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Dresdner Journal : 02.12.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190212022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19021202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19021202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1902
- Monat1902-12
- Tag1902-12-02
- Monat1902-12
- Jahr1902
- Titel
- Dresdner Journal : 02.12.1902
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Vejns-Prci«: Vtim Bezüge durch die K,(ch4st«Se»e tuuerßasv Ire»»«,« 2,50 M (cinschl. Zuiroguna), durch die im Deutjchen Reiche 3 M. (ausschließlich Bestellgeld) vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. S?ird Zurücksendung der für dir Schristleituag bestimmten, «der von dieser nicht ein- geforderten Beiträge bean- sprucht, so ist da« Postgrld beizusügen. V 278. Dresdner W Journal. Herausgegeben von der Königs. Expedition des Dresdner Journal-, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fcrnspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheine«: Werktag« nachm. 3 Uhr. — Origiualberichte und Mitteilungen dürfen nur mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden. Dienstag, den 2. Dezember nachmittags UnkündtgungSgebübre«: Die Zeile kleiner Schrift der 7 mal gespaltenen Ankündi gungs-Seite oder dereuRaum 20 Pf Bei Tabellen- und Ziffernsap 5 Pf Ausschlag für die Zeile Unterm Re- daktionsstrich (Eingesandt) die Textzeile mittler Schrift oder deren Raum 50 Pf. Gebühren - Ermäßigung bei öfterer Wiederholung Annahme der Anzeigen bi- mittag« 12 Uhr für die nach mittags erscheinendeNummer. 1902 Amtlicher Teil. Dresden, 2. Dezember. Ihre Kaisers, und König!. Hoheiten die Frau Großherzogin von Toscana und die Erzherzogin Margareta von Oesterreich sind gestern Abend 6 Uhr nach Salzburg abgcreist. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge- ruht, den Landrichter bei dem Landgerichte Dresden l)r. Hermann Ernst Herzog für die Zeit vom I. Januar 1903 an zum Staatsanwalt bei diesem Gerichte zu ernennen. Das Ministerium des Innern hat dem Comit« für die Dresdner Pferdc-Ausstellungen die erbetene Erlaubniß zu einer Verloosung von Pferden, Fahr- und Reitgegenständen pp. gelegent lich der für den Monat Mai 1903 in Seidnitz geplanten Pferdeausstellung sowie zum Loosvertricbe im Bereiche des Königreichs Sachsen unter der Be dingung erthcilt, daß die Nummern der gezogenen Loose unter Angabe der aus sie entfallenen Gewinne binnen drei Tagen nach der Ziehung und zwar an demjenigen Tage, an welchem der öffentliche Verkauf der Ziehungslisten beginnt, im Dresdner Journal und in der Leipziger Zeitung veröffentlicht werden. Dresden, 17. November 1902. Ministerium des Innern. v. Metzsch. Hoss Ernennungen, Versetzungen re. im öffent- lichen Dienste. I» »eschäftSberetche de« Ministeriums beb Kuttu» u. Sffeutt. Unterricht«. Zu besetzen: Ostern Lie neubegr. 3. Lehrerstelle in Großstädteln. Koll.: Die oberste Schulbehörde Gehalt einschl. des Wohnung-wertes im Betrage v. 250 M, bis zum erfüllten 25. LebenSj. 1450 M, b. z ers. 28. L. 1550 M , b. z. erf 31. L. 1700 M , b z. ers. 34. L. 1850 M, b. z. erf. 38. L. 1S50 M., b. z. erf. 42 L. 2050 M., b. z. erf. 45. L. 2I50M., b. z. ers. 48. L. 2250 M b z. erf. 51. L. 2350 M. u. f. d. folg LebenSj 2500 M. Da dem zukünftigen Inh. b. a. w. eine Amtswohnung zugewiesen wird, ist während dieser Zeit sein Gehalt um 250 M. zu kürzen Gesuche nebst d. ersorderl. Beilagen bis 19. Dez. b. Bezirksschulinsp. f. Leipzig II, Schulrat Zimmler, einzurrichen. Im Geschäftsbereiche de- ev.-luth LandeS- konsistoriumS sind oder werden demnächst folgende Stellen erledigt. Davon sind zu besetzen im regelmäßigen Be- feyungsverfahren: das Pfarramt zuLampertSwalde (Oschatz) — Kl. II — Coll.: K. u. K. Major z. D. v. Thielau auf LamoerlSwalde — Dagegen wurden angestellt: K. I. G. K. Weidenkasf, Predigtamtscandidat, als Hilf-geistlicher an der Landesanstalt zu Hubertusburg (Oschatz); E. I. Noack, Predigtamtscanditat, als Hilfsgeistlicher in Leipzig-Thonberg (Leipzig I). (Bebördl Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile) Nichtamtlicher Teil. Zur politischen Lage in Frankreich. Aus Paris schreibt man uns: Die französische Regierung hat den Be- ainn der Weihnachtsfericn des Parlaments noch früher, als man glaubte, augesctzt, nämlich auf den 6. Dezember. Budget und Kongregationsfragen bleiben unerledigt im alten Jahre. Dies ist mit kurzen Worten das Ergebnis der Hcrbsttagung der französischen Deputiertenkammer. Daß es so negativ ausfallen würde, hätte man nicht erwartet. Allerdings wird in Frankreich stets mehr ver sprochen als gehalten, und daran hätte man denken sollen, als die neue Kammer nach ihrer Ernennung ihr Arbeitsprogramm mit vielem Pathos kundgab. Wenn sie in ihrer ersten Sitzungsperiode, die mit dem Beginne der großen Parlameutsferien zu Ende ging, nichts Wesentliches zu stände gebracht hatte, so ließ sich das entschuldigen. Man sagte sich, daß sie, wie jemand, der eine neue Wohnung bezieht, sich erst einrichten, mit den neuen Verhältnissen sich ver traut machen und mit der Regierung bekannt werden mußte. In der Herbsttagung aber sollte die eigent liche Arbeit beginnen. Doch nun geht auch die Herbsttagung zu Ende und die Kammer hat noch nichts gethan. Daher ist man nicht mit ihr einver standen, ja, die Deputierten sind merkwürdigerweise zum Teil mit sich selbst nicht zufrieden. Denn eincAn- zahl von ihnen will sich als Kandidaten für die Senatorwahlen aufstellen lassen und sieht sich nun in der unangenehmen Lage, vor die Wähler mit leeren Händen zu treten. Zum Glück handelt es sich um Senatorenwahlen und den Kandidaten bleibt der Ausweg des Versprechens offen, daß sie, unter die würdigen Mitglieder des Oberhauses versetzt, ihre Sache besser machen werden, als im tollen Jugend taumel des Palais Bourbon. Uebrigens kann nicht fehlen, daß sowohl bei dieser Gelegen heit wie im allgemeinen eine gewisse Dosis der Unzufriedenheit auf der Regierung sitzen bleibt, und in der That kann man, wir wollen nicht sagen, muß man, der Regierung wenigstens betreffs der Kongregationsfrage einen Teil der Thatenlosigkeit der Kammer in Rechnung stellen, denn sie hat ihre Zeit nicht ganz tadelfrei eingeteilt Sie rechnete nicht damit, daß die Kongregationsfrage infolge der auf- getaucbtcn juristischen Schwierigkeiten im Staatsrate eine Verzögerung erfahren konnte. Sie sollte in der Kammer vor dem Budget zur Sprache kommen. Man wartete und wartete und schließlich war es für die Beratung beider zu spät. Dieses Finale des Jahres 1902 kann weder der Kammer, noch der Re-' gierung zum Vorteil gereiche«. Es beweist aufs neue, daß in der Republik Partei- und Wahlfragen über alles gehen. Ständen nicht die Senatswahlen vor der Thüre, so hätte die Kammer die Budget beratung zweifellos noch begonnen. So aber wächst der Mißkredit des parlamentarischen Regimes. Die Wahrheit dieser Behauptung verbürgen am besten die jüngsten Vorgänge auf dem französischen Geld markte. Bis zum 20. des vergangenen Monats wurden aus den französischen Sparkassen vom 1. Januar ab 89 Mill, mehr zurückgezogen, als im Vorjahre, das unter dem Drucke des Rückschlags der Weltausstellung stand, und Ende vorvergangener Woche ging die französische 3proz. Staatsrente unter 99 Fres, herunter, was sich seit 20 Jahren nicht ereignet hatte. Die Börse ist immer ein treffliches Barometer für die politische Wettervoraussage. Wenn es auch diesmal nach ihr geht, so liegt ein Umschlag in der Luft, der in der Kammer vielleicht eine Veränderung der Parteilage und im Anschlusse hieran, wenn nicht schon vorher, einen Regierungs wechsel bringt. Das Ministerium Combes hatzwar bis jetzt in der Kammer noch keine Niederlage zu verzeichnen. Doch hat sich das Vertrauen zu ihm wenigstens in der Bevölkerung bereits etwas abgckühlt, wie man auch aus den erwähnten Geldmarktproben sieht. Andrer seits beunruhigt die Art und Weise, wie der sozia listische Marineminister Pelletan seinem verantwort lichen Posten vorsteht, so manche. Hat er doch z. B. der Budgetkommission bekanntlich den Bericht aus geliefert, deu der französische Oberkommandant des China-Feldzugs, General Voyron, der vorigen Re gierung einreichte und von welchem Waldeck Rousseau sagte: „Niemals wird die Regierung Schriftstücke ausliefern, auf die General Voyron eigenhändig „ovnüäevtiel" geschrieben hat." Diesen Bericht be kamen nun die 33 Mitglieder des Budgetausschusses in die Hände, und er ist dadurch, wie sich der „Temps" beißend ausdrückt, das „seeret äs?oUebiu«Hs" geworden. Jedoch läßt sich über diese Handlung des Ministers immer noch streiten, denn der fragliche Bericht hatte durch die Geschwätzigkeit der Zeitungen schon manches von seinem vertraulichen Charakter eingebüßt. Dagegen hat Hr. Pelletan aus Spar- samkeitsrücksichtcn den Bau vou Panzerschiffen ver langsamt und die Effektivbestände des Mittclmecr- gcschwadcrs verringert, worüber in der Kämmer interpelliert wurde. Die Regierungsmehrheit sprach ihm zwar diesbezüglich ihr Vertrauen aus. Dagegen belächelt die ausländische Presse den Minister und die „befreundeten und verbündeten" russischen Zeitungen erheben sogar Widerspruch, was den Franzosen natürlich unangenehm ist. So erfährt das Kabinett von innen und außen Erschütterungen, und da cs ein französisches Kabinett ist, dem das Ulsmsnto mvri gleich in die Wiege gelegt wird, so dürfte der Tag seines Rücktrittes wohl nicht mehr allzu fern sein. Tagesgeschichte. Dresden, 2. Dezember. Se. Majestät der König begab Sich heute früh ^8 Uhr mit Sonderzug ab Hauptbahnhof, begleitet von mehreren mit Ein ladungen beehrten Kavalieren, nach Mügeln zur Jagd ,auf Wesensteiner Revier. Das Jagdfrühstück wurde mittags im Bahnhofsrestaurant Burkhards Walde Maxen eingenommen. Die hohe Jagdgesell schaft wird nachmittags per Bahn nach Dresden zurückkehren. Die Königliche Jagdtafel findet um 6 Uhr im Residenzschlossc statt. Ihre Kaiser!, und König!. 'Hoheit die Frau Großherzogin von Toskana ist gestern abend 0 Uhr nach mehrtägigen! Besuche bei Ihrer Majestät der K önigin-Witwe in Villa Strehlen mit Höchst- ihrer Tochter der Erzherzogin Margareta, Kaiser!, und König!. Hoheit, nach Salzburg zurück gereist. Ihre Kaiscrl. und König!. Hoheit die Frau Kronprinzessin gab den Höchsten Herrschaften das Geleit nach dem Hauptbahnhofe, woselbst auch im Allerhöchsten Auftrage Ihrer Majestät der Königin- Witwe der Königl. Kammerherr v. Metzsch-Reichenbach zur Verabschiedung zugegen war. Dresden, 2. Dezember. Se. Königl. Hoheit der Kronprinz wird Sich morgen gelegentlich einer Wagenfahrt mit Ihrer Kaiser!, und König!. Hoheit der Frau Kronprinzessin in das Garnisonlazarett be geben, um auf Wunsch Seines behandelnden Amtes, des Königl. Leibarztes vr. Selle durch den Vorstand der Röntgen-Station daselbst, Oberstabsarzt vr. Burdach eine photographische Aufnahme des ver letzten Unterschenkels machen zu lassen. Dresden, 2. Dezember. Tas heute ausgegebcne 25. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom Jahre 1902 ent hält eine Verordnung vom 16. November 1902, die Landes Erziehungsanstalten für Blinde, für schwach sinnige Kinder und für sittlich gefährdete Kinder be treffend. Deutsches Reich. Berlin. Au« Beuthcn in Oberschlesien wird ge meldet: Se. Majestät der Kaiser fuhr gestern nachmit tag 1 Uhr von Schloß Neudeck nach dem Bahnhose Radzionkau, von wo um 3 Uhr 35 Min. mittelst Sonderzuges die Weiterreise nach Großstrelitz erfolgte — Die „Berl. Polit. Nachr." schreiben: Nicht mit Unrecht wird in der Presse von verschiedenen Seiten da rauf hingewiesen, daß die Vorgänge im Reichstage von größter Bedeutung für die Zukunft des Parlamen tarismus im Deutschen Reiche sind. Zunächst wurde unter der Führung der Herren Singer, Bebel und Or Barth unter Mißbrauch einer Geschäftsordnung, die von der Voraussetzung vollster Loyalität aller Mitglieder des Reichstages ausgeht, der planmäßige Versuch unter nommen, eine zwei Drittel des Reichstags umfaßende Mehrheit zu verhindern, ihren Willen in Beschlüsse um zusetzen. Tas bedeutete nichts anderes, als die Lahm legung des einen gesetzgebenden Faktors im Reiche und damit der Gesetzgebung selbst und hieße, das Fundament jedes konstitutionellen Systems, das Mehrheitsprinzip, direkt in Frage stellen. Aber nicht genug damit Nach dem die unausgesetzten Versuche, der Mehrheit den Willen der Minderheit auszuzwingcn, endlich jene dazu gebracht hatten, sich ihrer Macht zu erinnern und unter Zurückstellung der kleineren Meinungsverschiedenheiten sich zu gemeinsamem energischen Vorgehen zu vereinigen, wird von einer Minderheit die Redefreiheit, um das Wort eines freihändlcrischen Blattes zu gebrauchen, ge radezu vergewaltigt. Lärmscenen werden planmäßig organisiert, und es sind in den letzten Sitzungen vielfach Zustände eingetretcn, die jeder parlamentarischen Ord nung Hohn sprechen. Solche Vorgänge müssen, wenn sie nicht vereinzelt bleiben, dem Ansehen des Reichstages einen tödlichen Schlag versetzen. Es handelt sich also, in der That darum, den Reichstag vor Lahmlegung und vor Vernichtung seines Ansehens durch das Treiben einer vor nichts zurückschrcckenden Minderheit zu bewahren Das ist eine Aufgabe von größter allgemein politischer und nationaler Bedeutung. Der Reichstag bildet mit dem Bundesrate' das Fundament der Verfassung des geeinten Deutschlands: er ist eine der Säulen, auf denen die staatliche Einheit des Deutschen Reiches ruht. Wird der Reichstag lahmgelegt oder in seinem Ansehen in der Bevölkerung ernstlich erschüttert, so wird dadurch die Verfassung des Reiches selbst schwer in Mitleidenschaft gezogen und die ruhige innere Fortentwickelung des Deutschen Reiches ernstlich gefährdet. Der Mehrheit des Reichstages erwächst bei dieser Lage der Dingt mc un abweisbare Pflicht, dafür zu sorgen, daß sie auch gegen über den Machenschaften einer illoyalen Minderheit Herr im eigenen Hause bleibt und daß der Präsident mit den nötigen Machtmitteln ausgestattet wird, um weiteren Störungen der Ordnung und der Redefreiheit vor beugen und so das Ansehen des Reichstages erhalten zu können. — Im Anschlusse an die vorstehend wicdcrgegebcnen Aeußcrungen der „Berl. Pol. Nachr " sei eine Mitteilung aus Berliner Blättern zur Kenntnis gebracht, wonach die Mehrheitsparteien des Reichstages eifrig bemüht sind, eine Form für die Maßnahmen zu finden, welche oic Wiederholungen von Verhöhnungen der Präsidialgcwalt unmöglich machen, wie sic sich am vergangenen Freitag abend vor der Vertagung zutrugen Am Bundcsratstische, von dem aus die Vorgänge aus allernächster Nähe vernommen werden konnten, war man entrüstet über die höhnische, von Mit gliedern der äußersten Linken dem Präsidenten nach Erteilung des zweiten Ordnungsrufes cntgcgengcschlcu Kunst und Wissenschaft. Konzert. Der zweite, durch den Besuch Sr. Majestät des Königs und Ihrer Königl. Hoheit der Prinzessin Mathilde ausgezeichnete Konzettabend der Herren Max Lewinger, Erdmann Warwas, Richard Rokohl und Ferdinand v. Liliencron vermittelte die Be kanntschaft mit Hrn. Prof. Georg Schumann, der die 'sehr anspruchsvolle) Klavierpartie seines neuen, im Ver lage von F. E. C. Leuckart in Leipzig erschienenen k'-moll- Ouartctts np. 29 in vorzüglich temperamentvoller Weise ausfühtte. Das viersätzige Werk, aus dem die beiden «fiten Sätze durch Erfindungskraft und Einheitlichkeit der Stimmung hcrvorragen, ist eine mit leidenschaftlichem Feuer, mit Begeisterung und reicher Phantasie aus- geführtc Tonschöpfung, die einerseits den ernst und vor nehm empfindenden Künstler, anderseits den Meister des ConirapunkteS und des modernen Klaviersatzes erkennen läßt Nicht ohne Sturm und Drang eilt zwar das Finale des Ouartetts am Hörer vorüber, doch ist dies kaum als Fehler zu bezeichnen, da nur aus gährendem Most klarer, edler Wein entsteht. Jedenfalls darf nach der gestrigen Probe von Hrn Prof. Schumann, dessen Wiege in unserem engeren Vaterlande (in Königstein a d E) stand und der zur Zeit als Nachfolger Blum- ner« die hochangesehene Stelle eines Direktors der alt berühmten Berliner Singakademie bekleidet, noch be deutendes auf dem Gebiete der Komposition erwartet werden. Den zweiten Teil des Programms bestritt ganz allein Hr. Konzertmeister Lewinger, der auf Wunsch hiesiger Musikfreunde die Solovorträge wiederholte, die ihm vor wenigen Wochen in Berlin künstlerisch so her vorragende Ehren einbrachtcn. Auch gestern war der Er folg seines Spiels ein außerordentlicher. Bachs ge fürchtet schwierige O-ckur-Sonate für Violine allein — und namentlich das wundervolle Allegro ass»: — wird man nur ganz ausnahmsweise in so hoher technischer Voll endung, mit so klangschöner, auch in den heikelsten Stellen wohlausgeglichener, vornehmer Tongebung und in durch weg so reiner, tadelloser Intonation hören, wie dies gestern der Fall war. Diesem virtuosen Meisterstück schloß sich unter ähnlichen äußeren Wirkungen der Vor trag eines Paganinischen Konzertsatzes an, der an Schwierigkeiten m Doppelgriffen, Arpeggien, Flagcolett- tönen re. so ziemlich alles zusammenfaßt, was die künstlerische Violintechnik auf diesem Gebiete aufzuweisen hat. Mit diesen beiden Kompositionen, denen sich kleinere Stücke von Molique (geboren im Jahre 1802) und Vieurtemps anschlossen, kann Hr. Lewinger getrost seinen musikalischen Siegeszug durch die Konzettsäle des Jn- und Auslandes antreten. U. S. Waterloo. Das Schlachtbild innerhalb der epischen und ge legentlich selbst der dramatischen Dichtung ist uralt, auch die Schlachtschilderung innerhalb der Geschichtschreibung nähert sich, wo sie anschaulich und lebensvoll wird, der poetischen Darstellung naturgemäß Die „Schlacht dichtung" hingegen, als eine besondere litterarische Gattung, ist eme Spezialität für den fruchtbaren Karl Bleibtreu geworden, ver in emer schon ganz stattlichen Folge von Bänden und Bändchen („Vies ir»e, Er innerungen eines französischen Offiziers", „Deutsche Waffen in Spanien", „Napoleon bei Leipzig", „Marston-Moor", „Aspern" u. a.) sich als der echte Sohn und poetische Erbe seines Paters, des vorzüglichen Schlachtenmalers Georg Bleibtreu, bewährt hat. Die umfangreichste aller dieser Schlachtdichtungen ist vor kurzem m Bleibtreus „Waterloo" (München, 1902, Albert Langen) hervor- aetreten. Sie weist m besonder« charakteristischer Weise Vorzüge und Mängel der Gattung, Eigentümlichkeit und Manier, Überzeugungen und Vorurteile des Schriftstellers auf. Der Anschaulichkeit ist die knappere Form, die energischere Zusammendrängung, wie sie zum Beispiel in Bleibtreus „Marston Moor", der Schlacht zwischen den Rundköpfen und Kavalieren des englischen Bürgerkriegs, vorwaltet, ohne Frage günstiger gewesen. Doch die größere Aufgabe fordert auch die größere Form und der viertägige Feldzug von 1815 in Belgien, der letzte Napoleons I., hat für den Schlachtenmaler in Worten den stärksten Reiz der Kontraste, der Schicksalswechscl, der großen Umrisse und des lodemdsten Kolorits. Er umschließt nicht nur Waterloo, sondern auch Liqny und Quatre BraS. Er giebt Gelegenheit zu den buntesten Schilderungen jeder Art, von dem glänzenden Ball der Herzogin von Richmond in Brüssel, bei dem Wellington und seine Unterfeldherrn durch den Hcran- marsch der Franzosen aufgcscheucht werden, bis zur Morgendämmerung des 19. Juni, die die Auflösung der völlig geschlagenen Napoleonischen Armee sieht, die trostlosen Scenen eines zur Flucht ausgeatteten Rück zugs. Er fordert mit seinen tausend Vorgängen die höchste Kunst der Gruppierung und der Beleuchtung heraus. Und er eröffnet die Möglichkeit der mannig faltigsten Menschenschilderung, wenn es der Darsteller vermag und versteht, im raschen Ausdruck entscheidender Augenblicke das ganze Wesen chatfroher und thatkräftiger Naturen zu spiegeln Alles dies hat wohl Bleibtreu zu seiner Stoffwahl bestimmt. Für den objektiven Schlacht- fchilderer sind dies Anziehungspunkte genug, für die subjektive Tendenz Bleibtreu«: die Verherrlichung des französischen Imperators, liegt Waterloo weniger günstig. Bekanntlich läßt in der Napoleonsvergötterung Bleibtreu selbst Heine und Beranger weit, weit hinter sich Und in diesem Gefühl gestaltet sich für den Verfasser dieses Schlachtbilde« auch die Niederlage bei Waterloo zu einer Apotheose seine« Heros. Nicht bloß in der Schluß fanfare: „Ihr beide von Süden und Norden habt nur ein Hohelied der einen Menschengröße angestimmt: de« Dämon Genius, der alle Völker durcheinandergerüttelt, des Gewaltigen, der über eine Welt sein Ich erhöht, das Herrscherrecht des Geistes offenbarend. Denn nur der Geist ist ewig, unzerstörbar und die Materie zerfällt in Staub, Blücher, der Besten einer, Waterloo, die Schlacht der Helden — auch sie Materie, versinkend mit der flüchtigen Zeit. Aber niemals endet das große Heldengedicht, die düstere Geistcvschlacht des einen wider alle und vielzuviele, das Sinnbild des Genies: Napoleon!" nein auch im ganzen Verlauf seiner Darstellung müht Bleibtreu sich überall ab, den Beweis zu führen, daß Napoleon nie mehr er selbst, nie größer gewesen, als im Feldzug von Waterloo, daß er ohne den unseligen und unfähigen Grouchy, das preußische Volkshecr zusamt Wellingtons Söldnerheer besiegt und vernichtet haben müßte. Diese Tendenz de« Verfassers ist der Dichtung als solcher verhängnisvoll geworden. Kein Zweifel, daß, wenn der Schilderer seine ganze Kraft auf die Schilderung gesammelt, jede Ablenkung vermieden, die Aufgabe des Schlachtmalers in Worten als eine vollgiltige bc trachtet hätte, sein „Waterloo" ein fesselndes Kunstwerk sein würde. Er hat da« Auge für das Einzelne in der Masse, für die Bewegung der Massen, die Kraft der Be lebung, an mehr als einer Stelle des Buches, meinen wir den Marschtritt und den Schlachtlärm zu hören, das rauchumschwebte Gewühl de« Gefechte« und die bunten Scenen de« Lager« zu sehen. Er würde unsere Phantasie zwingen können, der seinigen zu folgen, wenn er seines darstellenden Zweckes nicht vergäße Aber trotz aller Ueberzeugung, daß „plastische dichterische Darlegung diese verwickelten Verhältnisse indirekt viel klarer heraus schält, als jede trockene Histone", kann er sich nicht ver sagen, auch als Stratege und Militärschriftsteller, al« Knegskritiker und Politiker wirken zu wollen. Anstatt die Schlacht in seinem Sinne mit all ihren großen und
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