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Dresdner Journal : 25.10.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190510253
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19051025
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19051025
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1905
- Monat1905-10
- Tag1905-10-25
- Monat1905-10
- Jahr1905
- Titel
- Dresdner Journal : 25.10.1905
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veiugSprei»: Beim Bezüge durch d>« cheschäftskeSe innert» N Z>r»Sen» 2,LV M (einschl. Zatragung), durch die im Deutschen Reiche s M. (ausschließlich Bestellgeld) vierteljährlich. Einzeln« Nummern 10 Pf. Wird Zurücksenduna der für die Schristleitung bestimmten, aber von dieser nicht ein, geforderten Beiträge bean sprucht, so ist das Postgeld beizufügen. Dns-mr W Journal. Herausgegeben von der König!. Expedition des Dresdner Journals, Dresden, Große Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheinen: Werktag- nachm b Nhr — Onginalderichte und Mitteilungen dürfen nur mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden. Ntiküntigung-gebühren: Die Zeile kleiner Schrift der 7 mal gespaltenen Ankündi- gungS Seite oder deren Raum 2t) Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsay ü Pf Ausichlag für die Zeile Untrem Re da ktiontstrich (Eingesandt) sie Trxtzeile mittier Schrift oder deren Raum 50 Pf. Gebühren - Ermäßigung bei öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi« mittags 12 Uhr für die nach mittags erscheinende Nummer. M 24!) Mittwoch, den 25. Oktober nachmittags. 1905 Amtlicher Teil. Ich ernenne Se. Majestät den Kaiser, König von Preußen zum Chef des 3. Ulanen Regi ments Nr. 21 und bestimme, daß dieses Regiment die Bezeichnung 3. Ulanen-Regiment Nr. 21 „Kaiser Wilhelm II., König von Preußen" zu führen hat. Dresden, den 25. Oktober 1905. Ariedrich Äugust. Dresden, 25. Oktober. Se. Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen, sind heute vormittag 11 Uhr 25 Min. in Dresden ein- gctroffen und haben im Residcnzschlosse Wohnung genommen. Dresden, 25. Oktober. Sc Majestät der König sind gestern abend 6 Uhr 53 Min. von Tarvis nach Dresden zurückgekehrt Benennungen, Versetzungen re. tm öffent lichen Dienste. Am «eschäftSdereiche des Ministeriums der Finanzen. Postverwaltung. Ernannt: Dietz, seither Postsekretär, als Ober-Postsekretär in Plauen (Bogtl). iBehördl Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile) Nichtamtlicher Teil. ^us -er Sozialdemokratie. Seit dem Jenaer Parteitage legt es die sozial demokratische Presse in demonstrativer Weise darauf an, bei jeder Gelegenheit den radikal-revolutionären Standpunkt der Partei zur Geltung zu bringen. Während früher die sozialdemokratischen Partei führer alles aufboten, um den Borwurf abzuweisen, sie beabsichtigten, einen gewaltsamen Umsturz der be stehenden Verhältnisse herbeizuführen, halten sie gegenwärtig eine Verdunkelung ihrer darauf ge richteten Bestrebungen nicht mehr für erforderlich. Die Sozialdemokratie fühlt sich als „Dreimillionen partei" mächtig genug, der öffentlichen Meinung und der Staatsgewalt zu trotzen. Sie treibt nicht bloß mehr die Verherrlichung der Revolution in ihrem historischen Kalender und bei der Feier der März- rcvolutionen, sondern sie bringt ihre Sympathie mit den russischen Revolutionären und allen von diesen begangenen Scheußlichkeiten geflissentlich zum Aus druck, indem sie zugleich ganz offen ihre Hoffnung kundgibt, daß die revolutionäre Bewegung im Zaren reiche siegreich sein und dem „proletarischen Eman zipationskampfe" auch im übrigen Europa zu Hilfe kommen werde. Gelegentlich der Erörterungen des bekannten Königsberger Geheimbundprozesses, in dem die Fäden aufgedeckt wurden, die von der Leitung der deutschen Sozialdemokratie zu den Schürern der russischen Revolutionsbewegung hinüber und herüber gesponnen worden waren, verschworen sich die sozial demokratischen Führer und Zeitungen heilig, daß sie mit den Terroristen und Gewaltpolitikern in Rußland nichts zu tun hätten, daß es ihnen nicht eingefallen sei, zu einem Schmuggel von Schriften, die das russische Volk zur Revolution ausstacheln sollten, die Hand zu bieten. Bebel gab sich im Reichstage die größte Mühe, den Schriften ¬ schmuggel als ganz harmlos und das aufgesundene zu Bluttaten auffordernde Agitationsmatcrial als Spitzelmache hinzustellen. Bei uns in Deutschland hat diese Behauptungen niemand ernst genommen; dagegen haben sich offenbar maßgebende Kreise in Rußland dadurch täuschen lassen. So kam es, daß ein russischer Staatsanwalt vor mehreren Wochen in dem Prozesse des in Warschau zum Tode verurteilten früheren Mitgliede der deutschen sozialdemokratischen Partei Kasprzak folgendes äußerte: „Der Angeklagte ist zugleich Mitglied der deutschen Sozialdemokratie und wurde von dieser als Reichstagskandidat auf gestellt. Aber die deutsche Sozialdemokratie ist von solchen Mordgelüsten weit entfernt. Die deutsche Sozialdemokratie kämpft nicht mit bewaffneter Hand und spekuliert auch nicht auf das Mißgeschick des Vaterlands. Der Führer der deutschen Sozial demokratie hat im Reichstage erklärt, wenn Deutsch land von irgendeiner Seite kriegerisch angegriffen werden sollte, würde die Sozialdemokratie wie ein Mann zum Schutze des Vaterlands zu den Waffen greifen." Dieses Lob klingt uns Deutschen wie Ironie, wissen wir doch, daß Bebel erst vor kurzem unserem Vaterlande ein Sedan gewünscht hat, um der Sozialdemokratie im Rücken einer geschlagenen Armee die Revolution zu ermöglichen. Aber der sozialdemokratischen Parteileitung ist dieses Lob auf die Nerven gefallen, sie will nicht einmal, daß die Sozialdemokratie auch nur mißverständlich als patriotisch angesehen werde So hat denn der „Vorwärts" sich beeilt, zu der erwähnten Kundgebung des russischen Staatsanwalts zu bemerken: „Es ist natürlich unnötig, Bebel und die deutsche Sozialdemokratie gegen die lächerlichen Tiraden des zarischen Staatsanwalts zu schützen". Für uns Deutsche ist das „natürlich unnötig", wir wissen ganz genau, wessen wir uns von dem „Patriotismus" Bebels und seiner Partei zu versehen haben. Aber für gewisse sozialreformerische Optimisten, die noch immer von einer Versöhnung mit den Sozialrevolu tionären träumen, ist eine derartige offizielle Fest stellung sehr beachtenswert. Ter Verdacht der Vaterlandsliebe, in den Bebel von russischer Seite aus ungcrechtfertigterweisc ge kommen ist, ist aber nicht der einzige, gegen den er sich zu wehren hat. In der neuesten Nummer des „Vorwärts" ergreift der sozialdemokratische Führer vielmehr selbst das Wort, um sich gegen einen neuer dings in Rußland verbreiteten Verdacht zu vertei digen, gegen den Verdacht nämlich, daß er der rus sischen Revolution abgeneigt sei und sich ihr ent gegengesetzt geäußert habe. Bebel erklärt, die Unter stellung, er sei mit dem vom russischen Zarismus Gebotenen — mit der Reichsduma — zufrieden und fordere seine Parteigenossen zum Niederlegen der Waffen und zu einer Art Aussöhnung mit dem herrschenden Rcgimcnte auf, sei die schwerste Be leidigung, die ihm angetan werden könne und die er mit aller Entschiedenheit zurückwcise Die russi schen Revolutionäre tun tatsächlich dem Führer der deutschen Revolutionspartei ein schweres Ustrccht, wenn sie ihn auch nur im entferntesten für fähig halten, jemals eine Aussöhnung mit irgendeinem herrschenden Regiment zn befürworten. Bebel hat vollkommen recht, wenn er sagt, es sei ihm nie auch nur im Traume eingefallen, seinen rus sischen Parteigenossen oder den Radikalen in Rußland zuzumuten, ihre revolutionäre Tätigkeit eiuzustcllcn und sich der „von ZarS Gnaden" gegebenen Reichsduma-Verfassung zu unterwerfen. Hatte Bebel sich und die sozialdemokratische Partei leitung noch vor zwei Jahren dagegen verwahrt, die russische Revolution mit ihrem Terror zu schüren, so ist heute seine Sympathie mit den russischen Revo lutionären und Mördern über jeden Zweifel erhaben. AuS den Jenaer Verhandlungen wissen wir ja, daß seitens der sozialdemokratischen Parteiführer die deutsche Arbeiterschaft gemahnt wird, ihre Blicke auf merksam und bewundernd auf die „Heldentaten" jenseits unserer östlichen Grenzen zu richten und davon zu lernen. Weder Bebel noch die übrigen Führer und die Preßorgane der deutschen Sozialdemokratie hätten es nötig gehabt, sich gegen so törichte „Vorwürfe", wie sie von Rußland her ganz vereinzelt und wohl nur zu taktischen Zwecken erhoben werden, zu verteidige». Die „Beleidigung", patriotisch zu empfinden und eine Aussöhnung der russischen „Genossen" mit der Staats gewalt zu empfehlen, wird kein vernünftiger Mensch unseren zielbewußten Sozialdemokraten widerfahren lassen. Wir vermuten also wohl nicht mit Unrecht, daß die erwähnten Verwahrungen und Zurück weisungen weniger an die angegebenen Adressen ge richtet seien, als daß sie die Bestimmung hätten, uns Deutschen wieder einmal die Absicht der sozialdemo kratischen Partei, auf dem in Jena beschrittenen, zur blutigen Revolution führenden Wege fortzuschreiten, deutlich vor Augen zu führen Als ein weiteres Symptom für diese Absicht kann auch die Kündigung der sechs als nicht radikal genug geltenden „VorwärtS"- Redakteure angesehen werden. Man wird sich also demnächst auf die schärfste Tonart des sozialdemokra tischen Zentralorgans einzurichten haben, namentlich, wenn sich die Meldung, daß der Abgeordnete Stadt hagen dessen Leitung übernehmen solle, bestätigen würde. Tagesgeschichlt. Dresden, 25. Oktober. Se. Majestät der Deutsche Kaiser traf heute vormittag 11 Uhr 25 Min, mit Sonderzug von Potsdam kommend, zu Besuch Sr Majestät des Königs am hiesigen Hauptbahnhofe ein. Die als Ehrendienst zu Sr. Majestät dem Kaiser befehligten Herren: kommandierender General des XII. (I. K S.) Armeekorps, General der Kavallerie o Broizem, Exzellenz, der Kommandeur des 2. Gre nadierregiments Nr. 101 Oberst v. Schlieben, der Militärbevollmächtigte in Berlin Oberstleutnant Frhr. v. Salza und Lichtenau und Hauptmann Schumann vom 2. Grcnadierregimcnt Nr. 101 waren Sr. Majestät bis Elsterwerda cntgcgengcfahren Bei der Ankunst Sr Majestät des Kaisers am Hauptbahnhofe fand großer Empfang statt, zu dem Sich Se. Majestät der König in der Uniform Allerhöchstseines Königl. Preußischen Ulanenrcgimcnts „Hennigs v. Treffenfeld", und Se. Königl Hoheit Prinz Johann Georg in der Königl. Preußischen 2 Gardculanenuniform nebst Gefolge, die Herren Staatsminister, die Generale und Stabsoffiziere der Garnison und die Spitzen der Behörden eingefunden hatten Se. Majestät der Kaiser entstieg dem Sondcr- zuge in der Uniform Allerhöchstseines 2. Grenadier regiments Nr. 101 Die Monarchen begrüßten Sich aufs herzlichste und begaben Sich nach weiterer Be grüßung der zum Empfang Anwesenden bez. des Gefolgs zur Ehrenkompanie. Tie letztere war vom 2. Grenadierregiment Nr. 101 gestellt worden und hatte mit der Fahne, einem Spielmannszuge und dem Hoboistenkorps vor dem Hofsalon Ausstellung genommen. Nach Abschreiten der Front der Ehrenkompanie und nach den: Vorbeimarsch der letzteren bestiegen die Majestäten die Wagen und begaben Sich nach dem Residenzschlosse. Die Fahrt dahin erfolgte ü lu I-uumviit unter Eskorte einer Eskadron des Königl. 3. Ulanenregiments Nr 21. Ter Weg wurde über die festlich geschmückte Prager Straße, Seestraße, Altmarkt, Schloßstraße, Georgentor und die Einfahrt in das Schloß durch das grüne Tor genommen Am Eingang zur Prager Straße, wo eine mächtige Ehrenpforte errichtet war, wurde Se. Majestät der Kaiser durch die Städtischen Kollegien begrüßt. Im großen Schloßhofe erwies eine zweite Ehren kompanie des Königl. 1. (Leib ) Grenadierrcgiments Nr. 100, bei der auch Se Königl Hoheit der Kron prinz mit eingetretcn war, dem hohen Gast die militärischen Ehren. Beim Abschreiten der Front reichte Se Majestät der Kaiser Sr. Königl. Hoheit dem Kronprinzen die Hand. Nach dem Vorbeimärsche der Ehrenkompanie traten die Majestäten in das Schloß ein, wo die Herren des Königlichen großen Dienstes zum Empfang Sr. Majestät des Kaisers versammelt waren Vor den Gemächern Sr. Majestät des Kaisers, die sich in der 11. Etage des Schlosses nach dem Bürengarten zu befinden, hatte Sich Ihre Majestät die Königin Witwe, umgeben von Ihren Königl. Hoheiten den Prinzen und Prinzessinnen Sr. Majestät des Königs, zur Begrüßung des Aller höchsten Gastes eingefunden Mit dem Eintreffen Sr. Majestät des Kaisers wurde außer der Königl. Hausflagge die Kaiser standarte auf dem westlichen Schloßflügel gehißt und vor dem Allerhöchsten Quartier trat ein Unter- offizierdoppclposten vom Königl. 2. Grenadierreaiment Nr. 101 auf. Im Gefolge Sr. Majestät des Kaisers befinden sich: Ihre Exzellenzen Oberhof- und Hausmarschall General der Infanterie Graf zu Eulenburg, der Chef des Geheimen Zivilkabinctts Wirk! Geh Rat vr v. LucanuS, der Kommandant des Hauptquartiers Generaladjutant General der Infanterie v Plessen und der Chef des Militärkabinetts, Generaladjutant Generalleutnant Graf v Hülsen Haeseler, die Flügel adjutanten Major v Fciedeburg und Major v Neu mann-Cosel und Leibarzt Stabsarzt Or. Niedner. Kurz nach dem Eintreffen im Residenzschlosse empfing Se Majestät der Kaiser das Offizierskorps des Königl. 3. Ulanenregiments Nr. 2I, welches Re giment ÄUcrhöchstdemselben von Sr. Majestät dem Könige verliehen worden ist. Hieran anschließend nahm Se Majestät der Kaiser noch einige militärische Meldungen entgegen. Gegen '^1 Uhr mittags begab Sich Se. Majestät der Kaiser in Begleitung Sr Majestät des Königs zum Besuche Allerhöchstseines 2. Grenadierregiments Nr. 101 nach der Kaserne dieses Regiments. Nach einem Frühstück mit dem Offizierskorps des Regiments im Kasino kehren die Monarchen ins Reydenzschloß zurück Ten NachmittagStcc nimmt Se Majestät der Kaiser bei Ihrer Majestät der Königin-Witwe in Villa Strehlen ein und um '^6 Uhr findet zu Ehren des Allerhöchsten Besuchs im Residenzschlosse eine Königliche Galatafel statt, der sodann abends »48 Uhr ein Bestich der Königl. Hofopcr folgen wird. Abends 9 Uhr gedenkt Se Majestät der Kaiser Dresden wieder zu verlassen. üunst und Wissenschaft. Ein neues System der Philosophie.*) I Die Philosophie befindet sich in der Gegenwart in einer gewissen Krisis. Man ist zu der Überzeugung ge kommen, daß die großen Systeme von Fichte, Schelling und Hegel nicht leisten, was sie versprochen. Sic haben uns in schwindelnde Höhen geführt, wohin wir nicht zu folgen vermögen, in einen vor und über unserem Wissen hinausliegenden Apriorismus, dem alle Beweiskraft auf Realität fehlt. Selbst das Kantsche System, das nach Beseitigung des Ansehens der spekulativen Schule, wieder in den Vordergrund getreten, leidet an großen Mängeln. Es fehlt ihm nicht allein die streng logische Entwickelung im Ganzen und der innere Zusammenhang der einzelnen Teile, sondern auch an scharfen Wort- und Begriffs bestimmungen und an dem Festhalten der Grundsätze fundamentalster Art in der ihnen beigelegtcn Bedeutung. Tie Neukantianer halten zwar an dem Systeme des großen Königsberger Denkers fest, indem sie von dem Gefühle geleitet werden, daß trotz der vorhandenen Fehler und Widersprüche in ihm noch so viel Gutes und Brauch bare» enthalten sei, um als feste Grundlage und Aus gangspunkt für neue philosophische Forschung zu dienen. H. G Opitz ist nicht dieser Meinung. Nach ihm ist das Kantsche System weder für die Erkenntnis-, noch für die Willenslehre tapglich, für jene nicht wegen ihres Apriorismus, für diese nicht wegen des sogenannten kategorischen *) Grundriß einer Sein-wissenschast von H.l' .'. itz. 1. Bd.: ErfcheinungSlehre. 1. Abteilung: Erkenntni-lehr,^ I«»7. 2 Ab teilung. WiyenSlrhre, 188S. 2 Bd.: WesrnSlehre 1S04. Leipzig, Hermann Haacke. Imperativs. Er stimmt m dieser Hinsicht ganz mit Schopenhauer überein, der ebenfalls mit großer Ent schiedenheit den beiden Grunddogmen entgegenlrat, obgleich er im übrigen Kants Verdienste um die Philosophie be wundert In jahrelanger, fleißiger und mühevoller Arbeit ist es Opitz gelungen, ein neues philosophisches System aufzustellcn, das er Grundriß einer Seinswissewchaft nennt und das sich in zwei große Teile gliedert: in die Er scheinungslehre und in die Wescnslehre Dieses System verdient schon aus dem Grunde die Beachtung aller Interessenten, als es trotz der Übereinstimmung in manchen Auffassungen und Anschauungen mit Wundt, Lotze, Höffding, Lehmann, Paulsen u a. vollständig neue und selbständige Wege wandelt. Wir haben cs mit einem Denker ureigenster Art zu tun, der zwar in richtiger Würdigung unseres Erkenntniszustands manche auf trügerischem Boden aufgcbautc Hoffnungen unnachsichtig zerstört, oder auf das allein Erreichbare beschränkt, dafür aber allen sozialen, ethischen und ästhetischen Wert- beariffen und Werturteilen, die für die praktische Daseins führung von Wichtigkeit sind, zur allgemeinen Anerkennung verhilft Durchweg auf dem Boden der Erfahrung und der wissenschaftlich exakten Methode stehend und der reinen Spekulation ausweichend, nimmt er seinen Weg nicht vom Himmel zur Erde, vom Transzendenten zum Immanenten, sondern geht gerade umgekehrt vorwärts und weist dabei immer auf die praktische Verwendbarkeit und Verwertbarkeit der gewonnenen Enderaebniffe hin Die Darstellung ist in allen Teilen klar, lichtvoll und leicht verständlich; selbst in den Fragen, wo es sich um Aufdeckung der letzten und tiefsten Beziehungen unseres Ich zur Welt und zu Gott handelt, wird der gebildete Laie mit Leichtigkeit zu folgen vermögen Man wird in dieser Beziehung unwillkürlich an Schopenhauer erinnert, der zum erstenmal die Philosophie in ein verständliches anmutiges Gewand hüllte. Geflissentlich wird vom Ver fasser aller gelehrter Ballast vcrmlcdcn und die vielen Fremdwörter, die bisher in den dialektischen Erörterungen eine hervorragende Rolle spielten, sind durchweg ausge- schicdcn. Die Diktion ist rein deutsch, nicht einmal schwer fällige und schwülstige Zusammensetzungen kommen vor. Nur einige Male begegnen uns Neubildungen, die von einem strengen Sprachforscher beanstandet werden könnten. Neben diesen rühmlichen Vorzügen verdient noch besonders mit Nachdruck hcrvorgchoben zu werden das Anziehende und Fesselnde der aufgerolltcn Probleme. Die Aufmerk samkeit wird so im Banne gehalten, daß man eine Materie bis zu Ende lesen muß und keinerlei Abspannung und Ermüdung gewahr wird. Nach Viesen allgemeinen Bemerkungen, die wir vorauS- zuschickcn für notwendig erachteten, wenden wir uns dem Systeme auf den einzelnen Disziplinen selbst zu Schon mit der Auffassung, daß das der Philosophie eigentümliche Gebiet dem Gegenstände nach als Grundwissenschaft hin- gestellt unv diese ihrem Inhalte nach als die Wissenschaft definiert wird, welche die innere Erscheinung unseres Ich und dessen Beziehung zur Wirklichkeit d i. zum äußeren Sein und der sonstigen Welt der Dinge zu beleuchten hat, ist eine scharf umrissene und unanfechtbare Erklärung gewonnen Sie ist dadurch einerseits ebenso gesichert vor den Angriffen der Sondcrwiffenschaften, wie es ihr an derseits verwehrt ist, in unbefugter Weise auf diese über- zuqreifen Ta alle Natur- und Geisteswissenschaften eben falls durch die Erkenntnis unseres Ich hcrvorgebracht werden, so kann die Philosophie vor ihnen gar nichts anderes vorauShabcn, als daß sie ihre Grundbegriffe eruiert und nach Umfang und Inhalt festfiellt Sic erstreckt sich somit auf alle Sonderwissenschaftcn und gibt ihnen, wird aber von keiner derselben umfaßt und empfängt von keiner etwa« Alle ruhen auf ihr als ihrer Grundmauer oder ihrem Sockel Der erste Haupt teil: die Erscheinungslchrc gliedert sich wieder in zwei Unterabteilungen, in die Ertenmms:chre und in oie Willenslchre; jene umfaßt alle diejenigen seelischen Vor gänge und Tätigkeiten, durch die uns unser gesamter Erkenntnisinhalt vermittelt wird Es entstehen Ab oder Spiegelbilder von der Welt der Dinge in uns, die sich durch die Zuhilfenahme der Reihenbegriffc von Raum und Zeit zu einem Bau zusammcnsetzen und die Außenwelt ein zweites Mal in uns erzeugen Mit großer Umsicht werden die Sinne einer Prüfung unter zogen, ob sic Instrumente sind, die den vorgespiegelten Stoff der Seele so zuführen, daß er mit Sicherheit zu Vcrnunftgesetzen zu verwerten ist. Der Verfasser faßt alle auf den Erkenntnisinhalt sich beziehende Seelentätig- kcit mit dem Namen VorstellunqSerregungcn zusammen und behandelt sie in doppelter Weise, in der Form der Gebundenheit und in der Form der Freiheit Auf un bedingte Zustimmung darf die in der Erkenntnislehre angcwendcte Methode schon aus dem Grunde rechnen, als gezeigt wird, daß sich unsere Begriffswclt nach den selben Gesetzen wie die Naturwissenschaften aufbaut. Auf diese Weise gewinnt der Verfasser ein Gebäude mit festem Gefüge, das nicht von jedem Windstoß hin- und herbewegt wird Die spekulative Schule war dadurch, daß sic annnahm, sie habe nicht nötig, die Begriffe, mit denen sie hantierte, genau festzustellen, auf Abwege geraten Selbst ein Herbart befand sich in dieser Hinsicht noch in einem ge waltigen Irrtum Wenn der Verfasser bei der Bestimmung der BcziehungSbcgriffe Raum und Zeit ganz mit Kant zusammentrifft, daß sie nichts weiter als Denkfunktionen seien, durch die wir die in den Begriffen gesonderten Gegenstände und Erscheinungen bei ihrer Wirderverbindung in ihrer Folge neben- und nacheinander ordnen, so sind wir allerdings anderer Ansicht Nach unserer Überzeugung kommt beiden Begriffen neben dem subjektiven auch objek tiver Gehalt zu. Im übrigen stehen wir ganz auf der Seite des Verfassers, wenn er gegen die unstatthaft« .
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