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Sächsische Volkszeitung : 17.05.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192305171
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19230517
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19230517
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1923
- Monat1923-05
- Tag1923-05-17
- Monat1923-05
- Jahr1923
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 17.05.1923
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I7riLSrLia1tun^ uns MLHen Ein Abenteuer in Tibet') von H. S. Länder. Eine Festung und ein großes Lamakloster standen auf dem Gipfel eines Hügels, an dessen Fuß vor einem anderen großen Ge bäude das Prunkzelt des Pombo aufgeschlagen war Ter Näme dieses Ortes war, soweit ich ihn später seststellen konnte, Namj Lacce Galschio oder Gyatscho. Zwei oder drei Leute zogen mich ungestüm vom Sattel her unter. Die Schmerzen im Rücken, die oie Stacheln verursacht hatten, waren furchtbar. Ich bat um einen Augenblick Ruhe. So gar dies wurde mir von meinen Wächtern verweigert, die mich brutal vorwärts stießen und sagten, daß ich sofort enthauptet werden würde. Das ganze um mich versammelte Volk verhöhnte mich und machte mir Zeichen, daß mir der Kops abgeschlagen werden würde; die feige Menge der LamaS aber überichüttete mich mit Beleidigungen aller Art. Ich wurde nach dem Richt platze gedrängt, der sich auf der linken Seite des Zeltes befand. Ein langer dreikantiger Balken lag auf dem Boden. Man stellte mich auf die scharfe Kante desselben, und mehrere Männer hielten mich fest, während vier oder fünf andere unter Ausbietung ihrer vereinte» Kräfte meine Beine so weit anseinanderreckten, als möglich war. In dieser peinvollen Stellung festgehalten, wurden mir von den Unholden die Füße mit Stricken aus Jakhaaren an dem Balken festgebunden. Mehrere Männer mußten diese Stricke anziehen, nnd zwar so fest, daß sie an verschiedenen Stellen um die Knöchel herum und an den Füßen tiefe Rinnen in Hrnt und Fleisch schnitten: viele von diesen Schnitten, die Dr. Wilson einige Wochen später matz, waren bis zu 8 Zentimeter langl Als ich so festgebunden war, kam der Schurke Nerba, der auf mich geschossen hatte, und ergriff mich von hinten bei den Haaren. Mein Haar war lang, da eS seit mehr als fünf Mo- «aten nicht mehr geschnitten worden war. Das Schauspiel vor mir machte einen tiefen Eindruck auf mich. Dort, bei dem Zelte des Pombo, standen in einer Reihe die schändlichsten Schurken, die meine Angen je gesehen haben. Der eine, ein kräftiges, widerwärtiges Individuum, hielt einen großen knotigen Holzschlegel in der Hand, der zum Zerbrechen der Knochen gebraucht wird; ein anderer trug einen Vogen nnd Pfeile; ein dritter hielt ein großes zweischneidiges Schwert, während wieder andere verschiedene gräßliche Foltcrinstrumente zur Schau stellten. Die nach meinem Blute dürstende Menge stellte sich in einem Halbkreise ans nnd ließ mich diese Parade der Martern sehen, die mich erwarteten, nnd als ich meine Blicke von einer Gestalt zur anderen schweifen ließ, schüttelten die Lamas ihre Folterinstcumente, um zu zeigen, daß sie sich zur Tat rüsteten. Am Eingänge des Zeltes stand eine Gruppe von drei Lamas." Es waren die Musiker. Der eine hielt ein riesenhaftes Horn, das donnernde Töne von sich gab; von seinen Gefährten hatte der eine eine Trommel, der andere Becken. In einiger Entfernung schlug ein anoerer Bursche aus ein ungeheures Gong. Voii dem Augenblick an, als man mich vom Pferde ge rissen hatte, hallten die betäubenden Töne dieses diabolischen Trios durch das ganze Tal wider und machten das Schauspiel besonders unheimlich. Jetzt wurde ein Eisenstab mit einem in rotes Tuch «inge wickelten Holzgrisf in einem Kohlenbecken rotglühend gemacht. Der Pombo, der sich wieder irgend etwas in den Mund gesteckt hatte, nm künstliches Schäumen hervorznbringen nnd so seinen Grimm zu zeigen, arbeitete sich in einen Zustand wahnsinniger Wut hinein. Ein Lama überreichte ihm das jetzt rotglühende Folterinstrument, das Taram, und der Pombo nahm eS am Griffe. „Ngaghi liu meht taxonl Wir wollen dir die Augen aus- brcnnenl" rief der Chor der Lamas. Der Pombo schritt auf mich zu, indem er das gräßliche In strument schwenkte. Ich starrte ihn an, aber er hielt seine Bugen von mir abgewandt. Er schien zu zögern, doch die Lamas um ihn feuerten ihn an. „Dn bist in dieses Land gekommen, um zu sehen" (dies bezog sich auf das, was ich am Tage zuvor ausgesagt hatte, nämlich, baß ich ein Reisender und Pilger und nur gekommen sei, um das Land zu sehen). „Darum sollst du geblendet werden!" Mit diesen Worten erhob der Pombo seinen Arm und hielt mir den rotglühenden Eisenstab in einer Entfernung von 3 bis b Zenti« mcier quer vor die Augen, so daß er beinahe meine Nase berührte Instinktiv hielt ich die A»gen krampfhaft geschlossen, aber die Hitze war so ungeheuer, daß es mir vorkam, als ob meine Augen, besonders das linke, ausgedörrt und meine Rase versenkt würde. Obgleich die Zeit mir endlos schien, glaubte ich doch nicht, daß die heiße Stange in Wirklichkeit länger als etwa dreißig Sekunden vor meinen Augen war. Doch war dies schon lange genug, deun als ich meine schmerzenden Augenlider aushob, sah ich alles in einem roten Nebel. Mein linkes Auge schmerzte mich furchtbar, und alle paar Sekunden schien es mir, als ob etwas Dunkles vor ihm das Sehen hinderte. Mit dem rechten Auge konnte ich noch ziemlich gut sehen, wenn auch alles, an-« statt in seinen gewöhnlichen Farben, rot erschien. Das heiße Eisen lag jetzt ein paar Schritt von mir auf dem feuchten Boden und zischte in der Nässe. Als ich mit weit auseinandergereckteu Beinen, an Rücken, Händen und Beinen blutend, dastand und alles in gräßlich roter Färbung sah, inmitten des betäubenden, wahnsinnig machenden Lärms des Gongs, der Trommeln, Becken nnd des HornS, von der felgen Menge beschimpft und angespien und von Nerba so fest an den Haaren gehalten, daß er mir ganze Hände voll ans dem Kopfe riß, hätte ich selbst meinen bittersten Feinden nicht wünschen mögen, sich je in einer ähnlichen Lage befinden zu müssen! Alles, was ich tun konnte, ruhig und gefaßt zu bleiben und mit scheinbarer Gleichgültigkeit die Vorbereitungen für die nächsten Qualen, die sie mir auferlegen wollten, und ihre Teufeleien zu beobachten „Mtumta nant sehkol Töte ihn mit einer Flinte!" rief eine heisere Stimme. Eine Luntenslinte wurde von einem Soldaten geladen, und als ich die Masse Pulver sah, die er in den Lauf schüttete, war ich sicher, daß sie dem, der sie abschießen würde, den Kops kosten Nacht; * Vorstehende Erzählung haben wir mit Erlaubnis des Ver lages dem neu erschienenen Buch: Auf verbotenen Wegen von HS Landor (Reisen nnd Abenteuer in Tibet), Verlag F. A. BrockhanS, Leipzig, entnommen Das Buch ist 350 Seiten stark und enthält im Rahmen der spannend geschriebenen Hand lung 69 Abbildungen Der hier wiedergegebene Abschnitt schildert die Qualen, die der Herausgeber des Buches erdulden mußte, als er von einem Volksstamm in Tibet znm Tode verurteilt war Er ist dann durch einen glücklichen Zufall dem Tode entronnen sch Neste im ivajllerschakten wie an lie; besten; kanci. Die Qinüer, wie li3mmrrnlie Matten, ver 5trom, wie ein silbern vansi. von fern nur schlaffen ilie Slocken Ueber äi? lväisier herein, (in sieh hebt «ien llops erschrocken Unsi schlummert gleich wiesier ein. der waia aber rühret äie Wipfel Im rraum von üer felsenwanci. denn üer derr geht über üie Sipsei Unü segnet üs; stille Lanü. eichtiiilorfs. müsse. So sah ich denn auch mit einer gewissen Befriedigung, wie sie dem Pombo überreicht wurde. Dieser Beamte aber legte mir die Waffe gegen die Stirn, die Mündung nach oben ge richtet! Dann zündete eine Soldat die Lunte an. Es erfolgte eine Entladung, die meinem Kopfe einen kolossalen Stoß versetzte; die übermäßig geladene Flinte aber flog zu jedermanns Erstaune» dem Pombo aus der Hand. Ich mußte lachen; und ihre Verwirrung, der sich die Ent täuschung über das Mißlingen aller Versuche, mich zu verletzen, beimischte, versetzte die Menge in rasende Wut. „Ta kossaton, ta kossaton! Töte ihn, töte ihn!" riesen wütende Stimmen um mich. „Ngala mangbo schidak majidan! Wir können ihn nicht schrecken!" „Ta kossaton, ta kossaton! Töte ihn, töte ihn!" D.aS ganze Tal hallte von diesem Geschrei wider! Ein gewaltiges zweihändiges Schwert wurde jetzt dem Pombo gereicht, der es aus seiner Scheide zog. „Töte ihn, töte ihn!" schrie der Pöbel abermals, um den Scharsrichter anzuspornen, dessen abergläubische Natur das böse Omen von vorhin, als ihm die Flinte aus der Hand geflogen war, noch nicht verwunden hatte (wahrscheinlich schrieb er den Vor fall dem Eingreifen einer höheren Macht und nicht dem über mäßigen Laden zu) und der deshalb abgeneigt schien, sortzusahren. Diesen Augenblick benutzte ich, um zu sagen, daß sie mich töten möchten, wenn sie wollten, aber daß, wenn ich heute stürbe, sie alle morgen sterben würden — eine nicht zu leugnende Tat sache, da wir ja alle eines Tages sterben müssen. Einen Augen blick schien sie dies abzukühlen; aber die Aufregung der Menge war zu groß, und es gelang ihr endlich, den Pombo in leiden schaftliche Wut zu bringen. Sein Zorn wir so heftig, daß sein Gesicht ganz unkenntlich wurde. Er sprang gleich einem Rasen den herum. In diesem Augenblick näherte sich ein Lama und schob dem Henker geschickt etwas in den Mund, dem nun sogleich der Schaum vor die Lippen trat. Ein Lama hielt das Schwert, während der Pombo, um die Arme sreizumachen, eine» Aermel seines Rockes zurückschlng; den anderen schlugen ihm die Lamas zurück Dann schritt er mit langsamen, gewichtigen Schritten auf mich zu, wobei er mit den ausgestreckte» nackten Armen di« glänzende scharfe Klinge hin- und herschwenkte Nerba, der mich noch an den Haaren hielt, bekam den V. sehk. mich zum Beugen des Nackens zu zwinge» Mit der g.'ringcu Kraft, die mir noch übrig war, und mit dem nervösen Mute eines dem Tode verfallenen Mannes widersetzte ich mich, ent- scblossen, den Kopf aufrecht und die Stirn tzochznhalten. c'c- wiß, sie konnten mich töten, sie konnten mich, wenn sie w üue», in Stücke zerhacken, aber bis ich das letzte Atom meiner Kraft verloren hätte, sollten diese Schurken mich nie dazu bringen, den Nacken vor ihnen zu beugen. Ich wollte sterben, aber nur, indem ich auf den Pombo und seine Landsleute herabsah! Der Henker, der jetzt, das Schwert in den nervigen Händen, dicht bei mir stand, hob es hoch über seine Schultern empor. Dann führte er es bis an meinen Hals hinunter, den ec mit der scharsen, kalten Klinge berührte, wie nm die Entfernung für einen wirksamen Streich zu messen. Dann einen Schritt zu rücktretend, erhob er das scharfe Schwert wierder schnell und führte niit aller Kraft einen Hieb nach mir. Das Schwert ging scharf an meinen Hals heran, berührte mich aber nicht. Ich wollte weoer ausweichen noch sprechen, und mein gleichgültiges Benehmen imponierte ihm so, daß er fast erschrak. Er zögerte wirklich sein teuflisches Beginnen sortzusetzen, aber die Unge duld und die Unruhe der Menge hatten jetzt ihren Höhepunkt er reicht, und die in seiner Nähe stehenden Lamas gestikulierten wie wahnsinnig nnd feuerten ihn weiter an. Während ich dies niederschreibe, wird ihr wildes Geschrei, der bludürstige Ausdruck ihrer Gesichter wieder vor meinem Geiste lebendig. Augenscheinlich gegen seinen Willen wiederholte der Henker dasselbe Verfahren noch einmal auf der anderen Seite meines KopfeS. Diesmal kam die Klinge so nahe, daß die Schneide des Schwertes nicht weiter als vielleicht einen Zenti meter von meinem Halse entfernt gewesen sein kann. Es schien nun alles bald vorbei zu sein; aber sonderbarer weise siel es mir in diesem kritischen Moment nicht ein, daß ich sterben sollte. Woher Ich dieses Gefühl hatte, kann ich nicht sagen, da alles, was geschah, daraus hindentete, daß mein Ende sehr nahe war. Es tat mir ja sehr leid, daß, wenn mein Ende wirklich nahe bevorstand, ich sterben sollte, ohne meine Verwand ten und Freunde wiedergesehen zu haben, und daß sie möglicher weise nie erfahren wurden, wo und und wie ich gestorben war. Natürlich war ich nicht sehr geneigt, eine Welt zu verlassen, in der ich nie einen langweiligen Augenblick gehabt hatte Aber nach all den schlimmen Erfahrungen, schrecklichen Leiden und Aufregungen, die wir seit unserem Betreten Tibets erduldet hatten, machte ich mir meine jetzige Lage nicht so klar, wie ich es getan haben würde, wenn ich aus meiner behaglichen Londoner Wohnung direkt aus den Richtplatz geschleppt worden wäre. Es ist natürlich, daß ich diese-s Schauspiel nie vergessest werde, und muß es den Tibetern lassen, daß das Ganze malerisch inszeniert wurde. Sogar die gräßlichsten Zeremonien können ihre künstlerischen Seiten haben, und gerade diese, die mit außerordent lichem Pomp nnd Gepränge vollzogen wurde, war wirtlich groß artig. Es scheint, daß in Tibet diese unangenehme» Schwertübun gen vor oer wirklichen Enthauptung ausgesührt werden, um daS Opfer noch mehr leiden zu machen, ehe ihm der Todesslreich ge geben wird. Ich wußte damals noch nicht nnd erfuhr erst einige Tage später, daß das Opfer bei dem dritten Streiche ge wöhnlich wirklich enthauptet wird. Noch immer verlangten die Lamas stürmisch nach meinem Kopf; aber diesmal blieb der Pombo standhast und weigerte sich, niit der Exekution fortzufahren. Nun scharten sie sich um ihn und schienen sehr zornig zu sein; sie schrien, kreischten und gestik.ii lierten aufs ungestümste. Der Pombo aber hielt noch immer sein? Augen halb ehrfurchtsvoll, halb erschreckt auf mich geheftet und weigerte' sich, vorzugehen... Eine erregie Beratung folgte. Rasse und Menschheit lieber dieses aktuelle Thema macht Generaltonsul Tr. I. A. Lettenbaur im Machest des „Hochland' fesselnde Auch',,!,ran gen. Während er einer biologischen Klärung des wissenschaft lich heute noch recht verschwommene» RassebegrifseS auf Grund der Mendelschen Vererbungslehre das Wort redet, wendet er fcch gestützt auf langjährige Beobachtungen in vier Weltteilen, ent. schieden gegen alle überstiegenen weltanschaulichen und politischen Rasseideologien. Nachdrücklich spricht das von ihm bei gebrachte Tatsachcnmaicrial gegen die Lehre von der Minder. Wertigkeit gewisser Nassen. „Hat man", so führt Lettenbauj ans, „unter farbigen Raffen längere Zeit gelebt, sie vorurteilslos betrachtet, so kommt man zu dem unabweisbaren Schluffe, daß die Mcnschennatur mit ihren Mängeln und ihren Vorzüge» über all die gleiche ist, nur in ihrem Entwicklungsgang verschieden^ Dieselben Züge von Ehrenhaftigkeit oder Sck'clmengesinnung, von List, Verschlagenheit oder Güte offenbaren den Serlenhinte» Elne Pfi ugst-Hochzeit in Süd-Rußland Von E. MirSkh. RacPnuck verboten. Pfingsten ist wie in Deutschland so in allen christlichen Ländern daS Fest der Verlobungen nnd der Hochzeiten. Gewisse Gebräuche, Zeremonien hasten ja, ganz abgesehen von d?n kirch lichen Feierlichkeiten, an jeder Hochzeit; so eigenartig wie in Süd-Rußland — eS handelt sich natürlich um das Land, nicht um di? alles nivellierende Großstadt — gestaltet sich eine solch« jedoch schwerlich irgend wo anders, was durch die vielen noch an die heidnische Vorzeit erinnerenden Zeremonien bedingt wird. Originell sind schon die ersten Anbahnungen. Denn wo entsteht der SerzenSbund? In der Spinnstuibe, und zwar nicht in einer beliebigen, sondern m einer eigens zn dem Zweck von Len Dörflern für ihre erwachsenen Kinder gemieteten und ein gerichteten. Hier wird die Wahl getroffen, und dann kommt daS junge Mädchen nach Hause und teilt mit, daß sich dieser oder jener junge Mann für sie interessiere und auch sie ihm nicht abgeneigt sei. Darauf macht sich ihre Mutter mit irgend einer Verwandten auf den oft recht weiten Weg — in Rußland liegen die Gehöfte weit auseinander — nnd besichtigt daS Besitztum beS zukünftigen Schwiegersohns auk daS genaueste. Wenn nun da« zu ihrer Zufriedenheit ausfällt, kann der Handel loS- gehen: der Bräutigam kauft nämlich die Braut. Der „LoSkaufspreiS" wird nach den verschiedensten Gesichts- steigert wird, wenn auf der Seite des Bräutigams gar körper, ich« Mängel, Sckxvächlichkeit und dergleichen vorliegen. In die vcrschnung kommen sogar des Bräutigams Vater und Mutter jinein: ist die letztere als böse, zänkisch, der erstere als geizig, »st trunken, roh bekannt, so wird die Braut immer teurer. Erst wenn man nach vielem Feilschen bandelSeiniat ist, wird die Hoch zeit festgesetzt. Die LoSkaufssunnne wandert übrigens nur znm keil in die Tasche der Brauteltern, sie kommt auch dem jungen siaar zu gute: für Einrichtung und Ausstattung des neuen veimS; dann wird aber auch sehr viel für Festmähler und Trinkgelage gebraucht. Denn die ganze Woche vor der Hochzeit st ein unaufhörliches Kommen der Freundinnen, Bekannten, Ver» dten der Braut, und diese massenhaften Betuche werden gut itLffey zznd noch mehr mir Wodti bewirtete Nun kommt der der Hochzeit vorangehende Tag, fast so wichtig wie der Hochzeitstag selbst. Zunächst geht die Braut mit ihren Freundinnen in. die Torfbadestube, inS Dampfbad — die jungen Mädchen singen hierbei alte Volkslieder, die an die Pftngstsagen anknüpfen, an die Rnssalka und anderen Elfen, tanzen und jubeln Dann eilen sie nach Hause, wo ihrer ein herrliches Mahl harrt. DaS Mahl wird wieder durch Tänze m d Gesänge und sonstige Fröhlichkeiten gewürzt. Die jungen Mäd chen treten an jeden der eingeladenen Gäste heran und bitten um Geschenke, und wehe dem. der nicht reichlich spendet, seine physischen und moralischen Schwächen und Mängel, wirkliche wie erdichtete, werden auf daS unbarmherzigst? gegeißelt. Der Hochzeitstag ist da. Die Mutter hat noch erst unter vielen Zeremonien, Gesängen- aus uralter Zeit den „Korowaj" iHochzeitLbrot) gebacken, und jetzt stimmt die Braut ihr „Klage- lied" an, ihr Klagelied über oie schöne Mädchenvergangcnheit und über die ungewisse Ehezukunft. Darauf schmucken die junge» Mädchen sie mit dem Kranz, und nun tritt endlich der bis jetzt ganz auSqeschaltene Bräutigam in Aktion. Er kommt zu Pferde mit seinen Freunden an. aber — kein Einlaß! Die Tore werden erst gegen ein reichliches Lösegeld. Wohl mich gegen rin Faß Wadki geöffnet — diese Sitte erinnert an ganz frühe Zeiten, wo sich die einzelnen feindlichen Stämme noch die Mäd- chcn raubten. Ein neues Löscgcld muß er zahlen, wenn er darauf seinen Platz neben der Braut auf der Bank unter dem Heiligenbild einnehmen will. Nach einem Imbiß und nachdem alle Anwesenden dem Paare ihre» Segen gespendet, bricht man zur Kirche auf. Die Braut hat während dieser ganzen Zeit daS Gesicht verhüllt, damit sie nicht der „böse Blick" ?ineS Neidi schen oder Uebelwollenden trifft; der „böse Blick" kann Krankheit, Unglück ccher gar den Tod bringen. Sie trägt einen Schafspelz, selbst im heißesten Sommer, damit in der neuen Wirtschaft die Schafe, der Grundstock des russischen Besitzes, gut gedeihen; sie logt auch Flachs unter das Brusttuch, damit er gleichfalls gerät. Nach d?r .Kirche»seierlickikeit verlegt sich der Schwerpunkt her Handlung in das HonS des jungen Ehemanns. Zum Hoch- zeitSmahl sind Haus, Zimmer, Tafel mit dem herrlichste» Psingst- grün geschmückt; die jungen Reiser der Birke, die weißen, rote», gelben Blüten der Bäum« und Sträucher, die neu erwachten Blumen oinS Garten und Feld vWjtzüllen und umdnften alles und alle. Unter d?m Jubel des ganzen Dorfes geht das junge Paar zum Heim; ein junger Bursche muß während des ganzen Zuges die beiden »mtauzen und -umspringen, er nmß sie zu allen Seiten gegen „böse Hexerei" schützen. Am Hanse erwarten stij auf der Freitreppe d'e Eltern d?S junge» Ehemanns und bieter^ ihnen Brot und Salz, dak- Sinnbild der Gastfreundschast; di^ Treppe selbst ist mit der Weißesten. hellglänzendsten Leinwand überspannt, damit die Ehe ebenso schön und hell verlaufe. Ich Hause flicht man der Neuvermählten den Zopf, den di? Mädcheij in einer Flechte tragen, als Zeichen ihrer Fraucnwürde i^ zwei Flechten, nnd ebenso legt man ihr den „Powojnik", ein rei Verziertes Tuch, um den Köpf. Damit haben die Hauptzerem nie» ihr Ends. Eine neue Aufaabe der Alieaer In der englischen Fachzeitung „Industrial ans Engeneerinz Chcmistrp" beschreibt Wilder D. Bankrott das neu? Verfahren von Warrcn, nm aus den Wolken Regen zu holen. Von einem, Flugzeug aus werden über der betreffenden Wolke bis zu emeH Potenz von 15 000 Volt (auch höher) geladene Sandteilchen anSi gestreut. Die Myriaden Waffcrtrovfen welche die Wolke bilden und die elektrisch geladen sind oder auch nickt — baS ist gleich« gültig — fließen an der Oberfläche der Wolke zusammen —z ein Experiment, daS mit Seifenblasen bequem ausgesührt wer« den kann —, fallen herab und reißen im Sturz die kkeinerciil Tropfen mit sich. Di? vorläufigen Proben die vom Armeelust dienst der Vereinigten Staaten auf dem Flugplatz in Daytost im Staat Ohio veranstaltet worden sind, ergaben einige gün« stige Resultate. Die leichten Wolken wnrden durch dieses Veri fahren gebrochen, aber sie waren nicht dick genug, uni den Re gen zu geben. Der Erfinder, dessen wissenschaftlicher Berater Bancroft ist, erwartet aber, daß dicke dunkle Wolken, wie sie in vielen Gegenden oft einig« Stunden täglich Vorkommen, ohne aber visl Regen zn spenden, ein besseres Ergebnis liefern werden., In den nächsten Monaten werden daher die Versuche in MoundS^ ville im Staat Westvirginien fortg?scht werden. Bancroft ist in seiner Besprechung der Erfindung äußerst optimistisch. Er siebt voraus, daß man in einigen Jahren schon imstande sein wird) künstlichen Regen nach Belieben zn erzeugen, sofern nur Wolkenj vorhanden sind, mögen sie auch noch s» hock, schweben, zumal di» letzten Höhenrekorde viele tausend Meter betragen. Er gibt abe« als ZnkunftSmöglichkeiten noch an: vertreibe» deS Nebels in» Nenyorker Hafen und Bekänrpfung deS berüchtigten Londoner Nebels. Gelänge dicS, so würde die englische Hauptstadt von einer ihrer lästigsten Plagen befreit sein.
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