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Sächsische Volkszeitung : 14.05.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190505147
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19050514
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19050514
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-05
- Tag1905-05-14
- Monat1905-05
- Jahr1905
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 14.05.1905
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3. Beilage zu Nr. 11V der „Sächsische« Volkszeitring" vom 14. Mai l 8VS. Politische Mm-sch««. — Die neuen Bestimmungen über die Beteranenbeihilfe werden nunnrehr im „Reichszentralblatt" publiziert, sie be- ziveckeu irr erster Linie eine gleichmäßigere Auslegung des Gesetzes, dann aber auch die Beseitigung mancher Härten, welckx- die jeitkxnigc ÄMvendung des Gesetzes im Gefolge hatten. Hervorgehoben mag werden, daß als gänzlich er- werbsnnfähig schon alle diejenigen angesehen werden sollen, deren Erwerbsunfähigkeit infolge von Alter, schwerem Siechtum, unheilbaren Krankheiten oder anderen Gebrechen dauernd auf weniger als ein Drittel herabgesetzt ist. Das io' schon t-ani: angenommen werden, wenn die Veteranen nicht mehr imstande sind, durch eine ihren Kräften uird Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit, die ihnen unter billiger Berücksichtigung ihrer Ausbildung und ihres Berufes zugc- ?n".it»t werd-n 5mm, em Drittel desjenigen zu erwerben, wis törpe'-l ch und geistig "esunde P»rsonen derselben Art mit ähnlicher Ausbildung in derselben Gegend durch Arbeit zu verdienen pflegen. Ein Veteran soll der Fürsorge als unwürdig nicht schon deshalb angesehen werden, weil er vorbestraft ist. Art und Schwere der Straftat, sowie die Zeit ihrer Begehung und die spätere Lebensführung sind in Betracht zu ziehen. Das politische Verhalten kann nie mals Aitlaß zur Verweigerung der Beihilfe geben. Die Entscheidung darüber, ob ein Kriegsteilnehmer unter- stützullgsbedürftig ist, hat ohne Bindung an eine bestimmte Einkommcngrenze unter gewissenhafter Prüfung der ge säurten Umstände des einzelnen Falles zu erfolgen. So ein fach für die Verwaltung die Festsetzung einer' bestiminten Einkommensgrenze wäre, so verschieden und mrgerecht würde eine solche Maßnahme wirken; die Lebensbedingnn- gen in den verschiedenen Teilen Deutschlands sind zu mannigfach. Ein Veteran, der seine Familie zu unterhalt- len hat, wird zweifellos bei einen: erheblich höheren Ein kommen als Unterstützungsbedürftiger anzusehen sein, als ein Unverlleirateter. dem nur die Sorge für die eigene Per son obliegt. Krankheiten, Alterserscheinungen und derglei chen machen es notwendig, die Unterstühungsbedürftigkeit in den einzelnen Fällen verschieden abzugrenzen. Sehr zweckmäßig ist es deshalb, daß die Eirtscheidung über die Untorstützungsbedürftigkeit nicht ohn>e Anhörung der zu ständigen Ortsbehörden erfolgen soll, dem: diese ist zlveifel- los wie keine andere in der Lage, die anschlägigen Verhält nisse zu berücksichtigen und zu würdigen. Wir hoffen, daß hierdurch wenigstens die heftigsten Klagen der Veteranen verschwinden werden. — Die Neuorganisation unserer Gerichte. Die Kommission für die Strafprozeßordnung, die 2 Jahre in angestrengtester Arbeit ihre Vorschläge ausgearbeitet hat (vom Zentrum gehörten ihr Gröber, Opfergelt und Rintelen an), l>at sich auch mit der Gerichtsorganisation befaßt. Nach dem ibre Vorschläge etwas bekannt getvorden sind, können wir nrftteilcn, daß folgende Neuorganisationen der Gerichte geickkiffen werden sollen: Schöffengerichte, kleine, mittlere und große Schöffengerichte sollen in erster Instanz ent scheiden, die Strafkammer macht dem mittleren Schöffen gericht, das Schwurgericht macht dem großen Schöffengericht Platz. Das kleine Schöffengericht ist mit einen: Richter und zwei Schöffen, das mittlere mit drei Richter:: vier Schöffen, das große Schöffengericht mit drei Richtern und sechs Schöffen besetzt. Bei den Landgerichten finden wir folgende Arten von Schöffengerichten: 1. ein Landrichter und zwei Schöffen als Berufungsgericht gegen das Urteil des Amtsrichters in Uebertretungssachen; 2. drei Richter und vier Schöffen als mittleres Schöffengericht erster In- stanz und als Berufungsgericht gegen Urteile des kleinen Schöffengerichts und des Amtsrichters in anders:: als Uebertretungssachen; 3. drei Richter und sechs Schöffen als großes Schöffengericht erster Instanz ::>ck> als Bernlungs- geeicht gegen die Urteile der mittleren Schöffengerichte; 4. drei Richter und acht Schöffen als Berufungsgericht gegen die Urteile der großen Schöffengerichte. Es ist in die Augen springend, wie sehr die Lage des Angeklagten durch eine derartige Ausgestaltung des Verfahrens verbessert wird. Gegen jedes Urteil ist die Berufung gegeben; wäb- rend sie heute bei den größeren der Zuständigkeit der Straf kammern und Schwurgerichte unterstehenden Strafsache:: nicht stattftndet. Das große Schöffengericht ist das Schwur gericht. Während heute bei den: Schwurgericht zwölf Ge- schworene und drei Richter Mitwirken, fungieren bei den: großen Schöffengericht sechs Schöffen und drei Richter, aber die Trennung zwischen Schnldfrage und Strafzu messung fällt weg. Die Schöffen urteile:: auch über das Strafmaß. Wir wollen heute noch nicht über die Vorzüge dieser Reform uns eingehend verbreiten, sondern nur den einen Vorzug gewaltig unterstreichen: Die Gerichte er- lxüten hierdurch bedeutend n: e h r Laien! Und zwar Laien, die in allen Stadien vollgültige Ricken- sind! Es gibt sckwn manche Leute, die sich über die angebliche Be- seitignng der Schwurgerichte anfhalten, während dock: der Kern derselbe:: beibehalten wird und nur die Mängel ab- gestreift werden. Heute ist es so, daß die Geschworenen wohl allein über das Schuldig oder Nichtscknildig sich zu entscheiden haben; aber bei der Ausmessung der Strafe haben: sie kein Wort mehr zu sagen, und doch ist es für den Angeklagten von so großen: Vorteil, daß mich bei der Schöpfung des Strafmaßes noch Laien Mitwirken. Wir erhalten also statt der Schwurgerichte bessere und volks- tümlickxwe Gerichte, bei denen der Laie vollwertiger Richter ist. — Ein neues Lanzenbnot. Zun: Besuch des Kaisers in Straßburg erschien in der dortigen „Bürgerzeitung" ein an den Kaiser gerichteter offener Brief eines Spediteurs Ney, der ein Lanzenboot erfunden haben will und nun eine Entschädigung fordert. Seine Auslagen betragen angeblich 108 000 Mark. Versuche wurde:: seinerzeit von: Obersten von Mühlberg, Hnsarenobersten in Straßburg, mit dem Versprechen auf Entschädigung in größeren: Maßstabe be trieben. Auch der Kaiser hieß d:ese Versuche gut und befahl ihre Fortsetzung. Das Kriegsministerium verwies Rey an den Dezernenten des Jngenieurkomitees, welches das Nickel stahlboot erfunden hat. Dieser, Major von Krahne, soll Ney wörtlich gesagt haben: „Wir hatten den Auftrag, etivas derartiges zu suchen und haben das Nickelstahlboot erfunden, »velchcs schon längst eingeführt wäre, »venu Sie mit Ihrem Lanzenboot uns nicht in die Quere gekommen wären. Wir habm Sie aber nicht beauftragt, estvas derartiges zu er finden. tveni: der Kaiser Sie hierzu beauftragt l)ät, so mag er es aus seiner Privatsckxltulle zahlen, wir zahlen nicht." Rey klagt in den: offenen Briese, daß seine Erfindung trotz gegenteiliger Abmachungen von verschiedenen Trrchpenteilen ausgenützt würde. Der Brief während der Anwesenheit -es Kaisers erregt großes Aufsehen. Was aber an den Be- lxmptungen wahr ist, kann nicht bestinrmt werden; die Er- sindereitelkeit diktiert oftmals solche Briefe, deren Aivgaben bei näherer Prüfung sich in ein Nichts anslösen. — Arbeitsloscnstatistff. In der neuesten Numiner der Zeitschrift „Der Arbeitsmarkt" (15) befürwortet deren Her ausgeber eine intensivere Pflege der Arbeitslosenftcrtistik durch die Stadtverwaltungen, damit diese ans die Kunde von: Vorhandensein einer größeren Zahl vo>: Arbeitslosen in der Lage sind, auf Grund vergleichenden Zahlenmaterials die Sachlage untersuchen und eventuell sofort Notstands arbeiten in die Wege leiten zu können. Die in dieser Be ziehung von den Gemeindeverwaltungen zu treffenden Maß nahmen werden in folgende:: Thesen zusammengefaßt: Gegenüber etwaigen Behauptungen einer akuten Arbeits losigkeit und den: Verlangen nach außerordentlichen Maß regeln zu ihrer Bekämpfung wird eine sack)gemäße Stellung nahme der Gemeindebehörden nicht nwglich sein, :venn dos erforderliche statistische Material erst in jenen: Augenblick selbst beschafft werden soll. Aus diesem Grunde muß es zu den Aufgaben der Gemeindeverwaltung gezählt werden, für eine lausende Verfolgung der Lage des Arbeitsmarktes an ihrem Orte zu sorgen. Als einfachstes Mittel hierfür bieten fick) die „Tagesausweise" bei ArbeitsnackWeisen und Kran kenkassen dar. Wo sich am Orte ein kommunaler oder koinmnnaliinterstützter Arbeitsnachweis befindet, ist im Tezernatswege zu verordnen, daß „Tagesausweise" gefübrt werden, oder die Einführung zu veranlassen. Tie Kranken kassen sind ans die Vorteile aufmerksam zu machen, die dis freiwillige Einführung der Tagesauslveise gewährt und an- Anfragen, ob sie dieses System eingeführt baden. Zur Er läuterung sei kurz angeführt, daß in jeder gut gelasteten Arbeitsnacliweisvenvaltung jetzt schon „Tagesnachweise" ge führt :rerden,, die von jedem Tag angeben, mit wie viel offe nen Stellen und Arbeitsuchenden der Tag begonnen wurde, wie viele im Lause des Tages ihre Erledigung fanden, wie viel neu hinzukamen und mit wie vielen der Tag abgeschlos sen wurde. Wenn solche Listen seit Jahren geführt werden, so läßt sich an jeden: beliebige:: Tage seststellen, rvie der be treffende Tag und seine letzten 3, 4, 5 oder !5 Vorgänger zu den entsprecl-enden Tagen des Vorjahres sich stellten. -Ob die Aendernng, die seit den: Vormonat eingctreter» ist, ab norm ist oder ob es sich um eine alljährlich wiederkehrende Aendernng in dieser Jahreszeit handelt. Notstandsarbeiten brauchen dann nicht bis zu einer genaueren Erhebung über den Stand der Arbeitslosigkeit oft ans mehrere Wochen hin ausgeschoben zu werden. In einer Reihe von Städten sind auch bei den Krankenkassen Tagesnocknveise schon üblich: — 112 — Im Hanse des Präsidenten von Breien hatte sich im Laufe der Zeit vieles geä:ft>ert. Der Präsident, tiefgebeugt durch den plötzlichen Tod seiner Frau, hatte seinen Abschied genommen, auf seine Verwendung hatte Herr von Ral- bow die höchste Befriedigung seines Ehrgeizes gefunden; Frieda hatte als Re- giernngspräsidentin ihren Einzug in die heimatliche:: Räume gehalten, von welchen sich ihr Vater nur wenige Zimmer reserviert hatte. Noch ehe sie als Herrin ins .Hans kau:, waren Lidwina und Aurelia zmn Besuche einer reichen Tante, einer verwitweten kinderlosen Reichsgräsin gefahren. Lidwina, an Hochmut der Dame gleich, hatte sich bald deren Gunst er worben, welcke es sich nun eifrig angelegen sein ließ, für ihre Nichte eine glanzende Parste zu finden. Sie hatte auch nicht vergebens gesucht. Lidwina rvar als Braut eines Gesandten zurückgekehrt und hatte bald darauf ihre Hochzeit im Hause der Schwester gefeiert. Wir finden die beiden jungen Frauen, wenige Tage nach der Hochzeit, zusammen in dem reizend ausgestatteten Boudoir Friedas. Der nächste Tag sollte sie trennen, Lidwina mit ihren: Gatten die Reise nach ihrem Besinn- mnngsorte antreten. Frieda war im Sinne der Welt eine sehr glückliche Frau geworden. Ihr Mann war ihr treu und behandelte sie mit achtungsvoller Rücksicht, die sogar manchmal ein Hauch von Zärtlichkeit erwärmte. Er hatte durch seine Heirat wreicht, was er wollte und diese Zufriedenheit stimmte ihn gütig zu seiner Frau, welche durch Natürlichkeit und angeborene Herzlichkeit die dem Beneh men ihres Gatten anhängende Kälte verdeckte. Ihre Lebensstellung war eine glänzende, Reichtum und Lurus umgaben sie, sie lebte in einen: fortwährenden Strudel von Zerstreuungen, deshalb hatte der Tod ihrer Mutter keinen beson ders tiefen Eindruck auf sie gemacht. Trotz ihrer natürlichen Herzensgute ließ sie sich gern von: Strome des Lebens auf seiner heiteren Oberfläche tragen. „Es ist doch merkwürdig," sagte Lidwina, während ihre mit kostbaren Ringen geschmückte Hand mit der seidenen Quaste ihres mit prachtvollen Spitzen garnierten Morgengewandes spielte, „es ist doch merkwürdig, daß Barm: von Eggenberg gerade an meinen Hochzeitstage hier eintraf. Der erste, auf den mein Blick fiel, als ich in die Kirche eintrat, war er." „Dein glückstrahlender Bräutigam ahnte in diesem Augenblicke gewiß nicht," sagte Frieda lachend, „auf welche Probe die Liebe seiner Erwählten gestellt wurde, daß ihm ein Nebenbuhler so nahe war. Schlug nicht dein Herz chen schneller, als du ihn erblicktest? Fühltest du nicht ein wenig Reue, ihn nickst erwartet zu haben?" „Keineswegs. Sei ganz ruhig, Frieda; im Gegenteil. Ich wurde mir erst klar, daß Eggenberg nickst für mich gepaßt hätte, daß ich eine Törin war. cs auch nur einen Augenblick geglaubt zu haben. Dieser ernste Träumer! Ich hätte mich zuletzt vor ihm gefürchtet, jedenfalls zu Tode gelangweilt. Es war mir danrit auch nie rechter Ernst. Ich war nur gereizt von dieser falschen Person, die damals in unserem Hause lebte. Du wirst dich ihrer erinnern, du protegiertest sie ja sehr, du kanntest eben nicht ihre Schliche; ich aber hatte ihr in die Karlen geguckt und gesehen, welches Spiel sie trieb. Ich weiß genau, daß sie zu gleicher Zeit mit unserem Bruder und diesem scheinheiligen Eggen- berg ein Verhältnis unterhielt. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen." fuhr sie fort, als Frieda eine abwehrende Bewegung machte, „habe es mit eigenen Ohren gehört, wie sie Eggenberg noch für die letzte Nacht, die er in unserem Hause -»brachte, ein Rendezvous zusagte l" — 10'.' — — Sie letzte sich an ihren: Schreibtisch und zog aus einen: verschlossenen Fack^ einen Brief hervor, den sie wiederholt las. „Es ist ganz absolut unmöglich, in ihr den Verfasser dieses Schreibens zu vermuten und dock) ist sie cs. Natürlich ahnt sie nickst, daß ich den Brief gelesen, habe; darum ihre beispiellose Unbefangenheit. Nun, es soll ihr nicht gelingen, meinen Neffen zu umgarnen." Die Baronesse hatte sich gesetzt und das .Haupt gedankenvoll in die Hand gestützt. So blieb sie lange unbeweglich. Als sie anfstand, hatte sie wieder die ihr eigene Ruhe und Sicherheit erlangt: sie n>ar zur Klarheit über ihr Handeln gekommen. Schon bei den: nächsten Zusammentreffen mit Lisbeth dein: Pstttcrgs- mahl konnte man entnehme::, daß die Baronesse beschlossen l)attc, sie vorläufig bei sich zu behalten und ihr Benehmen gegen dieselbe nicht zu ändern. Es kostete ihr wohl etwas Uebernündung, aber nur anfänglich. So bald sie Lisbeth sah, so bald sie mit ihr sprach, war es ihr nickst lange :nöglich, das ungünstige Urteil über sie festznhalten; ein strenges, ivachsamcs Auge nur wollte sie über ihre Gesellsckxisterin haben. Aber wie ge:mu sie dieselbe von jetzt ab beobackstete, nichts fand sich in ihr, kein Zug — kein Wort, das fick: mit den: Tone des Brieses in Uebereinstimmnng bringe:: ließ. Elisabeth ahnte nicht, daß ihr Platz in den: Herzen ihrer edlen Fremi- din so hart bedroht war, sie blieb unbefangen und harmlos. Ihr Leben lag offen vor den Augen der Baronesse, Ivelche täglich mehr Gelegenheit fand, Lis- bell, zu achten und zu liebe::. Auf den warmen, sonnigen Herbst war ein harter, strenger Winter ge folgt aber mit ihn: auch das schöne, liebliche Weibnachte::. Die Baronesse und Lisbeth hatten alle Hcftche voll zu tun. Es gab so viele Kinderherzen, welche mit froher Erwartung den Gaben entgegensahen, welck>e eine »vohltätige, gütige Hand ihnen alljährlich zufließen lies;. Auch Lisbeth hatte mit dankbarem Gennil derer gedacht, welche ihr einst Gutes ernnesen hatten; eine reick)gefülltc Kiste, in welcher sich auch einige reizende Kleinigkeiten für die Kinder ded Kanzleiratcs befanden, Nx:r an Frau Banner nach der Residenz gegangen. Wenige Tage vor den: Feste — die Gäste waren noch nicht angekonnmn -- saßen beide Damen im warn: dnrchheizten Gemache beisanrmen, eifrig be schäftigt, die letzte Hand an einige Ueberraschungen zu legen. Elisabeth war auffallend ernst und trübe gestimmt und die Baronesse fragte sie teilnehmend nach den: Grunde ihrer Traurigkeit. Mit ki:st>licher Offenheit erklärte Lisbeth. daß die Erinnerung an die glückliche Jugendzeit, an die geliebten Eltern bei::: Heraimahen des Weihnachtsfestes nichtiger wie je in ihr erwachte, und tvie scknnerzlich ihr der Gedanke sei. daß ihr einziger Brrcher Hubert fern von ihr N'eile und sie von ihm fest seine:: Abschiede keine Nachricht bekommen habe. Es war das erste Mal, daß Lisbeth vor der Barmiesse ihres Bruders Er wähnung tat; jetzt aber, da das Eis einmal gebrochen war, eröffnete sie der wohlwollenden ältere:: Freundin ihr kummerschweres Herz.
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