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Dresdner Nachrichten : 14.10.1862
- Erscheinungsdatum
- 1862-10-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-186210145
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18621014
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18621014
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1862
- Monat1862-10
- Tag1862-10-14
- Monat1862-10
- Jahr1862
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- Dresdner Nachrichten : 14.10.1862
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zen am Fuße aufgehört hatten und nür eine rheumatisch« Ge schwulst in der rechten Schulter den Patienten belästige. Tele graphisch ist bereit» gemeldet, daß Garibaldi über die „Amne stie" sich mit Enrrüstung geäußert, weil eine Amnestie nur Schuldigen gewährt werden könne, er und seine Anhänger sich aber keines Verbrechens schuldig gemacht hätten, und daß er zugleich mit „Enthüllungen" gedroht habe. In letzterer Bezie hung erfährt man Folgendes: E» soll seinen Freund, den Stabsofficier Coiroli, der in Fenestrella gefangen gehalten wurde, beauftragt haben, eine Geschichte der letzten Ereignisse mit allen ihren Einzelheiten niederzuschreiben. Namentlich sollen darin specielle Mittheilungen über Garibaldi's Unterredungen mit den Ministern, Senatoren, Abgeordneten re. gebracht wer den. Hauptsächlich werde sich der Bericht mit dem Aufenthalt Garibaldi's in Sicilien beschäftigen und den Beweis zu liefern suchen, daß der General durchaus keine Beziehung zu Mazzini gehabt und keinen Augenblick daran gedacht habe, die Regie rung Victor Emanuels anzutasten. Er werde ferner die gegen Napoleon geschleuderte schwere Anklage zu rechtfertigen suchen und bei dieser Gelegenheit für einige hochgestellte Herren schwer compromittirende Briefe veröffentlichen, aber unter Verschweigung der Namen. Einer merkwürdigen Unterredung Garibaldi's mit dem Könige soll in der Schrift Erwähnung gethan werden, einer Unterredung, die das ungeheuerste Aufsehen zu machen geeignet sein soll, da sie in Bezug auf die napoleonische Politik wichtige Aufschlüsse gebe. — Allgemeine Entrüstung hat die Nachricht von dem zwölffachen Meuchelmorde in Palermo hervor gerufen. Zwölf Personen sind am Abend des 1. October auf offener Straße von Schurken erdolcht worden, welche der Ca morra oder, wie sie selbst sagen, einem „Dolchbunde" angehören. Acht von ihnen hat man gepackt, drei hatten nock das blutige Messer in der Hand. Ein am 2. ausgestreutes Flugblatt des Geheimbundes erklärt in frechster Weise, daß der Mord förm lich organisirt sei. Die Negierung hat, wie gemeldet, Schutz maßregeln getroffen und die Ablieferung aller Waffen anbefohlen New-Jork, 2. October. In New-Orleans haben eine Menge Leute den Eid der Treue geleistet, um den Wirkungen des Confiscationsgesetzes zu entgehen. Der Congreß der Con- föderirten hat ein neues Conscriptionsgesetz genehmigt, welches die Altersclassen zwischen dem 35. und 40. Jahre herbeizieht Es geht das Gerücht, die Sonderbundsregierung beabsichtige 400,000 (?) Neger freizulassen und zu bewaffnen. Das deutsche Lustspiel, oder: Lachen und Nichtlachen im Dresdner Hoftheater. Das Applaudissement, wie es in unserm Hoftheater besteht und — wie es sein soll, dieß hat seine Besprechung gefunden Heute wollen wir einmal das Lachen vornehmen, die Lustigkeit, wenn ein Lustspiel zur Aufführung kommt. Das Lachen er quickt die ganze menschliche Maschine, es ist der beste Restaura teur, bei ihm stehen alle Thorheiten auf der Tafel. Das La chen im Dresdner Hoftheater ist meist ein Exempel, wo subtrahirt wird, vorzüglich im Parquet und den Logen, man überläßt dieß wie das Applaudiren wiederum der Ober- und Unterwelt, das heißt: der Galerie und dem Parterre. Geschieht es ja, so ist ein moäerato vorgezeichnet, ein 8. Das heitere Lachen erachten Viele für nicht anständig, es könnte auch, von Beamteten auS- geführt, zu der Vermuthung führen, dem Mann gehe es unge heuer wohl. Nächstens will Er vielleicht um Gehaltserhöhung einkommen um seine trübe Lage zu verbessern und Einer seiner Vorgesetzten hätte ihn lachen sehen, hu! das wäre ein Capital- verbrechen. Er genießt daher sein Vergnügen so viel wie mög lich inwendig, er stopft sein Lachen hinein, er erstickt'» in der Geburt. Nun erst die Damen in den Logen, im Parquet. Sie scheinen ein Maß zu haben, wie weit det Mundwinkel im La chen zu gehen hat. Sie hüsteln höchstens und wenn der innere Drang sich etwa» weiter Luft macht, dann gruppiren sie das Schnupftuch älS Dämpfer vor den Mund, denn — Lachen schickt sich nicht, wenigstens nicht öffentlich, eS muß dieß ein Hauptparagraph in der Anstandslehre sein, der ihnen schon in Vet Pension eingepaukt worden ist. Man sehe einmal einen Wiener, eine Wienerin im Thea ter lachen, wenn die Fröhlichkeit die Herzen ergreift. Ein Wie ner Lachen verhält sich zu einem Dresdner Lachen wie der Nia garafall zu dem Säuseln der Fontaine im Zwinger, wie die himmelblau strömende Adria zum mittelplauenschen Wasser, oder wie das Escurial zum Spritzrnhäuschen auf der Ziegelgaffe. Wir aber wollen gerecht sein und das deutsche Lustspiel, sowie dm Deutschen im Theater überhaupt betrachten, wie wir eS bereits vor längerer Zeit einmal theilweis in diesen Blättern gethan. Nirgends zeigt es sich deutlicher, daß der Deutsche eine Trauerweide rst, ein klagendes Ausrufungszeichen, ein sauer« töpfiges Wesen, als in den deutschen Lustspielen im Allgemeinen. Alles findet man in den deutschen Lustspielen, nur keine Lu stigkeit Man findet Witz, Spaß, Laune, Pikanterie, einzelne komische Situationen/ aber Lustigkeit, jenen frischen, scharfen, markaufrüttelnden Odem der herzlichen Lustigkeit, diese berau schende Götterempfindung, diese Leib und Seele durchzückende Taumelempfindung mangelt. Der Deutsche ist eigentlich nicht lustig, er stellt sich nur manchmal so, um auch in dieser Er findung nicht zurückzubleiben. Der Deutsche ist nicht nur nicht lust'g, sondern er verstehts auch nicht, wenn ein Anderer lustig ist, er beurtheilt die Lustigkeit schief, er nimmts übel, wenn ein Anderer lustig ist, ohne ihn dazu einzuladen, und wenn ein Anderer lustig ist und ladet ihn dazu ein, so läßt ers absagen, denn lustig sein ist nicht philosophisch, nicht würdig, nicht gediegen. Wenn der Deutsche lachen soll, so sieht er erst den Nach bar an, ob er sich dessen nicht schämen darf. Wer daran zwei felt, gehe ins Dresdner Hoftheater, wenn ein Lustspiel gegeben wird, höchstens in einer Posse, die Viele beim Herausgehen „dummes Zeug" zu nennen belieben, das nächste Mal solche aber doch wieder genießen, gleich jenem Trinker, der sich einen Schnaps einschenken ließ, solchen stracks vertilgte, sich schüttelte und ausrief r „Pfui DÄel, noch Eenen!" Wenn der Deutsche einen Witz hört, so schickt er erst sein Zwerchfell zu seinem Gewissen, um die Bewilligung zu erhalten, und wenn der Deutsche selbst einen Witz macht, so bitt-t er gleich alle seine Schulzeugnisse um Vergebung, daß er sie be leidigt habe, er wills auch sein Lebtag nicht wieder thun. Der Sauerampfer, ist das Herzblatt des Deutschen! Lustigkeit ist gemein und Witz ist nicht übel, ja, aber man muß ihn erst auftreten lassen, wenn der betreffende Gegenstand schon durch Philosophie, Jus und Mathematik so ausgekkopst worden ist, daß Witz auf ihn wirkt, wie Moschus auf einen Miffethäter, der schon drei Tage lang gehängt hat. Wenn in Frankreich und England ein Redner in seiner Sache einen Witz anbringt, so hat er gewonnen. Wenn in Deutschland Jemand für seine Sache einen witzigen Gedanken anbringt, er mag noch so gerecht sein, so schreit der Deutsche: „Der ist witzig! Ein Witz! Das gilt nicht! Einen Prügel als Redefigur, eine Schmähung, einmal so recht „abgelöffelt", das läßt sich der Deutsche in einer Po lemik gefallen; aber eine geistreiche Wendung, einen blendenden Witz, einen glänzenden Einfall, den verdaut er nicht, das ist nach seiner Ansicht dem Gegenstände nicht angemessen. Beweis hiervon dürfte mitunter Dresden Üefern. Als ckvir nämlich danach trachteten, die Referate über stattgefundene öffentliche Gerichtsverhandlungen nicht wie anderwärts im trok- kenen Actenstyl oder als bandwurmartiges Protokoll zu geben, als der oft in der ganzen Situation liegende Humor hineinge webt wurde, wo Fr an der Stelle war, da rümpften Viele die Nase und schrieen über Neuerung, so Etwas gehöre nicht hierher. Nun erst in unserm „Briefkasten". Irgend ein harm loser. Witz auf eine einfäliige Anfrage oder dergleichen, zieht sicherlich drei bis vier anonyme blausäuerliche Stadtpostbriefe hinter sich her. Ja, ein Beamter, der ganz ungenannt einmal eine kleine humoristische Bemerkung erhalten, schrieb ungescheut mit Nennung seines Namens und der Hausnummer: „Witz verbiet' ich mir, den können wir Dresdener nichtz vertragen!" n
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