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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 20.02.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19100220020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1910022002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1910022002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1910
- Monat1910-02
- Tag1910-02-20
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Diese» Blatt wird den Leser» von Dresden und Umgebung am Tag« vorher bereits aiS Ubenü-Hurgabe zugestelli, während es die Post Abonnenten am Morgen in einer tycsaimausgabc erhalten. 54. Jahrgang. 5V. BrzngSgeblihr »tertellidrl für Drei, ten de, täglich zwei» >n-IigerZulraaun> (an Sonn- und Montagen nur «inmali L dv Mt. durch «udwartige Kom- mlilwnär» g.dd Mk. «et einmaliger Zu stellung durch die Post SM.i»dneBeNeiige1d>. Ti« den Leiern von Dresden u. Umgebung am Dag» vorder zu, gestellte» Üidend-Aus- gaben erhalle» dle au», warilgen «ezteher mit der Morgen-Autgiil» rusammen jugesielll. Nachdruck nur mit »eut- lrcher Quellenangabe <„Dre«d. Ractir.", zu. lässig. — Unverlangte Manuslrivle werden nicht ausbewahrt. Sonntag, 20. Februar 1910. Telegramm-Adresse: Nachrichten Dresden. Druck und Verlag von tiepsch L Rcicbardt in Dresden. Hauptgeschäftsstelle: TNarlenstrasre 58/40. Fernsprecher: 11 2<»r>« .tiini Anzeige»-Tarif -lttnahnre von Auküns dlqunsien s»tz rwchrn. S Uhr. Lonntaqs nur Mlinenstrobe vo,i U bpo > ,1 Uhr . Lte «ra. 8 LUk-eils 2ü Pf., Familien ^achri.nteir u,i> Dre-de« 20 Pf ; ttksN>äit4')1ttzkigkn auf der Pnvatjcite Zeile NO Ps.: oie jivelspa'.uge Zeile a. Teils,ile tIVPs. — 7l>» Nummern noch Sonn 'l Feicriagen: die eursvallige Grünst- 3VPt..ai'.'P,ivat- leüe 40 Ps.. s;o,i,jtjcn- Naunichlcn n. Lresden die l^uundzeile 2r»Ps. — nur gesell Lorau^be jsah'iUi'g. — Jedes, Be- ltPvlau kostet 10 Pf. Dresdner Lank ^klionkapils! und ksosrvvn 231V- IM. üilk. vmpüskik it,re Vrosüvll-^., ILövis ckotzann-Lirasss 3 „ , lLragor Ltrsoss 39 :.: Vrosckvri-Is., Sautuvsr Ltraass 8 dlsissov rurck Lötrsodorlbrocka. Lsreilllsxea, ^uosbmv nur Vori-ivZimr;. :.: 8clieck-Verlcetrr, Lrösinun^ von trokeoklcoritsv. 'Wertpapiere, 2ln- unck Vorkan). Leleitiunx. Louporis, l'-illlösu»^ un<l Vkrrvartun^. :.: :.: :.: Depot», Futbevvastruux oklemm u. vor8<.!lIi»88kaior. Xrectitbrieke »nt alle llrliiptplötxe ckor )Vo)t. ALrr? ertigo Lesern. Mit der Volkszählung am 1. Dezember d. I. soll eine allgeineinc deutsche W o h n u ngsz ä h l u » g verbunden werden. Im Reichstage stand heute die so zialdemvlratische Interpellation über die Aenßernngen des Reichskanzlers zum preusttschen Wahlrecht aus der Tagesordnung. Abge ordneter Dr. Frank begründete in sehr scharfer Rede die Interpellation, woraus der Reichskanzler antworlcte. In dem Befinden des R e i ch S t a g s p r ä s i d e n t e n (strafen Stolberg ist noch keine Besserung eingctrctcn. Die Direktoren des a m e r i t a » i s ch e n Becf- trusts, darunter Armonr, Zwist und Morris, sind wegen künstlicher Pretsverteucrnng unter Anklage gestellt worden. Neueste vradtmelülmgen vom Ist Februar Deutscher Reichstag. Berlin. (Priv.-Tel.) Haus und Tribünen sind stark beseht. Ans der Tagesordnung steht die sozialdemokratische Interpellation: „Waö hat den Herrn Reichskanzler veranlasst, in der Sitzung des preusttschen Abgeord netenhauses vom 10. Februar dieses Jahres Ausführungen zu machen, welche das in der Verfassung des Reiches und mehrerer Bundesstaaten gewährleistete allgemeine, gleiche und geheime Wahlrecht herabzusctzen und zu bedrohen geeigne» sind?" - Abg. Dr. Frank (Svz.) begründet die Interpellation. Er führt aus: ES sind wenige Wochen verflossen, seitdem ein konservativer Abgeordneter die Würde dieses Hanies schwer verletzt hat. Er hat, um ein Beispiel der Disziplin in der Armee zu geben, eine Disziplinlosigkeit bcganaen. Diese Rebe hat Erregung in der Bevölkerung hcrvorgerufen, und es wäre llng gewesen, wenn der Reichskanzler die erste Gelegenheit benutzt hätte, um seinen Resvekt vor dem Reichstage zu zeigen, um den Eindruck zu verwischen, als hätte jener spaßhafte Herr nur das ausgedrückt. was seine Hintermänner sich im stillen denken. Wir verlangen Rechenschaft über die Rede, die der Reichskanzler im Land tage gehalten hat. Der Reichskanzler hat die Pflicht, die Verfassung zu schützen und zu hüten, und zu dieser Verfassung gehört auch der Deutsche Reichstag. (Zustim mung bei den Sozialdemokraten.» Der Reichskanzler hat auch die Pflicht, die Beziehungen zwischen den Bundes staaten zn pflegen, »nd einzelne dieser Bundesstaaten haben das RetchStagswahlrecht cingeführt. Wir leben nicht im Kriegszustände mit den süddeutschen Bundesstaaten, wenn auch der prcustische Gesandte in Karlsruhe an Kaisers. Geburtstag eine Kriegserklärung erlassen bat. Der Reichskanzler hat später versucht, seine Rede aüzuschwächen, und zwar im Landwirtschaftsrat. In dieser Rede halte ich nur eine Stelle für bedeutungsvoll. Der Reichskanzler hat gebeten, man solle ihm nicht den etwas abgegriffenen Philosophcn-Mantel um di? Schultern hängen. Er hat da durch den einzig mildernden Umstand aus der Welt ge schafft, der noch für ihn sprach. Run, eS sei. er wirk» von uns für schuldig erklärt, aber ohne einen mildernden Umstand der Philosophie und ohne Aussicht aus Besserung. Was würde mit einem Reichskanzler geschehen, der es sich beikommen licstc, öskentlich zu behaupten, dast manche Reden oder Geschmacklosigkeiten des Kaisers verflachend ! oder nar verrohend wirkte» ? Würde er auch nur eine ! Stunde im Amte bleiben? »Lebhafte Unruhe. Bizeprüü ident D r. Spahn bittet, die Person des Kaisers auch nicht in eine Interpellation hineinzuziehcn. Dr. Frank will eine Erklärung abgeben: er kann sich jedoch in der Unruhe nicht verständlich machen. Von rechts wird ge rufen: „Zur Ordnung!" Die Linke antwortet mit Gegen- rnfcn. Schließlich erteilt Dr. Späh» Dr. .Frank den Ord nungsruf. Bei den Sozialdemokraten erhebt sich stürmi scher Widerspruch, »nährend die Rechte Bestall spendet.» Dr. Frank ruft erregt: Der Präsident hätte doch wenigstens abivarten sollen, was ich noch weiter sagen wollte. ,»ch wollte sagen, dast der Kaiser und der Reichstag doch schließ sich an einem Tage geboren sind. sLebhafier Beifall bet den Sozialdcmokratens, dast der Reichstag den gleichen Respekt verlangen kann wie der Träger der Krone. lind dast der Reichstag sich nicht gefallen lallen darf, dast despeklabel hier und anstcrhalb über ihn gesprochen wird. Wir haben auch gar leine Veranlassung, mimosenhaft z» rüclzuschrecken vnr der Erwähnung des Kaisers. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.s Was bat der ReichS- tanzler mit seinen AiiSsührungrv bezweckt? Er hat ver langt, dnst mgn seine Rede als Ganzes nehme. Ich frage, beabsichtigt der Reichskanzler dieses RcichStaaSmahlrccht z» ändern? Nottenbnrq erzählt in seinen „Erinnerungen" von einem Gespräch, das Bismarck einst mit Fcldmarschall Manteuffel gehabt hat. Es handelte sich um die Frage, ob das Reichstagsivahlrecht geändert werden solle. Da hat Mantensfcl geiagt: „DaS kann kein Zivilist machen, das mutz schon ein Militär sein." Ich meist nicht genau, zu welcher Kategorie von Kanzler» der jetzige Kanzler sich zählt. Vielleicht hält er sich für einen providentiellen Mann bei der schnellen militärischen Karriere, die er gemacht hat. Vielleicht kommt er so schnell nm die Majorsccke herum. (Heiterkeit.) Ich glaube aber nicht an die Fähigkeit des Reichskanzlers für ein solches Werk. Er bat nicht dnS historische Format für eine solche Tat. Wenn er aber auch nicht solche Pläne hegt, sollten seine AuSfükrnnaen bloß den Zweck gehabt haben zu dozieren? Dazu steigt man aber nicht auf die Ministerbank. Kein Vorwurf kann dem Kanzler mit gröstcrer Schärfe gemacht werden, als der der vollständigsten Weltfrcmdhctt. Woher hak denn der Reichskanzler seine Erfahrungen über den Rückgang der politischen Bildung geholt? Vielleicht von den Borussen und ähnlichen Pflanzstätten der vaterländischen Gesinnung? Betrachtet er die Studcntcnkncipen und die Offiziers- kasinos als Oasen in der Wüste der politischen Unbildung? Der Reichskanzler sieht offenbar den Niedergang der poli tischen Bildung in der fortschreitenden Ausbildung des politischen Interesses auch in den unteren Schichten der Bevölkerung. Wenn der Reichskanzler aber über halbe Bildung klagt, so sage ich ihm, nicht daS demokratisch» Wahlrecht, sondern die erbärmliche Schule, die auf dem Dreiklasscnwahlrecht beruht, ist daran schuld. Sie täten bester, gegen die Unbildung als gegen die Ungebildeten sich zn wenden, die nicht schuld sind an den Lücken ihres Wissens. Tie Behauptung des Reichskanzlers ist unrichtig und must die Stimmung von Millionen von Deutschen auch im Auslande auf das schwerste verletzen. Der Reichs kanzler soll doch in Oesterreich Nachfragen, ob das dort früher bestandene Parlament, wo man mit Trompeten und Pfeifen arbeitete, die Stätte politischer Bilduna war. Der Zweck der Demonstrationen gegen die Wahlrekorm ist er füllt, trotz aller gegenteiligen Behauptungen, trotz der von der Polizei provozierten Straßcnkrawalle. trotz Polizei präsident und Ministerpräsident. Hunderttanscndc sind ans die Strahen gezogen und haben ihre Entschlossenheit be kundet, ihr Recht zu suchen. Der Kamps hat beaonnen, der Kampf wird weiter gehen. Ter Reichskanzler wird gehen, die Arbeiterschaft wird bleiben. — Dr. Frank icklost unter stürmischem Beifall seiner Parteigenossen, während von plinst unä Mrseiuckast. tz* Wocheuspiclplan der König!. Hostheatcr. Opern haus. Sonntag: „Robins Ende", <^8.) Montag: „Hosfmanns Erzählungen". l'/8.» Dienstag: 5. Sin fonie-Konzert, Serie .V. i'^S.s Mittwoch: Geschlossen. Donnerstgg: „Robins Ende". (^78.) Freitag: „Madame Buttersln". Cr8I Sonnabend: „Margarethe". (7.s Sonn tag (27.): „Robins Ende". (((>8.) Montag (28.): „Elektra". (7I Schauspielhaus. Sonntag: „Wallensteins Tod". (7.) Montag: „Der Arzt am Scheideweg". ('38.1 Diens tag: „Gütz von Berlichingcn". C/7.» Mittwoch: Ge schlossen. Donnerstag: Für die Mittwoch-Abonnenten des 28. Februar iNen einstudiert): „Der Herr Senator". U/28I Freitag: „Das Konzert". UH?.» Sonnabend: „Die Räuber". <'/,>7.) Sonntag (27.): „Robert und Bertram". C.28I Montag »28.»: „Der Meincidbauer". (7.) 1* „Erato"-Konzert. Das Winterfest der „Sängerschaft Erato" (Technische Hochschule) wurde — jahrzehntelangem Brauche gemäst — gestern abend im grosten Geiverbchaus- saalc mit einem Konzert künstlerischen Gepräges cin- gelcttct. Wie cs einer Sängervercinigung geziemt, be stritt die „Erato" den Löwenanteil am Programm aus eigener Kraft. Der verdienstvolle Liedcrincister der „Erato", Künigl. Musikdirektor Prof. Jüngst, hatte cS, wie immer, verstanden, eine den gegebenen Vorbedingun gen angevastte Auswahl von ivirknngssichcrcn Männer- chorkompositionen zn treffen, unter denen als weniger be kannte Rummern zwei anmutige Ehöre mit Orchester: „Vergangen" von I. Pache und „LirbcSbotschast" von F. Debois, sowie das reizvolle Liedchen „Entweder — oder" von H. Zöllner und eine von Hugo Jüngst mit der ihm als Spezialität eigenen Arrangierknnst bearbeitete amerika nische Volksweise „Das alte Heim" hervorragten. Das Barttonsolo des letztgenannten Chores fand in dem A. H. der „Erato" Pros. Dr. Lohmann einen stimmbegabtcn und musikalisch tüchtigen Interpreten. Södcrmanns be kannter „Hochzeitsmarsch" und der markige „Siegesgesang der Deutschen nach der Hermannsschlacht" von Kr. Abt ver vollständigten die vokale Vortragsreihe, deren intelligente Erledigung den akademischen Sängern und ihrem Führer alle Ehre machte. Ans der nachbarlichen Hochschul- und Mnsenstadt hatten sich die Eratonen zur Mitwirkung zwei jugendliche Knnstkräfte herübrrgcholt, die beide durch eine nicht alltägliche musikalische Begabung überraschten. Frl. Ilse Helling aus Leipzig bekundete mit dem warm blütigen Vorträge der Schmuckarie aus Gounods „Marga rete" und fünf Zigeunerliedern von Brahms ausgezeich nete Schulung (Hcdmondt), wohlansgeglichcnes, tonschünes und ausgiebiges Material und gut entwickelte Koloratur- Volnbilität, so daß man gern noch einer autzerprogramin- mähigen Gabe der anmutigen Sängerin lBrahms' „Ver gebliches Ständchen") lauschte. Nicht minder beifällig wurde verdientermaßen eine zweite junge Leipzigerin, die Violi nistin Frl. Eatharina Bosch, von d.cr zahlreichen Hörer schaft ausgenommen. Sie spielte mit weichem und doch kräftigem Ton, mit bemerkenswertem Ausdrucksvermögen und einer fast nie versagenden Sauberkeit der Technik und der Intonation den l. Satz aus Rcincckes G-Moll-Violin- konzcrt und kleinere Stücke von Svendscn und Wieniawsti. Namentlich die Sicherheit, ihres mehrgriffigen Spieles verdient Hervorhebung. Die Gewerbe Hauskapelle, die unter Olsens Leitung das Konzert mit einer frisch anmutenden und gut gearbeiteten Ouvertüre zur Over „Das Fest der Jugend" von L. Kemptcr eingeleitet hatte, begleitete die Solisten und die Chorsänger tadellos: als Begleiter der kleineren Solostttcke am Klavier zeichnete sich der Sk. H. der „Erato" R. Lehnert aus. —<it. tz» Mar Slcvogt nach München bcrnfcn? Am Anfang dieses Jahres hat Franz v. Defregger seine Lehrtätigkeit an der Münchener Akademie anfgegeben. Als sein Nach her anderen Seite gezischt und gepfiffen ivurde. Nachdem die Ruhe iviederliergestellt war, ergriff Reichskanzler v. Rethmann-voUwrg das Wort: „Meine Herren! Au einer Distiniiou über das preußische Wahlrecht kann ich ni>h: tcilnehmen, das ist nicht Reichssache, und an einer Verivischiing dieser staats rechtlichen Grenzen tonnen sich die verhstndeten Regie rungen nicht beteiligen. Die Interpellation geht dahin, ivas mich veranlaßt hat, im preußischen Landtage bestimmte Aeußerunge» zu machen. Daraus tan» ich nur antworten: Weil ich diese meine Ansicht für richilg halte. iSehr wahr! vnd Heiterkeit rechts « Tie Interpellation behanprct, meine Ausführungen im Landtage seien geeignet, das Reichs- tagsivahlrecht herabzusctzen and zu vet »npsev. Die Inter pellanten sind doch eigentlich sonst nicht so, sie veranstalten selber Demonstrationen, nm das preußische Wahlrecht zn bedrohen und svgar z» bekämpfen. Was habe ich denn eigentlich im preußischen Landtage gesagt? Ich habe das Lakrilegium begangen, nicht an die absolute Richtigkeit des allgemeinen, gleichen, geheimen und direlten Wahl rechts für alle Staaten zu glauben. Deshalb gelte ich als reaktionärer Dogmatiker. Ich habe allerdings gesagt, die demokratische Entwicklung des Parlamentarismus führt zn einer Verflachung der politischen Suten. In, bin ich denn der erste und einzige, der einer solchen Anschauung Aus druck gegeben hat? Das ist in der Geschichte aller Völker und Zeiten Tatsache. Wenn ich das Reichstagsivahlrecht als eine Institution des Reiches angcgrtssen hätte, wenn ich cingcdentct hätte, das RetchStagswahlrecht ändern Z« wollen, dann würde ich begreifen, daß ängstliche Gemüter sich beunruhigt fühlen. Aber von alledem habe ich nichts gesagt, und nichts von alledem ist meine Ansicht. Es sind »,anz andere Kreise, die den Bestand des Rcichstagswabl- rechts bedrohen. (Sehr richtig! reckst! » DaS sind doch die Herren Interpellanten! (Stürmische Unterbrechung links.) Sic sind cs doch, die das Mindestalter zum Wahlrecht heruntersetzen »nd auch die Frauen zum Stimmrecht zu lassen wollen. Sic »vollen also das Reichstagsivahlrecht andern. Ich habe das Reichstagsivahlrecht nicht einmal kritisiert. Unter veränderten Verhältnissen erleben wir heute das gleiche wlc im Ianaur lll»>8. Damals haben sich die Herren darüber entrüstet, daß Fürst Bülow im Abge ordnetenhaus,: erklärte, es entspreche nicht dem Staats- n-ohl, das Reichstagswahlrccht aus Preußen zu übertragen. Anch damals wurde darin eine unerhörte Verletzung des Rcichstagswahlrechts gefunden DaS Spiel ist zu durch sichtig, als daß man die Absicht nicht erkennen sollte. Iä> habe nun versichert, das, die verbündeten Regierungen nicht daran denken, am RetchStagswahlrecht zn rütteln. Das Dcntsüie Reich hat sich mit diesem Wahlrecht eingerichtet, und trotz aller Mißständc des öffentlichen Lebens reicht mein Glaube an die Kraft und Zuninst des deutschen Volkes viel zu weit, als daß ich nicht überzeugt wäre: dieser Bau wird sich anch unversehrt erhalten können. Noch eine kurze Abschweifung. Wer es nicht versteht, weshalb ich als Ministerpräsident das preußische Beamtentum gehen Verdächtigungen in Schutz genommen, der bat keinen Sinn für reale Notwendigkeiten. Ich habe nun bald drei Jahre die Ehre, mit Ihnen zusammenzuarbriten. Ich habe stets vor der trügerischen Hoffnung gewarnt, die Welt mit Ge setzen und dem hinter ihnen stehenden Heer von Beamten verbesiern zu können, und wenn ich in meiner Abgeord- netenhausrcdc darauf hingewiesen labe, daß es die Unter verbände des Staates und Volkes sind, in denen die größte wirtschaftliche und geistige Kulturarbeit geleistet wird, dann habe ich damit ausgesprochen, daß wir ohne die frei willige und freie Mitarbeit des Volkes nicht vorwärts kommen können. Wer das bureaulratische Anschauungen nennt, der weiß mit Fremdworteil eben nicht Bescheid. (Große Heiterkeit.) Und damit lallen Sic mich schließen. solger ist, wie das „Verl. T." meldet, Professor Slcvogt in Aussicht genommen. Slevvgi, der ans Bauern stammt und in der Diezschule in München die Grundlaae für seine Kunst gewonnen hat, ist vor zehn Jahren nach Berlin gekommen und hat sich hier zu der Persönlichkeit ent wickelt, als die er heute dastcht. Zn der Mission, die Münchener Malerei von der immer drohenden Gefahr der Gesuchtheit und Schöntuerei befreien zu helfen, ist er vor trefflich geeignet. Man hat ihn dort nie qanz zu den Berlinern gezählt, und das wird ihm seine Siellnng gewiß erleichtern. !* Peter AltenbcrgS Krankheit. Peter Altcnberg, von dessen Erkrankung wir Mitteilung gemacht haben, ist noch nicht genesen. Er wurde vor einige» Tagen von Wiener Freunden in ein Sanatorium gebracht. Eine rasche Wiederherstellung ist kaum zu erwarten. Die Kranlhcit hat den Dichter grau gemacht. Altenbcrg hat wiederholt den,Besuch von Geistlichen erbeten und erhalten. Er ist sehr deprimiert und weint oft stundenlana. Am 3. April feiert der bekannte Dichter und Schrift steller Maurice Rctnh 0 ld von Stern in Linz an der Dona» seinen 50. Geburtstag. Ein bewegtes und dornenvolles Leben liegt hinter dein Dichter, der jetzt ans der Mittagshöhe seines Lebens »nd seines Schaffens steht. 7* Oskar Wilde im Exil. In der nächsten Zeit werden, wie man der „Inf." aus Paris meldet, die Erinnerungen eines Pariser Freundes von OSkar Wilde erscheinen. Lndevic Gucrille. der mit dem englischen Dichter sowohl während der Zeit, als jener in London der Liebling der Gesellschaft war, sowie auch später während der Pariser Periode in engen Beziehungen stand und der bisher ge schwiegen hat, will nunmehr seine Eindrücke und Erinnr rnngen an Wilde Mitteilen. Besonders interessant sind einige Stimmungsbilder, welche die Begegnung Gucrilles" mit Wilde schildern, jene erste Begegnung am Blace Pt-
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