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Feierabend : 11.07.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id497197782-190907113
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id497197782-19090711
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-497197782-19090711
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFeierabend
- Jahr1909
- Monat1909-07
- Tag1909-07-11
- Monat1909-07
- Jahr1909
- Titel
- Feierabend : 11.07.1909
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UnterWungs-KrilM der Sachs. Volkszeitung .N ?S8 onntag den 11. Juli ivor» Die Dere Weißen nnd ihre Tochter. Historische Erzählung von A. Brey er. Nach alten Chroniken aus der RegierungSzeit des „Vater August" und der „Mutter Anna". . Nachdruck verhole». 4. Cs war später Abend. Tie Lichter in den Häusern der Vororte Meistens perlöschten eins nach dem anderen. Nur in eine»! etwas abseits stehenden Häuschen vor dem Prückentore war es noch hell. Drinnen säst in einer engen, geschwärzten Stube ein Weib von hohem Wuchs nnd männ lichen Formen nnd Zügen, die, von feindseligen! Hasse ver finstert, doch noch erkennbar genug die Spuren einstiger Schönheit trugen. Das alternde, düsterschöne Gesicht glich in seinen scharfen, aber verstörten Linien, einer nächtlichen Ruine, die, unheimlich und anziehend zugleich, wildes Ge strüpp und stolze Säulentrümmer in grellen Kontrasten umgibt. Von Wirtschaftsgcgcnständen war in dem Zimmer fast gar nichls zu sehen. Wohl aber lagen Destillierkolben, Kräutersäckchen, Tierknochen und tausend andere Sachen, lenen der Glaube jener Zeit medizinische oder gar über natürliche Wirkung beimast, bunt durcheinander gestreut, nnd auf dem Gesims der Wand standen Büchsen und Flaschen, deren Anhalt durch unleserliche Aufschriften oder bloste Charaktere angedeutet war. Das Weib saß mit der Ruhe des offenbaren Mißmutes vor einen« kleinen Herde, auf welchem in einem antik ge formten Topfe ein seltsames Gebräu kochte, das die kleine Stube niit einem scharfen medizinischen Gerüche füllte. „Wo Klara nur bleiben mag?" sprach sie zu sich selbst nnd rührte mit einem eisernen Löffel in der zischenden Flüssigkeit. „Sie befindet sich am wohlsten, je weiter sie von mir entfernt ist." Dabei nahm die Alte den Topf vom Feuer, schaute prüfend in seinen Inhalt und setzte ihn wieder auf den Herd. Sie nahm von neuem ihr unzusamnienhängendes Selbstgespräch wieder auf: „Alles zieht sich von mir zurück. — Hm, ich bin cs ge wohnt, verlassen und anfgegcben zu werden. Aber auch meine Tochter, mein einziges Kind! Warum auch sie? Weil ich wenig lächle, niemals liebkose? Weil die Welt mich eine Hexe nennt? Was berechtigt dies mein Kind, mich zu fliehen?" Sie sprang von ihrem Sitze auf, und die dunkle, hohe Gestalt, welche, die finsteren Züge von deni flackernden Widerscheine des Feuerherdes beleuchtet, mit verschränkten Armen und männlich entschiedenen Gebärden in dem engen Zimmer stand, hatte, wie die Weibergestalten des germa nischen Altertums, einen Ausdruck schauerlicher Hoheit. „Ich will sie aus meinein Herzen verbannen," mur melte sie zornig. „Will auch sie hassen lernen, wie ich alles hasse, weil niemand mich liebt!" Sie schlug die Hände vors Gesicht und seufzte tief auf, während ein krampfhaftes Zucken um ihre Lippen ging und flüsterte: „Aber es ist ja doch mein Kind, mein einziges Kind!" Jetzt pochte es an die Tür. Die Alte fuhr leicht zu- stimmen und öffnete. Klara trat herein. „Du läßt lange auf dich warten," sagte die Mutter finster. Das Mädchen wollte sich entschuldigen. „Still!" herrschte jene ihr zu, „das Vertrauen meines Kindes besaß ich nie und eine Lüge mag ich nicht hören. Also schweige!" Diese Worte wurden von einem durchdringenden, fast feindseligen Blick auf die Tochter begleitet. Beide schwiegen lange. „Ach bin nicht berufen, glücklich zu machen," nahm die Alte endlich wieder das Wort, „nicht geeignet, Heil zu bringen oder auch nur Unglück abzuwehren. Erwarte von mir keine Warnung, Klara. Bist du töricht und handelst unbesonnen, so finde auch deinen Lohn dafür. Ich zürne nicht deinem Schweigen, ich würde mich deines Vertrauens nicht freuen. Tue, was dir gut dünkt. Du bist auf einen! unseligen Stamme gewachsen. Es gibt für dich kein Glück, wenn du weise und gut bist. Sei töricht, so gibt es für dich wenigstens eine Hoffnung." Es pochte heftig an der Haustür. Ueberrascht sahen sich die beiden Frauen an. „Qeffne!" sagte die Mutter zu Klara. Diese zögerte furchtsam, und bevor sie sich noch dazu entschließen konnte, zu öffnen, wurde die Tür von außen durch mehrere derbe Fußtritte eingestoßen, und Wedel, an der Spitze des ganzen Ratswächterkorps, kam, mit einer mächtigen Hellebarde be waffnet. in die Stube gerannt, wich aber, als ihn das Weib mit einem furchtbaren Blicke ansah, unwillkürlich einige Schritte zurück. „Was wollt Ahr?" fragte sie stolz. Wedel brüllte, um seine eigene Furcht zu übcrtäuben. w laut er tonnte: „Ergib dich, Hexe, wir sind abgesendet von dein gestrengen Herrn Bürgermeister Emerentius Lindner?" „So?" entgegnetc die Alte mit finsterem Spotte. „Was fällt Herrn Emerentius Lindner ein, daß er sich noch so spät um mich kümmert?" „Keine Weitläufigkeiten, Hexe!" schrie Wedel noch lauter. „Du bist unsere Gefangene, folge uns gutwillig, oder ich stoße zu!" Er richtete die stumpfe Spitze seiner Hellebarde gegen die Brust des Weibes. Klara, die bisher, voin ersten Schreck betäubt, dem Auftritte bewegungslos zugcstarrt hatte, stürzte sich plötz lich mit einem gellenden Schrei zwischen ihre Mutter und die Eisenspitze der Hellebarde. „Last mich, mein Kind!" sagte die Alte milder als ge wöhnlich, und drängte die Tochter zur Seite. Dann zu den Männern gewendet, setzte sie hinzu: „Ich bin bereit, euch zu folgen. Doch erst noch ein Werk." - Ehe die Wächter es hindern konnten, hatte sie einen Stab ergriffen, der in einer Ecke des Zimmers lehnte, und führte damit einen heftigen Schlag gegen die auf dem Gesims stellenden Flaschen und Gefäße. Zerschmetternd und klirrend fielen diese herab und ihr flüssiger Inhalt er goß sich auf den Fußboden. Ter auf dem Herde stehende Topf schlug ebenfalls um und strömte seine Flüssigkeit in die noch nicht erloschene Flamme, die fürchterlich zischend den nassen Feind aufnahm und das Zimmer mit einem er stickenden Qualm füllte. „Ein Herenstreich!" stammelte Wedel, während er die Hellebarde vor Schreck fallen ließ. „Kameraden, ich bitt
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