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Sächsische Volkszeitung : 17.09.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-09-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-191909176
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19190917
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19190917
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1919
- Monat1919-09
- Tag1919-09-17
- Monat1919-09
- Jahr1919
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 17.09.1919
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Mittwoch de» 17. September 1919 TZckisifHe P,tk-,kit««H Nr. 214, Seite 9 Die neuen Post- und Telegraphen gebühren Vom 1. Oktober 1919 ab beträgt im inneren Verkehr -es Reichspostgebietes, sowie im Verkehr mit Bayern und Württemberg die Gebühr für: Fernbriefe bis 20 8 20 Pf., über 20—250 8 .90 Pf.. Ortsb riefe bis 20 8 15 M>, über 20—250 8 20 Pf., Fernpo st karten 15 Vf-, Ortspost karten 10 Pf., Drucksachen bis-50 8 5 Pf., über 50—100 8 10 Pf-, über 100—250 8 20 Pf., über 250—5000 8 90 Pf., über 500 8 bis 1 k8 10 Pf., 01 ef ch ä f t s p a p i e r e bis 250 8 20 Pf., über 250—500 8 90 Pf., über 500 8 bis 1 leg 10 Pf-, Warenproben bis 250 8 20 Pf., über 250—500 8 90 Pf., M i s ch s e n d n n g e n bis 250 8 20 Pf., über 250—500 8 90 Pf., über 500 8 bis 1 I<8 10 Pf., V o st a u f t r a g s b r i e f e 75 Pf., Briefe mit Wertangabe: 1. im Fernverkehr bis 20 8 50 Pf., über 20—250 8 00 Pf., 2. im Ortsverkehr bis 20 Pf., über 20- 250 8 50 Pf.; dazu eine Ver- sichernngsgebüyr von 40 Pf. für je 1900 M. Wertangabe. Posta n w e'' ungen bis 5 M. 20 Pf., über 5—100 M. 40 Pf., über 100—250 M. 00 Pf., über 250—500 M. 80 Pf., über 500—1000 M. 1 M., Pakete (Meistgewicht 20 kp) bis 5 kg 75 Pf. in der Nah- zone. 1,25 M. in der Fernzone, über 5—10 kg 1,50 M. be,w. 2,50 M„ über 10—15 kg 9 M. bezw. 5 M., über 15—20 kg I M. bezw. 6 M., E i n s ch r e i b p a k e t e tritt eine Einschreibegebühr von 90 Pf. hinzu, Pakete mit Wertangabe die Einschreibgebühr von 90 Pf. und eine Versichernngsgebühr von 10 Pf. für je 1000 M. Wertangabe hinzu. Jedem Paket ist eine Paket karte beizugeben, die Eilbestellung bei Vorauszahlung: 1. nach dem Ortsbestellbezii k: n) für eine Vriefsendung 50 Pf., b) für ein Paket 75 Pf.; 2. nach dem Landbestellbezirk; a) für eine Briefsendung 1 21?., 0) für ein Paket 1,50 M., Sonstige Gebühren: Einschreibgebühr 90 Pf., Ge bühr für das Vorzeigen von Nachnahmesendungen 25 Pf., Ausfertigungsgebühr für das Ueberweisungstelogramm bei telegraphischen Postanweisungen 25 Pf., Gebühr für dringende Pakete 2 M., Znstelliingsgebnhr 40 Pf., Nuick- scheingebühr 10 Pf., Einlieferungsgebnhr für außerhalb der Schalterstnndcn eingelieferte Einschreibsendungen und Pakete 40 Pf., Gebühr für Unbestellbarkeitsmeldungen 50 Pf., Gebühr für Erlas; eines Laufschreibens 40 Pf.. Gebühr für Bestellschreiben wogen Nachlieferung von Zei tungen 25 Pf. Alle Postsendungen, mit Ausnahme der gewöhnlichen und eingeschriebenen Briefe und Postkarten, unterliegen dem Freimachnngszwang. Das bisherige Be stellgeld kommt für alle Senduingen, mit Ausnahme der Eilsendungen und der Zeitungen, in Wegfall. Die Geb ü hr f ü r g e w ö h n l i ch e T e l e g r a m m e be trägt: im Stadtverkehr für das Wort 8 Pf., mindestens 80 Pst, im sonstigen inländischen Verkehr für das Wort 10 Pf., mindestens 1 M. Die neuen Fernsprechgebühren: die Pali sch a l a n s ch l ü s s e, die nicht weiter als 5 Kilometer von ihren: Amte entfernt liegen, kosten künftig jährlich: in >8>Q gllllllilllllllllllllllllllllllllllgUllUIIIiMwi Stnme'.»i«gen zum K thol kentag nrbmcn entgegen bis 10. Sevtember die Herren Vereins-Vorsitzenden, die Ortsausschüsse, in Dresden auch Herr Buchhändler Beck und Herr Trümper, der Unterzeichnete jederzeit. Vorausbezahlung der Beiträge erfinde:lich. Bereit« de« zahlte Beträge werden angerechnet Jede Mitgliedskarte »erbürgt Zutritt Anmeldung von rese> vierten Plätzen wird am 2V. Setzt, geschlossen. Der Mitgliedskarten - Versa: b erftzlgt dtescr Tage durch die Post : der die Ortsausschüsse. Etwaige Wünsche werden tzald erbeten. Mitglied 3 Mk., Angehörige 1 Mk. Reservierte Plätze 3 Mk. Reiseerlaubnis auf Grund der Karten verlangen. Pochrkrelär P«»l Tprentzel, Lcceden A., Chemnitzer Str. 551. Paltlchccktont» 8»»21, t^checkamt Leipzig. Netzen bis zu 50 Teilnehmer» >00 M., bei mehr als 50 bis zu 100 Teilnehmern 200 M., bei mehr als 100 bis zu 200 Teilnehmern 2,40 M.. bei mehr als 200 bis zu 500 Teilnehmern 280 M., bei mehr als 500 bis zu 1000 Teil nehmern 900 M., bei mehr als 1000 bis zu 5000 Teil nehmern 320 M., bei mehr als 5000 bis zu 20 000 Teil nehmern 910 M„ bei mehr als 20 000 Teilnehmern (Ber lin) 360 M. 11) Die Grundgebührenanschlüsse dagegen kosten bei gleicher Entfernung künftig alljährlich: in Netzen bis zu 1000 Teilnehmern 120 M., bei mehr als 1000 bis zu 5000 Teilnehmern 150 M., bei mehr als 5000 bis zu 20 000 Teilnehmern 180 M„ bei mehr als 20 000 Teilnehmern (Berlin) 200 M. Hierbei ist zu be achten, daß für die Anschlüsse unter 11 mindestens 400 ab gehende Ortsgespräche mit künftig je 10 Pf., also min destens 40 M. bezahlt werden müssen. Werden mehr als 400 solcher Gespräche geführt, so sind natürlich auch mehr zu bezahlen. Tie Gebühren für Nebenanschlüsse betragen ab 1. Oktober: 1. Wenn sich der Nebenanschluß ans dem Grundstück des Hauptanschlusses und in den Räumen des Hauptstelleninhabers befindet, jährlich 40 M. 2. Wenn sich der Nebenanschluß auf einem anderen Grund stücke und zwar auf demselben Grundstücke wie der Haupt- anschlnß, aber in fremden Räumen (bei Bekannten usw.) befindet, jährlich 60 M. 3. Außerdem sind für jede ange- fangenen 100 Meter Doppelleitung (außer den ersten 100 Metern), die zur Verbindung der Nebenstelle mit der Haiiptstelle nötig sind, jährlich zu entrichten 10 M. Die Gebühren für Ferngespräche von höchstens 3 Minuten Dauer betragen künftig bei einer Entfernung bis zi: 25 Km. 40 Pf., bei mehr als 25 bis zu 50 Km. 50 Pf., bei mehr als 50 bis zu 100 Km. 1 M„ bei mehr als 100 bis zu 500 Km. 2, bei mehr als 500 bis zu 1000 Km. 3 M., bei mehr als 1000 5km. 4 M. vresäeper LskrsustM ISr Musik Zgrsedü. 13-i «. »LM vlrsiltcik! Ort-anist l'»ol IVnIdi, ükSLöSN-IIKl«! MgllLillklMll'Sgg rs ch pacvscvllle kür Silo 2veize äer tonkullst kür kerul UIIÜ Nsus Hi Hxclmis und c»-l>lidiia„,ol>lils wrnnd-, dlittvl-, Obvrstuko) :: Lnknildmo voll und VoII-ükiiiorn lür UI»vl«r, Vrx«I, «»rmollillm, «troicli- Nll i KI»». U»n<IoIIi>« u. s. v rkoorl«,/«»»mmsnxpl«!, U»,I>l» —Vlulxlvriidllll^, r iioliilivr-OrciiüxUir- und :: >IiitzlLWA!sns<!k»ktIii:iioVok1rL8e,Iiompoi>I»t«n-Xb«ud«, 8<!kSl«r-V«r1r»x-8t>llnxe» und üTsuti. LlllNikruu^ell .: Eintritt iodorLoit :: Lumsidkn. voodsntuxs 8-7liIn Unsere Brotgetreideverforgung In der letzten Sitzung des Pressebeirates beim Landes- lebensmittelamte wurde die Frage unserer Brotgetreidever- sorgnng von Negierungsseite eingehend -angelegt. Daß auch :n diesem Jahre die von der Neichsregierung angeordneü Liefernngszulage und das gleichzeitig erfolgte Haserans- druschverbot notwendig waren, zeigt schon der Stand der Brotgetreideversorgung in unserem Freistaats. Die vor- jährige außergewöhnlich frühe Ernte in Verbindung mit de» immerhin hohen Frühbruschprämien hatte Line reichliche frühzeitige Anlieferung von Brotgetreide zur Folge. Bis 15. Augnst waren damals in ganz Sachsen etwa 318000 Doppelzentner angeliesert. in diesem Jahre zum gleiche!, Zeitpunkte erst 12 700 Doppelzentner. Bei einzelnen Kow.- mnnalverbänden sind die .Zahlen ungefähr verhältnismäßig entsprechend, zum Beispiel Bautzen bis 15. August 1913 41 000 Doppelzentner (bis 15. August 1919 1000 Toppe!- Zentner), Döbeln 32 000 Doppelzentner (—), Flöha 111,'!) (6), Großenhain 66 800 (6700), Osckmtz 45 000 (2800), Pirna 32 500 (160). Aehnlich lagen die Dinge in Süddeutschlaiw, wo die eindringlichsten Klagen laut wurden, und im ganzen Reiche. Nun handelt es sich nicht so sehr darum, die laufende Brotverfovgung zu sichern, sondern vor allem darum, sür die Monate, die vor Eintritt des Frostes ganz und gar für die Aberntung und Anlieferung der Kartoffeln und Rüben in Betracht kommen, einen möglichst großen Vorrat an Brot getreide anfzustapeln. damit die Versorgung in den letzten Monaten des alten und den ersten Wochen des neuen Jahres nicht ins Stocken gerät. Wenn in diesem Jahre bisher noch nicht so viel Getreide angeliefert worden tvar, so lag das einmal an dem viel späteren Einsetzen der Ernte, so daß die Körnerfrüchte rasch hintereinander hereingebracht werden mußten, ein Aus drusch also an sich schwer möglich war, dann an der von der Nationalversammlung beschlossenen Nichtwiedereinführilm: der Friihdruschprämie, die den Landwirten die durch de:: Ausdrusch zu ungewöhnlicher Zeit erwachsenden Mehrkosten ersetzen konnte, und endlich an der Entwickelung des Hafer preises nach der teilweisen Freigabe desselben. Zur Siche rung der Volksernährung mußte die Negierung auch in die- sem Jahre in den sauren Apfel beißen. Denn während ini Frieden zur Zeit des Ueberganges von der alten zur neuen Ernte die Einfuhr von Brotgetreide und Mehl aus dem Auslande den höchsten und zum Ende des Jahres den nied rigsten Stand erreichte, mußten wir im Kriege wegen der völligen Absperrung vom Auslande zum Aushilfsmittel des Frühdrusches greifen. 1917 mußten wir schon einen Monat, 1918 bereits eineinhalb Monate im alten Wirtschaftsjahre die neue Ernte im voraus in Anspruch nehmen. Der Früh drusch brachte diese Mengen herein und außerdem noch eine beträchtliche Reserve für den Herbst und Winter. Die Wir- kung der Lieferungszulage läßt sich vorerst noch nicht deui- lich übersehen, macht sich aber immerhin schon bemerkbar dadurch, daß verschiedene Kommnnalverbände Vorschüsse der Reichsgetreidestelle nicht mehr nötig haben. Die gelegentlich vertretene Ansicht, nnm hätte auch ohne Zuschläge bei energischem Vorgehen gegen die Landwirte aus den Schwierigkeiten herauskommen können, übersieht, daß mit bloßem Zwang die Ablieferung derartig große: Getreidemengen, wie sie jetzt benötigt werden, niemals her beigeführt werden kann. geschickt hätten, wenn dort nicht Schulgeld zi: zahlen ge wesen wäre. So sind viele Kinder dem katholischen Glauben erhalten worden. Aber die Gemeinde hat auch große finan zielle Sorgen durch die Schule. Gegenwärtig besuchen die'e etwa 130 Kinder, die von drei Lehrerinnen unterrichtet wer den. Man ersieht ans diesem Falle, wie segensreich das Sch n l k o m p r o m i ß in der Verfassung mit seiner Auf- pechterhaltiing der privaten Diafporaschuleu wird wirken können. Tank den Führern, die in mühevoller Arbeit er. reicht lmben, ums Generationen zum Heile gereichen dürfte. Schwierigkeiten und Widerstände waren zu überwinden, von denen der Außenstehende kaum etwas ahnt. Nack) dem Kaffee schlägt der Pfarrer einen Spazier gang durch die Stadt vor. die er mir selbst zeigen will. Wir sind bald am Markt. In der Mitte ein Brunnen mit Simson, der den Löwen zerreißt. Bildhauerei des aus gehenden 16. oder des beginnenden 17. Jahrhunderts. Eigenartig ist die Stellung des Starken, der nnt gespreizten Beinen rittlings über dem Tiere steht und ihm die Kinn laden mit Gewalt öffnet. Der Löwe scheint zu merken, was ihm droht. Er macht einen kläglichen Eindruck. In dom Nenaissance-Rathaus nnt seinem schönen Portale be findet sich laut Inschrift die älteste Schankstätte Deutsch- lands. Seit 1254 löscht man hier im Ratskeller seinen Durist. Sülche Preise wie jetzt hat aber die ehrwürdige Kneipe in öen bald 700 Jahren ihres Bestehens noch nicht gesehen. Bisher lvar ich der Meinung, daß der „Riese" im schönen Miltenberg am Main das älteste Gasthaus des Vaterlandes wäre. Oder ist das die älteste Herberge und in Gera doch die älteste Schankwirtschaft? Vielleicht hat einer der geehrten Leser Spezialkenntnisse auf diesem interessanten Gebiete Nicht tuest Pom Markt, auf einem kleinen Platze steht ein schönes Bronzedsnkmol des Fürsten Heinrich Postumus aus dem Jahre 1635. Mit ernstem Ausdruck in dem männlich schönen Antlitz steht er in -er kleidsamen Tracht >des Dreißigjährigen Krieges vor seiner Schöpfung, einer höheren Schule, die die Widmung trägt: Deo, virtuti, litteris. Schrägüber erhebt sich ein einfacher Bau von amtlichem Aussehen. Ich frage danach. Richtig. Es ist das frühere fürstliche Ministerium. Die Arbeitslust mag hier nicht erdrücken. Der ganze Freistaat Reuß j. L. hat ein Zehntel der Einwohner von Groß-Berlin. Gera selbst rund 60 000. Aber Sorgen hatte und hat das Ländchen auch. Die Ernäh rung war hier mit am schlechtesten in ganz Deutschland, Ähnlich wie in den großen sächsischen Industriestädten. Die Bevölkerung, zum großen Teile Textilarbeiter, darunter viel Zugeivanderte, ist deshalb und an sich schwierig, wie überhaupt in Thüringen. Sie l-ält aber jetzt Ruhe. Tie Stadt ist eine Hochburg der Unabhängigen. Thüringen hat drei solche in die Nationalversammlung entsandt neben vier Mehrheitssozialistei: und einigen Bürgerlichen. Die katho- lisclke Gemeinde von Gera zählt mit den Vororten etwa 4000 Seelen. Ich frage den Pfarrer, ob die Katholiken wohlwollend behandelt wurden und werden. Er lächelt. Ich verstehe. Es ist so wie in Sachsen. Hoffen wir, daß es künftighin besser wird. Dazu brauchen wir aber ein starkes und einiges Zentrum im Reiche. Nirgends fühlt man das mehr als hier in der schwachen Diaspora. Auf dem weiteren Nundgange kommen wir an der go tischen Trinitatiskirche vorbei, die noch aus katho lischer Zeit stammt. An der Seitewvand klebt außen eine zierliche Kanzel, zu der von innen eine niedrige schmale Tür führt. Schn>erlich konnte hier ein Mensch durchkriechen. Er fand auch kaum Platz auf der Kanzel. Was sollte dieser Erker aber, >venn von hier nicht gepredigt werden konnte? Der Pfarrer meint, wahrscheinlich seien an Festtagen kleinere Heiligenfiguren für die Menge draußen ausgestellt worden. Möglich. Dafür spricht das zierliche gotische Dach der „Kanzel", l-as als Schalldeckel zu klein, eine Art Aufsatz für eine Altarnische darstellt. Sicher ist das keineswegs. Liegt hier eine ungelöste Frage kirchlicher Kunstgeschichte vor? Wer weiß Antwort? Wir haben noch Zeit, vor der Versammlung die köst liche städtische Promenade zu besuchen, die sich auf halber Höhe eines stattlichen Hügelrückens längs des Elsterflusses hinzieht. Hochstämmiger Buchen- und Birkenwald. Durch ihr Laich fällt goldener Zlben-sonnen- schein. Die Durchblicke nach der Stadt zu unseren Füßen sind reizend. An, Ende des halbstündigen Weges stehen wir vor einem stattlichen Bau, dem fürstlichen Schlosse. Reichswehr im Stahlhelm bewacht es. Ter Fürst ist fort. Die Staidt merkt das sehr. Weniger noch politisch als am Geldbeutel. Zur Zeit wird von ihr wegen der Fortdauer des Zuschusses zum früheren Hoftheater verhandelt. Man will dem Fürsten dafür sogar die Hofloge weiter belassen. Auch die Unabhängigen rverden also Realpolitiker, wo sie an der Macht sind. Wie all« anderen Parteien auch. Viele kleine Residenzen werden finanziell die Umwälzuung noch sehr fühlen. So Weimar. wo viele Anstalten allein von Ler grobherzoglichen Privatschatulle unterhalten wurden. Jetzt fallen sie der Stabt und dem Lande zur Lost. Oder sie müssen aufgelöst werden. Dann verlieren Nieder viele Bürger, Pensionäre und Andere Einnahmequellen. Wir besprechen das alles, nühreNd wir von der Schloßterrasse die Aussi ch t auf die Stabt und die umliegeirdeu Höhen betrachten. " Das Stadtbild von Gera ist eigenartig. Mitten drin ist noch viel Mittelalterliches. An den Grenzen des Weich bildes aber ist überall Industrie. Die Schornsteine stehen stellenweise dicht gedrängt zusammen wie Bäume im Walde. Einige rauchen. Man freut sich jetzt, wenn man das Zeick-en der Arbeit wieder über einer Stadt sieht, das einem früher mehr als Störung schöner Bilder und als Belästigung er schien. — Die Versammlung am Abend ist gut besucht und verläuft ohne jeden Zwischenfall. Man mußte aus Störun gen immerhin gefaßt sein. Zur Wahlzeit ist es hier nicht so glatt gegangen, wie man mir erzählt und wie man sich in einer Hochburg der Unabhängigen vorstellen kann. Tie Teilnehmer des Abends setzen sich aus allen Ständen zu sammen. Es sind nicht nur Katholiken erschienen. Männer und Frauen sind etlva gleich stark vertreten. Daß viele Schlesier da sind, beweist eine schriftliche Anfrage am Ende der Rede, tvarum'bie Arbeitsgemeinschaft Kvischen Zentrum und Sozialdemokraten in Oberschlesien auseinander ge gangen sei. Eine zweite Frage, warum unsere Kriegsge fangenen noä) inriner nicht heimkehren. Das brennt uns .allen auf dem Herzen. Ja, warum? Weil die Feinde sie nicht loslassen und wir keine Macht haben, sie dazu zu zwin gen. Der Manges an Macht ist die Erklärung für so viele in unserer heutigen traurigen Lage. — Es ist fast Mitternacht, als wir durch menschenleere Straßen dem gastlichen Pfarrhause zustreben. Keine La- terne brennt in der ganzen Stadt. Gassperre. Man könnte glauben, im Mittelalter zu sein. Das schwache Licht des ab nehmenden Mondes läßt die Häuser, die Giebel, die Erker ganz unbestimmt erscheinen. Die westen Plätze leuchter» fahl, die engen Straßen sind dunkel. So wie die Zukunft Deutschlands. Wenn eins uns stärken kann in solchen schweren Zeiten, so ist es das Gefühl der Zusammengehörigkeit in den gro ßen Weltanschanungsfragen. Auch die kleinste Diaspora, gemeinde darf sich sagen, daß Millionen Glaubensbrüder Anteil an ihrem Schicksal nehmen. Daß ihre Rechte heute nicht vergessen werben, wo eine große Partei zur entscheiden den Mitarbeit an den Geschicken Deutschlands berufen ist»
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