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Sächsische Volkszeitung : 31.08.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-08-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192408318
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19240831
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19240831
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1924
- Monat1924-08
- Tag1924-08-31
- Monat1924-08
- Jahr1924
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 31.08.1924
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Sonntag, den 3l. August 1924' M A«I «Hl die Mkdmled««»! Sachsen hat seit den Tagen der Revolution von allen deut schen Landen am meisten von sich rsoen gemacht. Hier schoß, neben Thüringen und Braunschweig, der politische Radika lismus am allcrüppigsten ins Kraut. Kein Wunoer darum, daß hier auch auf dem Gebiete der Schule die kühnsten Experimente versucht wurden. Zielbewußter und rücksichtsloser ist nirgendwo in ganz Teutscklano an der Entchristlichung der Volksschule gearbeitet worden, als in Sachsen. Gesetze, Ber. ordnungen sowie allerlei offene und stille Mithelfer einer radtkali- sierten Lehrerschaft — alles wirkte auf das eine gemeinsame Ziel hin, ans der öffentlichen Jugenderziehung auch die letzt« Spur christlichen Geistes auSzuschließen. Man hatte im Lager der Kirchen- und Thristusseinoe auf einen mühelosen Sieg gehofft. Aber die „reaktionären Mächte", mit denen man so leichten Spieles fertig werden zu können glaubte, erwiesen sich doch als viel widerstandsfähiger, als. die neuen Kulturkämpfer es erwartet haben mochten. Auch im „roten" Sachsen war — das zeigte sich, je schlimmer die Bilder stürmer wüteten, umso deutlicher — die Kraft der Reli gion noch ungebrochen. Wahrhaft heldenmütigen Widerstand leisteten gegen alle Entchkistlichungsversuche der Schule von allem Anfang an die Katholiken. Was sie sich in jahrzehntelanger opfervoller Arbeit aus eigener Kraft geschaffen: ihre blühenden katholischen Schulen, verteidigten sie gegen den seinolichen Ansturm mit Um sicht und Tatkraft. Der Widerstand der sächsischen Katholiken gegen alle Angriffe auf oen Bestand ihrer katholischen Bekennt nisschule wiro fü, alle Zeiten mit goldenen Lettern in der Geschichte des katholischen Schulwesens in Deutschland verzeich net sein. Zwei Bezirke des sächsischen Katholizismus haben in diesem erbitterten Kampfe um den Geist der Schule sich gegen besonders gefährliche Angriffe zu verteidigen gehabt, und sie haben, als alle anderen Mittel erschöpft waren, mit ber letzten Waffe, die ihnen noch blieb, für das heilige Gut ihrer katholischen Schule gekämpft. Der Plauen er und der Südlausitzer Schnlstreik — das war vor den Augen nicht nur des sächsischen, sondern des ganzen deutschen Volkes die offensichtlichste Be- kundung katholischen Bekennermutes in dem Kulturkämpfe des neuen Deutschland. An diesem Wioerstandwillen, der nicht künst lich anfgepunrscht war, ocr vielmehr aus der innersten Tiefe katholischer Glaubensüberzeugung entsprang, haben dann auch die Gegner allmählich die Grenzen ihrer Kraft abmessen gelernt. Wenn wir sächsischen Katholiken nach jahrelangem Kampfe mit einem mächtigen und erbitterten Gegner noch unsere katholi schen Schulen besitzen, dann danken wir dies zu einem ganz wesentlichen Teile mit der unerschrockenen, opferbereiten Hal tung, die die Katholiken der Südlausih und von Plauen i. B. bei dem Kampfe um ihre katholischen Schulen gezeigt haben. Auf dem oiessährigen Katholikentage zu Plauen i. V. soll die Frage der Jugenderziehung einer der Haupt gegenstände der Verhandlungen sein. An welchem Orte könnte wohl mit größerer Berechtigung über oie Notwendigkeit und die Wege und Mittel katholischer Jugenderziehung beraten weroen, als dort, wo der Gedanke katholischer Schnlerziehung seine Feuer probe bestanden hat, in dem heldenhaften Widerstand einer Schar von T-iasporakatholiken gegen die Entchristlichung ihrer Schulen? Darum Katholiken Sachsens! Bekundet den Katholiken von Plauen euren Dank für oaS, was sie auch für euch und eure Kinder getan und gelitten, dadurch, daß ihr euch mit ihnen vereinigt zu gemeinsamer Bekräftigung eurer katholischen Glau bensüberzeugung auf dem 6. Sächsischen Katholikentage in Plauen i. V. Nr. 802. Seite U MMSrisches aus aller Well Das Milizheer in Italien Ueber militärische und militärtechnische Maßnahmen aus den verschiedensten Ländern liegen, wie uns unser militärpoli tischer Mitarbeiter schreibt, neuerdings folgende Mitteilungen vor: vereinigte Staaten Zum ersten Mal seit dem Weltkriege sind die Anwer bungen für das amerikanische stehende Heer ein gestellt worden, weil die staatsmähigen Stärken erreicht sind. Die augenblickliche Stärke der Armee beträgt rund 120 000 Mann, eine Zahl, die im Frieden bisher nie erreicht wurde. Der erhebliche Zustrom an Freiwilligen in den letzten Monaten ist der sehr wirksamen Tätigkeit der Anwerbungskommissionen im Lande, wie auch der Tatsache zuzuschreiben, dah man den Eintritt in das Heer jetzt für eine sehr günstige Karriere hält. Bulgarien. Die große kommunistische Gefahr, die einen Um sturz befürchten läßt, hat Bulgarien veranlaßt, 8000 Reservisten zur Verstärkung des Heeres einzustellen und die Erhöhung der Wehrmacht von 80 OVO auf 26 000 Köpfe zu beantragen. Jugo slawien, Griechenland und Rumänien haben bereits gegen die Einberufung der Reservisten bei Frankreich, England und dem Völkerbund protestiert und beabsichtigen auch energisch gegen eine Vergrößerung der bulgarischen Armee vorzuzehen. — Das Heeresbudget beträgt mit 71,4 Millionen Schweizer Franken nahezu 26 Prozent des Gesamthaushaltes, eine kür Bulgarien nahezu unmögliche Belastung. Verschobene Versuche, durch An träge in Poris und London die Rückkehr zur allgemeinen Wehr pflicht oder zur Miliz zu ermöglichen und dadurch von den hohen Lasten eines Söldnerheeres befreit zu werden, sind gescheitert. (Neue Züricher Zeitung vom 11. Juli 1924.) Rußland Die Truppen befinden sich, >me es auch im alten Zaren reiche üblich war, den größten Teil des Sommers zur Ausbil dung auf den Uebungsplätzen. Tschechoslowakei Die Manöver finden innerhalb der Armee-Insvekticncn statt, an dem größten nehmen 2 Divisionen und 1 Kavallerie- Brigade teil. Im übrigen übt immer eine verstärkte Division gegen eine Brigade. Irland Ueber die Gliederung des neuen Heeres des irischen Frei staats liegen folgende Nachrichten vor: Das Heer ist in 4 Kommando-Bezirke eingeteilt: Südkom mando Korck, Westkommando Athlone, Ostkommando Dublin und Uebungsplatzkommando Curragh, West-, Süd- und Uebungs- platzkommando haben je zwei, das Ostkommando drei Brigade stäbe. An Truppenteilen sind bisher ausgestellt: 27 Infanterie- Bataillone, 2 Batterien, 2 Pionier-Kompanien, 4 Panzerkraft- wagen-Kompanien, 5 Nachrichtenkompanien, 1 Fliegergeschwader. Dazu kommen mehrere Ausbildungsschulen. — Die Stärke der Armee beträgt zur Zeit 1081 Offiziere, 17 807 Unterossiziere und Mannschaften. Italien hat militärpolitisch eine sehr bemerkenswerte Entwicklung durch gemacht. Durch ein königliches Dekret vom 1. August 1924 ist eine vollständige Neuordnung der Stellung der Mi liz eingetreten. Da diese militärische Organisation weit über die Grenzen Italiens hinaus Bedeutung gewinnt, dürste es von Interesse sein, über die Organisation näheres zu hören. Sie stellt sich folgendermaßen dar: 1) Stellung zu Staat und Heer Durch ein königliches Dekret ist die Miliz zu einem gesetz lichen Gebilde gemacht worden. In der Verfügung wird diese Maßnahme mit der Notwendigkeit begründet, daß die Tätigkeit aller bewaffneten Mächte des Staates in Einklang gebracht und von gemeinsamen Gesetzen und Vorschriften geleitet werden müs sen. Nur so sei die Gewähr gegeben, daß diese Mächte ihrer hohen Ausgabe, die Unversehrtheit des Landes und den Schutz seiner Verfassung zu sichern, gerecht werden können. — Die Mi liz bildet daher von jetzt an einen Teil der bewaffneten Macht des Landes, ihre Mitglieder leisten dem König den Treueid und sind den gleichen Strafgesetzen und Disziplinarbestimmungen unterworfen, wie das königliche Heer. S) Organisationen Einheit Miliz entspr. Heer General-Kommando Kriegsministerium Zonen-Kommcmdo Division Autonomes Legionskommando Legionskommando Regiment Kohorte Bataillon Zenturio Kompanie Manipel -... Zug F ii h r e r Miliz entspr. Heer General-Konsul Kriegsminister Konsul Divistons- Kommandeur Konsul Divisions- Kommandeur Prokonsul Oberst Senior Major Zenturio Hauptmann Manipelfiihrer Oberleutnant und Leutnant. Es bestehen 12 Zonen-Kommandos. 2 autonome Legions kommandos. 95 Legions-Kommandos. Jede Legion besteht aus 3 bis 6 Kohorten, jede Kohorte aus drei Zenturien, jede Zentu- rie aus 3 Mcmipeln. Die Zahl der Legionen ist wechselnd und wird jährlich neu festgesetzt. 8) Rekrutierung von Führern und Mannschaften Die Miliz hat ein eigenes Führerkorps, daß ebenso aufge baut ist wie das Offizierskorps der Armee. Die oberen Führer bi« zu den Legionskommandanten einschließlich mit einem ausreichenden Stab sind ständig im Dienst, alle anderen Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften im allgemeinen im Beurlaubtenverhältnis. Alle Angehörigen der Miliz sind Freiwillige. Die Offiziere werden aus dem Be- urlaubtenstande -er Armee, der Marine und der Luftslreit- kräfte entnommen. Zugführer können auch geeignete Bürger werden. Ein besonderes Gesetz regelt ihre Stellung. Soldaten werden angeworben, müssen den Anforderungen in körperlicher, sittlicher und politischer Beziehung genügen und mindestens 17, höchstens 50 Jahre alt sein. Die Offiziere behalten den Dienstgrad bei, den sie im Heere pp. erworben haben und werden nach ähnlichen Grund sätzen wie im Heere befördert. Der Milizoffizier kann fedoch in einer höheren Dienststellung verwendet werden, als seiinm Dienstgrad entspricht. Die Gesuche der Arme« pp. Offiziere um Einstellung in die Miliz gehen an das Generalkommando der Miliz. Auf Grund von Erkundigungen über ihr Vorleben und ihre dienstlichen Leistungen wird ihre Aufnahme durch eine Kam» Mission, die aus einem Konsul der Miliz, einem Brigade-General der Armee und einem Prokonsul der Miliz besteht, entschieden. Der Konsul führt den Vorsitz, der Offizier des Heeres wird vom Kriegsminister ernannt. — Die Einstellung der Milizsoldaten erfolgt durch den örtlichen Legionskommandanten. 4) Unterstellung Die Miliz untersteht den Befehlen des Ministerprä« sidenten, der sie gegebenenfalls im Reiche und in den Ko lonien nach seinem Gutdünken einsetzt. 8) Ausgaben Als ständige Aufgabe fällt der Miliz die vorbereitende Aus- bildung für den Heeresdienst zu. In bezug auf diese Ausbil- düng untersteht die Miliz dem Kriegsministerium und den ört- lichen Militärbehörden. Das Personal der Miliz wird, soweit es dienstpflichtig ist. zur Ableistung der Dienststzeit, zu Hebun gen und bei der Mobilmachung In das Heer eingestellt. 6) Bestreitung der Kosten. Alle Ausgaben für die Miliz werden aus dem Haushalt des Ministerpräsidenten be glichen. 7. Schlußbestimmung. Das gegenwärtige De- kret wird dem Parlament zur Bestätigung zum Gesetze vorge« legt, ist jedoch mit dem Tage seiner Veröffentlichung als Dekret bereits in Kraft getreten. Die beiden wesentlichsten Forderungen der Opposition, die überhaupt zur Neuregelung geführt hatten, nämlich die Unter stellung der Miliz unter den Kriegsminister und Entkleidung des Charakters als Parteigruppe sind nicht erfüllt. Die Miliz bleibt weiter ein Organ des Faschismus und seines Führers. WM« i« MW -es Mlljrie-eiis Eucharistisch« Kongreßbtlder Der Sonntag von Amsterdam Am Sonnlagmorgen. 27. Juli, erivachte Ich in ..Groote Dadhuiz" zu Zandvoort, einem Nordseebad. wohin ich mich tags zuvor bei sonnigem Wetter über Haarlem in fünfviertel Stunden elektrisch befördern ließ. Im Morgcniichlr hatte sich das Meer magisch verfärbt und wogte und tobte gegen den einschränken den Strand. Beim Anblick dieses rauschenden Meeres belebten meine Lippen die Psalmworte: „Bencdicite maria et flumina Domino" <Cont. tr. pr.), „Ihr Wasser der Meer« und der Flüsse lobpreiset den Herrn!" Doch heute am Sonntag soll es in erster Linie heißen: „Ihr Menschenkinder lobpreiset den Herrn, bnedicite filii hominum Domino" sibid.) Das kleine katholische Kirchlein verriet gar deutlich Dia sporanot: das „Groote Badhuiz" und das üppig moderne Strandleben dagegen. Wohlstand und Bequemlichkeit. Die Elektrische brachte mich in kurzer Zeit nach der Hyazintensiadt Haarlem, wo ich im neuen prächtigen Bischofsdom am Herz Iesu-Altar zelebrierte und meine Sonntagspflicht erfüllte. Der Prediger sprach über den eucharistischen Kongreß in Amsterdam und dessen Mittelpunkt, üie heilige Eucharistie. Das lärmende Geklapper mit den Stühlen vor und nach der Predigt tat meinen Ohren weh: das sonst feinfühlende holländische Ohr überhörte es infolge der Macht der Gewohnheit. Ein schönes Mid bot eine große Anzahl Erivachsener und eine noch größere Zahl Jugend licher beim eucharistischen Mahle an der Kommunionbank. Hol- laiidia Eucharistica docet hörte ich öfters von Ausländern. Doch ich strebte zum Zentrum meiner Wünsche, zum eucharistischen Kongrcßamt an dem Sonntage von Amsterdam. Die Bahn trug uns längs eines fischreichen Kanals und einer belebten hollän dischen Musterstraße. Zahlreiche Sportler eilten und fuhren zum Pferderennen nach Zandvoort und noch mehr Radfahrer, nur durch eine am Rücken angebrachte große Nummer unterschied lich gleich Ausstellungsobjekten auf einer Schau, rasten im wil den Tempo an Kirchen vorbei zum Wettrennen. Hunderte von stillvergnügten Anglern saßen im Schilf am Kanal mit einer Geduld, wie sie solche beim Anhören der heiligen Messe mit Pre digt an den Sonntagen gar viele aufzubringen kaum imstande sind. Einem jeden hätte ich laut in die Ohren rufen mögen: „Benedicite filii hommum Domino!" aber „aures habest et non gudiunt", sie haben Ohren, um nicht zu hören und gegen Wil lenseffekt« arbeitet man umsonst. Weg mit solchen Sonntags- bildernl Solcher ungezügelte Sonntagssport ist ein Spott auf die geistliche Sonntagshetiigung. Obige Worte werden erhärtet durch folgenden Beschluß der deutschen eucharistischen Sektion: In ein» Zeit, in der di« Sonntagsentheiligung erschreckend zu nimmt, betont di« deutsche Abteilung des 27. eucharistischen Kongresses zu Amsterdam mit allem Nachdruck die Notwendig keit der Sonntagsheiligung in unserem Volke . . . Die rechte Sonntagsheiligung erfordert es, daß alle Katholiken zusam- menstehcn gegenüber den übertriebenen Vergnügungen, Sport- und Spielfesten der Jugend an den Sonn- und Feiertagen und ihren Vorabenden. Ein schöneres Bild! Strahlender Sonnenschein verklärt den Sonntagsmor- gen, und die Kirchfahrt zum Stadion, wo der Stellvertreter des Hl. Vaters unter dem blauen Himmelsgewölbe ein feierliches Hochamt hält. Meine Kongreßkarte sicherte mir im Stadion die Platznummer 8. 481, ein äußerst günstiges Plätzchen für Herz, Aug und Ohr. Da war eine Völkerfamilie und die hohen und höchsten Würdenträger unserer hl. Kirche versammelt um die unscheinbare demütige Gestalt der hl. Hostie und fies ins Herz greifend empfand man die heilsame Kraft des HI. Meßopfers, das hier in größter Prachtenfaltung und Schönheit gefeiert wurde.' Ein Chor von 3000 Knaben aus den höheren Schulen Amsterdams und Theologen aus den Seminarien von Utrecht, Haarlem, s'Hertogenbosch, unter Leitung des Dominikaner- zmters van der Geest O. P. aus Nijmegen. Um 10 Uhr erscheint der Kardinallegat van Rossum im Stadion: ihm folgen in hierar chischer Ordnung: Kardinal Bowne-Wcstminster, Kardinal Pfifsl- Wien, Kardinal Dubois-Paris, Kardinal Bertram-Breslau, Kar dinal Schulte-Köln, Kardinal Neig y Easanova-Toledo und Kar- dinal Sincrro-Rom. An 70 Bischöfe und Aebte im Ornat, zahl reiche Priester und eine Riesenmenge Volkes erwartet ehr furchtsvoll den Beginn des hl. Meßopfers. Der Celebrans into- niert mittels Radioioutsprechers die Terz vor der hl. Messe und die hl. Handlung beginnt. Der heiligste Augenblick der Wand lung ist gekommen: ein Silberklang von Fanfaren verkündet es, die Ehrenwache der Malteserritter in ihren Prachtuniformen bezeugen den Ehrengruß; alle Anwesenden fallen anbetend auf die Knie: „Hoc est enim corpus meum — Hic est enim calix sang uinis mei . . ." und das Mysterium des hl. Meßopfers voll- zieht sich. „Pange lingua gloriosi corporis Mysterium! Und es folgt die hl. Kommunion, die innige Vereinigung des Geschöpfes mit dem Schöpfer, die Lösung der sozialen Klassenfrage an der Kommunlonbank. Die Erfüllung der Bitte im Pater Unser: Un ser tägliches Brot gib uns heute! 5 nore- ürstmyot ° Mprlg ruie «immer mit ltaft« onü warnmu»M *> osaer prelle MclAlg «ouktten«» vn. Die Amsterdamer Weltsronleichnamsprozesston kn der katho lischen Muttersprach«. Eine Weltfronletchnamsprozession in Amsterdam innerhalb ber vier Wände im Stadion — schier eine Unmöglichkeit — und dock hat es tie Unduldsamkeit im 20. Iahrhunvert zustande ge bracht, dir. nicht zulteß, daß katholische Kongreßteilnehmer aus allen fünf Erdteilen in den öffentlichen Straßen der Stadt den eucharistischen Gott im Zuge einer Friedensprozesston begleiten. Haben sich in den öfsentlick)en Straßen Amsterdams nicht schon Aufzüge in allen Schattierungen zeigen dürfen? O Freiheit des 20. Jahrhunderts, wie verschiedenartig ist doch deine Aus legung! Mer es gibt noch ein Grundgesetz ewig unvergäng- licher Wahrheit und der eucharistische Gott verkörz>ert cs. in dem er beteuert: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht ver gehen, ein Grundgesetz, nach welchem das Gute niemals bös, und das Böse niemals gut genannt werden darf, auch in der hohen Politik nicht. Doch die Liebe des gläubigen Volkes hat die kurzsichtige Unduldsamkeit der Well besiegt und hat dir, lieber Heiland in der hl. Eucharistie gelegentlich der Weltfron- leichnamsprozession im Stadion eins erhebende und wunderbare Ovation dargebracht. Gemahnend an den stillen Umgang der Amsterdamer roucde die hl. Hostie verborgen nach dem Stadion gebracht und hier in einer prachtvollen Monstranz aus dem Ba- gijahof, der Mirakelkirche von Amsterdam, zur Verehrung und Anbetung ausgesetzt. Ein wohlgeschulter Chor von 800 Sängern der vereinigten Kirckenchärr und 600 Knaben sangen die litur gischen Gesänge gregorianisch uns vierstimmig von mächtiger Wirkung unter der sickeren Leitung des Komponisten van H. Cuypers. Im Prozessionszuge bemerkte man eine Kapelle von Bolcndamer Fischern in ihrer Oriqinaltracht, Kinder mit Pal men in den Händen und Gebinden von Weizenähren, ein lieb licher Anblick. Die Wissenschaft vertraten Professoren der Uni- versttät von Nijmegen in ihrer Amtstracht. Weiter waren Ver treter von Männerkongrcgationen und karitativen Vereinen erschienen. Ein 76jähriger Zuave, ehemaliger päpstlicher Front soldat im Kirchenstaate, erregte unsere Aufmerksamkeit. Die verwitwete Hausherrin des gastlichen Hauses Verleim, in dem ich überaus liebenswürdig ausgenommen und verpflegt wurde, erzählte mir wehmütigen Herzens, wie auch Ihr kürzlich ver storbener Mann, Zuave unter Pius IX , mit berechtigter und stolzer Freude das Glück dieses einzigen Zuavcn bei der Pro- Zession geteilt hätte. Ich tröstet«, daß er die streitende Kirche unter Gottes Beistand mit der triumphierenden eingetauscht ha ben möge. Doch — ich stehe ja mitten in der Prozession, die ich als Priester im Röchet und mit brennender Kerze mitmachcn dürfte, mit einer großen Anzahl von Priestern in Reihen zu j« vier Gliedern. Hier nun wünsche Ich mir die allgemeinverständ- liche Pfingstsprach» der Apostel, denn neben und um mir hörte
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