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Sächsische Volkszeitung : 21.11.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-11-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192811219
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19281121
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19281121
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1928
- Monat1928-11
- Tag1928-11-21
- Monat1928-11
- Jahr1928
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 21.11.1928
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Ich halte es aber für meine Pflicht festzustellen, daß der artigen Bedenken der Boden entzogen worden ist durch die Erklärungen, die von den verantwortlichen Vertretern der Mächte zu wiederholten Malen auch noch neuerdings öffentlich abgegeben worden sind. Ich begrüße es insbesondere, aus den Worten des britischen Herrn Ministerpräsidenten entnehmen zu können, daß auch er die gegebene Erunolage der europäischen Politik in einem gleichberechtigten und vertrauensvollen Zusammenwirken aller großen Mächte sieht. Die wichtigste Ausgabe, die der deutschen Außenpolitik und auch der deutschen Finanzpolitik gegenwärtig obliegt, ist die Reparationsfrage. Wie Sie wißen, ist die Reparationsfrage in Eens bet Gelegenheit der Räumungsverhandlungen von der Gegen seite angeschnitten und daraufhin der Beschluß gefaßt worden, das Problem vollständig und endgültig zu regeln. Zu diesem Zweck soll eine Kommission von Sachverständigen ein gesetzt werden, die von den sechs beteiligten Regierungen zu ernennen sind. Sinn und Ziel dieses Beschlußes kann nur in einem bestehen: Die letzte Entschließung der Regierungen über die Endregelung der Reparationssrage muß aus Grundlagen ruhen, die, frei von politischen Gesichtspunkten, aus der Er kenntnis der entscheidenden wirtschaftlichen Zusammenhänge gewonnen werden. Deshalb haben die an dem Genfer Beschluß oeteilkaten Mächte es für richtig gehalten, zunächst ein Gremium sachverständiger Autoritäten zu berufen, das den Regierungen Vorschläge zu machen haben wird, um das Provisorium des Dawesplanes in eine endgültige Regelung zu überführen. Wenn dieses Gremium seinen Zweck erfüllen soll, muß cs sich frei wißen von einseitigen politischen Gesichtspunkten und muß sich leiten laßen von dem allgemeinen Interesse am Ausbau der Weltwirtschaft und an der Sicherheit der inter nationalen Handels- und Kreditbeziehungen. Die Frei heit der Entschließung den Vorschlägen der Sachverständigenkommission gegenüber bleibt den Regierungen selbstverständlich gewahrt. Denn die Entscheidung über die Endrcgclung einer Frage, die wie diese aus lange Zeit hinaus die wirt- schastliche Entwicklung der beteiligten Länder bestimmen wird, kann nur von den verantwortlichen Regierungen selbst getrossen werden. Dos in Genf beschlossene Verfahren der Einsetzung einer Sachverständigenkommission bringt es mir sich, daß eine Er örterung über den materiellen Inhalt der Reparationsregelung selbst jetzt noch nicht stattsinden kann. Selbstverständlich ist es jeder Regierung unbenommen, für sich selbst Berechnungen darüber anzustellen, wie von ihrem Standpunkt aus die Entriegelung aussehen müßte, und es ist bei einem so wichtigen Problem nur natürlich, daß sich die ein zelnen Regierungen schon jetzt damit aus das intensivste be schäftigen. Der Augenblick für internationale Verhandlungen über den Inhalt der End regelung und für die von den Regierungen zu treffenden politischen Entschließungen wird aber erst dann gekommen sein, wenn das Ergebnis der Arbeiten der Sachver ständigenkommission ihnen vorliegt. Bis dahin muß ich daher aus eine Erörterung der Frage ver achten, wie sich nach deutscher Auffassung die endgültige Lösung achlich im einzelnen denken ließe. Die Reichsregierung mug ich einstweilen auf die Betonung eines allgemeinen Grund- atzes beschränken, daß von einer wirklichen Lösuna der Re- Nachdenkliche Filmgeschichle Kugenberg, U?a und Deulschenhetze im Film „Der I u ng de u t sch e", das Organ des Iungdeutschen Ordens, berichtet in Nr. 272 über einen deutschfeindlichen Film, der von der „Ufa" für das Gebiet der Tschechoslowakei ver trieben wird. Ter „Iungdeutsche" bemerkt dazu: „Herr Hugenberg, der Herr über Presse und Film beherrscht bekanntlich die Ufa. Er vertritt die Aktienmajori tät in diesem Unternehmen und hat selbst öffentlich erklärr, daß in der Ufa sein Einfluß allein bestimmend sei Herr Hugenberg hat also selbst die volle Verantwortung für alles übernommen, was die Ufa tat. Danach steht fest, dah der unter dem Zeichen der Ufa in drei großen Prager Licht spielhäusern, nämlich „Lucerna". „Roxy" und „Flora" am 28 Oktober 1928 gespielte Film, der eine Deutschenhetze schlimmster Art dorstellt, in dem deutsche Soldaten in wilder Flucht und in aufreizender Schlemmerei gezeigt werden, in dem die Taten französischer Truppen verherrlicht werden und die tschechischen Legionäre, di« in Wirklichkeit Deserteure waren, gepriesen werden, unter der vollen Verantwortung des Herrn Hugenberg steht." Im Einzelnen wird dann Uber die Ausführung des Films „Legie Mrtuych" („Die Totenlegion") berichtet: „Wir trauten unseren Augen nicht, als wir in der tschechischen Filmzeitung „Cesky Filmovy Zpravodaj" Nr. 38 vom 27. Oktober 1928 das deutsche Ufa-Zeichen fanden und unter diesem Zeichen den Siegesfilm der Tschechen angepriesen sahen. Es ist schon ein Skandal ohnegleicken, daß eine deutsche Filmgesellschaft sich dazu hergibt, den Sieg des Feindes ver herrlichen zu helfen. Eine Ohrfeige für das deutsche Volk ist aber geradezu der Inhalt dieses Films. Wir haben uns durch einen Gewährsmann unterrichtet. Es handelt sich offenbar um den französischen Film „La grande epreuve" der Firma Jacques Haik, Paris. Dieser Film ist offenkundig durch die Ufa mit nachträglich eingesetzten Aufnahmen der tschechischen Legion, die an der französischen Front kämpfte, ergänzt und zu einem Siegesfilm der Ts che- chen umgearbeitet worden" Die Handlung des Films — die Erlebnisse dreier fron, zösischer Soldaten — ist an und für sich belanglos. Charak. teristisch aber ist die ganze Art der Darstellung: „Bei der Räu mung eines Schlosses sieht man in aufstachelnden Bildern, wie die Bevölkerung mit ihrer Habe den Ort räumt, deutsche Offi ziere lassen sich in aufreizender Aufmachung im Sä,lasse nieder, Französisches Heldentum im Schützengraben wird den im Schloß behaglich rauchend und trinkend zusammensitzenden deutschen Offizieren gegenübergestellt. Immer wieder erscheinen fliehende deutsche Truppen, dazwischen wird die tschechische Legion ver herrlicht, und zum Schluß sieht man den Siegesjubel, große Paraden der tschechischen Legion vor französischen Heerführern, Der Film ist eine einzige Glorifizierung Frank, reichs, und durch die eingefügten Aufnahmen auch der tschechischen Legion. Er appelliert mit den stärksten Mitteln an die nationalistischen Triebe der Franzosen und ihrer Verbündeten. Frankreich ist das Land des Heldentums, der vaterländischen Begeisterung, Frankreich ist aber auch das Land, das die schwersten Opfer bringen mußte, dessen Kinder schon bei der Evakuierung starben, dessen Städte Ruinen wurden, dessen Soldaten das Fürchterlichste durchmachten und zu Mil- lionen gefallen sind. Von deutschem Heldentum und von deutschen Leiden weiß dieser Film nichts, im Gegenteil, die Deutschen werden als Feig, linge hinge stellt. Die Wirkung dieses Kontrastes ist durchaus hetzerisch". So weit der Bericht des „Iungdeutschen", für die wir selbst verständlich die volle Verantwortung dieser Zeitung überlassen müssen. Wir sind gespannt darauf, was Herr Hugenberg mit. wortet. Treffen die hier aufgeführten Tatsachen zu, dann handelt es sich allerdings um einen Skandal, zu dem nicht nur Stahlhelm und Ufa. sondern auch die Reichsregierung Stellung nehmen muß. Denn, abgesehen von Herrn Hugenberg, wäre es schon ungeheuerlich, wenn eine deutsche Firma in außer deutschen Ländern mit Deutschenhetze Geschäfte machte. Wir warten also auf die Antwort an den „Iungdeutschen". Keine Antwort wäre in diesem Falle auch eine Antwort. parationssrage nur dcknn gesprochen werven rann, wenn sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands nicht übersteigt, das heißt, wenn sie uns die Erfüllung unserer Verpflichtungen dauernd aus eigener Wirtschaftskraft und ohne Gefährdung der Lebenshaltung unseres Volkes ermöglicht. Wir haben, nach dem inoffizielle Besprechungen vorausgegangen waren, vor einiger Zeit den anderen fünf Regierungen unsere Ansicht darüber mitaeteilt, wie der Genfer Beschluß über die Einsetzung der Sachverständigen-Kommission am besten und schnellsten zur Durchführung gebracht werden könnte. Der Gedankenaustausch zwischen den Regierungen hierüber ist noch im Gange. Ich hoffe, daß er bald zu einem befriedigenden positiven Ergebnis führen wird. Niemand im In- und Ausland zweifelt heute noch daran, welche Bedeutung eine erfolgreiche Lösung der Reparationsfrage nicht nur für Deutschland sondern für die ganze Welt besitzt. Solange eine den wirtschaftlichen Möglich keiten entsprechende Endlösung fehlt, besteht eine gefährliche Unsicherheit für Wirtschaft und Finanzen. Eine solche Un sicherheit muß die Rückkehr zu normalen Beziehungen im inter nationalen Handel und im Kreditwesen aufs schwerste behin dern. Gelingt es, eine Endlösung zu finden, die von allen Be teiligten in freier Entschließung als wirtschaftlich vernünftig anerkannt uno angenommen werden kann, dann ist der wich tigste Schritt zur Liquidierung der unmittelbaren wirtschaft lichen Folgen des Weltkrieges getan. Ich möchte meine Ausführungen nicht schließen, ohne noch des bedeutsamen Ereignisses zu gedenken, das die am 27. August dieses Jahres in Paris erfolgte Unterzeichnung des Kellogg-Paktes darstellt. Die Regierungen verpflichten sich darin, den Krieg als Instrument der nationalen Politik zu beseitigen. Es ist ein billiges Verfahren, den Wert und die Wirksamkeit eines solchen internationalen Aktes skeptisch in Zweifel zu stellen. Der Kellogg - Pakt bedeutet das, was die Regierungen und die Völker selb st aus ihm machen Ich zweifle nicht, daß die Geschichte in ihm einen wichtigen Wendepunkt in der Gestaltung der internatio, nalen Beziehungen erblicken wird. . Deutschland hat jedenfalls alles Interesse daran und wird das Seinige dazu beitragen, daß die großen Gedanken, die dem Vakt »uarunde liegen. rmmer meyr revenvlge Wirklichls'it werven. Die gemeinsamen Bemühungen um dieses Ziel werden nicht nur dazu dienen, den Frieden zu sichern, sondern sie werden darüber hinaus die Völker einander näher bringen und selbst getrennte Kontinente zu fruchtbarer Abeit zusammenfühlen können. Derlen un6 Umgebung Zum Abbau -er Sächsischen Skaalszeilung Dresden, 20. November. Bei den Verhandlungen über die vorgeschlagene Verwaltuue,?- reform in Sachsen spielt der eventuelle Abbau der Sächsischen Sl-w.ls. zcitung eine erhebliche Rolle. Hierzu nimmt das genannte '?ü'.it gestern selbst an leitender Stelle das Wort unter der Uebcrschrist ,,Das finanzielle Ergebnis beim Abbau der Sachs. Staalszcilumi". Darnach betrugen die Einnahmen des Blattes im Rechnungsjahr 1926/27 insgesamt 276 000 M., davon etwa 161 000 M. Abonnenten gelder und 101 000 M. Einrnckungsgebühren. Von den 5500 zah lenden Abonnenten waren 18 Prozent staatliche Bezieher, 25 Proz, Private und 57 Prozent Gemeinde- und Reichsbehörden. Bei einem Abbau blieben für den Staat also als Ersparnis die Bezugs-Mer der etwa tausend Staatsbezieher mit 36 000 M- jährlich. Tic Ein- rückungsgcbühren von 101000 M. setzen sich zusammen aus 13Z74 Mark für Bekanntmachungen der Ministerien, KreishauptnMn- schaften, oberen und mittleren Behörden und 87 225 M. für solche der Gerichte, Privaten usw.; hierin sind rund 55 Prozent Prime Inserate mit enthalten. Die Gesamtersparnis des Staate? somit 49 000 M- betragen, nämlich 36000 M- Abonneniengeldcr »nd rund 13 000 M- aus den erwähnten Bekanntmachungen der Llaats- behörden. Diesen Ersparnissen stehen aber erhebliche Ausgaben gegenüber. Für die Herstellung der Landtagsbeilage, sofern sie bei- bchalten wird, sind 30 000 M. aufzuwenden, für die Beamten der Staatszeitung, sofern sie nicht auf Wartegeld gesetzt werde», 50 M Mark jährlich. Werden nur Wagegelder gezahlt, dann vcrniindcrt Zn» langen Bruch. Ein jagdlicher Kriminalroman von Hainz Alfred von Byern. Lop^ri^dt Verlsx albert Heine, Lolibus. 1. Kavitel. Jochen von der Lühe schritt den schmalen Pirschsteig ent lang. Durch das Blätterdach der alten Buchen sielen schimmernd verirrte Sonnenstrahlen und zauberten grüngoldiae Reslere auf das weiche Waldmoos. Droben, im Geäst, ruckte ein Wildtauber und von der Schlagsläche herüber klang das heisere „Hii — äh — öiiäb" eines Mäusebussards. Sonst störte kein Lallt die Stille des Julinachmiltags, nur von irgendwo, aus weiter, weiter Ferne, kam das Geräusch eines rollenden Zuges herüber. Gleich Säulen ragten die mächtigen grausilbernen Stämme «mvor. von Flechten bedangen, und die weit ausladenden Beste wölbten sich »u einem Dom. Lautlos und unbörbar versank jeder Tritt in dem Humusboden des sorgsältig glatt geharkten Eteiges. Zwischen weibgesternten Anemonen und blaugelbem Löwen, »ahn schimmerten die roten, noch unreisen Früchte der Preißel- deeren, klein« Fichtenborste waren in das Altholz eingesvrengt «nd bin und wieder leuchtete das schneeige Weiß einer einzelnen Birke aus. Ein Eichhörnchen huschte an dem Stamm eines Baumes «mvor. drückte sich in eine Astgabel, wivvte mit der buschigen Rute und äugte herab. Im Bogenslug strich ein Schwarzsvecht über die Schneise, klebte gleich daraus an der rissigen Borke «ines alten Ueberständers und hämmerte in die morsche Rinde, dab di« Sväne flogen. Der Hochwald lichtet« sich. Eine weite, sanft abfallende, von «Inem kleinen Ninnsaal durchzogene Wiescnfchlänkc breitete sich aus, die Grenze zwischen dem Lüheschen Gut Brietzow und der gräflich Steinrückschen Herrschaft Stcinrück. Vor wenig mehr als Jahresfrist batte Jochen von der Lllbc. der bis dabin als Oberleutnant bei den Eardcbusaren stand, nach dem Tode seines Vaters die Besitmng übernommen, und wenn ihm auch in dem langjährigen Inspektor Vollmann sowie den Förstern Kebler und Unser erprobt« Beamt« zur Seite standen, so dauerte cs doch Monate, ehe er sich nur einigermaben ein- gearbeitct batte. Eine Kleinigkeit war es nicht, das achttausend Morgen grobe Gut, das zur reichlichen Hälfte aus Wald und Seen bestand, zu bewirtschaften, aber wo nur ein Wille ist. da ist auch ein Weg, und Jochen hatte keinen Augenblick gezögert, sich den an ibn herantretenden Pflichten mit allen Kräften zu widmen. Verkehr gab es in der Gegend ohnehin nur wenig. Das kleine, zehn Kilometer entfernte Kreisstädtchen Uckrow hatte keine Garnison und sonst kamen eigentlich nur der Amtsrat Lohmeier. der seit einem Vierteljahrhundert die Domäne Elenzig gepachtet hatte, und Gras Kurt Stcinrück aus Demmin sowie Forstmeister Rosenow in Selchow in Frage In früheren Jahren halten zwischen Graf Albert Stein rück und den Brictzowern herzliche Beziehungen bestanden, aber dann, vor ungefähr einem Jahrzehnt, war die Freund schaft ganz vlöhlich und unheilbar in die Brüche gegangen. Was eigentlich der Anlab hierzu gewesen war, hatte Jochen niemals erfahren. Seitdem herrschte »wischen den Nachbarn eine Art Kriegszustand. Bei den Jagden hieb es: Bitte hier, an der Grenze. Hahn und Henne abzuschieben!" Jeder Erensbock wurde zu einem Slreitobjekt, und wenn es sich sogar um einen jagdbaren Hirsch handelte, dann batte das Forstversonal Tag und Nacht keine Ruhe, um den Geweihten zu bestätigen. Fast noch schlimmer wurde es, als Gras Albert vor zwei Jabren einen leichten Schlaganfall erlitt, der ibn zwang, sich gröbte Schonung auszuerlegen und für lange Zeit auf die Aus übung der Jagd zu verzichten. Nun blieb der Abschub gänzlich den Beamten überlassen und fast kein Tag verging, an dem es nicht an der Grenze knallte. — Zwar batte Jochen kurz vor der Uebernahme des väterlichen Gutes den Versuch gemacht, wenig stens ein leidlich erträgliches Verhältnis anzubabnen. aber er war bei seinem Besuch in Steinrück gar nicht angenommen worden »nd batte sich darauf beschränken müßen. sein« Kart« abzugeben. Co blieb eben alles Leim alten und als Kebler vor einigen Tagen gemeldet hatte, dab ein guter Bock auf der Bruchwiefe an der gräflichen Grenze austrete, da gab Jochen Anweisung, den Sechser, der doch über kur» oder lang von einem der Etein- rückichen Beamten abgeichoßen werden würde, keinesfalls zu schonen. Aber, wie gewöhnlich in solchen Fällen, wollt« es nicht Ilavven, der Bock zog erst ivät abends bei schwindendem Büchsen licht zur Aelung. bald stand er diesseits, bald jenseits der Grenze, und ein Anvürschen war in dem flachen Gelände, das keinerlei Deckung bot. ganz ausgeschloßen. Schließlich rih Jochen die Geduld und der heutige Pirschgang sollte dem alten Schlau meier gelten. Gleich einer kreisrunden, feuerflüßigen Scheibe versank das Tagesgestirn am westlichen Horizont und lange, tiefschwarze Schlagschatten warfen die Randbäume auf das smaragdene Grün der Wiese. Sinter einem Wacholderstrauch hatte Jochen den Jagdstuhl In den weichen Boden eingerammt und suchte nun mit seinem Ickarfen Prismenglas di« Bruchwies« ab. Wie zarte Stickerei hoben sich von dem lichten Grün das lilafarbene Schaumkraut- dunkelviolette Kuckucksblumen und gelbe Sumpfdotterblumen ab. Ein Hase bovvelt« zur Aesung. Im „langen Bruch" drüben zeterte ein Eichelhäher, irgend etwas mochte die Aufmerksamkeit des gefiederten Waldspions erregt haben. Eine kleine Hasel maus nestelte in den Zweigen des Wacholders, äugte Lühe aus ihren blitzenden, schwarzen Aeuglein an und „husch" war sie verschwunden. Der „lange Bruch" wurde von den Bauern und Kätnern gemieden, vor Jahren sollte hier ein Mord an einem Förster begangen worden sein, und die Leute behaupteten steif und fest, dah es „scheeche". Begreiflicherweise taten die Forstbeamten alles, um diesen Aberglauben durch Erzählungen und geslissem- liche Verbreitung von Schauergeschichten zu fördern, und der Erfolg bestand darin, dab das Wild sich mit Vorliebe in diesem ungestörten Revierwinkel einstellte. Ob an den Gerüchten etwas Tatsächliches war, konnte nicht mehr festgestellt werden, schließlich war das ja auch ganz gleichgültig, wenn das Wild nur seine Ruhe batte. Aus dem Grün der Wiese hob sich ein rostroter Fleck. Lüde nahm das Glas hoch, ein Schmalreh und etwas weiter drüben, schon im „Feindlichen", «in« Ricke mit zwei weihgesleckten Kitzchen. Jochen zog die llbr, es war zehn Minuten vor einbalb acht, nun hätte der Bock eigentlich bald kommen können, denn im Be stand dunkelte es schon, und in einer halben Stunde war es mit dem Büchsenlicht vorbei. Ein Ziegenmelker strich am Waldrand entlang, so tief, daß ibn Lübe mit der Hand hätte greifen können. In den Erlen des „langen Bruchs" bäumte sockend ein Fasanenbabn auf und im Osten stieg blaß und glanzlos die unvollkommene Scheibe des Mondes empor. Am westlichen Horizont zogen sich violette, rosafarbene und spangrüne Streifen entlang, ein fahles Aus leuchten säumte purpurn di« Wipfel, dann erlosch es und leise, lose breitet« di« Dämmerung ihr« Fittiche über di« ruhende Natur. — Noch einmal sucht« Jochen die Wies« ab. da, es rib ihn ordentlich herum, drüben stand der Bock nur etwa zehn Gänge vom Erenzgraben entfernt, wie eine Scheibe! Elfenbeinweib schimmerten die Svitzen der breit aus gelegten Stangen, di« bandboch die Geöhre überragten, unwill kürlich klopften Lühes Pulse schneller, würde der Kavitale den Graben überfallen?! Würde denn das Büchsenlicht noch rei- en, um einen sicheren Schub »u ermöglichen?! Denn wenn der ock über die Grenze flüchtete, war er verloren, da Steinrück nie und nimmer «ine Nachsuche gestatten würde (Fortsetzung folgt.)
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