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117 tcr. Von diesen Punkten zieht man Qucrlinien und stellt sämmtliche Breitenpunkte auf denselben her über; dann vollendet man das Ganze aus freier Hand. — Ist die Unterleibweite des Mannes stär ker, als sie bei diesem Schnitte hcrauSkommt, so gicbt man die eine Hälfte des Mehrbetrags vorn am Tbeile, die andere aber am Rückentheile in der Seite zu, dann erhält der Schnitt stets das richtige Aplomb. Uebcr die im verjüngten Maßstabe aufgestell- 118 ten Patronen wäre eS überflstlsig, eine specielle Erklä rung zu geben, da alle Zahlen und SlellnngSpunkte genau daraus angegeben, auch sonstige Bemerkungen beigcdruckt sind. Bcuuzen wir also den Raum deS Blattes, um die so wichtige Frage vollends zu erledi gen, mit der wir uns schon in den vorigen Nummern beschäftigten und auf welche gegenwärtig die allge meine Aufmcrkfa.nkeil doppelt gerichtet sein muß. Erörterungen und Vorschläge zur Erledigung der allgemeinen mit besonderer Berücksichtigung des Kleidermachcr - Gewerbes, von Heinrich Klemm i>"> (Schluß.) -Wir-wollrn cS nun versuchen, zur zeitgemäßen j Umgestaltung deSJnnnngSweseiiS cinigeVor- schläge zu machen. Wie bereits früher erwähnt, ist cs durchaus noth- wendig, diejenigen veralrcten Gebräuche bci'm Mcistcr- werdcn abzuschaffen, welche bloß darauf hinausgchcn, den sich etablircudcn jungen Leuten das Meisterwcrden thunlichst zu erschweren, ja Vielen durch die Unmasse von Geldkosten ganz unmöglich zu machen. — Wir meinen zunächst de» Umstand, daß der Aufzunchmende den Entwurf seines Meisterstücks, die „Vorzrichnung," das „Schneiden" und wie die verschiedene» Benen nungen sind, gewöhnlich unter den Augen einer zahl reichen Meisterversammlung ausführen muß, welche sich unlerdcß auf Kosten des Stückmeistcrs mit den aufgc- tragenen Weinflaschen und Eßwaaren befreunden, und um so nachsichtiger sind, je besser cS ihnen schmeckt. Wir brauchen kaum zu erwähnen, daß der wahre Zweck, d-as Erproben der Geschäftstüchtigkeit des Aufzunehmenden, hierbei nicht selten gänzlich ver fehlt wird, namentlich in solchen Innungen, wo die Besichtigung der. Meisterstücke nur den sogenannte» „Aeltesten" überlassen wird, die allerdings von dem zeitgemäßen Standpunkte ihres Gewerbes zuweilen kaum de» nöthigen Begriff haben, und vor Allen bloß auf die Befolgung der althergebrachten Ccremonicn be dacht sind. So herrscht z. B. in vielen Schncideriiinungen noch der Gebraueb, daß der angehende Meister gewöhn lich bei einem alten und in der Zeichnenkuiist nichts weniger als crfabrncn Jnuungsmitgliede „Zeichncn- unterrichl" nehmen muß, wo er gegen hohes Ho- I norar höchstens eine Art von Pricsterrock, Lcviden- mantel, auch wohl ein Räuchcrmäntclchcn, einen Epistcl- rock und hier und da gar eine Pferdrbckleivung mecha nisch nachmachcn lernt. Läßt er eS nun bei'in „Vor- zeiclmen" dieser Gegenstände nicht am Essen und Trin ken fehle», so wird kaum hiugesehen und die Sache ist abgemacht. Erlauben aber diesen Aufwand die Mittel des augcheuv'N Meisters nicht, so hat er zu erwar ten, daß man eS mit ihm auf's Strengste nimmt, und an dem Meisterstücke selbst so viele Fehler findet, daß das Ersparte durch die sogenannte „Mcisterstücksflrafe" und durch den verursachten Zeitverlust sich auSgleicht. Eben so unnütz und höchst lächerlich ist in den meiste» Schneider-Innungen der Umstand, daß da^ Meisterstück zu viele Stücke» oder Gegenstände um- ! faßt, ja oft solche Kleidungsstücke streng vorschreibt» welche vor Jahrhunderten getragen wurden. So wird I außer einem gewöhnlichen Beinkleide häuäg auch noch 6«