hundefänger auf ihn, um ihm das Tier zu nehmen Trotz seines Widerspruches be standen die Bediensteten auf ihrem Verlangen In dem sich entspinnenden Streit erhielt der Botschaftssekretär leichte Verletzungen an der Hand; er verlangte während desselben Hilfe von den Munizipalgardisten, welche jedoch verweigert wurde Der Botschaftssekretär begab sich als- >ald zur Präfektur und führte Beschwerde. Der Polizeichef ieß sowohl die Hundefänger als die Gardisten sestnehmen; ie wurden in Untersuchungshaft gesetzt und die Unter- uchung gegen sie sogleich eröffnet. — Die Urheber des Bombenattentats in Barce lona, dem nach den letzten Nachrichten 80 Menschen zum Opfer gefallen sind, konnten bis jetzt noch nicht entdeckt werden, obgleich das Kriegsgericht jetzt mit dem Prozeß gegen vie Anarchisten betraut worden ist. Zum großen Teil ist dieses die Schuld der Zivilbehörden, die nach dem Ättentat nicht schnell und energisch genug vorgegangen waren und den eigentlichen Führern der Anarchisten Zeit gelassen hatten, zu entfliehen, sodaß man in ihren Wohnungen dann nur einige revolutionäre Broschüren, Dynamitpatronen und Waffen konfiszieren konnte. Die 200 Anarchisten, die verhaftet wurden, sollen nach Madrider Berichten alle wenig Wichtigkeit haben, die Polizei sucht daher jetzt in Madrid, Saragossa und Valencia und in den Fabrikstädten von Katalonien die eigentlichen Anführer der anarchistischen Partei, welche sofort nach dem Attentat Barcelona verlaffen haben und unter denen man die Ur heber desselben zu finden hofft Inzwischen beklagt sich die Presse sowohl in Barcelona wie in Madrid sehr heftig über die mangelhafte Organisation der Polizei und verlangt namentlich energisch, daß im Hinblick auf die bedeutende Zunahme der anarchistischen Bewegung in Spanien in den letzten Jahren hier nach den: Vorbilde anderer Länder eine politische Sicherheitspolizei geschaffen werde, welche dann die von überall her hier zusammen strömenden Flüchtlinge strenger überwachen könnte Grotzbritauuieu. London Der Sanguinismus bleibt einmal die dauer barste Eigenschaft der Engländer Aus dem liebenswürdigen Empfange, den die Schiffs bauer in Hamburg und in Berlin gefunden haben, schließen die Londoner Blätter wieder erheblich mehr, als man bei uns in der Heimat vermutlich erwartet haben mochte, wenn man in Fcstlaunen sich zuthunlich und ausgeknöpft zeigte In den„Sunday Times", einem Blatte, das eine ganz außerordentliche Verbreitung gewinnt, da es das geschicktest redigierte Sonntagsblatt ist, wird schon von einem förmlichen Ab kommen zwischen Deutschland und England in der abessynischcn und ägyptischen Frage gehandelt und da bei in echt englischer Art betont, daß Deutschland um so eher geneigt sei, zu einer Vereinbarung die Hand zu bieten, als es beflissen erscheine, die unangenehme Erinnerung von Transvaal vergessen zu machen Die „Times", deren freundliche Haltung wir schon gekennzeichnet haben, benutzen den Verlauf des Kongresses der Naval-Institution, um wieder ein sehr warmes Kompliment an die Adresse des Deutschen Kaisers zu befördern, der bezeichnenderweise jetzt wieder meist als „^ranäson ot tk« (juesn" gefeiert wird. Dem Kaiser sei vor allem der herrlich gelungene Verlauf der Berliner Festtage zu danken, er habe nichts verabsäumt, um bei jeder Gelegenheit seine Sympathie für
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