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Dresdner Nachrichten : 30.06.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187406303
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18740630
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18740630
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1874
- Monat1874-06
- Tag1874-06-30
- Monat1874-06
- Jahr1874
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 30.06.1874
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Log Ocrtsn, tto«t»ur. I. W»Issnb»a»«tr„ ?rl«SrioIu»U«v 14. — Seit« ». - ^r. LSI. AtsrutLU, ä« »«. Kuü 1874. de«U, Boy«««, Vimnltz. Bern, Frankfurt a.M., CarlSruh«, Stutt gart, L«mz, Zürich und Genf durch Vorzeigung gefälschter Credit- briefe in ^um Lheil ganz erheblichem Summen betrogen hat, ist, wie neuere Mttlheilunge« besagen, noch in viel weiterem Umfange thätig gewesen, indem außer den oben genanntenSlädten noch aus Leipzig, Neufschatel und Hamburg Berichte über ganz gleiche zu derselben Zeit dort verübte Betrügereien vorliegen. — Vorgestern Abend hat sich unterhalb der LugupuSbrücke ein von hier gebürtiges, in der Altstadt dienende« Mädchen in die We gestürzt, angeblich wegen schlechter Behandlung Seiten ihrer Herrschaft, ist aber von Schiffern lebend wieder herausgezogen worden — Die bekannten ThirrhSndler Gebrüder Hagenbeck werden heute gegen Abend auf dem Böhmischen Bahnhofe mit einem großen Transport Giraffen, 16 a» der Zahl, Hyänen, einem Elephanten, Antilopen, Gazellen, Nashornvögeln rc. eintreffen, um am Mittwoch Morgen vom Leipziger Bahnhof au» di« Reise über Berlin nach Hamburg sortzusetzen. — Am letzte» Sonntag hat man im Walde bei dem Dorfe Klotzscha einen geistig gestörten, nur mit einem Hemd beklei deten jungen Mann angetroffen, der an beiden Armen sich die Adern zu öffnen versucht hatte. Der unbekannte, in den 20er Jahren stehende Mensch ist in das hiesige Krankenhaus geschafft worden. — Das war eine erelgnlkvolle Fahrt, die vorgestern Nach mittag mit dem in der 5. stunde vom Böhmischen Bahnhöfe ab- gegangenen Pkerkebahnwagen! Sb fuhren, wie Sonntags immer, stets 2 Wagen dicht hinter einander, so daß der erste brr beiden Wagen, die vom Bahnhöfe abgingen, aut der Weiche. Prager- straße, warten mußte, bis beide entge enkommrnde und in ge ringer Entfernung vou einander fahrende Wagen aus dem Haupt ziels an der Welche vorüber waren: statt kessen fährt der leicht sinnige Kutscher kühn au- der Weiche heraus und gerade auf den entgegenkommenden zweiten Wagen Nr. t> los; rin Ausweichen ist nicht mehr möglich, rin Anhalten auch nicht, und io renne» denn die Wagen zum Schrecken aller darinnen und darauf Sitzen den mit aller Force zusammen. DaS war ein großer Krach! Der Staub wirbelte aus, Weiber schrieen und Menschen rannten vo» allen Leiten herbei. Was der Kutscher gedacht haben muß, ist unerklärlich, er muß eben, völlig gedankenlos, gar nicht einmal gesehen haben. Zun, Glück boge» die Pferde noch rechtzeitig ener gisch aus, wäre eines davon zwischen die zusainmenkrachenten Wagen aeratbcn, es wäre zermalmt worden Die 2rcppcn an beiden Wagen waren ziemlich beschädigt. Der Zorn Über den Kutscher war groß und machte sich i» den entschiedensten, aber nichts weniger als schmeichcchaktcn Aussprüchen Luft, und, wie eS anfänglich schien, fehlte nicht viel, io hätte er gar Prügel be kommen. Die bestürzte Paffagierschaft siedelte auf Nr. 9 über, raisonnirte aber in der Mehrzahl weiter und machte sich, da her Unglückskutscher den Wagen Nr. 9 weiter fuhr, auf weiteres Malheur gefaßt, welches auch nickt lange aut si» warten ließ; denn schon am Vlctoriaho»el gelang es dem Meister Roffelenkcr, aus den Sclnenen zu kommen, und auf rer Pillnitzcrslraße fuhr er bei der Weiche vorbei, und hätten hie von draußen kommen den Wagen nicht still geitanden, so wäre die Carambolage wie der fertig geworden. Der Rest her Fahrt bi- Blasewltz verlies aber ziatr, waS bei diesem Kutscher iminerhln vankvar anerkannt werden muß. - lieber den Häuptern der Schleppen tragenden Damen Dresdens schwebt eine drohende Wolke, cln Schleppenabtretungs- vereiu wirbt - wie uns das ComItS desselben inittbcilt -- emsig aber Im verborgenen um Mitglieder und will morgen, als am 1. Juli, seine Thätlgkcil beginnen. Nehmen wir einmal an, es bestände wirklich ein solcher Verein hier, denn der uns von dem „Comitö" zugegangcne Brief enthält keinen Namen, also auch keine Bürgschaft für die 'Wahrheit der Sache; nehmen wir sie aber für wahr an — ist cö i» Berlin doch auch Wahrheit mit dem Abtreten der Schleppe», — io wird den Herren Schleppenadtre- tern zunächst Etwas entgangen lein, baß sie sich nämlich nicht allein, wie der Brief betont, in den Kamps mit dem schönen Ge schlecht, sei dies offen oder versteckt, begeben, sondern gleichzeilß, auch einen Kamps cingchen gegen die Bestimmungen im bürger lichen Gesetzbuch. Die Schleppe bleibt doch, io unschön und be lästigend sie lür Hinterhergebende Ist, imnierhln bas Eigcnthum der sie „schleppenden" Dame, und wer fremdes Eigenthuin vor sätzlich oder auch nicht vorsätzlich beschädigt, ist zum Schadenersatz verpflichtet und wird, wenn der Dolus nachgewiesen werden kan», noch bestritt. Nun soll der Verein gar auS gesetzteren Männer» in geachteten Lebensstellungen bestehen, also aus Leuten, die sich in so precäre Situation wohl kaum begeben werben. Warten wir eS ab! Da aber Vorsicht immer noch die Mutter der Weis heit ist, so würde doch den Damen, die sich noch in dem wunder lichen Wahne befinden, eine Schleppe sei schön oder gebe ein vor nehmes Ansehen, zu rathcn sein, lieber von morgen an bas Stück Zeug, welches sie bislang zu Schleppen brauchten, zu etwas An derem zu verwenden. Der Gebrauch scidner oder dergleichen Stoffe zum Straßenkehren ist jedenfalls ein falscher, das sicht schließlich wohl auch die Damenwelt ein, wenn sie sich nur etwas Mühe giebt. - Nächste Mittwoch, den t. Juli, feiert der Voltö-KInder- Garten zu Frietrickstadt tm Park Reisewitz sein diesjähriges Kinderfest Die Commission desselben ladet alle Freunde der Anstatt und die sich dafür Jntereisirenden freundlichst hierzu ein. Da dieser Kindergarten nachrein Fröbel'schen Prinzipien geleitet wird. Ist es jedem, der die Sache kennen lernen will, anznrathcn, sich von dem segensreichen Wirken desselben, welches icdentallS auch bei diesem Feste zu Tage tritt, durch den Augenschein zu überzeugen. — Am vergangenen Freitag wurde von einem Droschken- kutscher aus der Schillerstraße ein 9 Fahre alter Knabe, der Sohn cinco hiesigen Schuhmachers, überfahren. Wesentliche Ver lesungen schien der Knabe, den der Kutscher sofort In seine Droschke lud und zu seinen Eltern fuhr, nicht davongetragen zu haben. Der Kutscher soll an dem Unglücköfalle ohne alle- Ver schulden sein. - Vorgestern Morgen gegen 4 Uhr konnte man an „Stadt Rom" einige Wächter im Kampfe gegen mehrere i»nge Leute sehen, die. wie eS schien, wegen lauten Lärmend aus den Straßen der Statt und wegen Widersetzlichkeit gegen die Wächter ver hallet werken sollten, dagegen aber sich entschieden autlehnten und da sie in der Uedermacht waren, endlich auch durch eie Flucht entkamen bis aut einen Einzigen, der in den Händen der heiligen Hermantak zurückbiieb und später nach der Hauptpoltzei abgelührt wurde. — Vor einigen Tagen fand ein neun Jahre alter Schulknabe am Victoria-Hotel einen Zehnthalerschein. Ein unbekannter Herr, der dies geieffen haben mochte, ging auf den Knaben los und forderte ihm den Schein, mit dem Bemerken ab, daß er der rechtmäßige Besitzer und Verlustträger desselben sei. Als der Knabe einige Umstände machte, sich seine- Fundes zu Gunsten des Herrn sofort zu entänffcrn, riß dieser chm den Schein auS der Hand und entiernte sich schnell nachter Seestraße. Nachträglich hat sich herauSgestellt. daß der wahre, rechtmäßige Besitzer und Vkklustträger de« Scheine- ein diesiger Markthelier gewesen, der sich spater auch noch am Victoria-Hotcl einstellte, ca er vorher seinen Weg dort vorüber nach der Prageistraße genommen und, nachten, er plötzlich ccn Verlust de- Gelde» bemerkt, denselben Weg nochmal- zurückgegange» war. Der Herr, welcher sich be trügerischer Weis« in den Besitz de- EcistenbtlletS gesetzt, soll dreißig und einige Jahre alt, ziemlich groL ,und mit,schwarzem liaer elßig und einige Jahre ^ ^ Rocke, grauen Hosen und rundem Hute bekleidet gewesen sein. — Am 24. d. ward in der Bergstadt JoachimStbal sim böh mischen Krei« Egrr> ein Fest geleiert, welche» um so seltener ge- naunt werde» muß, al» in der streng katholischen Stadt unter Bcthciligung de» katholischen Geistlichkeit und aller Vereine wie der Schuljugend mit Fahnen und Musik das Andenken eines vrote stan tischen Pvedtgerö geleiert und eine ihm er richtete Gedenktafel enthüllt warb. ES war dir» Johanne« MatbesiuS. geboren den 24. Juni 1504 zu Rochlltz ln «achsen. Er war der Sobn sehr armer Eltern und mußte sein Leben an fänglich sehr kümmerlich durchschlagen, -bi- er die Bekanntschaft Luther» und Melanällhon« in Wittenberg machte und von «ftr- rem später, nach erlangter Ordination, nach der damals noch 40.000 Einwohner zählenden Stadt Joachim-thai als Prediget hat sich Mensch und Plärrer entsendet und angestellt ward. um JoachlmSshal al« Pfarrer, al» Schriftsteller und al hochverdient gemacht. — Am Sonnabend Abend 8 Uhr ist da» dem Gutsbesitzer Lliemann in Niedersedlitz gehörig« WirthschaftSgebäude nebst Scheune niedergebrannt. — Versteigerungen am 1. Juli «n den Gericht». ^ ' In: Slri — ' - - ämtern: Großenhain: Eleonore Amalie . . , .. -teiger's Grundstück in Blatterslebe», üüooThlr.; Bautzen: Peter Marschie'S HauSgrund- stück In Niekerguria. 900 THIr. taxtrt. — Orfsentliche Schwurgericht-Übung am 29. Juni. Vevoe wir über die heutige Sitzung berichten. müssen wir eine» groben Verleben» gedenken. welche» sich unser Gerichts, rekerent in dem Im Sonntagtzblatt enthaltenen Bericht über die Sitzung argen Carl August Lösel ausZschlcre» hat zu Schulde» kommen taffen: danach soll Letzterer wegen Meineide» zu 3 Jahren Zuchthaus verurthcilt worden sein. während er Im Gegenthcil nur wegen fahrlässigen Fals-delteS mit t> Monaten Gefängnlft belegt wvrtcn ist. I» der heutigen Sitzung stand die Frau des Agenten Pfanne, Ernestine Sophie Louise, geb. Müller, des Meineide« angellagt, vor de» Geschworenen. Sie Ist 44 Jahre alt, war schon einmal mit dem Posamentier Schilling verheiratbet, wurde ader schon nach 3 Jahren von demselben geschieden. Ihrem jetzigen Manne ist sie seit 18V» anaetraut. Die ist beschuldigt, einen Elb, dahingehend, daß eine Ihrem Manne abgepsändete Causcuse, Ihr Eigcnthum, d. h. von ihr »,!t eigenem Gelbe aeguirirt worden sei, wider die Wahrheit geschworen zu haben. Die Sache ist «olaende: Pfanne n wurde» vorm Jahre im ver- lause elncS ProzclleS verschiedene Gegenstände abaepiSntet, wo runter auch eine Eauseuse; diese reciamlrte nun die Frau als ihr Eigenthum. indem sie erklärte, daß sie das Eopha vor ein paar Jahre» in dem Schüffny'sä cn Auctlonslokal sür ff Tfflr. ersta» re», alS Ersatz für ein größeres, weiches sie kurz vorder sür 9 Thir. an eine Dame verkauft habe. Mit dem Erlöse aus diesem Verkaufe habe sie sich die Causcuse erstanden. Der Eid wurde nach Vieser Erklärung getormelt und die Pfanne schwur ihn. Näher erläutert sie noch, daß belaate Eauicule von einer Fra» Siegel, welcher Pfanne bei IhrerVerbclratbung behilflich gewesen war. diesem geschenkt worden sei. Er (Pia»»e> habe dies seiner Frau gesagt und Ihr zu glcicher Zeit mitgetheilt, daß er die Causcuse bade zu Sebüffnu schaffen lassen, von diesem sei sie gar nicht erst ln de» Catalog eingetragen worden sondern er wolle sic so schnell al» möglich lvsscillagc»; si> «die Frau) müsse sich dazuhalten, wenn sie das Möbc> erstehen wolle. Frau Pfanne ist denn nun auch vingegangen unk hat eS iür 0 Tblr., welche sie Herr» SctMny selbst In die Hand gegeben habe, erstanden. Am die Frage des Vorsitzenden, weSbalb sie de»»» nicht den direktere» Weg gegangen sei, und ihrem Manne das Sopha eini'ach abgckaull. erklärt sie, sic habe bcohmb durch dUtte Hand kaust» wolle», damit ihren Stiel, kinkrrn gegenüber und eventuell bei Pfändungc» ihr Et en thumSrccht daran besser gewahrt werke» könne. Frau Si ge' will von einer Schenkung derEa »semeNichtS win'e», sie habe sie dem Manne Psanne überlassen, über den Preis sei weiter nicht gesprochen worden und endlich habe sie tic ganze Sache auf sich beruhen lasten, da sie die Ueberzengung gewonnen, von Piannec sei doch nichts berauSzubckommen. Herr Schüffnv und sein Cassircr geben eine erschöpfende Darstellung, wie das Vn 'ahren bei Auktionen ist: es werben dabei die Bücher, resp die Berge vorgelegt. Herr Schüffny kann sich n!cl, erinnern, daß Pfanne erst eine Canseute zu Ihm gebracht unk besten Frau sie dann wieder erstanden bat; auch westen die Bücher nichts darüber auS. An ihn selbst wurde während der Auktio: nicht bezahlt, sondern an dcu Kagirer. Auch wütdcn nur soll, c zur Auktion kommende Gegenstände nicht tn den Katalog ver merkt, weiche erst Im Laute der Auktion zur schleunigen Mit Versteigerung gebracht würben. Dies käme aber nur sehr seist' vor. Für die Staatsanwaltschaft war Herr vr.Francke erschienen an dem Vertbeidigertische batte Herr Adv. Fetor Kuntzsch Platz genommen. Seine Rede dewics, daß die längere Zurückgezogen heit seinen PlaidonerS nichts vo» ihrer Frische und Ihrem Gia»" genommen. Die Heeren Geschworenen erkannten am schuldig der Meineids und wurde hieraus die Piannc zu 2 Jahre» Zuchtham und zweijährigem Ehsenverlust veruxtbclit. — Angekündigte Gerichtsverhandlung. Heut, Vormittag 9 Ubr Hauptveröandlung wider den Bandarbrflki Earl Robert Ritter von hier und Gen. wegen Unterschlagung Hehlerei und Diebstahl. - Den 8. Juli, vorm. 9 Uhr, Haupt Verhandlung wider den vormalige» Advocctt, jetzt Agent. Emi Nörner, wegen Unterschlagung. — Witterungs-Beobachtung am 29. Juni, Abend» 5 U Barometerstand nach Otto L Bösoldt hier: 27 Paris. Zoll 9 L «unverändert). — Thermometer nach Reamnur: Ul Gmd übci Null. — Die Schloßthurmlahne zeigte Nordwest-Winb. HimmE Regen. — GIbhShe tn Dresden, 2tz. Juni, MItt.: 120 Cent, untero. S TaktSgeschtchte. Deutsche» Reich. DerBecliner Eoriespontcnt heS„Tempö" erzählt nicht ohne Humor, wtc eS zuging, baß er in Vaczin ge wesen ist, nicht nur ohne BiSmarck. sondern auch offne daS Schloß gesehen zu haben. In Wustow. sagt er. zweigt sich ei» Weg link, ab; der Wegweiser besagt: Varzln, eine Vielteiiiicile. Es ist eine sandige Straße, In welche die Fuhrwerke tiefe Furchen gezogen haben. Man möchte nicht glauben, baß man aut dem Wege »ach der Residenz eine» Fürste» ist. Ziemlich schöne Bäume, baruntei einige Kastanienbäume, gewahren angenehmen Schatten; sie wer den Immer dichter und bald gewahrt mau rechts einen Park, dem ein Teich vorangebt, und links im Hintergrund eine Gruppe wei ßer Häuschen mit rotbc» Ziegeldächern, wie Ne in den Nürnberger Lpielschachtel» zu finden sind. Den Park umgicbt keine Mauer, das macht einen ländlichen und einsamen Eindruck. Eine Hirtin mit zerzaustem Haar treibt Ihre Gänse aus eine Wiese. Das ist der Wohnsitz bcö Einsiedlers, das ist Varzln. Pia» hatte mir ofi gesagt, daß Herr von Bismarck sich mit Polizei-Agenten umgebe, daß e» schwer se«. sich seinem Schlosse zu nahen und daß Fremde häung von seinen Eonstablern ohne Umstände wieder adgeiührl würden. Ich hatte daher meine Reisetasche in Wustow zurückgc- lasten und cln wenig Toilette gemacht. Vor Allem wandte ich mich nach dem WlrthShause. Der Wirth ist der Koch de» Herrn v. Bismarck, wenn dieser in Varzln weilt. Seine Frau erzählte mir Manches über die gastronoinischen Gewohnheiten des Kanz lers. Er Ißt ungemein stark, namentlich gcobeö Flcisch (im Ge gensatz zu Geflügel) und scharf gewürzte Speisen. Er ist kein Freund von süßen Gerichten, aber für Fische ganz besonders ein genommen, so daß man ihm solche zweimal des Tages versetzt. Während wir so plauderten und Ich eine» Kupferstich Napo- wird eine« Spatz geben in gefolgt Um keinen Preis hätte ich dem Rothe und schrütlich Vle Erlaubniß nachgcsucht, ' gesolg ^ „ den Park zu besichtigen. Ich wollte sehen, waS mir geschehen würbe. Außer dem Wege, aus »velchein ich gekommen war, giebt i zweiten, nämlich die Chaussee, die da» Dort in Länge durchschnclvet. Ich wußte aus trüberen daS Schloß beS Herr» von BiSmarck rechts meiner Wirth eS noch «inen seiner ganzen Beschreibungen, da und die Nebengebäude links von der also einfach die Chaussee nehmen, tm aus die Residenz werfen und dann ruhig kehren. Da hatte ich aber ohne meinen Wirth gerechnet, ver, wie schon bemerkt, dir Neugierigen nicht gern bat. Sin einer Biegung beS Weg» bemerkte ich aut einer kleinen Erhöhung eine Dame tn einem lila Kleide, welche mit einem Stöckchen hinter sangen Enten herjagte, und tn ihrer Nähe rin Individuum in bürgerlichem Anzug. Ich erkannte bald meinen Mann auS dem WirthSbauö, der mich offenbar er» artete. Ich ging aus Ihn zu und eS entspann sich folgender Dialog (meist ln deutscher Sprache und mit den üblichen Drucklehlern wicbergegebcn): Nach wem wünschen Sie? - JchM^nsche nach Niemand. Der Mann macht ein erstaunte» GeKcht : auf eine so natürliche Antwort war er vielleicht nicht aciaßt. — Was machen Sie denn hier? — Ich tbue gar nichts, ich spaziere. - Neues Erstaunen des Manne», «in Franzose hätte mir wahrscheinlich kurz und trocken geant wortet : „Sie geben spazieren? Man geht hier nicht spazieren." D«r Deutsche schien ein wenig verlegen; ich kam Ihm zu Hilfe, indem ich ihn Iragte: Sie " " ' - DaS hluZch allerdings. Sie nisten vielleicht nicht, baß da» hier ein Pridatweg Ist. — Da» wußte Ich in der That nicht und hätte es aucb nie erratben. Privatwege pflegen übe, Haupt nicht grabt durch die Mitte eines Dorf«» zu gehen. — DaS macht nicht«, Ich habe meine Ordre. Sie könne» tim übrigens an den Obersorst- Intendanten (soll wohl heiße»: Obertbsster) de» Herrn v. Bis marck wende«. Dort ist seine grau, die Dame, die ein lila Kleid trägt. - Ich ging aus die Dame zu, grüßte sie und überreichte ihr meine Katte. Natürlich hatte ici) schon alle Hoffnung auf- gegeben, zu passiren. Man erwiderte mir denn auch freundlich, daß e» mir nicht gestattet werben könne. „ES wirb nicht gev wtknscht." Ich habe also daS Schloß nicht gesehen. Ich weiß nur. daß r» sehr einiach ist. wtc alle birst pommerschen Schlösser, weiche wie große Pachtbbte auSsehen. Man ist übrigen» im Be- griff, er zu rrnoviren und zu vergrößern. Darum schreibe ich Ihnen also von Wustow und nicht von varzln selbst. Man er zählt . daß diese Nbeitrlebenen Vorsichtsmaßregeln de» Herrn v. VISmarek nicht nur in dem sehr natürlichen Wunsch, zudring v. «ismarer mmr nur i» vem lehr natürlichen Wunsch, zudring liche Leute terinuhalten, ihren Grund haben, sondern daß er auch vor seinen Feinden aus der Hut ist. AI» er vor acht oder zcini N Tagen Hierher kam, brach wenige Schritte vor der Station Swlawe die Deichsel an seinem Wagen. Darüber bildete sich bald eine vegcnbe und man ist überzeugt, daß die Deichsel von böswilliger Hand zuvor zerbrochen worben war. vorläufiger Bestimmung zufolge trifft Reichskanzler Fürst BISmarck am Mittwoch tn Berlin ein und reist nach dreitägigem Autenthatte nach Klssingen weiter. Die Gemahlin des russischen Botschafter» Oubrll verunglückte am Sonntag Abend i>» Jungsernsee beim neuen Garten bet PotSlam. Dieselbe wurde zwar kurch den Banquier Fr. Burg, balter gerettet und alsbald wieder ln'S Leben zurückgerufen, ver starb sekoch gestern Montag Morgen. Die von den tn Fulea versammelt gewesenen preußischen Bischöfen verell batten Vermittlung-Vorschläge sind nach Berlin abgelandt wortrn. von der Antwort, welche am dieselben erstellt wird, wird es abhängen, ob von den Bischöfen rin Hirtenvrles- schreibcn erlösten werken wird oder nicht. Die von Selten der patriotisch-elerlcalen Partei in der bai rischen Abgeordnetenkammer abgegebene MlßtrauenSerklärung gegen den Eullusminitter von Lutz lutt Mrinmigsverschirdenhellcn and Spaltungen iniicrvaib der elericalen Fractlo» hcrbctgefühtt. '(sie es heißt, will l)r. F«citag die Vorstandschatt des Patriotcn- glubö nicdcrlegen und wollen mehrere andere Devutirte auS der Fraktion austreten. Die Stellung deö Cnttuöminlstetö von Lutz »t uuerschüttert. Der Biernreik der Arbeiter in M üneben hat bis jetzt 23 Birtffe zur Capiiuiation acnötfflgt, und cs unterliegt keinem Zwcisel. daß man in ganz München den Preis für den Liter Biep cu 8 Kr. erbringen konnte, wenn da» große Publikum an der Ltcmdbaitigkeit der Arbeiter nur sür einige Tage sich ein Beispiel nehmen möchte. Die Arbeiter haben auf den einigen Wirthen abgerungenen Vorthell wieder verzichtet, weil kiese zwar an die nrbelker selbst den Liter Bier zu 8 Kr., an tic übrigen Gäste >der zu 9 Kr. abgaben, waö die Arbeiter für eine Halbheit er« 'lären und ibrerscit- zurückwelsen. DaS Streikcomitv erläßt wie der einen Auirus an die Arbeiter Münchens, worin gesagt ist, daß der am 20. Juni von wenigstens 20—2ö,ooo Männern be gonnene Bierstrcik bereit» namhaite Erfolge zuwege gebracht habe, and worin die Arbeiter zum energischen AuSharreu und zum ver meiden von Gewaltanwendung ermahnt werten. F»««rreich. Der ehemalige Polizei-Oberst des napoleo- uisclien äNaiserrelchS, Pirtrl. bei dem neulich eine Haussuchung statttanp, richtete an da» bvnapartistische „Evenement" ein Schrei ben, worin er offen rugesteht, daß er der Präsident eines Eomit- eö er ehemaligen Offiziere ist. Er schließt dasselbe folgendermaßen: „Sie scheu, wir verstecken uns nicht, wir heucheln nicht, wie ^hre politischen Glaubensgenossen, sondern wir gehen ganz offen or, weil w ir nichts gegen die Ordnung thun. Das Ihnen cohibekannte Prinzip der Napoleons, welches sich tolgenbcr- naßen zusammensaßen läßt: „Alles ttir da» Volk und burch da» ott!" vcnrägt nicht blc Propaganda der Unordnung, noch die Effelmen Umtriebe. Sie baden wohl gesehen, daß unser Circular oom 5. März sim nur an Die richtct, welche „der imperialistische» achc getreu geblieben waren." Und diese sind zum Glück sehr ahlrcicff. Man erinnert sich noch, das, das Kaiserreich immer ie Ordnung, daS Vertrauen und den Wohlstand zurückgesührk. mib diese Dinge verlangt man heute überall. Die große Truppenrevue in Longclmmp» fand beim schönsten .'heiter statt. Eine unabsehbare Zuschauermenge wohnte dem »ilstairische» Schauspiele bei. Marschall Mac Maffo» war von incm gläncenlen Gencralstabe umgeben, in welchem sich die Kencrale Ladmiranit, der Krlcgöminisicr General vrn Eisscv, der erzog von Nemours »nd die Militalrattachoö der fremden Nächte befanden. Der Präsident und die vier Vicopräsibenten er Nationalversammlung, sämmtlichc Minister und viele »ült- .ilrischc Noiabilitätcn, sowie viele Deputirte wvhntc» tcr Revue "ei. Die auswärtige» Gesandten hatten ans der reich geschmückten stegierungsiribüue Platz genommen. Nach d r Rn ne wurde Narsct all Mac Mabo» von den Zuschauern auis Lebhasteste be grüßt. Das „Journal ossicicl" veröffentlicht einen Tagesbefehl seS Marscl alls Mac Mahon an die Truppen, welche an der 7agS zuvor stattgebabten Revue tbeilgenommen haben, und die er wegen ihrer guten Haltung beglückwünsch». Er spricht seine Befriedigung über den guten Geist der Truppen au». Der Tages befehl schließt „Indem die Nationalvetlanimlnug mir sür sieben Eahre vle RcglcrungSaewalt anvertraute, leg e sie für diese Zeit die Aiitre»lerhaltuna der Ordnung und de« öffentlichen Frieden« in meine Hände. Dieser Tbcil meiner Mission fällt Euch eben- ialltz zu. Wir wollen sie acmeinschastiich b'S ans Ende erfüllen, indem wir aller Orte» die Autoutät und Sichtung deö Gesetze» ausrccht erhalten." Spanien. Am LS. Morgens um I'/r llhr siel Marschall Concffa beim Sturme auf die verschanzten Stellungen tcr Carlisten bei Muro. Die RegierungStruppen zogen sich in vollkommener Ordnung in die alten Stellungen zurück. — DerdiSfferigc Kriegs« minister Zaballa wurde zum Comumndanken der Nordarmce, Cot- toner zum Krieg-minister und Sagasta zum Ministerpräsidenten ernannt. Mexteo. Kürzlich wurden mehrere Personen, welche die aber gläubische Bevölkerung sür „Zaubere r" hielt, verbrannt. Jetzt befinden sich alle Personen, welche an der Verbrennung be- tffeiligt waren, «m Gekängniß. Nur Einer derselben ist de» Leien» kundig; eö ist die» ver Schullehrer de» dortigen OrteS. wel cher sagt, das verbrecken würde nicht verübt worden sein, wenn tcr Prätect nicht Befehl gesandt hätte, die Erecution zu beschleu nigen. Mehrere der Angeklagten sind Indianer, v Keutlleto«. -I- Mit der heutigen Vorführung der „Meistersinger'" im K. Hostheater schließt dir Oprrnsaison würdig ab und die Oper tritt tn da» Sternbild der Ferien. Morgen Mittwoch be ginnt ckas Schauspiel nach beendeten Ferien seine Thätigkett mit „Ultimo" im Neustädter Hause. Z Die Hosopernsänger NIemann und Beeh von Berlin begeben sich den l. Juli e. nach Bayreuth, »m unter Richard Wagner'ö Leitung da» Studium der „Ribelungen" zu be ginnen. Z In Marie nbad haben eine Anzahl Badegäste, die sich 4!NffmlIchst bekannter Künstlernamen erfreuen, eine inNdthStlae und sehr stark besuchte Soiree gegeben. Der Dichter Emil RttterShauö. unsere Pauline Ulrich. Herr Tenorist Labatt und Frau Dustmann von Wien, sowie die Pianistin Ezermack aus Prag verschafften den armen Abgebrannten in Plan eine Einnahme von 1200 Gulden. 4 vom 1. Oktober bi» IS. December Hot Fräul.N.Hänlsch ein Gastspiel an der Fricdrich-Wtlhelmstadt in Berlin mttHrn. Th. Wachtel abgeschlossen, wozu das übrige Personal extra engagirt wird und welches Oper» wie: Postillon, Troubadour. Rigoletto, Lucia, Fra DIavolo, Martha, RegimeutStochter und weiße Dame umfasten wird. 4 In der musikalischen Welt von Paris macht die noch rmrdlrtc Oper Verdi'»: „Julius Cäsar" viel von sich reden. ES heißt, daß der Componist diese neueste Oper tm nächsten Winter zur Aufführung bringen lasten will. 4 vor wenigen Tagen hat der Wiener Bauverein ans sämmt- ' " «Ic, " ' ltche Mobilien der komischen Oper, Dekorationen und Kostüme, aus sämmtlichet Schwerter, Flinten und Pistolen, dann auk alle Schmlnktöpsk, Beleuchtungs-Apparate - den Mond luvrgrlffen —
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