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^ ^ OtMlllZ- UNö ^ deiltschcn Gemrbezeiliing.) Gcwkkbsvettüssuvg, Gkwerbswirthschast rnid Statikili. Inhalt. Hoffähigleit der Industrie in Frankreich. — Die ungeschmälerte Erhaltung der Wasserkräfte für die Industrie hat einen Hähern Volks- wirthschaftlichen Werth, als die weitere Ausdehnung der Wiesenwässerung. — GewerbauSstellung von Tourcoing in Frankreich unter Bezeichnung der Hauptffrmen. — Der Ausschuß des Fabrik- uns Handelsstandes in Chemnitz — Ackerbau. — FabriksNftungen von Scrive in Lille. — Fabriken in Roubair und Tourcoing. — Belgische Patentgesetzgebung. — Anpreisung des Maisbrodes. — Der Konsum von Paris. — Bücherschau. Hoffahigkeit Sex Hnduftrie in Frankreich. sAm 16. Juni 1833 empfing der Kaiser die französische Kommission für die Welt-Ausstellung in London 1831 uns hatte die selbe die Ehre Sr. Majestät den Bericht über ihre Arbeiten vorzulegen, wobei ihr Präsident, Baron Charles Düpin, das Wort nahm. Es waren die französischen Preisrichter, die bei der Verthei- lung der Medaillen in London mitgewirkt hatten. Stolz auf ihre Erfolge, der französischen Industrie viele Preise in London verschafft zu haben, sprechen sie sich mit Pomp über deren Ver dienste aus, und streuen dem Kaiser daneben einigen Weihrauch. Unsere Leser dürsten einige Proben jener wortschwallreichen Hoch- trabenheit, dem Berichte entnommen, vielleicht nicht ungern lesen, die der deutsche Bearbeiter treu wiederzugeben versucht hat. Red) Sevres genoß nicht nur den Vorzug der Vollkommenheit, die sein ausgezeichnetes Porzellan in allen Ländern zum Gegenstand der Bewunderung in Bezug auf Mannichfaltigkeit, Zierlichkeit und Schönheit der Formen, Reinheit der Umrisse und Wahrheit der Farbe machte, sondern auch das Verdienst der Erfindung. Unter den fran zösischen Preisrichtern befand sich ein jnnger Gelehrter, der noch vor kurzem Direktor von Sevres war. Er war auch der Erfin der eines sinnreichen Verfahrens bei der Windsühruug und der Be heizung an Schmelzöfen, sowie der Nachbildung wichtiger Mine ralien durch den Schmeiztiegel, welche die Natur in der Nacht der Zeiten durch unbekannte, allmächtige Kräfte schuf. Durch solche Vorzüge mit einer gerechtfertigten Würde bekleidet, ward es ihm leicht die Erfindungen und Fortschritte zu bezeichnen, womit unser Sevres, als Schule und Vorbild, die Privatindustrien beschenkt hat. Sevres hat triumphirt und das mit Recht! Aber leider beschlossen sich damit die Dienste, die ein zu so großen Hoffnungen berechtigendes Talent seinem Vaterlande leistete. Ein vorzeitiger, schneller Tod unterbrach die Entdeckungen, mit denen unser „Ebel men" alle Jahre Frankreich bereicherte. Er starb, als er schon die Schwelle der „Akademie der Wissenschaften" betrat. Mit ehrsüchtiger Gewissenhaftigkeit haben wir die von ihm zurückgelassenen Materialien zu seinem Spezialbericht über die Gewerbe der irdenen Waare» zu sammeln gesucht. Ein fähi ger Stellvertreter (Salvetat) wird sie vervollständigen. Wir werden demnach das Wesentliche von der Arbeit unseres berühmten Ge nossen, dessen Verlust wir tief beklagen, nickt verlieren. Besondere Schwierigkeiten traten der Preiscrwerbung bezüg lich der „Gobelins" entgegen. Die Preisrichter im Bereich der schonen Kunst lehnten es ab, über jene Werke, da es Webereien waren, abzuurtheilen. Andererseits wurden sie wieder von den Preisrichtern für wollene Stoffe, unter dem Behelf, daß sie Kunstgegenstände seien, zurückgewiesen. Endlich, was für neuere Erfindungen konnten an den Gobelins nachgewiesen werden, sie die bereits seit der Zeit Koiberts und Ludwigs XlV. alle und jede Vollkommenheiten erreicht hatten, die nach der inoustriellen Nechts- ansicht der Vertreter von Manchester, Nottingham und Glasgow heute nichts gelten sollen. Glücklicherweise besaßen die alten Meister Gobelin würdige Nachfolger, — Berihollet und Chaptal, beide Mitglieder des Preis gerichtes. Auch Chevreul hatte in der Gobelinmanufaktur seine Theorie des Kontrastes und der Harmonie der Farben aufgestellt und angewendet. Durch seinen „chromatischen Kreis" (osrols okromstigus) hatte er die unendlichen Abstufungen des Lichtes in Klassen geordnet und gemessen. Mit Hülse dieses sinnreich er fundenen Kreises vermag man die Farben hundert Meilen weit und nach Verlaus von hundert Jahren n>e?erz»schreiben und sie genau in ihren verschiedensten und zartesten Tönen wiederzugeben. In dem Preisgerichte für das Fabrikmaschinenwescn, fährt die Kommission in ihrem Berichte fort, wo die Engländer mit Fug und Recht den Vorzug beanspruchten, wählten sie als Präsi denten einen Franzosen, den „Gesetzgeber" der auf die Gewerbe angewendeten Dpnamik, der schönste Titel, den man dem General Poncelet verleihen kann. Folgendes verdanken wir unserem ge lehrten Kollegen. Als er nach Paris zurückgekehrt war, unternahm er eine vollständige Zerglieverung der aus Maschinenspinnerei und Weberei Bezug habenden Erfindungen. Mit unermüdlicher Ge duld durchforschte, ja erschöpfte er' so zu sagen die mehr oder minder deutlich in de» seit dreiviertel Jahrhunderten genommenen Patenten Franzosen, Engländern und Amerikanern zukommenden Ansprüche. Aus dieser ungeheuren Arbeit gingen die wichtigsten Enthüllungen hervor. In der Mechanik, worin das Vorurtheil den Franzosen kaum eine» Platz zweiten Ranges gönnt, hat Poncelet die Ansprüche seiner Landsleute in Bezug auf die neuesten und ergiebigsten Erfolge fest- gestellt. Wir wollen nur ein Beispiel anführen. Die Flachs-Maschinenspinnerei war von Napoleon voraus gesehen und ermuntert worden, indem er einen des Gegenstandes und seiner selbst würdigen Preis für deren Erfindung aussetzte. Ein Franzose, Philipp de Girard, erhielt den Preis nicht, den er verdiente. Seine ursprünglich schon bewunderungswürdigen Er findungen ließen im Verfolge nichts zu wünschen übrig für die gewöhnlichsten Nummern, das heißt für solche die eine Ausfuhr von Hunderten von Millionen Franken in Aussicht haben. England beeilte sich Girard's Verfahren in Ausübung zu bringen, wodurch es das Festland, Frankreich mit inbegriffen, über den Haufen warf (tsrrssss) und zwar auf folgende Art. Durch eine beklagenswerthe Verirrung haben die Schieds richter über die vor LO Jahren stattgehable Bewerbung, nachdem sie die von Philipp de Girard gefundene Lösung der Ausgabe kann ten, dem Ersindungsgeiste, anstatt die französische Industrie aufzu muntern, ohne Zeitverlust von jener so bewundernswerlhen Er findung Gebrauch zu machen, neue, damals unausführbare Be dingungen in Betreff der Feinheit der Erzeugnisse auferlegt. Da durch trieben sie die Bewerber in einen Pfad, der die meisten der selben dem Untergange nahe brachte. Nicht um der Eigenliebe und der Eitelkeit zu fröhnen, wünscht Frankreich die, aus eben so neuen als glänzenden Forschungen entspringenden Ansprüche auf Anerkennung gewürdigt zu sehen, sondern nur, um dem Lande zu zeigen, wie seine ergiebigsten Quellen des Reichthums versanden werden, wenn es zu Schieds richtern in Belangen der Industrie nicht hohe Geister wählt, die fähig sind, die großen Fragen, von denen 25