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Dresdner Nachrichten : 03.10.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189910037
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18991003
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18991003
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1899
- Monat1899-10
- Tag1899-10-03
- Monat1899-10
- Jahr1899
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- Dresdner Nachrichten : 03.10.1899
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Seite 4Ü8. Belletristische Beilage ,u de» „Dresdner Nachrichten Atkerker fLrv Hrs Ter Sport. (Forisehung.) ES hat zu euch Sport gegeben, wenn man es auch anders Gymnastik lebte schon im grauen Alterthume. Bemerkungen illnstrirt und richtig erscheinen läßt, im Alterthume am meisten zu den Zeiten, wo Mcrkspruch: Aus dcr Stunde, die Du nützest. Quillt Dein Eigcnlbum, die Rub'! Du bist nicht, was Du besitzest, WaS Du lhust, nur das bist Du. anderen Zeiten übrigens zu nennen pflegte. Tie Und was meine vorigen — die Gymnastik blühte wie beute iwcnn auch in anderer Weise) der körperliche Kraftvcrbranch die körperliche Krafterzengung zu übenvuchern drohte. Wohl blühte die Gumuastik auch zu Zeiten des Perikies. als Griechenland ans seinem Höhepunkt war. Aber damals waren Gymnastik und Kneastüchtigkeit noch beinahe gleichbedeutend. Mit der geringeren Anzahl der Menschen war auch die Vielieitigkeit dcr Lebens- bedingungen noch lange nicht so ansgebreitet wie bei uns, wo für den Krieg ein ganzer eigener Apparat nöthig geworden ist. Taiuals. als jeder Bürger weniger Privatmann als eben Staatsbürger war, — damals, als ihre Ideen noch leicht in's Praktische umsetzen konnten, — damals Jünglinge mit grosser Virtuosität pflegten. Geeigneter für einen geschlossenen Raum war die aus den griechischen Gymnasien stammende Uebung mit dem Korykeion. Sie bestand darin, dass man einen mit Sand gefüllten Ledersack, der an einem Tau von der Decke herabhing, sich gegenseitig Zuschlag. Man sieht, daß früher die Gumuastik. der «Port entweder kriegerischen Zwecken oder der Erhöhung der Genußfähigkeit diente. Erst unserer Zeit war es Vorbehalten, die Gymnastik in jeder Gestalt und nach ihrem vollen Wertste zu erkennen und auszunützeu. nämlich sie als Gegengewicht gegen zu starken Kraftoerbranch anznwendcn. Und aus diesem Hohen stutzen des «Portes ist auch Alles zu erklären, was Vielen heute noch verwunderlich erscheint. Daß sich die Gnmnaslik so stark entwickelt hat. daß man so viele neue 'Arten erfunden hat. daß jedes' Genblecht letzt den Sport betreibt, das Alles liegt darin begründet, daß er wirklich nothipendig geworden ist. Es war nötlug. eine Harmonie zwischen dem Krastverbrauch im menschlichen Körper und der Kraftcrzengung herzustcllen, und zu die'em Zwecke bient der Sport. Die Gesundheit fordert ihn gebieterisch. Es könnten vielleicht Manche einen Vergleich ziehen wollen und darauf Hin weisen. das; dcr Sport meist zu Zeiten des Verfalles jo stark an der Tages die Weisen! ordnnng gewesen wäre. Aber daS wäre vollkommen sabch. Denn während ' man eben zu Liesen Zeiten des Verfalles den Sport zwar pflegte, aber nur wenig anstrengende Arten Vorzug, findet man heute geradezu das Gcgenthei!. Es ist eine Freude, zu sehen, mit welcher Kraft und Ausdauer die jungen Männer und die jungen Mädchen alle Anstrengungen des Radfahrens ertragen, io daß eher vor zu großer Anstrengung gewarnt werden muß. Und unsere Fußballspieler, »Niere Kegler, unsere prüderer, unsere Schwimmer, Radfahrer und wie sie Alle heißen, sie geben manch' schönes Beispiel von Kraft und Aus dauer. Es ist allein schon eine Freude, die Kinder luriren zu sehen. Wie man immer allgemeiner den hohen Nutzen der körperlichen Bewegung und Kräftigung durch den Sport erkcnni, das- zeigt schon sein Eindringen in die höchsten Kreise. Denn während man dort noch vor wenigen Jahren dci-S am hielt, radeln jetzt Dc'lngcdcirken. Und zog' ich durch die weite Welt In unermess'ne Ferne, Und wäre auch mein Wea crbrlll Durch reichsten Glückes Sterne. Ji» frohen Kreis, in Einsamkeit Begleiten würd' mich allezeu Ein treues Deingcdenken. Ach. keine Seele, die so treu. So voll »uv ganz die meine. Und keine Lieb' fand' ich auf's Neu' «o iuniz wie die Deine! Drum, iusteS Lieb, verläßt mich nicht. Bis einst rm Tod mein Auge brichi, Ein treues Trmgedcnkcn! Ad-laide «. Gel!birg-tzerj»z. hatte man es noch nicht nothig, die Gymnastik besonders wegen ihres verderbenseindlichen Werthes zu pflegen. Man trieb sie mehr auS Lust an dcr Entwickelung des Körpers und weil sie der Formenschönheit zum Zwecke diente. In jenen glück lichen Zeiten der Mäßigkeit, wo man als höchstes Gebot das Eine lehrte: ..HalteMaß!", in jenen Zeiten brauchte man die Gnmnaflik noch nicht! Man pflegte sie nur um ihrer selbst willen. Das wurde aber anders, als der Lebens genuß mehr und mehr die Mäßigkeit verdrängte. Als durch Kriege Griechen land mit dem Orient in Verbindung kam, wurde eS auch orientalischen! Lupus zugänglich. Die zwar harte, aber gesunde Lebensweise machte einer reichlichen und genußbedürftlgen Platz, und nun benutzte man. freilich als es schon zu , . , spät war. die Gymnastik als Kräftigungsmittel Aber da das Voll nicht mehr i allgemeinsten gewordene Radfahren nicht für salonfähig lebensfähig war, nutzte auch das nicht viel. Im Gcgeuthcil! Man benutzte! Prinzen und Prinzessinnen so gut wie dcr Arbeiter, zwar die Gymnastik als Mittel, um Kräfte zu gewinnen, aber nur, lim diese Kräfte wieder in neuem Genüsse zu vergeuden. Ebenso entwickelte sich die Gvmnastik bei den Römern, die, wie so viel Anderes, auch diesc-s Erbe von den Griechen in Empfang nahmen und es nach ihrer Weise entwickelten. Daß cs sich einigermaßen anders entwickelte und auch mit der Zeit einige Aus wüchse anfzuweiicn hatte, findet seinen Grund in dem von dem der Griechen wesentlich verschiedenen Volkscharakter. des römischen Volkes. Nachdem auch hier die Gymnastik zuerst zu kriegerischen Zwecken verwendet worden war, nachdem sie gedient hatte, Länder und Reichthümer, Lupus und Genuß zu erringen, wurde sie selbst später zu anderen Zwecken erniedrigt. Nachdem der kriegerische Sinn der Römer mehr und mehr zur Grausamkeit entartet war, wurde die Gymnastik dazu benutzt, dieser zur Befriedigung zu dienen. Die Gtadiatorenkämpfe, die Ehristeiwerfolgnngen legen davon ein grauenhaftes Zeugniß ab. Auch dieses große Volk ging demelben Weg wie das andere. Indem es in den Besitzthümern im größten Luxus schwelgte, verweichlichte es. — und nun griff man wieder zur Gymnastik, zum Sport, um den nach teiligen Wirkungen des Genusses Gegenwirkungen zu geben Tie römischen Bäder, die jetzt verfallenen Thermen von Basa reden eine laute und eindring- iche Sprache von einer Zeit, in der man die Nächte im Genüsse dnrchschwärmte und die Tage zur Kräftigung benutzte. Sehen wir uns ein wenig eines der großen Bäder von Baja an und betrachten wir, welche Spiele gebräuchlich waren, um nach dem Bade oder während seiner verschiedenen Stadien die Zeit anszusüllen und den Körper geeignet zu beschäftigen Ich bediene mich eines Auszugs aus Bach. Römisches Badcleben von Franz Reber. Dort wird eine Klage Seneca'S angeführt, der über den Lärm grollt unter seiner Wohnung, die in einem MiethShnuse tag und nuten zu ebener Erde ein gewöhnliches Bad enthielt. Es giebt uns dabei auch über die verschiedenen Arten der Gymnastik Auskunft, die damals üblich waren. So spricht er von dem Geächze der Turner, von dem Ausrufen der Schlägezahl der Ballichtäger, von den Schwimmern. Dann enthielt aber auch jedes der befferen Bäder einen besonderen Raum, wo zur Leibesübung Spiele und Turnübungen ver anstaltet wurden. Freilich hatte man die bei den kraftvollen alte» Griechen beliebten Spiele, wie Diskuswerfen, den Springstab und den Faustriemen schon beinahe bei Seite gelegt, weil der verweichlichte Körper der vom Lurus schon entnervten Römer das als zu große Anstrengung empfand. 'Aber wir hören, daß die Badenden, ehe sie mit dem umständlichen Bade begannen, sich erst durch Schwingen von bleiernen Haltern, der antiken Hanteln, etwas erwärmten und zugleich ermüdeten. Eine andere Art, sich Bewegung zu machen, war die. init einem hölzernen Schwerte einem besonders dazu her- griichteten Pfahle gegenüber Jechtübniigen zu machen. Die gewöhnlichste unter diesen gymnastischen Uebungen war das Ballspiel. Meist standen Drei in einer Gruppe und warfen sich entweder die Bälle zu. was die gemäßigte Art war, oder man schlug den anstiegenden Ball, ohne ihn zu ergreifen, gleich in der Richtung des nächsten Ballspielcrs mit bloßer Hand weiter, was ziem lich viel Geschick und Aufmerksamkeit erforderte Erhitzender und ziemlich wild, besonders wenn Damen sich an dem Ballspiele beiheiligten, war das sogenannte Harpastum, bei dem ein Ball unter eine 'Anzahl Spieler geworfen wurde, nach dem Alle haschten. Dieses uns kindisch erscheinende Ballipiel war eine bei den Römer» so allgemeine gymnastische Uebung, daß selbst der Kaiser Augustus sie nicht verschmähte, und daß der berühmte Rechtsgelehrte Qu. Mucius Scaevola Augur sogar als Meister im Ballspiele bis in spätere Zeiten bekannt sein konnte. Eine etwas kräftigere Art von. Ballspiel war das Ball- anschlagen, das aber, wie eS scheint, nicht in so allgemeinem Gebrauche war. weil es großen Raum forderte, das man aber noch vor wenigen Jahren in der Rinne der Basilika des- Eonstcw.ti» sehen konnte, wo es die röini'cben t-P-i r-vmrNiz.» Dein liebes Auge iülp ich ruh'n Aus mir an allen Orten. Wie tonnt' ich da ein Unrecht thnn In Thaien oder Worten ! Und wollt' mein Herz der Schmeichler Heer Bcllwre», ihm ist starke Wehr Ein Irenes Deingcdenken. Nütbsel- Loke. Nach meiner Eins- sieht man die Meisten jagen Als ob es gelte ihre Seligkeit. Und haben sie erreicht, wonach sic strebten. So klopft an ihre Thür oft Herzeleid. Sich munter tummelnd oft die letzten Zwei wir sehen, Wo? hör' ich fragen Dich; nun rathe, Leier, Du! Das Ganze blendet manches Mämrerauge. Wenn aber leer das Herz, wo bleibt dann Glück und Ruh' ? «gurr Mi. Die Dichter haben gern, so scheint'», Der Menschen Glück besungen. Gar oft ist ihre Zwei und Eins So voll davon erklungen. Und doch giebt oft ein dumpfer Schrei Aus gualgepreßtem Munde Bon dem. was wir auf Eins und Drei Das Ganze müssen, Kunde. ncp Silden-rräthsel. Aus folgenden 18 Silben: be, bri, bürg, di, ei, ei, est, ga, lo, len. moz, ,, ui, pel, re, ros, si, tem sind 7 Wörter zu bilden, deren Anfangsbuch stabe», von oben nach unten gelesen, den Namen eines bekannten Lieder dichters, die Endbuchstaben, in derselben Folge gelesen, seinen Stcrbeort ergeben. >. Name. 2. Fluß in Deutschland. 3. Stadt i» Italien. 4. Stadt in der Rhcinprovinz. 5. Stadt in der portugiesischen Provinz Alemtejo. 6. Opern- lomponist. 7. Stadt in Preußen. «Ir.!» Vogler. I VS k 2 -> cr 2 c- ' kV »ln» »« IlksinDichiihKii?m»l- SM» Gegründet 18S6 ^ »«s. irr. Dienstag, den 3. Oktober. 1SSS. Gin Gottesmann. R o m a n von SRarie Bernhard. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Bist Tn fertig?" fragte Hede. „Ja!" „Danke schön! Und sei nicht länger giftig, versetz' Dich in meine Lage und sieh' es ein. daß ich nicht immer wie Oel und Honig sein kann, wenn ich das- Gesicht Hab'! Tu steckst mir wohl hier den Kragen fest. Sieht man denn, daß rcb mit meinem Gesicht 'was vorgenommen Hab ?" „Etwas sieht inan natürlich den Puder!" „Ach was-! Schadet nichts! Pudern thnt sich alle Welt in großen Städten, daS wissen unsere Herren auch. Wenn sie blos nicht denken, ich thu' eS. weil ich fürchte, Mamas Teint zu kriegen, — wer das- auch fürchtet, der nimmt mich in seinem Leben nicht zur Frau!" Ehristine schmieg diplomatisch, — das konnte Zustimmung, cs konnte auch Ablehnung bedeuten. „Horst von Schclling war heute beim Spaziergang der reine Zucker gegen mich!" bemcrtte Hede und goß sich ein paar Tropfen Mang-Klang in ihr Taschentuch. „Daraus würd' ich mir an Deiner Stelle gar nichts machen." entgegnete die ältere Schwester kaltblütig. „Tu weißt, wie vielen Mädchen der schon ans Leben und Tod die Eour geschnitten hat, ohne daß eine Verlobung erfolgt ist! Der trägt seinen Spitznamen mit Recht!" „Ja, ja," machte Hede nachdenklich und seufzte ein bischen, „das ist leider Wahr! Schade! Horst ist so ein netter Mensch! Ob ich den Alten nehme?" „Nehmen? Ist der so ohne Weiteres zu nehmen ? Von ihm gilt doch dasselbe, wie von Horst, blos in verstärktem Maßstab ! Der spielt den liebens würdigen Schwerenötber, wo er überhaupt etwas Weibliches erblickt. Seine Jahre gebeil ihm das Recht, sich jungen Damen gegenüber auf den väterlichen Freund hinauszuwietcn. 'Ra, was man von der Väterlichkeit zu halten hat, daß weiß man doch zur Genüge! Meine Meinung ist, daß Horst sehr schwer zum Heirathen zu bekommen sein wird, — und der Alte gar nicht!" „So? Meinst Tu? Na, wollen sehen! Jedenfalls heb' ich mir dcn Alten ganz als Reserve auf, wenn absolut nichts mehr zu machen ist! Aber damit hat'S noch gute Wege!" Und Hede, der ihr Toilettenspiegel setzt zeigte, daß sie wieder sehr vortheil- haft ansiah, trällerte ein Liedchen vor sich hm und hüpfte leichtfüßig zur Thür. „Wie heißt der neue Diener doch schon?" ries sic über die Schulter zurück. „August!" „Zu brauchen? Oder ein Tapir?" „DaS läßt sich doch wirklich in einer Viertelstunde noch nicht beurtheilen. Allem Anschein nach läßt er sich ganz vernünftig an!" Als die Herren wenige Ministen später cintrafen, sahen sie Hede in der Veranda an den Servietten rücken und mit dem Bedienten sprechen. „Exemplarisches Wesen, Ihr jüngstes Fräulein Tochter, verehrte Frau!" bceiierlc sich der ältere Herr von Schelling Frau von Küster, die sich mehr im Hintergründe hielt, zuznrufen. „Vereinigt Alles in sich! Elegante Ball dame — schneidige Tennis-Spielerin — brillante Gesellschafterin — und jetzt wieder der liebenswürdige Hausgeist, der für die beste Labung sorgt. Das tob' ich mir!" Tie Mama guittirte niit einem geschmeichelten Lächeln für diese beredte 'Anerkennung ihrer lüngsten Tochter, während die ältere mir einem Herden Ausdruck daneben stand. Es kam eben jetzt, wie es schon hundert Mal zuvor gewesen war: sie, Ehristine, hatte die Mühe gehabt, und Hede wurde dafür belobt! Die beiden Herren von Schelling, Vater und Sohn, die gemeinsam ihr schönes Gut Witthuien bewirthschafteten und für reich galten, sahen einander sehr ähnlich: lange, schmale Rasscgestalten, — feine Hände, kleine Köpfe, — brünetter Tnpus, — scharfe Profile. — sorgsame Toilette. Nur daß bei dem Junior die Zähne und die Haarfarbe echt und das dunkle Bärtchen dichter war. Freilich war das Haar um den kunstgerecht durchgezogencn Scheitel herum auch schon etwas dünn. — der Papa aber hatte sich das sciniae ganz „wegamüsirt", und das flotte dunkle Schmirrbärtchen ließ einen sehr ver schiedenen Verdacht an künstliche Nachhilfe auskommen. Trotz dessen wirkte der Senior immer noch gut mit seiner geraden Haltung, dcr raschen Beweg lichkeit seiner Gliedmaße», seinen lebhaft blitzenden Augen. — in einiger Ent fernung konnte man ihn leicht für den älteren Bruder seines SohneS halten, und ihm geschah nichts Lieberes, als wenn man ihm dies sagte. Die beiden Herren — der ältere seit langen Jahren Wittwer, der stiiiacre ein auch nicht mehr allzu hoffnungsvoller Hagestolz — genossen in dcr Um gegend nicht gerade des besten Ruses, obgleich Jedermann sie einlud, sie auszcichncte und sehr betrübt that, wenn sie gelegentlich eine Einladuiig anS- schlugen. Sie waren gute Gesellschafter, überaus gastfrei, vortreffliche Jäger und Pferdekcnner, huldigten aber Beide etwas zu sehr dem ewig Weiblichen, sowohl in den oberen als auch in den unteren GesellschastSschichten. Man sagte allgemein, daß Vater und Sohn einander gelegentlich dieser eifrige» Huldigungen schon wiederholt in'S Gehege gcratben wären, datier sie sich den Beinamen: „Die beiden Klingsberg" erworben hatten. Uebrigens standen sie ausgezeichnet gut miteinander, kleine Differenzen wurden stets mich wiwer ausgeglichen, und in schöner Gerechtigkeitsliebe gönnte der Eine dem Andere» jeden Genuß, der sich ihm bot. Unternehmende Mütter und Töchter gäbe» es immer noch nicht auf, den Sohn, und ^sogar den Vater als HeirathS- kandidaten anzuschen und ihnen hier und da Schlingen zu legen. Die Meiste» hatten allerdings solche Bemühungen längst eingestellt und betrachteten .die beiden Klingsberg" als bors concours. „Wo ist denn mein Mann mit meinem Sohn und Reffen?" fragte die Dame des Hauses, indem sie die Herren mit einer verbindlichen Handbewegunh zum Nähettreten einlnd. „Nur um ein paar Schritte weiter zurück, meine Gnädigste!" beeilte! Horst von Schelling zu antworten. „Uns Beide, meinen Vater und trieb der lebhafte Wunsch, die Damen wiederzusehen. die sich uns wahr gnädiges Fräulein, welch' eine schnöde Znmnthuag > Wenn S)e mir in's Herz scheu könnten —" Sie sehen dann nur Ihr hat!' . . _ . weiter nach rechts. „O — o — o, mein Hast Tu gehört, Papa? „Was ich da wohl zn^ schauen bekäme — ?' „Es würde wie ein Spiegel vor Ihnen liegen, eigenes, entzückendes Bild." „Sehr gut gesagt. Junge!" pflichtete der ältere Schelling lebhaft bei. „Spiegel ist wirklich sehr gut gesagt! Immer sicht die betreffende junge Dame, welche gerade Hineinsicht, ihr eigenes, entzückendes Bild!" „Pfui, Papa, wenn Du solche Witze machst —" „Mein lieber Sohn, in memen Jahren darf man schlechterdings Alle» wagen. — schlechterdings Alles, und zwar gänzlich ungestraft, — nicht wahr, mein liebes Kind ?" Mit diesen Motten faßte der unternehmende alte Herr Hede kordiat «m die Taille und sagte, als sie ihn von unten beraus halb schelmisch; halb ent rüstet ansah. in seinem berühmten, väterlich-treuherzigen Ton hinzu: .Ich wollte, ich hätte ein Töchterchen, wie Sie!" „Das wollte ich auch, Papa!" bestätigte Horst eifrig, dann hätten Wir es Beide gut!" Eben bogen die drei zurückgebliebenen Herren um die Rampe. Der Neffe war den beiden Anderen um einige Schritte voraus, er nahm die Stufen da Veranda in zwei, drei leichten «ätzen, grüßte die Anwesenden flüchtig und begab sich sofort an Hedes Seite, als habe er etwas nachzuholen «vlvester von Winterseldt. von sehr altem Adel, dem Küster'schen Hause in zweiter Linie verwandt und diesen leinen Anverwandten erst seit ernst« Zeit persönlich bekannt, harre es gleichwohl überaus rasch verstanden, sich in stirer Gunst fcsizuseken. Er war älter, als der Sohn des Hanfes, stand i» Berlin bei der Garde, als dieser dort aus Kriegsschule war, nahm sich des jüngeren BctierS ein wenig an und wurde von diesem in seinen Briefen an Ellern und Geschwister hänsig erwähnt. Während der junge Küster alsbald ans seinen speziellen Wunsch nach dcr seinem väterlichen Gut am nächste» gelegenen Garnison K. gekommen war. hatte Sulvester längere Zeit noch bei der Garde verweilt, bis ihm die Geschichte ein bischen zu kosvpittig geworden war und er um seine Berictzung einkam. Jetzt standen beide Vettern zusammen als 'Actilleristen in K„ — Sylvester hatte alsbald Besuch auf Lubenow gemacht, war liebenswürdig empfangen worden, und es verstand sich von selbst, daß er jeden längeren Urlaub mit dem Sohn des Hauses gemeinsam dort zudrachte. ES wurde ihm überall leicht, sich Freunde ;n gewinnen, namentlich bei den Fennen. Er brauchte nur seine schöne, geschmeidige Gestatt ein wenig zu ihnen hcrabznbengen, ihnen mit seinen von Schelmerei funkelnden Auge» einschmeichelnd in's Gesicht zu sehen und mit seiner angenehm weichen Stimme ein paar Worte zu sprechen. — und das Urtheil war fertig: „Gott, ist daS ein reizender Mensch!" Mit den Männern kam er ebenso gut zurecht, wen» auch etwas weniger rasch. Unerschöpflich in allerlei luftigen Gcichichten, mit und ohne bedenkliche Pointe, stott und fröhlich beim Tunken, kameradsc sich im Verkehr mit „seiner Waffe", gerade hochmüthig genug, um für feudal" zu gelten, setzte er sich durch, hier wie dort, und nur ein ganz s<. und kühler Beobachter hätte zuweilen, namentlich, wenn der Wein die müther zu erhitzen begann, eine Beimischung zügelloser Wildheit, selbst Roh heit in diesem bildhübschen Gesicht, in dieser Stimme, in diesem Lachen ent deckt, die um äo frappanter wirkte, als sie beim täglichen Verkehr Riemaitd auch nur ahnen konnte. 'Aber ein solch' scharfer und kühler Beobachter fehlte in Lubenow. — fehlte wenigstens dann, wenn der Wein seine Mach: geltend zu machen begann! Der junge Küster, von seinem patriotischen Papa Friedrich Wilhelm getauft, ein Name, den die Seinigen in Friedhetm zusammen zu zicheu sich hatten, galt für eir.cn sehr fähigen Offizier, er war mit bereits seit einiger Zeit Premrer, bei seinen Vorgesetzten außcrordentl ^lns I)P>1 Olsten N«itD spini* üiiü'i'rt» weniaer Ni Jahre» ich beliebt. Aus den ersten Blick bot seine äußere Erscheinung viel weniger Bestechendes, als die seines Vetters Seine Gestalt war bock und gerade gewachsen, er vielt sich aber zu steif, trug den Kopf zu geflissentlich gerade, man merkte chm gleichsam den militärischen Drill auf Schritt und Tritt an. während bei «nlvesters durchaus korrekter, tadelloser Haltung Alles sich augenscheinlich von leibst mackste Friedhelm von Küster hatte dunkelblondes, knapp gestutzt«-
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