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Dresdner Nachrichten : 07.11.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187711078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18771107
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18771107
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1877
- Monat1877-11
- Tag1877-11-07
- Monat1877-11
- Jahr1877
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- Dresdner Nachrichten : 07.11.1877
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«r. 311. WAL'«:« l, «d»n. n«»u»l«»r-k, R«rtel«i>»r. ll«» durch »tn»«l.Rumm»i> urtzj,«. «ufl.», 32000 »Vst. Für d»k Rück,,»« «»«». foadirr «inuscrl»«» »»cht Nch die ««dacttd« nicht »rrdladllch. gnserdien-chim,»«« «ud- »«rt« > chonsrnitdi« »«4l«1nH»mi>urg. «,r- Iin.ch»t,». Leid«««, ivalel, «letiau.granksurt «. M, —«N »erlin. LtidtiL Vien, chamdurz. rADmsL ch o». i» »«ch. Mittwoch, »ea 7. November. Tagebliitt für Aokitik, Nnterhaktunq, Heschästsverkehr. , Aörsenkericht und Iremdenlikr. Druck und Eigmthu» der Herausgeber: Eitpsch ^ Neichardt in Dresden. Verantw. Redakteur: Ernst Kitpsch in Dresden. XM. Jahrgang. Politische». Dem neuen Mnisterium, mit welchem Mac Mahon dm Kam mern entgegentritt, bringen die Republikaner ein verschärftes Miß trauen entgegen. Seiner Zusammensetzung nach besteht es aus Männern des rechten Centrums und gemäßigten Bonapartisten. Es hat weniger den Zweck, die Deputirtenlammer zu versöhnen, als vielmehr den Senat wieder zu einerStütze der Politik MacMahon's zu machen. Begreiflicher Weise begnügen sich die Republikaner nicht mit diesem Ausgang, sie verlangen vielmehr den Rücktritt Mac Mahon's selbst. Lasten wir in Kürze das neue Ministerium Revue passiren. Der Premier ist der 54jährige Pouyer-Quertier, Chef eines großen Fabriketablissements, Führer der Schutzzöllner Frank reichs und Finanzminister unter Thiers. Als solcher betheiligte er sich 1871 an den Friedensunterhandlungen mit Deutschland, und seinem Finanzgenie wesentlich verdankt es Frankreich, daß es die 5 Milliarden so spielend aufbrachte. Pouyer-Quertier setzte sich damit in den Herzen seiner Landsleute ein unvergeßliches Denkmal, wenn auch der Glanz für diese Großthat meist auf das Haupt von Thiers fiel. Der neue Minister des Aeußern, Herr v. Vogu6, bisher Bot schafter in Wien, gilt als ein halber Ultramontaner, was für die guten Beziehungen zu Deutschland nicht vortheilhaft wäre. Auch wird Bismarck sich nicht freuen, wenn der bisherige Minister des Aeußern, der glatte, geriebene, vorsichtige Herzog v. Decazes, den man wegen seiner etwas tendenziös zur Schau getragenen übertrie benen Furcht vor Bismarck „Minister Espenlaub" nannte, als Bot schafter nach Berlin kommt. Der Marine- und der Kricgsininister sollen bleiben: Herr Welche, bisher Präfect in Lille, war ein blindes Werkzeug des jetzigen Ministeriums. Der Chemiker Dumas, ein Gelehrter von großer Bedeutung, der namentlich durch sein System der chemischen Äquivalente die Einheit der Materie nachzuweisen suchte, der in seinem 77 Jahre langen Leben zahlreiche Erfindungen und Entdeckungen ge,nacht hat, übernimmt das Ministerium des Unterrichts. ist Bonapartist. Das Portefeuille der Justiz und des Handels übernehmen die Senatoren und Advocaten Delsol (ein guter Redner) und Clöment, das der öffentlichen Bauten der Sena tor Montgolfier. Nicht unwesentlich erscheint uns der Umstand, daß in der Person Pouyer-Quertier's ein ausgesprochener Schutzzöllner an die Spitze der französischen Regierung tritt. Aller Orten regt es sich gegen das Freihandelssystem, das nur einem Volke zu Gute kommt, dieses aber auch ungebührlich bereichert: die Engländer. England saugt mittelst seines enormen Capitalreichthums, der ihm gestattet, auch einmal eine Zeit lang mit Verlust zu arbeiten, um nur die fest ländische Concurrenz durch Preisunterbietungen zu schädigen und zuletzt todt zu machen, eS saugt bei seiner billigen Kohle und seinem ausgezeichneten Eisen, seiner unter den Segnungen des Schutzzoll systems in einer Arbeit mehrerer Jahrhunderte groß gezogenen und gediegen geschulten Arbeiterbevölkerung, bei seiner Uebermacht zur See alle Continentalstaaaten aus. Frankreich ist so gescheidt und wehrt sich. Wir aber? Vor Kurzem hat der Vorstand des Central verbandes Industrieller zur Förderung und Wahrung nationaler Arbeit an Bismarck eine Denkschrift gerichtet, welche sich über das Darniederliegen des deutschen Gewerbfleißes ausspricht und die Freihandelspolitik als Ursache dieses Niederganges anklagt. Namentlich lehrreich sind die Ziffern über den Rückgang der deutschen Eisen-, der Kohlen- und der Textil-Jndustie «Weberei und Spinnerei, Wirkerei, Näherei und verwandte Fächer) Diese großen, viele Hunderttausende von Deutschen ernährenden Jndustriegruppen weisen in ihren Erträgnissen folgende Rück gänge auf: 1872 von 942 Mill. M., 1873 von1455 Will. M.. 1874 von 1289 Mill.M., 1875 von 1267 Mill. M., 1876 von 1429 Mill. Mark. Die ganze Unter-Bilanz der deutschen Pro duktion gegen die Jahre 1865 bis 1870 wird jährlich auf 2000Mill. M. geschäht. Wir zahlen jetzt 8 Mill. M. blos an Arbeits lohn für Baumwoll-Garne und Gewebe an England, die wir recht wohl unseren deutschen Arbeitern hätten erhalten können, wenn nicht in unseren höheren Zollbeamten die Freihandels-Theorie solche Vertheidiger besäße. Vor dem deutsch-französischen Handels Vertrag von 1864 zahlte uns das Ausland 39 Mill. M-für von uns ausgeführte Woll-Produkte, jetzt senden wir 300Mill.M. nach dem Auslande für von dort bei uns eingeführte Woll-Waaren! Bisher glaubten wir und freuten uns dessen, daß Fürst Bismarck in den Zoll-Verhandlungen mit Oesterreich das Bedürfniß der deut schen Industrie nach Schutz-Zöllen besonders lebhaft betont habe und daß daran die Unterhandlungen gescheitert seien. Die Erklärungen jedoch, die der österreichische Handelsminister v. Chlumetzky dieser Tage amtlich gegeben hat, lasten noch eine ander« LeSart zu. Bismarck hat di« Verhandlungen schroff abbrechen lasten, indem er seine Unterhändler plötzlich abreisen ließ, ohne daß sie ihre Forde rungen des Näheren präcisirt hätten. Oesterreich wird nach der Chlumetzky'schen Erklärung nicht auf die Verlängerung des jetzigen Handels-Vertrages um 1 Jahr eingehen, sondern eS hat Deutschland einen Handels-Vertrag auf Grundlage der Meistbegünstigung ange- boten. Der Schatten, den die Erklärung Chlumetzky'S auf das Ver fahren Bismarck s fallen läßt, ist so scharf, daß wir gespannt sind, wie man von Berlin auS antworten wird. Jedenfalls hat sich Bismarck darin verrechnet, daß Oesterreich und Ungarn wegen des Handels-Vertrages mit Deutschland sich nicht einigm würden; viel mehr ist eS sicher, daß der Ausgleich zwischen beiden Reichshälften, der so lange als unwahrscheinlich galt, am 1. Januar künftigen Jahres durch gegenseitiges Nachgebcn zu Stande kommt. Beide Reichs- Hälften, statt sich zu entzweien, sind durch die Abreise der deutschen Zoll-Unterhändler, die ihnen nicht sagten, was denn eigentlich im Speeiellcn Deutschland für Wünsche auf dem Herzen habe, zur Einigkeit getrieben worden. Diese kleine Schlappe der Varzinrio MItredarteur: vr Dintl Für daS Feuilleton: »»rtmmiLi,. Politik wird, fürchten wir, die Verständigung zwischen Deutsch land und Oesterreich nicht fördern, denn nunmehr unterhandeln über die Zölle die Diplomaten und dabei werden die volkswirthschaftlichen Interessen sehrhäufig den politischenZweckmäßigkeitsgründengeopsert. In Ungarn macht sich eine sehr erbitterte Stimmung gegen Serbien geltend. Man hat erfahren, daß die Panilavisten einen Aufstand der in Ungam wohnenden Serben in Scene setzen »vollen. Die Ungarn drängen daher auf Besetzung Serbiens durch Oesterreich. Die Nachrichten vom Kriegsschauplätze lassen erkennen, daß die Russen zu beiden Seiten des Schipkapasses in den Balkan-Thälern Terrain zu gewinnen suchen, um sich an verschiedenen Stellen zum Herren des Gebirges zu machen und so jeder Zeit eiuen Uebergang anordnen zu können. »krdk» Mari««, «irotk I« b>» Lv.» Uhr a»«rn»m»i«n. Sonnt««» »>» M«»a„ t» Uhr ,z, «kttliadi: arohe »lolirr «»sie L dl» Nachm. 4 Uhr. — Drr Rau»,! ein« clu- tpalligen Ptiliikll« ioliet U> Plge. Sin«e>nndt di« Zeil« Ni Pfge. *ine «aranite I>ir da» »ä ä>Itt tä,'l«It Erichemen d«r Jilferal« wird n tjchi: Au»«ürti«e Bnnoncen- Auilröge von UN» unbe kannte» Firme» und Per iourn inierlre» wir nur «e«e„ Vr4num«ro«»„ ,-tailluii« durch Briei- niarlen oder Posleinjali- luua. Acht Silbe» ioiieir lü Pi«e. Imeraie iür die Montags. Nummer «der noch einem Festtag« die Peliizelle 2ii Pfg«, Dresden, 1877. Neueste Telegramme der „Dresdner Nachrichten." Berlin, 6. November. Die „Nordd. Allg. Ztg." dementirt die Nachricht, daß die Berufung des Reichstags erst für den Februar in Aussicht genommen sei und daß sich die Vorlagen blos auf die Ergänzung der Justizgesetze beschränken würden. Berlin, 6. November. Das Abgeordnetenhaus genehmigte den Nachtrags-Etat für 1877/78 in 3. Lesung unverändert und erledigte nach unerheblicher Debatte die 2. Lesung der auf der Tages ordnung stehenden Einzeletats bis zum Etat des Ministeriums des Innern. München, den 8. November. In der Abgeordnetenkammer wurde der Antrag dcS Aba. Herz aus Aushebung der außcrdeut- schen Gesandtschaften abgelehnt. Der Minister Piretzsehncr be tont, die Ernennnng dieser Gcsandtschastcn sei ein markantes Kronrecht. Die baierschen Gesandten haben nur nach den In struktionen der baierschen Regierung zu handeln Die ReichS- treuc der Regierung sei genügend bekannt. Der Antrag des Abg. Rittler. die Streichung des DiopositionSsonttz des könig lichen Hauses und des anSwärtlgen Ministers. wurde nach län gerer lebbasterDebatte mit?» gegen «tt Stimmen angenommen. Wien, den 6. November. «Abgeordnetenhaus). Aus eine Interpellation wegen Beschlagnahme von nach Rumänien be stimmten Schienen in Ungarn erwieberte der Handclöinlnister: Die ungarische Regierung hielt die Schienen skr Kriego-Contre- banve, gab dieselben jedoch aus bas Ccrtiftcat der rumän. Regierung, baßdte Schienen iür die rnmäntschenEisrnbahnen bestimmt seien, frei. — Slui eine Interpellation wegen des deutsch-österreichischen Handelsvertrages erklärte derHanbelsminister: die Verhandlungen seien durch die Erklärungen der deutschen Kommissäre, ihre Regierung sei nicht In der Lage, die Verantwortlichkeit für einen gegen den Vertrag von 1888 wesentlich verschlechterten Vertrag zu»übernehmen, nunmehr beendet. Der Wunsch Deutschlands nach einjähriger Verlängerung deS Vertrags wäre wegen der Nothwenvigkett einer definitiven Feststellung der Zollhandelspolittk unannehmbar. Der Minister kündigt eine demnächst cinzubrin- gcnke Vorlage eine- mit Ungarn vereinbarten Zolltariieö an. Da die Regierung es indeß kür ihre Pflicht hält, keine Störungen In den altgewohnten deutsch-österreichische» Verkehrsbezlehunge» eintreten zu lassen, hat sie an die deutscherseits bereits im Lauic der Verhandlungen gemachte Anregung anknüpsenb. der deut schen Regierung ihre Bereitwilligkeit zu einem der nicistdegünstig- te» Nationen glcichkommentrn Vertrage ausgesprochen. Petersburg, 6. November. (Lfsiziclle Meldung aus Bogot vor Plenum). Die Einnahme Tctewens am 31. October erfolgte durch Oberst Orloff. Der russische Verlust war, Dank des von Major Beater ausgewählten Angriffspunktes, nur 1 Todter (Wiedereinmal? D. R.) und 4 Verwundete, sowie 17 Contusionirte. Nach der Erstürmung der einen beherrschenden Nedoute räumten die Türken die anderen Befestigungen ohne Kampf und flohen auf Ge- birgspfaden nach Carlovo und Orkhanie. Die Türken verloren 100 Todte und führten viele Berwundete mit sich fort. Locale» and Gächstsche». — Obwohl auch in der Nacht zum Dienstag I. M. die König-in-Mutter ruhig geschlafen und wenig gehustet hat, besorgt man doch, daß in Folge des außerordentlichen Schwächezustandes das Verlöschen der Lebenskräfte jeden Augenblick eintreten wird. II. Maj. der König und die Königin, Prinz Georg K. H. nebst seiner Familie, sowie der Großherzog von Toscana und seine Tochter weilten abwechselnd an dem Krankenlager der geliebten Mutter, Schwieger- und Großmutter. - Den Assessoren beim Bezirksgericht Leipzig. August Eduard Haubold und Richard Wilhelm Fricbrich ward der Charakter „Eommlsstonörath" ln der V. Klasse der Hofrana- ordnung, und dem Obersteuerinspeetor Carl Oöwalb Schmalz in Frelberg'daS Ritterkreuz I. Klasse drSAlbrcchtsordenS verliehe». - Lein vor Kurzem in den Ruhestand getretene» Landstall- meister Herrn v. Mangoldt habe» die Picrdczüchter Sachsens tu Anerkennung seiner Verdienste um Hebung der Pferdezucht, resp. Leitung beö Lanbesgestütö in Moritzburg. einen kostbaren Taselaussab von Silber gewidmet. - In der fatalen UntersuchungSsache gegen den vormaligen ArbeittaustallSinspettor Hinkelmann hat der Stadtrath nun- yiehr ein Antwortschreiben an dav Stadtverordneten-Collegium aus besten bekannte Frage über das Wieso? ergehen lassen. Das berechtigte Aergernis, welches diese Scandalgeschichte im Publi kum wachgeruscn bat, glplrlt hauptsächlich in der Frage, warten» Niemand ba, der die liederliche Witthschaft dieses Hinkelmann hätte bemerken müssen. Daö Entschuldigungsschreiben verspricht Anstellung von Erörterungen, ob die EInlettuug des DlSclplinar- verfahrens gegen den Schuldigen anaezeigt sei und wird deren Resultat seiner Zeit mitthetlen. Der Rath erkennt an. daß öftere Revisionen in der ArbeltSanstait hätten stattfinden sollen, er sei durch Schaben klüger geworden und würden die bisherigen mangel haften Instructionen für den Inspektor und Eontroleur der An stalt durch neuere Instructionen verbessert werden. Im klebrigen ist auS dein Schreiben etwa daö Nämliche zu entnehmen, was Stattrath Teucher Im Stadtverordneten-Collegium seiner Zelt auvfprach, daß rcgulatlvmäßia die Aussicht und Controle über daS Ofsiclantenpersonal und die Aufbewahrung, Ausgabe, Ver rechnung unv Verwerthung aller Vorräthe und Waarc», insoweit sie nicht anderen Oisicianten übergeben waren, als auch die Füh rung der Kasse und Hanptrechnung lediglich Sache des InspectorS gewesen sei. — Die Herren Reastrmigsrath von Ericaern und I),. j Koppel - Ellselb sind gestern von Konstantst,opel zurnckge- « kehrt. Mit aller Auszeichnung sind die sächsischen Delegicten am goldnen Horn behandelt worben und übcrbringen ein Dank schreiben beö Sultans an die Königin von Sachsen. Den Albertinerinneu allen ging eö wohl. Die Erzählungen unserer beiden Mitbürger sind so emincnt interessant, daß man dringend wünschen möchte, vr. Koppel entschlösse sich zu einein össentlichcn Vortrag der Reiseerlebnisse, vielleicht zum Besten des Albert- Vereins. Dem Verein wie dem Publikum dürste damit sehr ge. dient sein. — Ge werbeverein. Herr Agent Grävell tübrte einen neuen Vervielfältigungsapparat iür Bricie und Schrillen von Myliuü in Leipzig vor. Derselbe ähnelt dem Bauer'schen, ist aber elntachcr unv kostet nur 1.25 Mk. Mit diesem Apparate können NO-40 Eopicn bcrgcstellt werten, doch ist einige Hebung erforderlich. Weitere technische Miltheilungcn lagen nicht vor, Hr. Vorstand Walter ersuchte deshalb die Mitglieder, ja kleinere Mlttheilungen über Neuerungen und Erfindungen im Vereine vvrzubrinaen, da er gerade darin eine» Zweck des Vereins mit erblicke. Darauf hielt er selbst einen halbstündigen Vortrag, in dem er in fesselnder Weise darlegte. „was Alles in der Welt ge gessen wird". DaS Esse» galt zu aller Zeit als eine nützliche und angenehme Aescl'äitigung; von nicht zu unterschätzender Bedeutung Ist aber die Frage, was sollen wir essen? Eine ein seitige Fleisch- oder vegetabilische Nahrung ist inivlge der eigenartigen Organisation dcS menschlichen Körpers demselben nicht zuträglich. Wie wichtig baS Essen und Trinke» ist. erhellt daraus, daß Leute, die nur geringe Nahrung zu sich »cbmen. in körperlicher und geistiger Hinsicht etwas schwerfälliger sind, als die, welche sich eine gute, krallige «nicht raifinirtc) Kost biete» können. Ja, ganze Völkerschalle» bekommen durch die »Nahrung, welche sie, gezwungen ober srciwlllig. bevorzugen, gewissermaßen einen bestimmten Eharaktcr. Wir essen Manches, was andere Völker nicht genießen möchten, und betrachten init Abscheu, waö Andere für Leckerbissen halte». Ländlich. sittlich. Der Ebinese verspeist Alles, was da kreucht lind flcugk, und der Gedanke an ein Ragout von Rattcnhirn läßt ihm bas Wasser im Munde zu- sannnenlauscn. Die Ratten werden förmlich gezüchtet und ge mästet; ihr Fleisch wird gepökelt und in ganzen Schiffs ladungen nach Kaliiornien gesandt, wo die clngewan- dcrtcn Söhne des sogenannten „himmlischen Reiches" angesichts des leckeren heimischen Gerichts des Vaterlandes ge denken. In der Noch verspeist der Chinese auch Heuschrecken, und zwar gleich vei lebendigem Leibe. Der eingeborene Austra lier ist auch kein Kostverächter; die lieblich tuttente Beutclrattc. das Känguruh, Mäuse, Iniekten und allerlei Gewürm, ja selbst gtttlae Schlangen erregen seinen Appetit. Der Malaye ißt das Fleisch des TIgerö und des Löwen und meint damit die Starte dieser Thtcre zu bekommen. In Persien und am Aniazoneu- strome, aui Ceiebco und Neu-Guinea verspeist man selbst eine thonige-Ekoc. die allerdings stark «2» Procent) insusorienhaitig sein soll. Die Fellahö in Egypten verzehren das nach Moschus riechende Fleisch des Krokodils. die Südafrikaner das ungemein zähe Fleischgewcbe des Elcphantcn, Straußen und Pelikan. Ob sie wohl unserem — Pardon — Schnepiendreck Geschmack ab- gewinnc» könnten? lind ob den Lappländern, welche de» »och nicht wledcrgekäuten Inhalt bcS Rcnnthi'ermagcns kür etwas ganz App,irtcs halten. unser „lebendiger" Käse nicht Ekel einflößen würde? Oluimin L sm> goüt. — dein Rehrücken aber seinen imul- goüt. Der Vortragende schloß mit der Bemerkung, daß bei uns noch manches gegessen werden könnte und einst wohl noch ge gessen werden müßte, wenn Noch am Mann. z. B. Pierkefleisch. Den Hauptvortrag hielt Herr Director Clauß; derselbe entrollte in anziehender Schilderung eine Reihe von Rciscerinncrnngcii a» Holland, das Land der stellen und bedächtigen, hartköpfigen und thatkräitigen Mynheers, das Land derEbcne. derDeiche. Schicu ße», Kanäle und Windmühlen, daö Land der Sauberkeit, der Tulpen und der Malerei, jenes merkwürdige Land, „wo Gott das Meer, der Mensch aber daö Land geschaffen." Beide Vorträge fanden reichen Beifall. — Durch die Vermittelung deS Herrn Archivar Fröhiiger ist den Lanttagsberlchtrrstattern neben der Tribüne der 2. Kammer ein Arbeitszimmer angewiesen und mit Schreibmaterial ausgc- stattct worden. Damit ist der lange gefühlte Uebelstand beseitigt, daß die Berichterstatter nach Schluß einer Sitzung sofort die Tri büne verlasse» mußte», ohne einen Platz zu haben. wo sie ihren Bericht zum Abschluß bringe» konnten. Vielleicht wird nun auch der Uebelstand beseitigt, daß die umfänglichen Drucksachen, welche den Abgeordneten geiälzclt und gehottänkert zugehen, den Bericht erstattern in Gestalt letchwerlicrharcr fliegender Blätter geliefert werden. Vortrefflich eingerichtet ist das neue Büffet der2.Ka»i- mer, in welchem Herr Conditor Rcintanz hinter einem sehr appetitlichen Aufbau von Delikatesse» seines Amtes wartet. Sieben der Thüre befindet sich eine sog. „Cigarrenruhe". d.h. ein mit Unterschieden versehenes Blcchkästchcn, in welche die Abge ordneten. wenn sie Vom Frühstück schnell in die Kammer zur Ab stimmung gerufen werde», einstweilen ihre angerauchten Cigarren »icdcrkcgcn, Verwechselungen .zwischen den haibgerauevten Ci garren der Mitglieder verschiedener Fraktionen kommen trotz aller Vorsicht vor. Neulich hatte ein conservativer Abgeordneter aus Versehen den Stnmmek der Cigarre eines bekannten National- liberalen erwischt, merkte aber sehr bald seine» Irrthum und legte rasch daö Kraut wieder weg mlt den Worten: „Mag er seinen starken Tobak selber zu Ende rauchen." — Wie uns »ichrcrc besorgte Eltern versichern, bat das BerbindungS-Unwesen aus einer hiesigen höheren Schule einen Umiang angenommen, der ein Einschreiten wohl rechtfer tigte. Biö zur Quarta herab soll eS in jeder Masse eine ober wohl gar mehrere Schüler-Verbindungen geben, die faktisch keinen anderen Zweck verfolgen, alö ihre Mitglieder im commentmäßigcn Biertrinkcn zu unterrichten. Welche Folgen diese VerbindungS- Svieierel unreifer Knaben für die Gesundheit, daö Lernen und den Geldbeutel nach sich ziehen muß, daö bedarf keiner AuSfüv- rung. Führt man bock» auch den vor Kurzem erfolgten jähen Tod eines begabten Jünglings aui Excrsse im Biertrinker» bei einem „CommerS" zurück! Ei» Primus einer höheren Masse, ein übrigens äußerst begabter stuigcr Menfch. soll mitunter sogar init einen kleinen Spitz, den er »ich beim Morgen-Schoppen geholt hat, in den Nachmittags-Unterricht komme». Daß, »renn unsere iunaen Leute schon alS Pennäler Verbindungen unterhalten, ihnen schließlich als Studenten der ganze Reiz und Schmelz des Uni- versität-leben« halblchaal erscheinen muß. sei nur beiläufig be merkt. " -" " - ^ ' der ziele Ziel setzen. — Gestern ist ein Dachdecker ohne irgend eine Leiter, noch ein Seil, noch sonstige Hilfsmittel den neuerbauten St. Ioban ne s k t r ch t v u r m an der Pillniherstraßc hinaus gestiegen b i A zur obcrsten Spitze und hat daselbst einen Wcidenzweig aillgepflanzt. Den nöthigen Halt iür die Füße des kühnen Klet terers boten nur die geringen Vorsprünge cer Steinverzirrungen.'
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