Suche löschen...
Dresdner Nachrichten : 07.12.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192412072
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19241207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19241207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1924
- Monat1924-12
- Tag1924-12-07
- Monat1924-12
- Jahr1924
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 07.12.1924
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Soanloh 7^Ve)ember 1S24 — Dresdner Nachrichten — Nr. Sir Leite 11 Berliner Allerlei. D«S Vttrche« ans Taille — SS sitzt »ietzer Ohre» - lllro de «Sratz« — «rack u»H die NtGger t« der Skalq — Miastrels N«S »er «ettfte «ntz Frankreich r»»«el Ein auf Taille gearbeitetes Pärchen geht vor mir einher. Lr hat dt, Taille unter den Achseln sitzen. Sie hat die Taille die Oberschenkel. Natürlich trägt die sunge Dame auch WM ^ ^ ^ «trki ' r»>ra ,,, »,i«e — M» gi»i »leaer a^yrr» — ^«aeo de — «reck und die Nigger t« der «kala — Miastrel» Artiftenmelt — Sprachenanstausch livischen Eachseu ,«»reich — Met« kleiner Areintz Fra«., - Wahl« »««el — Vlan» «i»e Tierg«rte«straüe N. um sletschsarbe«« Strümps« auf der Straße, Strümpfe, die in Metropolen besseren Geschmacks nur zu Hellen Abendkleider» im Salon «»»glich sind. Bis hierher ist da» «in alltägliches Bild; solch« Pärchen Nebt man zu Taufenden, und tu neun- oon tausend Fällen haben Sr und Sie sich, wie per» ,ach der Bureauzelt aetrossen, um sich gegenseitig ihr zuschütten. Sr berichtet, wie der Chef ihm zugemutet i Brief an Meyer u. Ko. noch einmal zu schreiben, hundert von tausend Fällen haben Sr und Sie sich, wie vef» «drehet, n Her- auSzu hade, be« «rief an Meyer aber da habe er dem Chef «inen Blick zugeworsen, einen Blick ... .Welch ein Held!" denkt erschauernd Sic. Und nun erzählt Sie, wie die Direktrice, diese- Scheusal, diese dumme, einfältige Gan», dt« keine Spur von Geschmack habe . . . ..Welch et» Temperament!" sagt sich im stillen Sr. Beide schauen einander bewundernd an. Beide sind wieder getröstet und können für 24 Stunden erneut den Kampf um das Leben aufnehmen. An der Ecke verabschieden sie sich. Sr lüstet vor- sichtig den Hut. gan» vorsichtig, damit die aalglatte Haarhaut — ander- kann man es kaum nennen — nicht aufgertsten wird; sicherlich trägt der sunge Mann nachts über im Schlafe de« Kopf und man traut seinen Augen kaum: das Mä.'chen hat sichtbare Ohren. Ob das eine neue Art Perversität ist? Oder ob die Welt wieder der getuscheltcn Geheimnisse voll sein soll? Seit Jahr und Tag hatten die Damen keine Ohren mehr. Dafür alt- testamentarische Gebctslocken. Was sage ich — Lock.'»? Bürsten! Bürsten über und vor den Ohren! Einmal wollte ich einer bräutlich jungen etwas WeltbedeutendeS zuflüstern, aber da bekam ich diesen Rasierpinsel in die Nase und mutzte mich heftig schneuzen: die Stimmung war weg. Die erste Ohrenlose unseres Zeitalters war Cleo de Msrode, die su»ui»e ^änz».r>tt mir dem Madvnnenscheitel. Die angebliche Geliebte des Königs Leopold von Belgien. Sie ist es nie gewesen, sie war auch nicht etwa Französin, sondern entstammt einem Alt-Wiener Geschlecht. Ihr seidenartig, fast metallisch glänzendes braunes Haar kam aber, so über die Ohren ge- strichen, am besten zur Geltung. In Brüssel zischelte man, sie habe überhaupt keine Ohren. Ein Eifersüchtiger habe sie ihr abgeschnitten. Das ist nun wirklich nicht wahr. Ich habe Anno t»02 in Gegenwart ihrer Mutter — die mar von ihr unzertrennlich — etnmal in der Nähe von Brüssel mit ihr «ine Tasse Tee getrunken, ihr nachher den Mantel umgelegt und dabei, als ich den Kragen cmporzvg, ganz leise kosend über das Haar gestrichen. Seitdem kann ich beschwören, daß sie entzückende kleine Ohren hat, obwohl ich diese nie gesehen Hab«. Aber was weih ich über die Ohren der Damen von 1V2S und ti>24? Gar nichts. Hinter den Rasierpinseln, so nehme ich an, versteckten sich wulstige ober entartet zerzackie Watscheln, die überdies noch dringend einer hygtenischen Be handlung bedurft hätten. Nun aber atme ich auf. Es gibt wieder Damenohren! Man kann ihnen wieder Geheimnisse anvertrauenl Und das Netteste: man kann wieder Ohrläpp chen erglühen sehen. Damit werden auch zahllose lyrische Dichter modern, die uns, wenn sie von den kleinen Ohren dir Geliebten schwärmten, in den letzten Jahren so altmodisch vor- kamcn, wie die uns 1M4 ins Feld nachgcsandtcn Poetercien. die von rauschenden Fahnen und zum Angriff blasenden Trompeten berichteten. Am selben Abend, vor dem ich das Wunder mit dem jungen Mädchen ohne galtzische Haartracht erlebt, sipc ich in -em Niesenvariets in der Martin-Luthcr-Strasic, der Skala, und mache grobe Inventur der Damcnküpsc. Nichtig, einige ältere Dame» haben, wie seit jeher, das hatte ich nur ver- gessen, tatsächlich die beiden zierlichen Ornamente an ihrem Haupte unvcrhüllt. Nur die jüngeren Semester spte.cn damit Bcrstcck. Und zu Hause kommt mir die Minna so komisch vor. Wahrhaftig, die zeigte bisher noch ihre Ohren, was wie auch gar nicht aufgefallen war, und ausgerechnet gestern ,um ersten Mal« verfällt sie auf bi« »neu«" Frisur, die gerade. Gott sei Dank, anfängt, veraltet zu werden. Seither habe ich »och zwei — bitte sehr, acht — hübsche junge Mädchen gesehen, die auch schon de» Wandel der Mode begriffen hatten. Aus der Bünne in der Skala aber trugen die mehr oder we iigcr farbigen Damen von Will GarlandS Neger-Ensemble sogar noch Perrücken über dem Kraushaar, wohl um anzudeuten, daß bei ihren Tanzgesängen der Gehörsinn am wenigsten zu suchen hat. In der vorigen Woche trat noch Grock t» der Skala auf, der weltberühmte musikalische Elvwn irr ist aber viel mehr als dass, der 14 Instrumente spielt, 1» Berufe ge habt hat und unter anderem einmal Erzieher des jetzigen ungarischen Ministerpräsidenten war. Ich hätte mit Grock, der ei» biederer Schweizer Lausbub aus Biel ist, gern einmal eine Partie Carambolage auf dem Billard riskiert, denn auch darin ist er Meister. Aber nun ist er schon in Paris. Und wir haben dafür die Nigger aus Carolina in den SUdstaaten. Da» flutet jetzt hin und her über die Weltmeere. In der Artistenwelt ist der internationale Austausch wieder so »sie vor dem Kriege, während man in anderen Schichte» noch sehr zugeknöpft ist. Vor dem Kriege gab es sogar einen Lehrer austausch zwischen Deutschland und Frankreich. Nur PrusstenS wollte man drüben nicht, also nahm man seine Deutschlehrer — aus Sachsen. Das war Vorbedingung. Ich will meine lieben sächsischen Leser nicht etwa kränken, ich will auch keineswegs behaupten, dast am Ende die Vealina ein besseres Deutsch sprechen oder gar die Frangfvoder. aocr ich kann nur sage», daß ick mich in Roubaix einmal halbtot ge lacht habe, als dort ein junger französischer Handelst',,laösol- vent, der von solch einem Austauschlchrer unterrichtet worden war, so mit mir Deutsch sprach, daß ich dachte: Hcrr,emersch nee, der ist wohl Plakatankleber für den Humoristen Neimann >ewesen? Mit dem gegenwärtigen Austausch, dem der iiarietdS, geht es sehr flott. Aller 14 Tage wechselt so das Programm. Es gibt keinen Beruf voll solcher Unrast. Ich sehe alle dies« Leute gern bei ihrer Morgen- und Abend- arbeit, dazwischen auch im Cass, das überall -stre Heimat ist, und ich kann nur sage», diese Gesellschaft ist viel weniger zigrunermäsiig, als manche Eingesessenen. Arbeit, Arbeit, Arbeit. Besonders beim ständigen schnellen Wechsel des Aufent haltsortes bleibt für Romanhaftes wenig Zeit: die Leutchen heiraten sa auch meist untereinander und sind, schon um si,h arbeitsfähig zu erhalten, solider als man meint: es sei denn, das, es gerade die Five Sisters Narrison von Anno dazumal oder etwas ähnliches sind. Die Nigger nun, die uns als erste Austauschexemplarc neuerdings Amerika so zahlreich hcriibcr- schickt, sind natürlich Grotesk-Komiker, auch wenn sie sich um ernsthafte Kunst bemühe». Sie werden einfach dazu gestempelt. Der Angelsachse will cs so. Schon in jedem englischen See bade, in Hern« Bay oder sonstwo, wo es viele Kinder gibt, sammelt man sich vormittags um die „Minstrels", die schwarzen oder nur schwarz angepinselten Sänger »nd Tänzer, in den Dünen, die zu Baniv-Klängen auf Nigger-Englisch >hre Liedchen nortragcn. Für die jauchzenden Kleinsten in der Babysprache. „Tum to scepii. tum to bye-bne, tum, B'yes »at liny winey, wincy ytkce fum!" Und mancher kleine Knirps ist schon frühmorgens seinem Commodore — unsere deutschen Jungen sagen: hrem alGn Herrn — um den Bart gegangen, damit er ihm ein paar Pence für den schwarze» Uncle Arthur oder den 'asfecbr, nnen Uncle Fred verehre. Nu» wird ähnliches auch bet uns Mode. Wenigstens vorerst in den Varictss. So wie auch der Lese stoff nach angelsächsischem Geschmack umgcmodelt wird und die „Magazine" statt alter deutscher Zeitschriften reihend Ubcr- handnehmen: gleich drei große Verlage überschütten uns seit dem Herbst mit diesen Magazinen. Ich bin sicher, dast mein kleiner Freund Franz, das Ge- schästsaenic aus der Uubegabtenschule, weder Ullstr'ns uvch Scherls Magazin liest, wenn er sie auch gelegentlich "er kauft. Augenblicklich kümmert er sich darum gar nicht. Wahl zeit ist für ihn Erntezeit, da macht er sich allen Pa-lcien in seinem Viertel unentbehrlich. Getreulich klebt er spät abends überall Kommunistcnzettel an. Getreulich reiht er sic im Morgengrauen wieder ab und überklebt sie mit deutschualio- nalcn Bilderchen. Getreulich ersetzt er sie am selben Tage durch demokratische Ausrufe. Mir hat er, ohne aunuschaucn, ein Zentrumsblatt in die Hand gedrückt. Aus wenige Sekun den kriege ich ihn zu fassen, da schnattert er schon los: „Mensch, sehnse auü'n Licht, sagt Archimedes! Heit aamt bin ick Mcschorcs bei'n Papst! Morjen kenn' Se mir wieda schwarz-weest-rot ««quasseln! Umsatz. Umsatz t» die Seel« """ Dam"tt hatte^ die^u^ien, ihr Ende: mein Neiuer Freund Franz hatte schon wieder, immer weiter mechautsch seine Blätter verteilend, eine wichtig« geschäftliche Konferenz mit einem Kleinauto, da» mit dem Transparent .^Wahlt demo kratisch!" herumsuhr. Tagsüber rollen mehr dle grobe» Last wagen durch die Stadt, auf denen Leute mit roten Somset- sahnen stehen und unbehelligt „Hoch!" und „Nleda!" brüllen. Also mit Fahnen einer fremden Macht, die Deutschland ln die Wcltrevolution stosten möchte. Das geht natürlich. Führen Leute mit schivarz-weiß-roten Banners einher, so wsirde Sevcring im Interesse der öffentlichen Ordnung wohl -chne« zugreifcn. Es sind nun die letzten Tage vor der Wahl, und da hat dt« Wahlreklame, die immer einen riesigen Seerhausen Vortäuschen soll, immer glauben machen soll, dast „ooS ganze Volk" hinter ihr stehe, durchaus ihr« technische Berechtigung. Das Anziehungsgesetz. das Gesetz der Schwere, gilt ja auch in der Politik. Bei der vorvorigen ReichStag-wahl, im In li 1»2ü, sah Ich in einem Abstimmungslokal ein« alt« Dame un schlüssig vor dem VorstandSttsch trippeln. Schließlich stotterte sie: „Ach, liebe Herren, können Die mir nicht sagen, wen die meisten wählen?" Ein bißchen weiter sind wir ja heute wohl schon. Be sonders die Frauen, die in den Notjahren seit den Kriege, weil auf ihnen die allerschwerste Last und Sorge lag. kaum die Möglichkeit hatten, sich um Politik zu kümmern, haben die Atempause, die uns die Helfferlchsche Nentenmark verschaffte, fletstig zum Nachdenken benutzt. Heute, wo wieder die grau same Schraube Teuerung — Lohnerhöhung — neue Teuerung — Lohnerhöhung — weitere Teuerung zu knirschen beginnt, sind sie mit ihrer Ueberlcaung fertig. Die Kerntruppe der Anhänger der einzelnen Parteien steht natürlich fest. Aber die Entscheidung wird diesmal, scheint eS» zwischen dem „Treibholz" liegen, der Maste derer, die sich im letzten Augen blick von der größten Reklamewelle fasten und anschweinmen lasten, und der durch schwere Erfahrungen belehrten Frauen weit. Welche Grnpve stärker ist, weiß noch niemand. An eine „Wahlmüdigkeit" aber glaube ich nicht mehr, sondern meine, dah wir diesmal eine gewaltige Beteiligung haben werden, denn nach den Affären der letzten Wochen, die uns gezeigt haben, welche landfremden Elemente bei uns Millionen von Reichs- und Staatsgeldern scheffeln, must sich doch jeder für oder gegen diese Praxis entscheiden, um sie entweder zu verewigen oder zu vernichten. Natürlich gibt es auch manche Helle Leute, die mit der neuen Praxis ganz einverstanden sind. Geschält sei Geschäft. Und wenn wir Deutschen keine Wohnungen bekämen, wohl aber die Galizier, so seien diese eben di« tüchtigeren Geschäfts leute. Da haben wir wieder die grobe Formel: dem Tüchtigen freie Bahn! In Berlin sammeln sie sich, da kann man sie sich anschen, wie die Löwen im Zoologischen Garten. Man braucht dazu bloß einen Spaziergang durch den vornehme« alten Berliner Westen. Solch einen Gang kann sich Sonntags auch eine ArbriterSfrau gönnen. Da kann sie beispielsweise in der Tiergartenstrabe »4 eine wundervolle Billa sehen, die Herr Gustav Blau mit seinen zwei Chauffeuren und der übrigen Dienerschaft bewohnt. Herr Gustav Blau besitzt außerdem ein großes Export- und Importgeschäft .n der Jägerstratze und ist selbstverständlich auch Großgrundbesitzer: unter anderem gehört ihm das ehemalige Hofjagdrevicr des Kaisers bei Globsow, und er lädt häufig seinen Duzfreund Gustav Bauer, den früheren sozialdemokratfschen Reichöschatz- mtnistcr, zu einem feisten Hirsch dorthin ein. Im Jahre lülü mar Herr Blau Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrates in Düsseldorf. Das ist wirklich ein Geschäftsmann an-'s-en Stiles, der uns Minderbegabten gezeigt hat, wie man heute aus eigener Kraft vorwärts kommen kann. Rumpelstilzchen. HMer MM- /ÄL/tAesv/iü/k Mx Au/e S>s§e/' «5/rsFe 2Z. e iss ein 5^ Dr'e Danre kvotatia av/ ck/g mocko^n« Link« /eAl. k/ckAk ,,/nno" k/r Fkaute/ur, Fsüaa sko. /scfex ZxL -4/s /n /c-axkon. //e/e/re /ÄAnran/r L Karolinger feinste listore s ed-im t-inro; > Selletjiciinek-u siütfstzuset f4opcste f.^.vlklsndumei' NscFf. 6 vr. Vkomp-o,,, iNsrlr» rckNSSN» p»k«1 L0 p«tz. vis Wsk! ist IsiO^t SÄgt ciss- St'fLillf'SslS LpOf-tSMLNsT ^etrt Nock t.istsi'UJg sb t.sgsi', spÄts," wis LllMf-Iicti Uefsi'tei'miJ unZiäsblsiblicti. Mir Vss^6t6si: lng -XlsxsnclSf (Zfsumllllvf, ^ltsstsütmgsksläm: etikistisnslksks 31. Islspiivd, 18139. » NON1-» LX81MI« nxn.w-zv nsck via IN»«».»»»! Iitly IIIIUIK I»»nln ak liinknl Weller »Nil »»-er« UinLiSase vvrdetislleo kvkrprsl, l-r ltlaai« (Saloon) kloäerne ruxus-vsmpler Fuelkunst brtellt ckar Sckükkmalllm N. 6. «ÜVM Nolrbrllcke 7/9 l-ele^.-aar. - „N0V«Ma" «innipiecher, Nal«» an« t>7.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder