Suche löschen...
02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 10.03.1927
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-03-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19270310029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927031002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927031002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1927
- Monat1927-03
- Tag1927-03-10
- Monat1927-03
- Jahr1927
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
71. Jahrgang. 117 Abenö-Ausgabe Donnerstag, 10. Mürz 1027 Gegründet 1858 »ratitanlchrlir ««ckrlckl», A»rnlo»«»r->Samm,«»ummrr St» 241 Nur Ur Nachlaet»r<tch» 20 011. »OM l- »>» I». Mitk, >»27 v«> >aglt» zweimalig», IiijleUung >re> jiaus I.iO Mtl Potlt)ezuisvre>s ur Mona. März « Marti otiN' Po lzuileUiiiiq.qedüdr ilin i» »»«mrr I» planal,. Di» Anzeiaen werden noch Äoldmart, »rechnet die em«pal»a, M mm »re»e 3»>l« ^ Pia.. Ur auswärts z» Psa yamtltenanzeioen und SI«U»nae uche odne ^K,lkIgLN-^IkLIsL. Nodal« 10 Mg. >»k»r!>ald 70 Mn., die tM mm drette Netitamezeile ISO Pta. ultierdatd 200 P n yffer>e»nedttl>r IN Pin Ausw AuIIräoe '«nen Pornusdezant. EchrNII,Nunn und KauptgelchäHsHell«: Marten.tr» e 38 4-7 Druck u. Vertan oon Uteptch 4 Retchardi in Dresden. Potllcheck-Kvnlv 1OS6 Dresden. Nachdruch n»> m> »».ttchei Quellen»» ad. Dres»ner Nnchr " >iittt>II-> Niiver'an ie ^-driNttttch merden »ich ».dewndrt. Aenderungen zur Auswertungsgesetzgebung. Vorschläge -er Aeichsregierung bei gleichbleibender Grundlage -er Auswerlung. Eine Erklärung Kergls im Aechls- ausschutz. Berlin, IN. Mürz. Ncichsiustizministcr Hcrat gab heute i», NechlsauSjchuß des Reichstages namciis der Neichö- rcgierung in der Sl n f w e r t u n g s f r a g e folgende Er klärung ab: Tie dem Ausschuß überwiesenen Anträge betreffen teils -Ic Anleiheablösung, teils die Auswertung der Guthaben bet Fabrik- und Wcrksparkassen. teils die Hypothekelianswertung WaS die 4 niciheablösung und die Guthaben bei Fabrik- und Wcrkösparkasicn aiilangt, sv sind die Vorarbeiten der NcichS- regicrnng soweit gediehen, das, die Ncichsrcgiernng in der Sage ist. dem Ausschus, ihre Stelllingnahmc mitznteilen. Zu -er Frage der Auswertung im allgemeinen und namentlich auch zu der hier besonders interessierenden Frage der Aus wertung von Hnpotheken und andere» privatrcchtlichen An sprüchen Hai bereits der Ncichsfinanzmiiiistcr in seiner Etat- rcdc die Auffassung der Rcichsregiernna dahin gekenn zeichnet. daß an den Grundzügen der AnfwertungSgcsckgcbung nicht gerüttelt werden dttrsc. Maßgebend für die Einstclinng ist einmal die notwendige Rück sicht auf die Kontinuität der Gesetzgebung, ferner die Rücksicht auf die Wirtschaft dcö gesamten Volkes, die eine m>chmalige Aufrvlluiia bereits abgeschlossener Rechtsverhält nisse nicht vertragen würde, des weiteren die Sorge für eine ungestörte Pflege des Realkredits, und endlich der Gesichts Punkt, das, die G r u n d b » ch ä m t e r wieder arbeitsfähig werden und die Richter der AnfwerliingSstellen und Grund buchämtcr, die tn hingebungsvoller Arbeit bis an die Grenze -es mögliche» an der Durchführung des gegenwärtigen Ge sctzcS gearbeitet haben .vor dem phiisischen und psychischen Z» sami»cnürnch bewahrt werden müsse». In Wahrung dieses Grundsatzes glaubt die Neichsregiernng Indessen dem Reichs tag einige Vorschläge machen zu sollen, die, gestützt auf die Erfahrungen bei der praktischen Anwendung -cü Gesetzes, dazu bestimmt sind, gewisse Zweifelsfragen von erheblicher Triigwettc zu erklären, Mißbräuchen des Gesetzeöwvrtlantcs cnigegenzulrctcn, sowie allgemein zur Vereinfachung »nd Be schleunigung der Abwicklung der Auswertung bcizutragen. Die Vorschläge der Ncichöregicrung. die teil- im Wege eines Gesetzes teils im Wege einer Durchführungsverordnung verwirklicht werden sollen, nwrden die Gewähr dafür bieten, daß die Verzinsung der Hypotheken, die bereits gelöscht waren, mit einem feste« und zwar zeitlich zurückliegenden Zeitpunkt beginnt. Mir wollen ferner dem Supothekcngläubigcr die Rcsn.iniS cinränmcn. nach eigenem Entschluß seine Hypothek in eine Grnndschnld umwandeln zu lasten, um sic von der aus dem Verhältnis des versönlichcn Schuldners hcrgelcitctcn Anwendung der Härteklanscl z» be freie». Für diese Vorschrift ist eine N ü ck w i r k u n g tn Aussicht genommen, so dast sie auch dem Gläubiger zugute kommt, wenn der Auswrrtungsbetrag mit Rücksicht ans die persönlichen Verhältnisse des Schuldners herabgesetzt ist. Daneben werden die Vorschläge der Regierung sich ans eine Reihe, wenn auch mehr formell juristischer, so doch nicht un wichtiger Punkte erstrecken wobei sich die Neichsregiernng in der Lage steht, sich in weitem Maste den Vorschlägen der Arbeitsgemeinschaft und auch einigen Auöschußanträgen an- schlieken zu können. Die Vorarbeiten zu dem Entwurf sind so weit gediehen, das, er tn de» nächsten Tagen dem RcichSrat zngelcttet werden kann, und die Neichsregiernng hat dinch Vermittlung der Instizministcr der Länder die Zusage er halten. daß der RcichSrat aus Einhaltung der üblichen Fristen verzichten wird, so daß der Entwurs in kürzester Zeit dem Reichstag vorgclcgt werden kann. In der Zwischenzeit ist, wie dem Ausschuß bekannt, beim MeichSministcr dcS Innern von der NcichSarbe'tSgcmclnschaft für Answcrtungsfragcn der Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens eingcrcicht worden. Die Beratung im Kabinett zu dieser Frage steht »»mittelbar bevor. Nach deren Abschluß wird Gelegenheit sein, den Ausschuß über das Er gebnis zu unterrichten. Neben de» vorerwähnten Ergänzungen der Ansmertungögcsctzgebung wird gerade für die von dem Aulwertungsgesch betroffenen Krcile die wirtschaftliche Ge staltung des Jahres 1!>27 von besonderer Bedeutung sein, »nd es wird in diesem Zusammenhang den Ausschuß iiitcrrs'i.'ren, daß über eine den wirtschaftlichen und sozialpolitischen Vc- langen entsprechende Verwendung der aus der Mieterhöhung fließenden Erträge von seiten der Länder oder — wenn diele es wünschen — des Reiches nähere Bestimmungen in Bälde z» erwart-n sind. Der Ausschuß wird weiter be sonderen Anteil daran nehmen, daß die Beratungen der Reichsregierung mit den politischen Parteien über die Ver besserung der Lage der Kleinrentner so weit gefördert sind, daß sie noch im Rahmen der Verainngen zum Etat des Reichsarbcitsmiiilstcriums znm Abschluß gebracht werde» können. Damit wird eine Frage ihre Erledigung finden, die mit dem den Ausschuß überwiesenen Anträgen ausS engste verbunden ist. Namens der Neichsregiernng bitte Ich den Aus schuß, bei seinen Beratungen diese Ausführungen über den gesamten mit der Auswertung verbundenen Fragenkomplex entsprechend zn berücksichtigen. Der Vorsitzende des Ausschusses Dr. Kahl (D. Vp) hatte vorher einleitend darauf lüngewtescn, daß der Ausschuß mit der Beratung über die Auswertung zu einer ungemein wich tigen, schwierigen und verantwortungsvollen Aufgabe ge kommen sei: er habe zu prüfe», ob und inwieweit cs möglich sein werde, ohne Gcsähidnng der wirtschaftlichen und recht lichen Sicl-erheit die bessernde Hand an das schwierige Aus- wertungsproblcm zu legen. Die Oeffentlichkeit könne voraus setzen, daß der Ausschuß mit voller Unbefangenheit, mit dem besten Willen zur Gerechtigkeit und ohne alle Leidenschaftlich keit de» ganzen Fragenkreis behandeln werde. Den agitatorischen Accinslnstunacn von anSwärtS dürsc er leinen Raum geben. Es bestehe besonders Veranlassung, sich anszusprechen mit Rücksicht auf eine wahre Flut von Schreiben, die in de» letzten Wochen eingegangen seien. ES sei das gute Recht der Wähler, sich mit Vorstellungen an den Reichstag zu wen den, und die Wähler müssen überzeugt sei», daß ihren Vor stellungen und Wünschen jede Beachtung geschenkt werde. Es sei aber in diesem Falle eine über das vernünftige Maß hin- ausgehende Agitation eingeleitet morden. Viele Hunderte von Briese» bezögen sich ausdrücklich ans ein von ihren Verbänden dem Vricsschreibcr znacaangencs Rundschreiben, dem Vorsitzenden des Rcchtsanöschnsteö ihren besonderen Fall anssührlich mitznteilen und für ihn gesetzliche Abhilfe zu vcrlanncn. Daß in diesem Sinne eine kasuistische Gesetzgebung nicht gemacht werden könne, hätte» sich die Anstifter dieser Agita tion klarmachen sollen. Die Schreiben dienten als wertvolles Material, soweit sie rein sachlichen Inhalt hätten, viele enthielten aber lc-diglich beleidigende Angriffe oder begnügten sich mit den allgemeinen Schlagwortcn von Diebstahl, Raub, Betrug und dergleichen. Diese hätte» keine Beachtung zu be anspruchen. Andere wieder mischten sich anmaßltch in den Ge schäftsgang des Reichstages, wie z. B. der Sparer- und Hypo thekengläubigerschntzverband von Plauen Vorwürfe er hebe, daß der Gesetzentwurf an den NcchtSausschuß verwiesen worden sei, was ein Begräbnis dritter Klasse bedeutet. Der Vorsitzende sprach den Wunsch ans, daß dieser Ansturm von Schreiben als zwecklos endlich eingestellt werde. Im Anschluß an diese Erklärung des Ministers wurde die Frage aufgeworfen, ob cö nunmehr nicht zweckmäßiger sei, die Generaldebatte bis zur Einbringung des nngekündigtcn Re- gtcriingScnIwiirfö zu vertagen. Dem Ausschuß sollte auch Ge legenheit gegeben werden, sich über die Zulassung des be antragtcn Volksbegehrens anszusprechen, bevor das Kabinett seine endgültige Entscheidung treffe. Ncichsjustizminister Hergt teilte mit, daß diese Entscheidung t» den allernächsten Tagen zu erwarten sei. Im übrigen werde die angckündigtc Rcg-icrungSvorlagc gleichfalls in wenigen Tagen dem RcichSrat zugchcn und spätestens Mitte nächster Woche dem Reichstag vorliegen. Das Ergebnis der langen Gcschästsordiiniigsaussprache war, daß mit 11: 10 Stimmen beschlossen wurde, die Generaldebatte zu vertagen Sic soll nunmehr gemäß eine mAntrag LandSberg s-Soz.j spätestens am 18. März beginnen. Die Finanz-ebalte im Kaushalkausschuh. Annahme des Etats des Ncichsfinanzministcriums. Berlin, 10. März, Der H a u s h a l t a u s s ch u ß des Reichstages setzte die Beratung -cs E t a t ö des Reichs f i » a n z m i n i st e r i u m s fort. ES lag dazu folgender sozialdemokratischer Antrag vor, die Neichsregiernng zu er suchen, dem Reichstage alljährlich eine Uebersicht vorzulegen, die enthält: 1. das gesamte Veranlagungssoll aller der der Veranlagung unterliegenden Steuern auf Grund der von den teucrpslichttgcn eingcreichten Steuererklärung: 2. das gesamte Beranlagungssoll, das sich ans Grund der Prüfungen der Steuererklärungen ergibt. In beiden Fällen soll die lieb er sicht nach Landesfinanzbezirken und nach Ein kommcnst cucrgröß cnklassen gr»ppiert werdcn. Der l"staldcmokratiscl,c Antrag wurde nach kurzer Debatte a b g e l c h n t. Eine kurze Aussprache entspann sich dann über das Ent- schädigungSamt und die Frage seiner Aushebung. Der Prä sident dcS Cntschädigungsamtes teilte mit, dast die Arbeiten sich so gestaltet hätten, daß jetzt ein weiterer Abbau — bisher sei der Bestand von 1300 auf 700 Köpfe herabgcdrückt — nicht möglich sei. Ab 1. Oktober solle der Bestand aus 500 vermindert werden. Mit Ende dcS nächsten Jagrcs werde voraussichtlich das Amt abgcbaut werden können. In der Aussprache wurde gefordert, -aß die hier a-gebaute» Beamten auch wieder eingestellt werde». Die Zahl der Wartestandö- bcamtc» werde allmählich eine Gefahr. — Staatssekretär Popitz erwiderte, die geeigneten Kräfte würden an anderen Stelle» übernommen, namentlich die, die sich für Burcau- arbcltcn eigneten, wie die Beamten des Entichä-dlgungSamteS. NcichSsinanzministcr Dr. Köhler erklärte, öS handele sich hier darum, Kräfte zu bekommen, die die Veranlagung der neuen Steuer wirklich durchführen, damit nicht bloß Echeinveranlagniigen znstandckämen. An der richtigen Durchführung der Steuergesetzgebung habe das deutsche Volk aber ein größeres Interesse als daran, das, der eine oder andere Beamte tn diese Stellen übernommen werde. Er bitte dringend, die Verwaltung nicht so einzucngen, daß ihm ein gesundes und richtiges Arbeiten erschwert oder gar unmöglich gcmeacht werde. — Der Etat des Nelchssinanz- ministcriiims wnrbc bis ans eine Reihe von Titeln, die -cm Unterausschuß überwiesen wurden, genehmigt. lBct Schluß der Redaktion dauert die Sitzung noch an.j Das -lplomattsche Instrument in Genf. Genfer Schnellarbcit. (Von unserem Genfer Korrespondenten.j Gens, den 0. März. Dem Buche „l-oearno Sans rsvs8" wird bald ein ähn liches Werk mit dem Titel „Oonävs 8an8 rovos" folgen müssen: denn auch der Nimbus Genfs ist entblättert worden, um einem praktischen, ganz nüchternen, ziemlich rasch arbei tenden Genf Platz zu machen. Es fallen jetzt — seitdem die Anwesenheit Deutschlands Probleme dahergebracht hat, die vorher unter Freunden entsprechend selbstverständlich und lächelnd geregelt worden sind — weniger große Phrasen mehr. Das kommt daher: Deutschland ist der Vcrhandlungsgcgner jedes einzelnen der europäischen Mit spieler, deren bisherige Uebereiiislimmung sich allmählich auslöst. Der Begriff Völkerbund entstand, wuchs »nd bestand aus dieser Schein-Einigkeit, deren Wurzeln ün gemeinsamen Interesse an Versailles wucherten. Das Schemen konnte blühen, solange Deutschland nicht selbst dasah. Deutschland erschien wie der Geist Bankos. Die Tafelrunde — der Völker bund — mußte die animierte Stimmung entschwinden sehen die gestattet hatte, in kleinen eigenen Angelegenheiten und in alle» großen und kleinen gegen die Besiegte» einig zu sein und zu Genf so etwas wie einen noch nie dagcwesenen internationalen M e n i ch h e i t s o r d c n zu mar kieren. Das alles ist weg. Weiter und weiter und tiefer trennt sich jeder vom andern, um das Allgemeine verwischen und das Eigene und Einzelne hervortretcn zu lassen. Der Völkerbund enthüllt sein wahres, um vieles sympathlschcres und weit zuverlässigeres Gesicht, denn er wird zn dem, was er immer verleugnet«:, zu sein, und unter dem Firnis doch schon von Anfang an war: das diplomatische Instrument der Mächte. Zur Zelt der großen Täuschungen ließe» cS sich Groß mächte hin und wieder gefallen, sich vom Völkerbund Regeln anferlegen zu lasten und Kontrollen zn dulden: um das Dekorum zn wahren, wären die Forderungen der völker- bnnblichen Mandatskommission noch vor zwei Jahren sicher lich dnrchgekommen: heute hat der Rat sic — d. h. die ver sammelten Außenminister — rundweg abgclchnt, weil sic cS nicht dulden wollen, daß der imaginäre Begriff Völkerbund, verkörpert in irgendeiner Kommission oder im Sekretariat, ihnen noch weiter in die Angelegenheiten pfusche: obwohl es sich um Kolonien handelt, die dem Buchstaben nach Lehen Genfs sind. Der neue Völkerbund hat also ein Stück des alten Völkerbundes vernichtet. Die völkerkundliche Man datskommission mir- nicht mehr viel zur Verwaltung der Mandatsgebiete zu sagen haben, und aus den Satzungen wird Art. 22 verschwunden sein, auch wenn man ihn nicht radiert. Eine Maske ist geöffnet: die Mandate, die man sich „unter sich" vom Völkerbund anvertrauc» ließ, sollen zu richtigen Kolonien werden. Dia» kann sich wohl verwundern, wie schnell dieses große Stück Eiltblättcrungsarböit am Genfer Baum getan worden ist. Es ist aber von lange her vor bereitet worden — denn die Exekution mußte vollzogen werden, bevor Deutschland Gelegenheit gegeben war, sich tn der Sache unliebsam bemerkbar zu machen. Was gezzenwärtig in Genf geschieht, muß durchweg unter dem Gesichtswinkel der völkerkundlichen Um stellung betrachtet werben, einbegriffen die Sensationen der Erklärungen Scialoias und Chambcrlains. Es wird mit einer außergewöhnlichen Schnelligkeit umgcbaut, wobei man drei Zwecke im Auge hat: allgemein die E n t i d c a l i s i e- rung des Völkerbundes, wie er aus den Satzungen hervor- zngehen hätte und wie er sich bisher in seinen propagan distisch ausgegebenen Stichwortcn äußerte: zweitens die Liguidierung aller Einrichtungen, die diese These stützten und deshalb geeignet sein könnten, auch von Deutschland gegen die Gesamtheit der anderen oder gegen einzelne verwendet zu werden: drittens die Herstellung einer rein machtpolttischcn V erbau dl ungSorgani- satton, in welcher von der Gesamtheit wie von mehreren oder einzelnen die Positionen der Frtcdcnsverträgc, sowie die augenblicklichen Machtvcrhältnisse als Berhandlungs- grundlagcn, in der Hauptsache gegen Deutschland, zur An wendung kommen. Mit anderen Worten: der Völkerbund wird zur permanente» Friedenskonferenz, zum Nahmen der zähesten, jahrelangen Kämpfe. Erpressungen, aber auch Kombinationen »nd Neugruppiernngen in Europa. Dies sind vorerst einmal Folgen, die man besonders in Deutschland ziemlich früh vorauSgeschcn hat, was nicht ans- chliestt, daß die ungeheuer rasche Verwirklichung trotzdem überraschen muß. Denn während sich unter den neuen Ver hältnissen für Frankreich, England und fast alle übrigen Länder nichts anderes ereignet hat, als daß sich das diplo matische Spiel untereinander ungefähr da fortsetzt, wo eS beim Auöbruch des Weltkrieges abgebrochen wurde, hat unter den Großmächten einzig Deutschland alle seine diplo matischen Positionen neu zn erobern, und selbst diejenigen, die cs durch den Völkerbund zu haben glaubte, da er etwas Höheres vortäuschte schmelzen allmählich dahin. Für alle beutschsprechenden Menschen bleibt nur das tn keiner einzigen Sprache so schwcrpunktartig auf irgendwelchen höheren Bor- tcllungcn ruhende Wort „Völkerbund", dem das französische .Gesellschaft" oder „Verein" tauch italicntschj und das eng lische „Liga" in keiner Weise entsprechen. Wie wäre es denn verständlich, daß in einer Rechtsfrage wie der polni schen Schulangelegcnheit — die nach Ansicht aller
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite