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Sächsische Volkszeitung : 19.10.1930
- Erscheinungsdatum
- 1930-10-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193010199
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19301019
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19301019
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1930
- Monat1930-10
- Tag1930-10-19
- Monat1930-10
- Jahr1930
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 19.10.1930
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I! Wettere Dereinsnachrichten ^ tz Der katholische Nännergesangverein Dresden hält sein V<1stungsf«st gemeinsam mit dem 5. Kirchweih- und Ge- Meindefest der St. - Pa u l u s - P sa r re i Dresden Plauen am Montag, den 20. Oktober 1930 im Westen dschlöhchen, Chemnitzer Strafte 107. abends Punkt 8 Uhr ab. Der Not der Zeit gehorchend hat er sich zu der gemeinsamen ?kbhaltung e»I- zchlossen, um die Anzahl der meist kurz aufeinander folgenden Vergnügen zu vereinigen und in der Erwartung der Nach- ^chmung. Das reichhaltige künstlerische Programm. Tombola und Ball wird jeden Besucher einen genußreichen dlbend verschaf fe», weshalb alle Mitglieder und Könner des Mannergesang vereins sowie Gäste herzlichst eingeladen sind, zumal da der Reinertrag nur für wohltätige Zivecke venvendet wird. (Siehe Inserat.! tz Der Katholisch« Gesellenverein Dresden-Zentral ladet ur den heutigen Sonntag zu einem Oktoberfest ein. das m Saale des Kolpinghauses 18 Uhr beginnt. Eine Original- Bayernkal>elle und die Trachtengruppe Almrausch des Vereins der Bayern wird für Stimmung sorgen, weiter gelangt ein Theaterstück zur Aufführung. Der Verein der Katholiken In Dresden-Striesen (Volks, verein), feiert am Sonntag, 26. Oktober, sein 18, Stiftungsfest, zu dem alle Glaubensgenossen eingeladen sind. Es wird in Hammers Hotel abgel)alten und beginnt nachmittags 6 Uhr. Katholischer Arbeiteroere n D.esd«n-Ost. Die für Sonn tag. 19. Oktober angesetzte Monatsversammlung fällt aus. Die nächste Versammlung findet Sonntag, den 16. November, statt Religiöse Vorträge in Dresden-Löbtau. In der St. Anto- niuskirche in Dresden Löbtau. Bünaustrahe 19. hält am Don nerstag, den 2.8., Freitag, den 24. und Sonnabend, den 25. Okto ber jeweils 7.80 Uhr abends der H. H. Provinzialkommissar Pater Richard O. F. M. religiöse Vorträge, Die Katholiken der Gemeinde Löbtau und der angrenzenden Gemeinden werden auf diese Abendvortrüge besonders nachdrücklich hingewiesen. Dresden-N. (Katholische Militärgemeinde!. Dienstag, den 21. Oktober, 20 Uhr, Familienabend Im Soldatenheim. Könlgs- briicker Strafte 84 (Straßenbahnlinie 7) Dortrag des H. H Wehrkreispfarrcr Klesse über den Katholikentag in Münster, musikalische Darbietungen, Tanz bis 1 Uhr. Eintritt und Tanz frei! Alle Katholiken der Militärgemeinde sind hierzu herzlichst ringelnden, Gäste willkommen. Dresden. Der Dildungsvercin im Bistum Meißen bittet olle Mitglieder und Freunde, sich den 28. Oktober für eine Ver anstaltung des Bildungsvereins freizuhalten. Näheres wird noch bekanntgegeben. Der katholische IUnglingsverein Dr«sden-Ioh. begeht am Sonntag, den 19. Oktober, abends 7.30 Uhr im kleinen So-?'? von Hammers Hotel, sein 2 4. Stiftungsfest. Zur Au> "hnmg gelangt außer dem Lustspiel „Nante als Kinder- inanoch „In der Stunde der Versuchung", ein Schauspiel in 8 Akten. Die Pausen werden noch durch musikalische Dar bietungen ausgefüllt. * Internationale Kirchktmmpkwoch«: kt Arcntksurl. Vom 23. bis 26. Oktober findet hierwie-'erste Internationale Ar- Veits- und Fe st w o ch e - f ü r ka t h ol i s ch e Kirchen musik statt. Mi ' ' " nal« Oe ^InV^ohe'Anzahl von'neuen kirchenmusikalischcn Kompositio- ven wird uraufgeführt werden. Es werden die Domchöre von Aachen. Frankfurt, Köln und München, ferner der Badische Kammerchor, eine Reihe erster Ehorvereinigungen sowie d,e drei großen Orchester Frankfurts Mitwirken. Wirlschafksriot L. Budapest, 14. Oktober. > Vor dem Kriege wurde dl« ungarische Oeffentlichkeit aus schließlich von der Politik beherrscht. Nicht nur die Wirtschaft, sondern selbst die Literatur und die Wissenschaft galten als ein Bestandteil der Politik. Der Ungar, der von Haus aus ein geborener Jurist und Politiker ist, sgh auch die gleichgültigsten Ereignisse und Vorkommnisse »ur durch die Brille der Politik. Man wird einwenden, daß diese seelische Beschaffenheit des ungarischen Charakters einseitig war und zu Fehlschlüssen An« lah gab; das mag in vielen Fällen gestimmt haben. Anderer seits aber schloß diese Charaktereigenschaft auch Routine, Ge schliffenheit und Tugenden in sich, die dem Ungartume in Ungarn eine absolute Herrschaft und in der Monarchie die Primgeige sicherten. Nach dem Zusammenbruch bzw. nach dem „Friedensvertrag" von Trianon kam der politische Charakter des Ungarn in er höhtem Maße zur Geltung. Der Schmerz über den Verlust und die Zerstückelung des Landes lieft alle Interessen vor den poli tischen Rücksichten in den Hintergrund treten. Zunächst war es die Irredenta, die alle Kräfte in ihrem Banne hielt. Dann folgten die zwei Restaurationsversuche König Karls die die politischen Leidenschaften von neuem entfachten. Bald ließ die ungarisch-italienisch« Freundschaft die Wellen der ungarischen Gefühlswelt hochgehen. Schließlich war es die Rothermere aktion. die die Gemüter erhitzte und die Phantasie neu belebte. Inzwischen gestaltete sich die wirtschaftliche Lage des Lande» immer ungünstiger und schwerer. Einzelne Wirtschastspolitiker, wie Gr atz. Szt er Sn y i, KLllay und andere, haben eine großzügige Wirtschaftspolitik gefordert und selbst die wirtschaft liche Annäherung an den einen oder anderen der Nachfolge staaten gefordert. Sie gingen von dem Eedankengang aus, daß . Ih . . _ Nichtsdestoweniger muß anerkannt werden, daß die ungarische Regierung sich der Schwierigkeiten der ungarischen Volkswirt, schaft bewußt war und auch viel getan hat, um der Not abzu helfen. Große Entwässerungsarbeiten auf der ungarischen Tief ebene, Kunstdüngeraktionen, Hebung des kulturellen Niveaus „ „ ch zu keinem erlöse gramin aüfraffen, und ihre Arbeit blieb trotz des besten Willens gewissermaßen eine Flickarbeit. Der Kleinlandwirteflügel der Regierungspartei, der für die hundertfachen wirtschaftlichen Nöte ein wachsames Auge hatte, forderte mit immer lauter werdenden Stimme einen wirksanKn Schutz der Volkswirtschaft. Die Kleinlandwirte- Abgeordneten der Regierungspartei wiesen darauf hin. daß mit dem alten Evstem aebrochen werden müsse, das in einem Agrarstaat, wie Ungarn einer ist, auf künstliche Welse eine In dustrie aus dem Boden gestampft habe und um sie weiter zu erhalten, die Volkswirtschaft ihrem Schicksal überlasse; sie for derten auf der ganzen Linie einen wirksameren Schutz der In teressen des Landvolkes und die Jnaugurierung eines neuen, den tatsäcklichcn Verhältnissen des Landes angepahten Wirt- schaftskurkes. Man hat dem Kleinlandwirteflügel den Vorwurf gemacht, daß er die Lage in zu düsteren Farben schildere und übertreibe und daß ein derartiges Vorgehen dem Lande einen moralischen Schaden zufiige. Noch vor zwei Monaten hat Volks wirtschaftsminister Mayer erklärt, daß die Aussichten sich all mählich bessern werden und daß das Jahr 1932 wesentlich bessere Aspekte biete. Diesen Optimismus hat dieser Tage kein an derer als Ministerpräsident Graf Bethlen Lügen gestraft, als er in einer Konferenz des Agrarblockes der Einheitspartei seine große Rede mit den trockenen Feststellungen einleitete: «Ich Halle die Situation für ernst: sie ist viel ernster, als ll« in den Taaen war, als wir in Urlaub aeaanaen sind. Es auch tu Ungarn ist seitdem eine »eitere Senkung »er Setrelveprrise elngeterre» Die Krrditkrise hat sich verschlechtert. Die Differenzen zwischtM den Preisen der landwirtschaftlichen und der industriellen Pro«! dukte hat sich vergrößert. Die Arbeitslosigkeit hat an Ausdeh nung zugenommen. Die Wirtschaftskrise beginnt sich nunmeh» auch aus die Staatssinanzen auszudehnen. Die Einnahmen sind im Sinken begriffen. Die Steuern fließen nur schwer ein, und machten wir kein« sehr ernsten Anstrengungen, so würde dir Wirtschaftskrise auch noch durch ein« finanzielle verschärf- werden." Die ungarische Oeffentlichkeit steht noch immer unter de« ni-berlchmetrernoen EindrNck dieser brutal-rrollstiscken Darstel lung des Ministerpräsidenten, der in seinen früheren Reden an- sonsten jedem Defaitismus auf wirtschaftlichem Gebiete ent« -v m„»! «--^nte die Rede des Minister» des Mini § .ch dennoch, warum all dies ohne entsprechende Vorbereitung i» o schonungsloser Weise gesagt werden mußte. er- verblüfft fragte ma>4 ereitun In den nächsten Tagen tritt das ungarische Abgeordneten haus nach den Sommerserien zusammen. Die Regierung wird eine ganze Reihe von wirtschaftlichen Problemen zu lösen Habens die übermenschliche Anforderungen an sie stellen. Das Schwer gewicht der ungarischen Politik liegt augenblicklich auf wirt schaftlichem Gefiele. Die Erklärungen des Abgeordne ten R a s s a y und des Grafen Sigray. daß dem Ministerpräsi denten nach seiner Rede in der Konferenz des Agrarblocke» nichts anderes übrig bleibe, als abzudanken, sind zwar verfrüht, immerhin aber läßt sich nicht leugnen, daß die Bethlenregierung augenblicklich ihre schwersten Stunden durchwacht. Die nächsten Wochen werden bereits zeigen, ob sie die nötige Energie auf bringen wird, um die durch die Wirtschaftskrise entstandene« Schwierigkeiten zu meistern. Gelbfieber ^ Neuyork, 17. Oktober. Wie aus Toronto (Ontario) gemeldet wird, veranlaßten Gerüchte, daß in der Gemeinde Vannockhurn Eoldfunde gemacht worden seien, zu einer wahren Völkerwanderung aus Nord- Ontario und den anliegenden Gebieten nach den vermutlichen Goldfeldern. Je nach ihrer Finanzlage ziehen die Goldsucher mit Flugzeugen, Automobilen, Booten oder zu Fuß nach de« Goldfeldern. Ganze Gemeinden sind von fast allen ihren Ein. wohnern verlassen worden. Es wird darauf hingewiesen, daß die Gerüchte einer gewissen Wahrscheinlichkeit nicht entbehren, da diese Gegend seit vielen Jahren als goldhaltig anerkannt wird. Das Rüsten ln der Lust London, 17. Oktooer. Der „Morningpost" zufolge führt die englische Regierung in großem Umfange eine Modernisierung ihrer Kampfluftgeschwa der durch. Es werden vollständig neue Typen eingestellt, die ein« Geschwindigkeit von über 350 Kilometer in der Stunde haben. Für die Bombengeschwader werden neu« Typen im Geheimen entwickelt. VerauiworiUch ,llr politil und Feuilleton: vr. G. De»c,yt INr Uokaies und «Po«: «.John Mr »tu,eigen: F.Bungarb, alle n, Dresden, pouerllrak« tt Drull cm» Lertaa OiennaiUa FNial« Dresden. Theäkerund Wüst» Die Affäre Dreyfu« im Filin. Das Schicksal des Hcmp) manns Dreyfus, der 1894 in Paris wegen Landesverrats ver urteilt wurde — nicht weil er schuldig war, sondern weil man den wahren Schuldigen nicht finden konnte und nun brutal nach eine», Sündenbock suchte — und dessen Unschuld erst nach sechs Jahre» gegen den schärfsten Widerstand der Militärpartei er wiese» werden konnte, ist heute eine historische Episode, an der nur »lehr die Idee interessiert: Kampf für die Gerechtigkeit gegen eine enge, kurzsichtige Auffassung des Landesinteresses. Vielleicht erklärt es sich aus der Eigenart unserer politisch lei- den'chafllich bewegten Zeit, in der gleichfalls mit äußerster Er bitterung um Ideen gerungen wird, daß diese drei Jahrzehnte zurückliegende Geschichte heute in Buch, Theater und Film so eifrig behandelt wird. Der deutsche Film „Dreyfus", der unter der Regie von Richard Oswald hergestellt worden ist, wird gegenwärtig im „Capitol", Dresden, gezeigt. Er bietet die bekannte Entwicklung dieser Affäre, die ja wahrlich genug an jepischer und dramatischer Spannung bietet, in geschickten Aus schnitten. Eine Sehenswürdigkeit ist der Film dadurch gewor den, daß seine Hauptrollen mit einer ganz einzigartigen Fülle prominenter Spieler besetzt worden sind: Fritz Kort ner gestaltet packend den unschuldig leidenden Dreyfus, Grete Ptosheim rührend sc.ne Frau. Die besten Leistungen des Films sind zweifellos Heinrich Georges Emile Zola und Albert Basser manns Oberst Picquart. Don weiteren Mitspielern nennen wir^ Erwin Kaiser, Oskar Homolka, Paul Bildt, Ferdinand Hart und Fritz Kampers. — Der Film stellt, Mag man von seiner Aktualität überzeugt sein oder nicht, eine bedeutsame künstlerische Leistung dar. Gcwerbehaus. Den ersten Eindruck der wiederbeginnen- Hen Sinfonie-Konzerte der Dresdner Volks bühne versci)vffle Johannes Brahms. Für diesen Brahms- Abend halte isknil Schein pflüg, der mit großer Freude an dieser Stätte wieder begrüßt wurde, die Variationen über ein T1)ema von Haydn, das Konzert für Moline und Cello mit Orci)ester>I>egleitung und die Sinfonie Nr. 1. in E-Moll gewählt, wir brauchen auf die bestechenden Eigenscl>asten dieses Diri genten, die wir am Schlüsse der vorjährigen GewerbelMis- kon.zert« in besonderer Form würdigten, nicht erneut einzugehen. Di« vortreffliche Orchesterdisziplin, sein naliirliches, aber dabei Aefgründ-ige» Dirtz^ntentum und seine hochmusikalische Auf fassung zeigten sich denn auch bei den Brahms-Werken in hell stem Lichte. Bei dieser Gelegenheit lernte man auch Hans Dünschede und Gutia Casini als musikalisch trefflich beschlagene und technisch mit ausgezeichneten Qualitäten aus gerüstete Solisten kennen. Der künstlerische Auftakt rief daher bei den Desuciiern stärksten Beifall hervor. —ei— Logenhaussaal (Ostraallee). Die Striegler-Ver- «inigung für Kammermusik hat ihre Kammermusik- Abende in den Saal des Altstädter Logcnhauses verlegt. Da durch ist für den Charakter der Kammermusik ein intimerer Rahmen gewonnen worden. Der Klang gewinnt an Eindruck und Geschlossenheit und an kammermusikalischer Farbe. Das erst« Wort in dem neugewählten Raume hatte Haydn mit seinem prickelnden, stimmungssrohen C-Dur-Q»artett (Werk 54,2). Daran schloß sich Theodor Blumers Klavier- guartett in L-Moil (Werk 50). ein liebenswürdiges, melodie- reiches Werk, dessen Hauvtstärke in dem empfindungsvollen langsamen Satz liegt. Schuberts Forellen gui'ntett (Werk 114) beschloß den künstlerisch vollivertigon Abend. Die Herren Kurt und Johannes Striegler, Otto Macht. Oskar Geier, Arthur Zenker und .Hans Keys sind in Dresden als berufene erstklassige Kammermusikinterprcien längst hochgeschätzt und rühmend anerkannt. Die Gute ihrer Darbietungen ist Tradition geworden. Mau hört eine gediegene Kunst, frei von allem S<l>ein und Flimmer, durchdrungen von echter, bluiwormer, gesühlstiefer Musikalität. Und diese Vor züge soracn bei der Etricgler-Vcreinigung immer für einen dichtbesetzfen Saal und lauten, spontanen Beifall. —Ist- Sonder-Ansstellttng Alfred Knbin. Die Oktober Ausstei fung dcrGalerie Junge K u n st (Lüttichaustrafte 21) bringt eine überaus bemerkenswerte Schau von Aguarellen, Zeichnun gen und Litoaranhien von Alfred Kubin. dem einzigartiacn und genialen Gestalter des Gespenstischen, der „andern Seite" des Lebens. Unkieimlich und grotesk Menschen, Tiere. Landschaft, Häuser und Tinge. Eroreifond das Leiden der hilflosen Krea tur. das er immer und immer wieder darstellt, aus innerer Bedrängnis heraus. So die „Straftenszene". wo der müde Gaul über das aufgeworfene Piaster getrieben wird, „Der aite Hof hund". dem der ganze Groll über ein langes, der menschlicken Willkür preisgegebenes Leben aus den Augen starrt. Jedes Blatt zeigt die atemraubende Auflösung der Wirklichkeit in die Sphäre des Unterirdischen, es ist diktiert non fiebernder Schau, niedergeschrieben mit zuckender Hand. Es ist dg kein Strich, der nicht erfüllt wäre von diesem seltsamen, erschrecken den, grausigen und dennoch wahrhaften Leben. M. R. W. Leipzig. Sonderkonzert des Gewandhauses In Gemeinschaft mit dem Rundfunk.) Sir Thomas Bcecham (London) als Gastdirigent. — In der Regel liegen uns Deutschen Dirigenten aus England weniger. Sie geben sich für uns zu nüchtern. Sie sind in ihrem künstlerischen Tempera- ment uns zu kühl. Und lassen uns daher zumeist kalt. Der an gezeigte Konzertabend aber hat uns endlich einmal einen Diri genten von wahrem Beruf beschert. Die Vortragsfolge mar sein- sinnig zusammengestellt. Auf den klassizistischen Romantiker Felix Mendelssohn folgte der Impressionist Frederik Delius (geb. 1863). Auf die Symphonie (K. V. 338) von Mozart — die heißblütige Tondichtung „Ein Heldenleben" von Richard Strauß (geb. 1864). Wir haben allerdings die Hebriden-Ouvertüre („Die Fingalshöhle") schon flüssiger, farbcnschillcrnder gehört. Aber auch nur ganz selten nach Wunsch. Die englische Rhapsodie („Brigg Fair") vermochte — trotz temperainentsvoller Wieder gabe — nicht restlos zu interessiren. Mit einem Schlage aber änderte sich die Lage, als der seinnervige Dirigent zu Mozart überging und dessen weniger bekannte Salzburger C-Dur-Sym- phonie in geradezu entzückender Weise auslegte. Zeitmaße, Rhythmus und Stärkeschattierungen sprossen gleichsam aus dem Werke selbst heraus. Es war, als ob Mozart selbst sein Werk dirigiere — und der Dirigent nur dem Zuspruch von innen her zu folgen habe. Man darf Thoinas Bcecham zweifel los zu den berufensten Mozartdirigenten rech nen. Damit ordnet er sich selbst ei» in die nicht nllzugroße Reihe der Dirigenten von innerer Berufung. Dirigieren ist nun ein mal mehr als Taktschlagen. Daß Bcecham aber auch über die große-Linie verfügt, bewies er durch zündende Wiedergabe des Heldcnlebcns von Strauß. Aus sicherem Siilempsinben heraus schuf er die starken Gegensätze und wußte sie zu einer ton- psychologischen Einheit zu verschmelzen van anheimelnder Innig keit und imponierender Größe. — Das in Klangpracht schwel gende Orchester ging mit. Seine Art Mozart zu spielen ist künstlerisch gesteigert nur schwer denkbar. Wir waren bisher dafür, solchen Mozart »ns nur In halber Besetzung zu wün schen. He.it de» Ken wir anders darüber. Solostimmen der Mozart Symphonie einzufügen, wäre bei dieser Zartheit des Tutti nicht »oiwendig gewesen. Fällt auch etwas aus dem Gegenwartsstil einer Symphonie heraus. Das große schwierige Violin-Solo im Heidcnleben trug Meister Edgar Wollgandt voll endet vor. — Die Freude über diesen In jeder Hinsicht gelunge nen, künstlerisch wertvolle» Abend war allgemein. Der über reiche, nicht endeiiwallende Beifall über die große Dirigierkunst des stürmisch gefeierten Gastes, der diesen Abend ohne Pult dirigierte, läßt bestimmt hoffen, daß bet einer Wiederkehr sol cher Veranstaltungen auf volle Teilnahme zu rechnen ist.
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