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Sächsische Volkszeitung : 20.02.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190802204
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19080220
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19080220
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- LDP: Zeitungen
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- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1908
- Monat1908-02
- Tag1908-02-20
- Monat1908-02
- Jahr1908
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- Sächsische Volkszeitung : 20.02.1908
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Zur sozialdemokratischen W^hlrechrsbewestunst. Also hi den Straßenbemonstrationen als einein Drittel znr Erringung einer preußischen Wahlreform bandelt es sich, wie wir in unserem gestrigen Artikel: „Wahlrechts- kampf oder Zentrumshetze?" bereits nachgewiesen haben, um eine Waffe recht zweifelhaften Wertes, was ja auch von sozialdemokratischer Seite wiederholt zugegeben worden ist. Um so komischer nimmt es sich ans, ivenn die sozialdemokra tische Presse (Vorwärts Nr. 21) sich darüber aufregt, daß die christlichen Arbeiter sich dafür bedanken, an Straßen demonstrationen sich die Finger zu verbrennen, indem sie sich an denselben nicht beteiligen. Tie Antwort lassen wir ihr durch das Organ des christlichen Bauarbeiterverbandes „Die Baugewerkschaft" (Nr. 6) zugehen, das dazu treffend bemerkt: „Warum beteiligen sich die christlichen Arbeiter nicht an den von der Sozialdemokratie veranstalteten Wahl rechtsdemonstrationen? Ja, warum beteiligen sie sich nich daran? Ganz einfach! Die christlichen Arbeiter lehnen es ab, sich von der Sozialdemokratie kommandieren zu lassen. Die christlichen Organisationen sind selbständig genug, um zu wissen, tvas sie zu tun und zu lassen l>aben. Und das sei hiermit festgestellt, daß die christlichen Geiverkschaften auch nicht im entferntesten geneigt sind, in diese Frage aktiv ein- zirgreifen. Unser Standpunkt in dieser Frage ist klar, wir überlassen es jedoch unseren Mitgliedern in den politischen Parteien, denen sie angehören, in besagtem Sinne zu wir ken. Einen anderen Weg gibt es bei der Zusammensetzung und den eigentlichen Aufgaben der christlichen Geiverkschf- ten nicht, und wir glauben uns bannt auf dem richtigen Wege zu befinden. Damit ist die Wahlrechtsfrage den In stanzen übermittelt, denen ihre Behandlung und Erledi gung in erster Linie obliegt. Und wir befinden uns damit in guter Gesellschft. Oder bat bis heute vielleicht eine sozialdemokratisch Gewerkschaft aktiv in den Wahlrechts kampf eingegriffen? Daß sie so dumm ihren. Sie ver halten sich hübsch ruhig, bringen dann und wann mal einen „aufheiternden" Artikel, das andere überlassen sie der Partei." Daß aber auch auf parlamentarischem Wege das Zen trum nicht im geringsten die Macht besitzt, irgendwie in der preußischen Wahlrechtsfrage einen Druck nnsznüben, leuch tet bei der heutigen Situation doch wohl ans den ersten Blick ein, liente, wo niemand mehr als der Freisinn an der Ausschaltung des Zentrums arbeitet. Wenn angesichts dessen gleichwohl die sozialdemokratische Presse von einer gemeinsamen Aktion von Zentrum, Sozialdemokratie und Freisinn redet, so ist das nichts als künstlich)« Mache im Sinne ihrer Politik, die Wahlreform als ein Mittel zur Zentrumsverleumdung und „-Vernichtung" zu benutzen. Den Arbeitern wird das Bild von einer angeblichen Macht des Zentrums vorgezaubert, die gar nickt vorhanden ist, um ihnen später Vorreden zu können, daß das Zentrum dies: angebliche Macht nicht richtig ausgenutzt und sich damit an den „vitalsten Interessen des Volkes versündigt" habe. Wenn man so nach den verschiedensten Seiten hin das Verhalten des Zentrums betrachtet hat, wird man unbe dingt zu dem Schluß kommen müssen, daß seine Haltung in der Wahlrechtsfrage völlig korrekt, daß es ein ehrlicher Freund und Förderer der Uebertragung des Neichstags- ivahlrechtes auf die Wahlen zum preußischen Landtage ist. Wo aber die sozialdemokratische Presse dem Zentrum in den Augen der christlichen Arbeiter unbedingt eins anhängen Null, verfällt sie auf ein letztes Mittel: Dadurch, daß das > Zentrum am 10. Januar gegen den Absatz 2 des freisinni- § gen Antrages, der eine Neueinteilung der preußischen j Wahlbezirke auf Grundlage der neuesten Volkszählung for» I derte, stimmte, soll es doch bewiesen haben, daß es ein ' „Gegner des gleichen Wahlrechtes" sei. Damit l)at es fol gende Bevxmdnis: Wenn das Zentrum die Neueiuteilung der Wahlkreise ablehnt, so ist der Grund dafür vor allem nicht in partei- taktisclien Gründen zu such», wie die sozialdemokratiscl>e Presse offenbar glauben mact>en will. Für die Zentrums- fraktion würde eine neue Wahlkreiseinteilung keine nen- nensiverte Verschiebung im Maudatsbesitze herbeiführen: ebenso wie es für den Bestand und die Stärke des Zen trums ohne Bedeutung sein würde, wenn das Neichstags- wxchlreckt auf die Wahlen znm preußischen Abgeordneten- lause übertragen würde. Denn das Zentrum vertritt be kanntlich im Abgeordnetenl>ause unter dem Dreiklasseu- wahlrecht durchveg dieselben Landstrich und Wahlkreise, die es auch im Reichstage bei dem gleichen, allgemeinen, direkten und gehimen Wahlrechte besitzt. Maßgebend für das Zentrum ist in dieser Frage der Grundsatz, daß die Be völkerungszahl nicht zur Grundlage der Einteilung der Wahlkreise gemacht >verden kann. Gewiß ist seitdem eine > starke Verschiebung der Bevölkerung eingetreten, aber die größten Mißstände sind durch die im Jahre 1906 in Kraft getretenen Landtagsivahlnotgesetze beseitigt worden. Ginge man von dein Grundsätze aus, die Bevölkerungszahl müsse bei einer Neueinteilung der Wahlkreise ausschlaggebend sein, wie der freisinnige Antrag es im Auge hatte, so würde das flach Land gegenüber den Städten außerordentlich benachteiligt werden. Das Zentrum ist aber sür einen ge rechten Ausgleich zwischen Stadt und Land, womit sicherlich s auch dem grohn (Ganzen, dem Vater lande, gedient ist. In j diesem Sinne erklärte auch am 10. Januar im preußischen j Abgeordnetenhause nach dem stenographischn Protokoll ! namens Hs Zentrums der Abgeordnete Dr. Porsch, daß letzteres „die arithmetisch Bevölkerungszahl nicht znr stän dig wechselnden Grundlage der Einteilung der Wahlkreise gemacht hben will". Diese grundsätzliche Stellungnahme des Zentrums, die wider das Prinzip des allgemeinen und gleichn, direkten und geheimen Wahlrechtes nicht verstößt, ist auch der sozial demokratisch» Presse bekannt. Schadet nichts! Verdäch tigt wird das Zentrum dennoch! Denn so entspricht es so zialdemokratischem Bedürfiris I Eine Prenßisch Wahlrechtsreform muß kommen. Was die andere» Bundesstaaten ihren Bürgern genxihrt haben, wird Preußen auf die Dauer den seinen nicht vorenthalten können. Nach dieser Richtung hin betont mit Recht die Zentrumserklärung vom Januar, daß in einem Staats- Ux'sen, in dem der Grundsatz der allgemeinen Schulpflicht, der allgemeinen Wehrpflicht und der allgemeinen Steuer pflicht zur Durchführung gelangt ist, es als ein Wider spruch erscheinen muß, tvenn einzelne Teile der Bevölkerung durch das Wahlslistem von einer wirksamen h'rfassnngs- mäßigen Vertretung ihrer Rechte und Interessen ausge schlossen sind, und daß dieser Widerspruch um so peinlicher empfunden werden muß, je länger er aufrecht erhlten wird. So wird eine konsequente Verfolgung Hs Wahl- rechtsreformzieles auch dieses zum Abschluß bringen müssen. Ob aber die sozialdemokratische Bewegung dazu das rechte Mittel ist darühr sch inen xlbst in sozialdemokrati- schn 5breisen Bedenken aufznsteigcn. So empfiehlt in den „Sozialistischen Monatshften" (Nr. 3) Eduard Bernstein ein „gewisses Maßhlten in der Form der Kritik", um an dere Reformfreunde nicht abzustoßen. Und selbst „Genosse" Hub ist hixr für eine ermunternde und schonende Behand lung aller, die dem TreiklassenNxchlsystem feindlich gesinnt sind. Dieser an sich durchns richtigen Taktik entspricht aber am tvenigsten das Verhalten der sozialdemokratischen Presse mit ihrer ewigen Zentrnmshatz. Es ist gut, daß das den sozialdemokratischen Arbeitern von ihren eigenen „Genossen" Bernstein und Hin" gesagt wird. Ahr auch auf diese werden sie pfeifen! Lä.^si,,yer Lnirdtag. 11. Dresden, den ix. ^edrunr Unn. Zweite K.lmm-r. Vizepräsident Opitz (kons.) klärt rx-rschiedene Vdiß- verständuisse, die in der Debatte zum Ausdrucke gelangten, auf und vertritt den Standpunkt der Deputation, gegen die Rückverivcisung Hs Dekretes sch aussprechnd. Er ivendet sich gegen die Behauptung, daß die Verwaltung der Ver sichrung durch den Staat teurer und weniger vorteilhfk sei. Es solle allerdings der Staat nicht mit rauher Hand eingreifen, wo die Versichrung in den Händen Privater liegt. Es seien diese Versicherungen meist in den Händen von Aktiengesellschften, wielch suchn, so viel wie möglich Dividenden hrauszuschlagen, und Redner wünscht eine Monopolisierung der Versichrung von Maschinen. Abg. Günther bittet den Präsidenten, hi Abstim mung über Artikel l »ihr hide Absätze getrennt abstim- men zu lassen Er erklärt, die Ansicht des Abg. Opitr be züglich der Maschinenversichernng nicht zu teilen. Vizepräsident Tr. Schill bemerkt, der Gegenstand der Debatte benxtzse, daß es manchmal schver sei, Beriche zu schreiben, und oft gut sei, zu schiveigen, uxmn der Satz, von deni die Reh ist („Die Deputation erkannte an, daß es schtver fällt, den Absatz 2 vom Artikel l in anderer und völlig eimvandfreier Weise z» fassen"), nicht in hm Be richte stände, hätte sich sichr keine so lange Debatte ent wickelt. Er beantragt, daß die bestehenden Privaten Ver sichrungen gegen Explosionsgefahr nicht bloß bis 1. Okto ber 190h sondern 1910 in Geltung bleiben sollen. Staatsminister Dr. Graf HohenthaI bittet den Abg. Bauer, seinen Antrag zurückznziehen. Er stellt in Aussicht, daß die Negierung hin nächsten Landtage ein alle die in Rede stehenden Fragen regelndes Gesetz vorlegen werde. Abg. Zoephel (nat.-lib.) ist gegen die obligatorisch Maschinenversichernng und bekämpft die gegen die Mtien- versichrnngsanstalten gerichteten Anschnungen. Abg. A n d r ä lkons.) kann die Monopolisierung der Mobiliarversichrnng nickt sür eine glücklich Idee halten. Die Negierung könne ja auch eine solch Versicherung errich ten und daneben die Privaten Geselllchiten bestehn lassen, wodurch Gelegenheit geboten werde, den Unterschied der bei derseitigen Tätigkeit kennen zu lernen. Ebenso tvendet er sich gegen das Monopol der Mascbinenversichri>ng. Für unbedenklich halte er eine freiwillige Maschinenversichrung. Abg. Dürr lkons.) ivendet sich ebenfalls gegen die Verstaatlichung der Maschinenversichrung. Ein Monopol sei gegen sein ganzes Wesen , und ebenso wie man Ringen und Trusten gegenüber treten müsse, so müsse man es auch dem Monopol gegenüber tun. Abg. Merkel-Mylau lnat.-lib.) spricht gleichfalls gegen die Monopolisierung. Abg. Wittig lkons.) sagt, von seiten der Bewohner jener Länder, wo die Gebäudeversichrung in privaten Händen liegt, werde Sachsen beneidet. Es müsse der Ge- U>erbetreibonde in die Lage Ersetzt »verden, auch seine Vor räte in der staatlichen Versicherungsanstalt versichern zu lassen. Abg. Zoephel könne im Mittelstände mit der La terne nach denen suchen, welche nach seiner Behauptung Mitglieder von Aktiengesellschften seien. Abg. Horst lkons.) bemerkt, er sei'kein Freund der Monopolisierung der Mobiliarversichrnng. Man möge reiflich erwägen und abnxirten, was das neue Reichsgesetz bringe. Vizepräsident Opitz stellt einige Mißhrständnisse be züglich seiner Ausführungen richtig. Ihm liege nichts fer ner, als die Berechtigung der Aktiengesellschaften zu be streiten, und sei selbst Mitglied einer Aktiengesellschaft. Auf grnnd eines Artikels im „Leipziger Tageblatt" polenrisiert er gegen den Abgeordneten Merkel und schließt in Bezug Aus den AnfallKszeiteri des Modernismus. Unter den Wirkungen der Enzyklika gegen den Mo dernismus ist nicht die letzte die, daß durch ihre Aufnahme der Beiveis erbracht worden ist, daß kein Mensch daran glaubt, die kathlische Kirche sei eine „Mumie", der Katho lizismus sei „tot", ein „Leichnam" und wie solcherlei Redensarten bis in die jüngste Zeit hinein gelautet haben. An diese Redensart glauben nicht einmal die, welch sie kol portiert haben, denn was sehen wir? Alle Welt beschäftigt sich mit dieser Enzyklika, und außerhalb der Kirche geschieht das mit einer merkwürdigen Gereiztheit. Mit einer „Mumie" und einem „Leichnam" sich anseinanderzusetzen, hat kein Mensch Bedürfnis: indem inan daher das Bedürf nis kundgibt, mit der Enzyklika sich auseinanderzusetzen, verrät man, daß man im Papsttum noch eine Macht aner- kennt. Man verrät aber noch ein anderes damit. Man verrät sich selbst, daß man sich getroffen fühlt. Und gibt daS aiuh offen zu, wenn man sagt, am letzten Ende ivcrde in der Enzyklika der moderne Protestantismus getroffen, oder der Modernismus sei eine Abfärbung des Protestan tismus auf hu .Katholizismus (Malter Köhler, Intern.t. Wochenschrift 1908, Sp. 190). Das ist nun gar nicht w arg daneben geraten. Lesen nnr die Enzyklika in jenen Abschnitten, wo von dem Wesen und der Entstehung der Religion nach der Lehre der Moder nisten die Reh ist, so sehen wir die Religion dargestcllt als das Gefühl der Abhängigkeit von einem höhren Wesen. Gegenstand dieses religiösen Gefühls sei Hs Absolute, das selbst unendlich viele Erscheinungsweisen bat, so daß es bald in der einen, bald in der anderen hrvortreten kann. sHerderfch Ausg., S. 21.) Leuchten wir mal diesen Dingen inS Gesicht! DaS sind ja lauter alte Bekannte! Träumen wir oder Nxicken Nnr? Mir sind um fast ein Jahrhundert zurückversetzt: da mals wurden von protestantischen Theologen ugd Philo sophen solcherlei Sätze vorgetragen: die Gesicht« Kantö, Schleiermachers, Hegels schauen unS ans Hm von der Enzyklika geschilderten Modernismus entgegen. Es widerspricht dem in keiner Weise, daß gerade die romanischn Länder Frankreich nnd Italien die „Haupt- ncfter" des Modernismus sind. ES rächt sich jetzt dort, daß man keine Fühlung mit der Gegenwart htte, in der man lebte, sondern nnr rückwärts in die Vergangenheit sah, an statt auch in der Gegenwart um sich zu schnen und mit den neuen Gegnern sich zu messen und abznrechnei,. Seit einem Menschnalter beginnen die Systeme jener Protestantisch» Philosophen dort bekannt zu Nxwden und die Köpfe zu ver wirren, während man in Deutschland sie längst über wunden hat. -Hat der Papst recht getan, diesem Modernismus „vor der gan.zen Kirch die Maske hernnterzureißen"? Ohne Znx'ifel dann, wenn dieser Modernismus znr Zerstörung oder Verirx'rsung des Christentums führt, als dessen Hüter die Kirche sich bestellt weiß. Und hß dem so ist, daß dieses System, welche? die Enzyklika als Modernismus zeichnet, wirklich znr Zer setzung nnd völligen Auflösung des Christentums führt, .zeigt vns ein Blick in seine Anfangszeiten, d. h. in jene Periode des 19. Jahrhunderts, in ivelcher er in die prote stantische Thologie eindrang. Die Religion Sache des Gefühls, Empfindung der Ab hängigkeit von einem höhren Wesen: mehr nicht! — so hören wir von dem Protestantisch«! Theologen Schleier- machr (1768—1834). Wie kommt der Mann dazu? Ei, deshalb, weil er nicht nur nickt ans dem Boden des Christentums, ja nicht einmal auf dem Boden deS Theis mus (des Glaubens an einen Gott Schöpfer, der von der Welt verschieden ist) steht. Ja. es ist eine der blutigsten Satyren der Weltgeschichte, daß ein Mnn, der von Prote stanten selbst (Zeller) als der „größte Theologe" bezeichnet wird, „welchen die Protestantische Kirche seit der Resor- mationszeit gehabt hat" (hi Neberweg-.Heinze, Geschichte der Philosophie IV, 77) nicht einmal Theist, sondern — Panthist (dem Gott und die Welt gleich und eins sind), ge- tvesen ist. Daran ist gar kein Zweifel mehr und aller Streit darühr ein Streit um des Kaisers Bart. Der Mann hat ja seine Leser aufgefordcrt: „Opfert mit mir ehrerbietig den Manen Hs heiligen verstoßenen Spinoza" (bei Dreivs, Geschichte der deutsch» Spekulation seit Kant, I, 218) und er hat den Satz verkündet: „Ohne Welt ist Gott ein leeres Fantasma." Wenn Gott und Welt eins und dasselbe sind, so ist kein Platz sür eine Ofsenbarnng, erst recht kein Platz für eine Menschwerdung Gottes in Christus. Das Hit der Herr Schlciermacher unter einem Schleier von Redensarten verborgen und so seinem Namen alle Ehre gemacht. Sein Zeitgenosse Hegel (1770—1831) hat denselben Faden Nx'itergesponiien. Auch er sagt: „Ohne Welt ist Gott nicht Gott" »nd Gott kommt zum Bewußtsein Seiner selbst im Denken »nd Mwußtsein der — Menschhit! In ihrer Geschichte, näherhin in ihrer Denkarbeit U>ebt die Menschheit der Gottheit lebendiges Kleid. Auch da natürlich ist kein Platz für Offenbarung und Menschirx'rduni. Christus gehört dann unter die Jdealpersönlichkeiten der Geschichte als eine der größten, sofern ihm das Einssein mit der Gottheit, d. h. dem Absoluten in ganz besonderer Meise znm Bewußtsein kam. Was l>at dann, trenn die Religion nur mit dem Ge fühl des Menschen es zu Inn hat. das Dogma noch z» ve deuten. Denn das Dogma, der Glaubenssatz, will ja gerade eine Wahrheit darbieten, und zwar nickt dem Ge fühl. sondern der Vernunft des Menschen. Abermals schei den sich die Wege. Nickt eine wirklich Wahrheit stellt das Dogma dar, nein, es ist nnr eine Vorstellungssorm. wie man ehedem sich das Göttlich vorgestellt hat. „Mein Glaube," sagt direkt einer, „ist nicht ein Denken, sondern eine Anssage über mein Empfinden, wie das Dogma eine Anssage über die Enipsindnng der Kirche ist. Driüken sich nun auch die Männer frührer Jahrnnderte anders ans als ich so empfinden wir doch dasselbe. Ich glaube an die Dinge, an die die Kirch glaubt, wenn auch auf meine W e i s e." (Hausrath, D. F. Strauß. 1, 61.) Das nxir damals moderne Philosophie. Nnd sieh da. Eines Tages saß hi .Herrn Schleiermackxr im Hörsaale in Berlin ein junger Mann, der hm Vortragenden Professor durch feine großen, fragenden, ungläubigen Augen etwas genierte beim Vortrag seiner Schleierthologie. Der junge
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