Suche löschen...
Dresdner Nachrichten : 16.08.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-08-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187008163
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18700816
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18700816
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1870
- Monat1870-08
- Tag1870-08-16
- Monat1870-08
- Jahr1870
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 16.08.1870
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
befindlichen neutralen Kauffahrteischiffen eine zehntägige Frist zum Auslaufen. Das französische Lstseegeschwader, 8 Panzer fregatten und 3 Transportschiffe, kreuzt vor Kiel. Das; man daselbst eine Aktion erwartet, darauf deutet die Ankunft Vogel von Falkenstein'S in Kiel hin. Vor der Hand haben sich die Panzerfregatten begnügt, sich in respektvoller Entfernung von den deutschen Kanonen zu halten. Nur auf der Insel Feh marn seyten französische Jollen ans Land, um zu requiren. Der Feind bezahlte jedoch seine Bedürfnisse baar. Eine bisher durch nichts bestätigte 'Nachricht bringt die Kieler Zeitung auö der Nordsee, wornach man an der nördlichen Küste Holsteins Kanonendonner gehört haben will. — Aus dein Gebiete der Politik ist zu vermelden, daß die Luft erfüllt ist mit angeb lichen Friedensvermulhungen. So soll uncer Andern, auch Eugenie die Königin Viktoria um ihre Vermittelung angegangen haben. Das klingt unwahrscheinlich und ist jedenfalls unnütz. Der Papst aber freut sich nicht wenig über die preußischen Siege. Er hat dem König Wilhelm herzlich dazu Glück ge wünscht, er scheint nunmehr sicher zu sein, daß die Italiener nicht nach Rom eindringrn. Der Polizeipräsident von Wurmb in Berlin hat den Berliner Zeitungen vertraulich wissen lassen, daß die deutschen Kaiserideen sowohl die Bundesgenossensckaft der Süddeutschen störten als die Politik im Allgemeinen schädigten. Berlin, Sonntag, l-t. August, Abends. Aus Faulque- mont (Falkenberg, 4 Pfeilen südöstlich von Metz vom heutigen Tage wird gemeldet: In der Proclamation des Königs, welche die Eonscription für alle von den deutschen Truppen besetzten französischen Gebietstheile aufhcbt, wird auch jede Mitwirkung zur Recrutenstellung mit strenger Strafe bedroht. Weiler hat der König eine Proclamation erlassen, ivelche, ähnlich wie 1866 in Böhmen, die Verpflegung der Truppen oder an Stelle der Naturalverpflegung Zahlung von 2 Francs 16 Sgr. 58 Kreuzer südd. 'Währung pro Mann und Tag seststellt. Dr. I. Berlin, 15. August. AuS dem großen Hauptquartier ,n Herny vom 14. August wird gemeldct: Heute siegreiches Gefecht bei Metz durch Truppen des Vll. und I. Armeeeorps. — Tie Königin erhielt soeben folgende Depesche von Sr. Ma jestät dem König aus dem Hauptquartier Hern,,: „Siegreiches Gefecht bei Metz durch Truppen des VII. und I. ArmeecorpS. Details fehlen noch. Ich begebe mich sogleich aus das Schlachtfeld." Nach einer Mitlheilung des MililärinspecteurS der freiwilligen Krankenpflege, Fürsten von Pleß, fand das gestrige Gefecht in der Richtung vom Dorfe Plange nach 'Metz stark. Die Dörfer find von den Bewohnern sämmtlich verlaßen. Ein Bericht Wachenhusens in der Köln. Zlg. sagt: Ich habe das Gefcchtsfeld auf dein Spicherer Berge besucht und mich durch die fast uneinnehmbaren Positionen, ivelche die Franzosen mit ihrer llcbermaclu inne hatten, überzeugt, wie klein ein Großer sein kann, wenn er seinen Meister findet. .. Napoleon III., in dessen Haut ich nicht stecken möchte, erklärte in der Proklamation an seine Soldaten : „Ihr habt mit einer der besten Armeen zu kämpfen, aber Ihr habt schon eben so gute besiegt." Dreimal ist diese französische, alle besiegende, Armee von der unsrigen in wenigen Tagen geschlagen worden; die Wirkung dieser Schlage ist natürlich eine betäubende, demo ralisirende. Der Franzose cristirt nur in seiner Selbstanbelung; zerschlagt ihm die Spiegel, in denen er sich bewundern kann, und er wird sich selbst nicht mehr finden, weil cr eben nur das Bild in seinen, Spiegel ist. In dieser vollständig demo- ralisirten Verfassung habe ich eine ganze Anzahl unserer Ge fangenen gefunden. Köln, Sonntag, 14. August, Abends. Gestern Abend smd wiederum 3(0 bis 400 deutsche Flüchtlinge, meistens Hessen, der bessern Arbeiterklasse angehörig, aus Paris hier an- gekommen. Nicht das Gouvernement, sondern die Gehässigkeit der Pariser Arbeiter !>,t sie angeblich gezwungen, abzu- rcisen. Dr. I. x Brumatb, 9. August. Im Gclolge der datiscl'cn Division brach ick, an, Sonntag, Nachmittags gegen 1 Ubr am, „ach Hagenau zu. Der Weg iüdrtc über einen Tbcil des LcGaä'ticltcö, und zwar über denjenigen, wo Tags zuvor der preußische Unke Flügel gckämpit batte. Gleich bei», Ambruch tr.sicn wir schon am einen tobte» Preußen, in der Nabe des DorieS Gnnstctk am tobte Picrdc, wcggcwencnc Waffen, Pa. troncn, Tornister u. s. w. Am charactcristischstcn waren natür lich die Leimen selbst: ta lag ein Preuße i», Straßengraben aus dem Bauche, die Häute krampfbait am die tödtiichc Kop'- wunde gepreßt, ein wenig weiter oben cln französischer Offizier, noch ctwaö weiter ein riesiger Reger aui der Straße, ein Turko, ohne Kopfbedeckung, die Lippen acöffnet, tie blendend weißen Zähne lest zmainmciigcprcßr z abwärts davon im Straßengraben ein Turko, am dem Rücken liegend, Ellbogen und Knicc krampf haft nach oben gezogen, das 'Antlitz gräßlich verzerrt und die Augen verdient — ein Bild, das nie aus der Erinnerung weicht; genug, cs bot taö Schlachtfeld noch am Tage nnicreS Durch marsches ein solches Bild des Enticbens, tap auch der Robcsie nicht gefühllos bleiben konnte. Zudem macht sich bereits ein penetranter AaS- und Lcichengcruch bemerkbar; es würben große Gruben gegraben, etwa Fuß tief und tie Leichen von Freund und Feind hincingewor'c». 'Roch während wir über Tao Schlachtfeld inarscl'irtcn, wurden mehrere Trupps Eiestin gcncl aller Waffengattungen cingebracht, außerdem begegneten wir einer großen Anzahl Wage» mit Verwundeten; in einem kleinen Einspänner lagen friedlich ein Preuße und ein Zuavc neben einander, beite augenscheinlich bewußtlos. — Gegen Abend kamen wir endlich vor Hagenau a», vor der Statt ward indcß abgeschwenkt und neben einem großen Hopkenacker, dessen Stan gen zun, Feuer bcrl'aitcn mußten, dag Bivouak bezogen. Da der 'Marsch wiederum ein sehr rascher gewesen war. lag bald Alles i», tiefsten Schlafe. Schon vor «i Uhr Morgens erhob fick, au, Montag den 8. d. Ni. das Lager und wir marlchirtc» offne Aufenthalt durch Hagenau. ES ist dies eine Statt mit recht sauber czebaltenen Dtraßcn und in aiterthümlichen Stvl gebaute» Häusern. DieHagenauer svcrrtcn über den vierstün digen Vorbeimarsch unserer Truppen Maul und 'Augen ans und wollten kaum glaube», daß diese kolossale '.'Rouge nur aus Ba densern bestehe. Hinter Hagenau begegnete uiiö ein Trupp leichtverwundeter Preußen, die sich in der komischsten Weile mit Mouturstücke» von Zuavcn und französischen Offizieren amge putzt hatten. 'Nachdem wir kaum eine halbe Stunde marschirt waren, wurden wir von einem wolkcnbrnchartigcn Platzregen überrascht, welcher unö bis auf die Haut durchnäßte: es »,ar- schirtc Jeder in seinen Stiefeln, falls sie noch ganz waren, i», Regen: ick, selbst habe, nach Verlaus von I'? Stunden etwa, eine ffalffe .nanne Wasser auö meinen Schuhen und Socken auögelcert. ES war noch rin Glück, daß wenigstens die Straße gut war. — Um halb 9 Uhr hörten wir aus der Gegend von Straßburg her Kanonendonner und halt darauf kamen wir vor Brumath an, welches — da man hier den Feind gesehen Haben wollte — einer genauen Recognoocirung unterworfen wurde, und wirklich krachte auf einmal, etwa 3 Schritte vor mir, ein Schuß und die Kugel fuhr einem Soldaten durch den ausgervllten Mantel. Alles meinte natürlich der Feind sei da, hiü sich endlich heranöstellte, daß ein Feldwebel, welcher am Taae vorder ein preußisches Gewehr aufgeicsc» hatte, sehen wollte, ob auch badische Patronen Hinei,«paßte», und während dieser Prode war plötzlich der Schuß losgegange». »Ader das Hin,melkreuzbombenclcmenttauicntdoniic,weiter, das den Aerm- sten, zwar mit Recht, traf, war nicht von schlechten Ellern! - Die erste 'Nachrick,t, welche wir, als in Brumath cinmarschirt wurde, erfuhren, war die, daß bei Brumath die direkte Eisen dahiivcrdiiidung von Paris nach Straßburg uiiterhrochen wor- den und bei dieser Gelegenheit noch eine Depesche des Kaisers Napoleon a» Mac Blahon amgcsangc» worden sei. Hier giebt'o Gott sei Dank nock'Vorräthc »nd vonMangellcidcn kann keine Rede sein. Die Mehrzahl unserer Truppen mußte freilich wie der vivouakircn, was sei de», surchthare» Regcnwctter, was sick'eingestellt hat, sreilich nicht angenehm ist; glücklicherweise besitze» wir nur wenig Kranke und sind die 'Maroden der Mehr heit »ach an, andern Tage in der Regel wieder marschsälsig. — 'A»> Mo»tag Nachmittag ist „ns übrigens eine große Freute zu Wasser geworden. Wir glaubten nämlich denselben 'Abend noch in Straßburg zubringcn zu könne», allein eö kam anders: aber in den nächsten Tagen dürfte sich unsere Hoffnung rcalisi- ren. Eö kam nämlich plötzlich große Bewegung in die Truppen. Gencral»iarsch ertönte und die Geschütze rasselten in der Richtung Straßbnrgö zu, Infanterie und Kavallerie folgte, und ta auch der badische Gencralstab nicht zurückk'licd, jo folgte auck' ich auf einem Leiterwagen in sausendem Galopp bis etwa ^ > Stunde von Straßburg entfernt. Ein Parlamentär war in die Festung gcscksickt worden, welcher unter Hinweis am die 'Niederlagen des französische» Heeres den Kommandanten, welcher jedoch nicht die Statt behaupten kann, zur klcbcrgadc auffordern sollte. Straßburg ist durchaus keine Festung ersten Rangcö; tie Stadt kann mit leichtester Blühe beschossen wer- den, ia die Umfassungsmauern sind sogar von mehreren Leiten her direct angreifbar, zudem wußten wir, daß die Besatzung, welche fast nur von 'Rationalgarte gebildet wird, eine sehr schwache sei, unk die Zahl Axx» kaum übersteige. Allel» trotz Allem lehnte der Gouverneur die Annorder»»g in sehr schroffer Weise atv ohne am die Bitten der Bürger zu hören, welche von allen. Mögliche» beseelt sind, nur nicht von einer Beschießung der Statt. Wir zogen daraus bin zwar wieder ab. allein die nächsten Tage schon werden Straßburg mürbe machcn, cs sind bereits alle Maßregeln dazu getroffen. Paris, 15. August. Officiell wird gemeldct: Der Kaiser verlies; gestern 'Nachmittag 2 Uhr mit seinem Sohne Mey, um sich „ach Verdun zu begeben. Vor seiner Abreise hat der Kaiser eine Proclamation erlassen, in welcher es heißt : „Ich verlasse Euch, um gegen die Invasion Frankreichs zu kämpfen, und vertraue Euer», Patriotismus die Vertheidigung von 'Metz an." Der Prasecc des 'Maasdepartemeurs meldet: Der Feind steht in VigneuileS 5 Meilen südwestlich von Metz. Eine Depesche des Präseeten des Vogesendepartemenis meldet den Anmarsch der Preußen aus Mosel. Das französische GeniecorpS sprengte zwei Brücken. Eine amtliche Depesche aus der Festung Toni von gestern Sonntag, Abends Uhr meldct: Die Preußen standen heute 'Nachmittag ^ Uhr nur noch 1560 'Meier entfernt. Eilte ReeognoSeirungs Patrouille, aus Kürassieren und Gendarmen bestehend, stieß auf 200 preußische Ulanen. Ein Gendarm wurde getödtet. Die Preußen ließen durch einen Parlamentär die Festung zur Ue Vergabe aussorde,,,. Letzterer zog sich zurück, nachdem die Auf sorderung zurückgewiesen worden war. Tie Haltung der Be völkerung ist excellent. Die mobile und die stabile National gardc eilen auf die Walle. Dr. I.) Paris, Montag, 15. August. In der Vorstadt La Bil lette haben gestern Abend Ruhestörungen stattgefunden. Das „Journal ofsieiel" lheilt darüber folgende Details mit: 80 In dividuen, bewaffnet m,t Dolchei, und Revolvers, griffen die Posten bei der Pompiercaserne an und verwundeten 2 Pompiers, sowie 3 Stadtsergenten; 1 Stadtsergent wurde getödtet. Die Unruhen wurden mit Hilfe der Bevölkerung unterdrückt. 50 In dividuen wurden verhaftet. — Pietz, Sonntag. 14. August, Z2 Uhr Nachm. Lsficiell wird gemeldet: Gestern näherten sich starke feindliche Eolonnen unfern Lagerplätzen, zogen sich jedoch heule wieder zurück. Die Eisenbahn zwischen Pietz und Frouard ist unterbrochen. Zahlreiche Frcischützencom- pagnien sind im Anmarsche. Beträchtliche Verpfleg,ingsvorrälhe sind in Metz eingetroffen. Einige Vorpostengesechle werden signalisirt. Die Nachricht, daß Mühlhausen von den Eivil und Militärbehörden geräumt worden sei, ist unrichtig. Nancy ist von preußischer Cavalerie besetzt. Dr. I. Paris, lieber tie stürmische Sitzung dcö gesetzgebenden Körpers am 9. August liegt uns erst ein kurzer Bericht in der „Patric" vor. Wir entnehmen daraus Folgendes: Hcrr Ollivicr will taö Wort wieder ergreifen, er kann nicht dazu gelangen angchört ;u werten. Hr. v. Gramont macht cinc Gchcrdc oder iagl ein Wort, welches nicht bis zu uns gelangt. Darauf findet eine unbeschreibliche Scene statt. Mehrere Dcputirte der Linken stürzen sich gegen tie Miuistcrbank und Herr E. Ollivicr ent geht den Gcwaltstrcichcn. von denen cr bedroht wird, nur durch tie Dazwischcnkunst mehrerer Dcputirtcn der Rechten. Der Wirrwarr ffr unbeschreiblich. Der Präsident bedeckt sich. Die Sitzung iff slic-pcntirt. lieber tie Schlacht bei Wörth bringe» tie pariser Blätter kuriose Berichte: man liest da taö kunterbun teste Zeug. So schreibt der republikanische „Rappel": Wir batten nur einige Kanonen. < Dabei haben die Deutschen vierzig Kanonen erbeutet. Die preußischcin Mitraillcnsen vernichteten uincrc Infanterie, die außer Stande war, ihnen zu antworten.— Nicht übel! Da tie französischen Mitraillcnsen die erwarteten „Wunder" nicht thun wollen, werden die Zündnatcln in Mi- traillcnscn verwandelt. Metz, 5. August. Der „Eourrier de la Moielle" gicbt cinicie Nacbweislnrgen über die preußischen Gefangenen, welche in 'Metz angekommen sind. Sie waren 15 an der Zahl; et liche dreißig sollten am Abend ankommen. „Einige, sagt cr, trugen die famose preußische Pickelhaube, andere eine Mütze ohne Schild. Plan bemerkte viele junge Leute mit Brillen, ohne Zweifel Studenten, Soldaten der Landwehr." Beim Ein tritt der preußischen Gefangenen in Metz hat eine Scene statt gefunden, welche der „Eourriere de la Moselle" folgendermaßen berichtet: „Tie preußischen Gefangenen, von zwei oder drei Gendarmen geführt, zogen am „Cafö Turc" vorbei, als ein requiriter Fuhrmann, welcher auf dem Play royal stationirte, ein großer und starker Bursche von etlichen dreißig Jahren, sich durch die Menge drängt und seine breite Hand auf die Mütze eines Gefangenen legend zn ihm sagt: ,,lRi fficn, Bis marck"! Der Gefangene kehrt sich lebhaft um und antwortet mit einem heftigen Fußtritt. Die Menge ruft: „Bravo Preuße!" Der kolossale Bauer schickte sich an, über ihn hcrzufallen, als ein Soldat der Garde den Bauer zurückhält und sagt: „Ihr sech ein elender Feigling, daß Ihr einen gefangenen Holdaten beschimpft!" Und die Menge applaudirt aufs Neue. Alüdanw packt der Polizeiagent den Bauer am Kragen, welcher sich gewaltig wehrt; aber vom erwähnten Soldaten und einem di,de,Anwesenden unterstützt, hält der Agent ihn fcst und führt ihn auf den Posten inmitten der Verhöhnungen und Peißbilligungsrufe der Menge." Amsterdam, 12. August. Hier eingetroffcne Briefe aus Paris meiden, daß die Stimmung dort eine verzweifelte, aber keine heroische. Die Pariser Bürger fangen an, Gold zu sam meln und sich der Banknoten zu entledigen. Die Aufmerksam keil der Polizei ist auf die persönliche Sicherheit der Kaiserin gerichtet. 'Man fängt an zu fürchten, daß die Armee auch bci Pietz nicht werde Stich halten können. Der Kaiser will keines falls nach Paris zurüctkchren. Die Kaiserin soll schlimmsten Falls nach dem Süden gehen. Alle disponiblen Truppen aus de», Innern sind bereits nachgeschobe». Es ist die Rede von der Einsetzung eines RegentkchaftsrathS. London, u>. 'August. Der „Li. Fr. Pr." tclegraphirt ma» Folgendes: '.Man bat bier 'Nachricht von eine». Versuche des Kaisers Alerander im preußische» Hauptquartier, eine, Friedciisveriisittlung Gebör zu verschaffen. Der Versuch ist ge scheitert. König Wilbcl», soll erklärt habe», biöl>rr siegreich, könne das deutsche Heer vor der neuen Schlacht nicht de» Kamps aufgcbc»; siege es abermalö, dann seien erst »ach dem Einzüge in Paris diplomatische Verhandlungen zulässig. Von Wie» und Florenz liegen dem englischen Eabincttc Erklärungc» vor, sick, cincrFncdensvcrniittlung eventuell anschlicßen zu wolle». * 'Wien» schon das allgemeine Interesse in diesem 'Augen blicke hauptsächlich von der großen Kricgofrage in Anspruch genommen wird, dürste dock, auch der folgende Inhalt einer Orlginalcorrcspondcnz der „R. Fr. Pr." aus Rom vom 18. Juli, tie Verkündigung der ttnscblbarkeit. nicht ganz „»inte rcsiant sein: „Kaum weiß ich, ob eö jetzt noch einen Ihrer Leser intcrcssirt, zu crsabre», i» welcher Weise beute Mittag die feierliche Verkündigung der Unscblbarkcit itattgesunden. ES war ei» wnndcrlichcs Schauspiel, diese Eoncilositznng, die seit Monaten angcpricsc» und erkämpft wurde, als daö letzte und höchste Resultat einer fast Aff»« »jährigen Rellgionöcntwickeiung, und tie iast nun unbemerkt in dem Lärm der Ereignisse ver balle» wird. In c-t. Peter waren einige Tausend Menschcn versammelt, überwiegend Priester, Mönche und Zöglinge geist licher 'Anstalten. Die Flngeltvürcn der Eoncilö-Aula, die be kanntlich taö ganze rechte O.ucrsckiiff von St. Peter cinnimmt, waren geöffnet; außer den Diplomaten, Militärs und vorncb- incn Römern, denen die Zubörcrlogc» der Aula selbst eingc- ränmt waren, konnten nur die der Thür zunächst Stehenden etwas von der Fcicr jede». Der Papst, in rstbem, reich mit Gold gestickten Mantel und goltner Tiara, saß in dcrMittc auf tem Throne, bewegungslos. w,c eine bunt äugen,alte Statue; im große» Halbkreise ainpbiteatralisch um sin, die Bischöfe und Ear- dinäle. Nach de, feierlichen Eröffnung begann die öffentliche Ab- stinunnng mit Nainensauirui und de», eintönigen hundertfach wiederholten Placct. 'Ader trotz alledem konnten auch tie Treuesten der Treuen sich einer gewissen Beklommenheit nicht erwehre». Statt des sicgcssrohen Jubels, der so maiiche der frühere» Sitzungen erfüllte, ängstliches Schweigen, Hcruiwragen nach Neuigkeiten von außen, ersichtliche Abspannung und Ucbcr- druß an dein Schauspiele ohne Zuschauer, i» de», sie nun noch einmal nsitznwirkcn batten, und dessen ganze Pracht und Herr lichkeit vielleicht schon morgen die Geschichte weggcwischt hat. ES war ein trüder Tag. 'Am Morgen schon war der Himmel grau bedeckt, und je weiter die Sitzung vorschritt, desto finsterer sind unheimlicher wurde es in den weiten Hallen. Ein schweres Gewitter zog bcraui, und mitten in die Placetö hinein, die dein in Broeat gehüllten Greise die Unfehlbarkeit znsprachcn, blitzte „nd donnerte es fast zwei Stunden lang ohne Unterlaß mit unheimlicher Gewalt. Immer dunkler wurde eö in der Aula, die Stimmen wurden gezählt, daö Protocoll sestgcstcllt, und alö tie Sccrctaire des Eoncils dem Pabst das neue Dogma zur Verkündigung übcrbrackiten, als cr sick,, von Dienern untcrsiüht, mühsiim von, Sessel erhob um die Worte des Dogma'ö zu ver lesen , ta war cs am vollen Mittag so dunkel geworden, daß man eine Kerze hcrzubolcn mußte, bei deren Scheine PiuS IX. die neue Wahrheit vorlas. Es war ein seltsamer, grausen erregender Anblick, die kleine, n,unbeleuchtete Gruppe inmitten der in ticie Dännncrnng gebückten riesenhaften Sänlc»»,assen: tie zitternde Stimme verbackte an den Wölbungen und in dem Rolle» des Donners; und als mühsam dcr Actuö vollzogen, da applalldirten die Zuschauer und riesen ihr: „Bwien >l l'ap» iutsllilälo!" — Von der 'Anrede, die der Papst noch hielt, war nicht taö Geringste zu verstehen. — Es folgte noch cln 1'clloum — und der große Tag war beendet." — - Eine», Bricic ans Paris, den cln dort lebender junger Musiker auö Berlin seiner Schwester geschickt bat, entnimmt die Trib. Folgendes: . . . „In lniserer gewohnte» Umgebung, in der inan uns als Deutsche lange Zeit kennt, haben wir keine Belästigung zu erfahren. In, Gegcntheil schätzt ma» und da nicht nur nicht wcnigcr als früher, man läßt sich sogar zu ver traulichen Acußcrungen herbei, z» deren Obrenzcugen wir den Kaiser 'Napoleon manchmal wünschten. Er würde da Dinge von guten Franzosen zu hören bekommen, die ihm seine Gene- rale, Minister und Schranzen gewiß nicht sagen. Aber wo wll in ec-ipd'o erscheinen, unsere kleinen Maler- und Musikanten Eotcricn in den Stainm-Estamincto. begegnen wir stctö schrien Gesichtern, und Freund P. hat unö durch einen dcrbcn Fausl- scksiag ins Gesicht eines impertinenten Schauspielers, der sich über unscrc norddeutsche Konversation lustig machte, neulich beinahe Verlegenheiten und Unannehmlichkeiten zugczogcn. So eine handgreifliche Antwort ans eine französische Unverschämt heit ist zwar sehr wirksam und gewährte »nö auck, im vorlie- gc.-.tcn Fall eine süße Gcuugthuung, aber gefährlich ist so >vaö niilncr, zumal wir dock, Alle Gründe haben, hier bleiben zu dünen. Hätten sich nicht ein paar verständige Franzosen unsc- rer Bekanntschaft ins Mittel gelegt, wäre es nnö schtiini» er gangen. und anderen Tages mußte der gute dicke Baron . . . von der . . .'scheu Gesandtschaft noch ein guteö Wort in der Präfektur cinlegcn, daß tie Affairc tobt geschwiegen wurde. Die Mouchards «Spione», die eigentlich nur ach Republikaner zu spüren haben, suchen etwas darin, auf Deutsche zu vigiliren, und cs kostet ihnen nur ein Wort, so haben wir einen Pöbcl- bauicn aus dem Halse und können bald froh sein, nur »ut hei ler Haut über die Grenze spcdirt zu werden. Selbst ein mcht mcbr iungcs Fräulein auö Rostock oder Lübeck, das alö deutsche Bonne in einer hiesigen Familie lebt, bat die Weisung erhalten, binnen drei Tagen über der Grenze zu sein. Obgleich ungc- iäbrlich für Freund und Feind hat die Gute sich durch unüber legte Lchwätzcrcicn der Spionage oder Gott weiß, welchen an dern Verbrechens verdächtig gemacht. Die sauten Pflastertre ter, tie 'Nichts zu tbu» baffen, alö zu schwätzen und zu borchcn, sind die schlimmsten und cnragirtcsten, sie erwarten, daß in acht Tag;» der Kaiser in Berlin ist. . . . Zwei junge Männer aus Suddeutichland, der eine, wie ich glaube, aus Frankfurt, die hier Millionär werden lernten, haben sich aus dem Staube ge macht, um in der preußischen 'Armee freiwillig zu dienen. Das diesige junge Deutschland, früher republikanischer, als hie eingeborenen Jakobiner, sind über'Nacht gute deutsche Patrioten geworden." - Mac Mahon soll von, Kaiser Napoleon wegen der erlittenen Niederlage eine Nase bekommen babcn, VIe so groß ist, daß man den linken Flügel derselben zn einer Rrltcr-Ea- ferne Herrichten will.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder