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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 26.05.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-05-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19070526020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1907052602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1907052602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1907
- Monat1907-05
- Tag1907-05-26
- Monat1907-05
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Diese* Blatt wird den Lesern von Dresden und Umgebung am Tage vorher bereit* al* Abend-Ausgabe zugestellt, während e» die Post.Abonnenten am Morgen m einer Gesamtausgabe erhalten. verugsgedW: d e», »«na - . W W» «—G—«. l» v>. imAu«. muia am Laak vor»« inaellellic« b-nd.«-roabkn «baltkn die u»«trt»a«, v«ti,ber mit der t«r»eu.>»»a,e« tukümnen iu< NlkM riachkrnä adkr Sllttkl «» Ort,inaI'MIttk>Iu»okn m eulltLer Oiieltenan .Drrtd »kaLr/> «ulllltlg. «tac «««»»« mi» ^>noma> Mj»r>Iu>,ain niv mit » 1U Le r O »el,t t n a n o a b e (.Drrtb.KaLr. > «ulllMg. Uachtxa,. Ilche Lonoraraiiivriicke Zeidm unIexiMLN»»! u,,virlLi,ote Manu» »kwt« Werve« nicht auivewavlt. Lelearamm-Adreis«: Nachricht«» LrrSdr». S«u»t«6<dütl»Itrlli: NartenlN.»/«. AegrLrrröeL L88V Druck und Verlag von Liepsch L Reichardt in Dresden. Nlireigen-canf. «mmlyne von bi« vachmiNvo» » Udr .«<»«- und Seikrtag» nur N!an«nftr,«e ss Von ii dt« '/,! Udr. Die i walttae ÄrnndMe Irin « Sitdciv 28 Pk».. yamilicmiachrichten so Pi».: Be kchii!lSan»eioe» aui der Prwatieite 8eük so Pt,.: die rtvatvnc 8»»«' aus T-rtieile sa P,a ^ als »inaeiandt Livaitiae ,>ieiie vc»> Dresdner riuk- traagkbem?s PI« , von auewcirtigen I M z„ «ummrr» iinch «o»n- uud^eiertime«: l ivalti»eG>undt«iie sv Ps„.. pul Vrivalinte «o PI».. Llvnlnoe Zeile n>» Emaesandt von Drerdncx Äiistraooebern l Mk.. von audworNoe» I.bü Mt. Foimileu Nachrichten strilndnilc 28 Pia^— Die Breite der Inierate sind in, Morgen- und Abendblatt? dieselben. »»«- wärtiac Auilräac nur acae» Loc- «ulSbeiaMmich — Beieablätter Ionen io Vicnmge. Fernsprecher: Sir. U und 2008. ^.snolin-Lsifs mit cism „>?t6>IrinL" M 25 per Llüek. V««»?»«»H»«n lroruckii« 1«mlil Iiiii!li «Mir iliMit,» ii> Mreiiei, li. «A o u Uoooo Us>ßf Ulieilütr. 2g. L UvllvVÜL VU. Willis M«. diiligs kesli«. »- N. «V--V Nt.»!., Nr. 144. Aiml: Königs Geburtstag in Dresden. Neueste Drahtberichte. MlttelstandStag. Berliner Leben. Soniita«. 26. Mai 1667. göiligs cheburtstag I« Dresden. Im sonnigen Glanze eines prächtigen MaitagcS, im Festschmucke wehender Faunen und Flaggen begrüßte Sachsens Residenz Heute den Geburtstag des Landcshcrrn. Die öffentlichen Gebäude wie auch zahlreiche private Häuser hatten in den sächsischen und den ReichSsarben ge flaggt. Von den Dampfjchiisfcn, den Wagen der Straßen bahnen und Omnibusse flatterten lustig die Galasähnchen. Auch die auf dem Elbstvvm verankerten Schisse hatten ihre bunten Wimpel aufgezogen. Die Postillone und Beamten der Reichspost trugen Galauniform. In vielen Schau fenstern. besonders in der inneren Altstadt, waren über Nacht reiche Dekorationen mit Büsten und Bildern des Königs in Pflanzen- und Stossarrangements geschaffen worden unlü lenkten die Blicke der zaihlrcichen Fest- passanten — aus der Provinz machte sich schpn In den frühen Moraenltuivden ein starker Anzug bemerkbar — auf sich. Früh S Uhr fand Neveille durch das Hoboistenkorps und «iueu Gpielmannszug vom Grenadier-Regiment Nr. 161 statt. Auf dem Altmarkt konzertierte vor einem zahlreichen, festlich gekleideten Publikum von 12 bis 1 Uhr der Allgemeine Mufikerverein. Im Saale des städtischen LuSstellungspalastcs wurde nachmittags 3 Uhr da* offizielle Festmahl abgehaltcn. An dem Mahle nahmen Mitglieder der Ministerien und des diplomati schen Korps, sowie der städtischen Körperschaften. Vertreter der Dresdner Künstler- und Gelohrtcnwelt. des Handels usw. teil. An der Ehrentafel bemerkte man folgende Herren: Staatsminiister Dr. Gras von Hohcnthal und Bergen, Wirk!. Geh. Rat v. Zahn, Wirkl. Geh. Rat Dr. Waentig, Ministerialdirektor Wirkl. Geh. Rat Dr. Jahn, Obcrlandeögerichtspräsident Wirkt. Geh. Rat Tr. Lvßnitzcr, Ministerialdirektor Geh. Rat Merz, Ministerialdirektor Gcd. Rat o. Seydelwitz, Ministerialdirektor Geh. Rat Dr. Apstt, Obevverwaltungsgertchtsprästdent Freiherrn v. Ber- nervitz. Ministerialdirektor Geh. Rat Kirsch, Ministerial direktor Geh. Rat Dr. Roscher, Geh. Rat Dr. Lobe, «steh. Rat Leonhardt, Polizeipräsident Kocttig, Ministerialdirektor Geh. Rat Dr. Schrocder, Geh. Rat Dr. Börner, Kreishaupt- mann Dr, Rumpelt, Senatspräsidcnt Dr. Wachler, Scnats- präsident Dr. Grenser, Senatspräsidcnt Brühl. Obcvbürger Meister Geh. Ftnanzrat a. D. Beutler, Stadtvcrorduetcu Vorsteher Justtzrat Dr. Stöckel, Obcrhosprediger v. Acker mann, LandgerichtSpräfident Dr. Müller, Oiberpostdirektor Lehmann, Geh. Regierungsrat Kocks. Amtsgerichtspräsident Kunz. Oberfustizrat Dr. Bähr, Bischof Dr. Scharfer, Ge- neralftaatSansvalt Geh. Rat Gehler. Präsident Geh. Rat Dr. Buschbeck, Branüpersichevuugskammerpräsidcnt Geh. Rat Dr. Bonitz, Geh. Regierungsrat Dr. Böhme, Geh. RogterungSrat Weger, Rektor Prof. Dr. Ellenberger, Geh. Finanzrat Donath, Geh. Obcrrechnungsrat Dr. Richter, Geh. Finanzrat Dr. Werner, Geh. Regierungsrat Tr. Posse. Oberkonfistorialrat Superintendent v. Benz. Hofrat Dr. «ncd. Haenöl, Obcrjustizrat Dr. Mittasch, Bikariatsrat Hof- kaplan Klein. Im ganzen nahmen 283 Herren teil. De» Trinkspruch auf König Friedrich August brachte Herr Staatsminifter Graf Hohcnthal aiis. Die Tafelmusik spielte die Kapelle des illl. Grenadier-Regiments. Für den Abend ist eine Beleuchtung der öffentlichen Pläh« vor gesehen. Empsäng« durch den König. Bor der König!. Billa in Wachwih fand um 8 Uhr eine Morgen musit statt, die vom Hoboistenkorps des Lcilb- Grcnaoier-Regimients und von dem Trompcterkorps des Gardcrcitcr-Regimeiits und des 12. Felüartillerie--Ncgi- mcntS ausgesührt wurde, -^ü Uhr vormittags empfing der Monarch in SLachwih je eine Abordnung der Gemeinden Lo schwitz und Wachwitz, die ihm die Glückwünsche z»m Geburtstag ttberbrachten. Bon 10 Uhr ab nahm der König im Rcsidenzschlosse Gratulationscouren ent gegen. Er empfing zunächst den Bischof mit der katholischen Geistlichkeit und »ahm dann die Glückwünsche der Herren des Königlichen Großen Dienstes, sowie des Dienstes der Königin-Witwe und der Prinzlichen Hofstaaten, der ehe maligen Adjutanten, des Ministers des Königlichen Hauses, des Ministerialrates im König!. Hausministerium und des Königlichen Leibarztes entgegen. Weiter empfing der König die Herren Staatsminister, die kommandierenden Generale der beiden sächsischen Armeekorps, die aktive Generalität der Garnison Dresden und die Kommandeure des Lcib-Grcnadicr-Rcgiments, des Garüereitcr- und des 12. Feldartillerie-Ragiments. Hieraus folgten die Mit glieder des Fürstlichen und des Gräklich Schönburgfchen sowie des Gräflich SolmS»Wi>lden.fclsfchcn Hanfes, von denen erschienen waren: der Fürst von Schönburg-Walden- burg, der Gras von Schünburg-Glauchau und Graf Otto zu Solms Wildcnsels. Am Schlüsse erschien eine Abord nung des Rates und der Stadtverordneten der Residenz, bestehend aus den Herren Oberbürgermeister Gsh. Finanz rat a. D. Beutler, den Stadträten Köppen und Heinze, dem Stadtverordnctcnvorftchcr Instizrat Dr. Stöckel und de» Staidtverordneten Privatmann Müller und Dr. mcd. Pilling, die dem Könige die Glückwünsche der Stadt Dresden übcrbrachtcn. Die Königin-Witwe und die Mit glieder des Königlichen Hanfes trafen vor mittags zur Beglückwünschung im Rcsidenzschlosse ein. Um 11 Ilhr befnchke der Monarch ben"Gottcsdicnst in der katholischen Hvfkirche, wo ein Tcdoum stattfand: diesem wohnten auch die Königin-Witwe und die Prinzen und die Prinzessinnen des Königlichen Hauses bei. Die Aukuuft -es Kaisers. Sc. Majestät der Kaiser traf heute vormittag 11 Uhr 10 Minuten, von Langfuhr kommend, auf dem Bahnhofe zu DrcSdcn-Neustadt mit Sonderzug ein, den von Großen hain aus Herr Transportdirektor Bahmann geleitet hatte. Zur Begrüßung des Kaisers hatten sich eingcfundeu: Prinz Waldemar von Preußen, der zurzeit auf dem »Weißen Hirsch weilt, der preußische Gesandte Prinz Hohenlohe- Oehringen, Staatsminister Graf von Hohcnthal und Bergen. Stadtkommandant Generalleutnant v. Schweinitz, Generaldirektor der Staatsbabnen v. Kirchbach, Polizei präsident Köttig, Oberregierungsräte Hohlfelü und Becker, der Kommandeur des Grenadier-Regiments Nr. 101 Oberst v. Tettenborn und Bahnhofsinspektor Kaurisch. Kurz vor Ankunft des kaiserlichen Sonderzuges erschien König Friedrich August, begleitet vom Gcneraladiutanten v. Altrock. Die Begrüßung zwischen Kaiser und König war eine herzliche. Herrn Staatsminifter Grafen Hvhcn- thal zog der Kaiser, der die Uniform seines sächsischen Grenadier-Regiments angelegt hatte, in ein längeres Ge spräch. Das Publikum aus dem Perron begrüßte beide Monarchen mit lebhaften Hochrufen. Diese Rufe wieder holten sich in verstärktem Maße, als der Kaiser an der Seite des Königs die Fahrt über die Maricnbrücke, durch die Devrientsiraße nach dem Rcsidenzschlosse antrat. Vor weg fuhren die Herren Polizeipräsident Küttig und Obcr- rcgierungsrat Hohlseld. Ueberall bildeten dichte Volks mengen. darunter viele Besucher aus der Provinz, Spalier. Im Residenzschlosse hatten sich die Königin-Witwe und die Prinzen und Prinzessinnen zur Begrüßung ein- gesundc». Im Gefolge des Kaisers befanden sich: znnismarschall Freiherr v. Luncler, Gencraladjutant General der Infanterie v. Plenen, die Flügcladjutanten Oberst Laucnstcin und Oberstleutnant v. Gvntard, Leib arzt Stabsarzt Dr. Nicdncr, ferner der Chef des Militär- kabinetts General der Insantcrie Gras v. Hülsen-Haescler, Gesandter Freiherr v. Icnisch, Oberstallmeistcr Freiherr v. Reischach und Rittmeister Freiherr v. Holzing-Berstett. Kurz nach Ankunft im Schlosse fand dort Frühstüäs- tasel statt, an der der Kaiser, der König, die Königin- Witwe, Prinz Waldemar von Preußen, die Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses und Herzog Karl Borwin zu Mccllcnburg-Strelitz teilnahmen. Für die Suiten fand gleichzeitig ein Marschallsfrühstück statt. >^1 Uhr begaben sich der Kaiser und -er König *ur Truppenparade nach dem Alaunplatze. Parade auf dem Alauuplatze. Lichtheller Sonnenschein und «in frischer, freierer Lustzug als am Tage der Borparade, ein endloses Gewühl und Gedränge festlich gekleideter Frauen und Mädchen, zchntauscndc lärmende, lustige Kinder, schwarze Röcke uud hohe Hüte bildeten die äußere Signatur, echte Baterlsnüs- sreude, die Freude besonders darüber, am Geburtstage des populärsten Laudcshcrrn in Deutschland Len Kaiser, den stolzen, mächtigen Friedcuskgiscr gegenwärtig zu sehen, machte den inneren Grundtvn Neses zum Volksfeste gewor denen militärischen Schauspiels aus. Lange vor dem Au- rückcn der Truppen drängte und jubelte cs rings um den Platz. Die geräumigen Tribünen waren bis auf Len letzten Platz von einer glänzenden Menge beseht, in allen Fenstern und auf allen Ballonen der den Platz umgeben den Häuser lagen Schaulustige, aus allen Augangsstraßcn staute sich eine nicht zu zählende Menschheit, sv daß die militärischen Absperrungsmannschaften und die Schutz- mannschast oft recht fest aus den Beinen stehen mußten, um dem Andrängcn standzuhaltcn. »Niemand fürchtete -ie Hitze und den Staub — sehen wollten sie alle den Kaffer» den König, die Truppen — und wcnn's nur ein paar hun dert Helmspitzen und aufgcpflanzte Seitengewehre waren. Manchmal weinte ein Kleiner, weil er gar nichts sah; gut mütig schob ihn eine Frau, ein fremder Mann, ein größerer Schulkamerad durch die Reihen, bis er ganz vorn stand — vergessen waren die Tränen, die Wangen glühten, die Augen leuchteten in der reinen Freude des Schauens. Mancher Vater trug seinen Jungen aus den Schultern, sein Mädel auf dem Arm — stundenlang, den Kaiser zu sehen und den König, die Soldaten zu sehen, die Reiter, die Kanonen! Bald rückten sic an von allen Seiten. Mi* klingendem Spiel, bis die Kapelle an ihrem Platze ist, dann ruhig und fast geräuschlos. Der erste Eindruck ist weiß — in festlichem Schimmer leuchten die Beinkleider der Schützen, die zuerst aus den Platz rücken, cs folgen rasch die Grenadiere und die anderen Regimenter, — dann formt sich auch der einzelne Mann plastisch aus der Masse heraus, der dunkle Wafscnrock, die schimmernden Litzcil, die blanken Kunst und Wissenschaft. s*Wochen-Spielplan der König!. Hos- theater. Opernhaus. Sonntag: „Oberon". <7.j Montag: „Loffananns Erzählungen". lVrS-j Dienstag: »Do« Juan". Donna Anna Frl. Aodcr a. G. l7.j Mitt woch: „Die lustigen Weiber von Windsor" (i/A.) Donners tag: »Dannhauscr". l7.j Freitag: „Das Glöckchen >dcs Eremiten", li/zö-t Sonnabend: „Salome". lO.j Sonn tag t2. Juni): „Die Fledermaus". 17.) — Schauspiel haus. Sonntag: Schiller-Zyklus, 4. Abend: „Don Carlos". l'/Z?-) Montag: „Nathan der Weise". Daja: Frau Müller- Rudolph a. G. t7.) Dienstag: „Die gelehrten Frauen": „Der Geizige". Frau Müller-Rudolph und Herr Eggcling a. G. 0/A.) Mittwoch: „Jugend von heute". O/28.) Donnerstag: Schiller-Zyklus, 8. Mend: „Wallensteins Lager": »Die Piccolomini". (7.) Freitag: „Der Vcilchen- sresser". 0/A-) Sonnabend: .Fönig Lear". (7.) Sonn tag 12. Juni): Schiller-Zyklus. 6. Menü: „Wallcnsteins Tod". 17.). -f* Mitteilung auS -cm Bureau der Königlichen Hostheater. Im Sch an spielhause crössnet Montag, den 27. Mai, Frau Müller-Rudolph vom Großherzoglichcn Hostheater in Darmstadt ein auf Engage ment abzielendcs Gastspiel als Daja in Lessings „Nathan der Weise". Dienstag, den 28. Mai, wird Frau Müller- Nudolph ihr Gastspiel als Frosine in MolivrcS „Geizigen" und als Bclise in den „Gelehrten Frauen" beschließen. Für Herrn Wiens, der unpäßlich ist, spielt die Rolle des Harpagon Herr Eggcling vom König!. Schauspielhaus« in Berlin. — Die nächste Wiederholung des neueinstudierten Lustspiels «Der Veilchen sresser" mit Frau Baste als Frau von Wildenheim und Herrn Wierth als Victor von Berndt findet Freitag, den »1. Mai. statt. Berliner Leben. 2. Berlin. 28. Mai. Seitdem Kaiser Wilhelm Ministern und anderen hohen Beamten den Rat erteilt hat, sich in der Welt umzuschauen, insbesondere auch drüben in den Bereinigten Staaten von Amerika, hat die gewiß löbliche Gepslogenbe" derartiger Informationsreisen sehr um sich gegriffen. Alle Augen blicke erfahren wir, daß der oder jener höhere Beamte sich zu Studicnzwecken ins Ausland begeben hat. Im all gemeinen ist dies freilich das einzige, was die Steuer zahler, auf deren Kosten solche Reisen meist gemacht wer den, davon erfahren und spüren. Wahrscheinlich erstattet der Betreffende noch irgendeiner Stelle einen mehr oder minder ausführlichen Bericht über seine Erfahrungen, Wahrnehmungen und Eindrücke. Damit ist die Sache dann meist erledigt, und es bleibt für ihn nichts als eine schöne Erinnerung übrig. Denn bei solchen Entdeckungsfahrten, die fast nur nach großen Städten unternommen werden, pflegt man das Nützliche mit dem Angcnchrncn zu ver binden und sogar gern auf das letztere den Nachdruck zu legen. Einer der eifrigsten Studienreiscnden der Art ist der gegenwärtige Berliner Polizeipräsident Herr von Bvrries. Er hat nacheinander die Polizciverwaltungcn und Polizcieinrichtungcn in Wien, Budapest und London eingehend studiert. Allzu viel ist dabei für die seiner polizeilichen Obhut unterstellten Metropole freilich nicht herausgckommen. Was er in Wien und Budapest gelernt hat, ist in weiteren Kreisen unbekannt geblieben. Es scheint nichts gewesen zu sein. Aus London hat er nur als einzige Frucht die Aufstellung zahlreicher Schutz- mannsposten an besonders verkehrsreichen Straßenecken mitgebracht, wo sie nach Art Ser Londoner „Bobs" durch Aufheben und Senken der Arme den Verkehr regeln. Da sich diese Neuerung auch in Berlin gut bewährt und wir Berliner der hohen Obrigkeit gegenüber äußerst genügsam sind, so haben wir dafür Gefühle ausrichtiger Dankbarkeit. Nun ist Herr v. BorrieS soeben von einer neuen vierzehn tägigen Studienreise auS Paris zurückgekehrt. Der Sache muß an einer sehr maßgebenden Stelle eine ganz be sondere Wichtigkeit beigeleat worden sein. Denn das einzige Blatt, das nach allgemeiner Annahme der Kaiser alltäglich in seiner ganzen originalen Schönheit zu sehen bekommt, während er ander« Zeitungen nur auS den für ihn zusammcngestellten und mitunter „frisierten" Aus schnitten kennen l<rnt» hatte seinem Pariser Berichterstatter den Auftrag erteilt, sich an de» Polizeipräsidenten Fersen zu heften und über dessen Pariser Fachstudien regelmäßig Bericht zu erstatten. Herr v. BorrieS selbst scheint der Sache auch -in ganz besonderes Gewicht beigelegt zu haben. Denn er hat sich gegen seine sonstige Gewohnheit nach seiner Rückkehr dazu verstanden, BcrichtMstattcrn sein von den Pariser Eindrücken übervolles Herz auözuschüttcn. Der Berliner Polizeipräsident meint, daß sich bei der Berschiedenartigkcit der Verhältnisse auch die polizeilichen Einrichtungen nicht ohne weiteres von Paris oder London mechanisch nach Berlin verpflanzen ließen. Darin hat er zweifellos recht. Um diese Weisheit zu erkennen, be durfte es indessen so ausgedehnter Reisen wohl kaum. Das wissen wir alle ohnehin. Es sind daher wieder nur einige kleine Aeußcrlichkciten, die er von der Seine mitgcbracht hat und mit denen er seine lieben Berliner zu beglücken gedenkt, so die Verwendung des Fahrrades im polizei lichen Patrouillciidienst und die Einrichtung der mit Tele phon versehenen Schutzmannsposten. Gewiß werden dies wieder einige kleine dankenswerte Fortschritte sein. Aber cs zeigt sich doch gerade in den Acußcrungen des Herrn v. Borrics, wie besangen und einseitig unsere hohen Beamten oft ausländischen Organisationen gcgenübcr- stehen, sodaß sie nicht imstande sind, gerade deren wert vollste und nachahmenswerteste Errungenschaften für uns nutzbar zu machen. Der Berliner Polizeipräsident hat ganz richtig einen fundamentalen Unterschied in der Orga nisation der Berliner und Pariser Exekutivpolizci er kannt: Statt der Berliner Revierbnreaus hat die Pariser Polizei sogenannte Posten, auf denen mehrere Schutzleute stationiert sind. Mehrere Posten sind zu einem Kom missariat vereinigt: die Verwaltungsgeschäftr, die bei uns ein Polizciofsizicr bearbeitet, erledigt dort etnZivilbcamtcr. Die Be amten der Schutzmannschaft haben also lediglich Außendienst. Das ist der springende Punkt, über den aber der Herr Polizeipräsident schnell hinweggleitet. um später die Bemerkung daran zu knüpfen, daß bei der Vcrschiedcnartigkeit der Organisation eine An- wcnduna der Pariser Erfahrungen aus Berliner Verhält nisse ausgeschlossen erscheine. Warum sollte cs aber nicht möglich sein, gerade die Pariser Organisation bei uns ein- zuftihrcn? Unser Poltzeibeamtcn-Personal ist im all- gemeinen vorzüglich, pslichtgctrcu, gewissenhaft und her vorragend diszipliniert. Daß es gleichwohl seinen immer schwieriger werdenden Aufgaben nicht immer gewachsen ist, liegt, abgesehen von seiner einscitiaen Rekrutierung
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