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Die Bahn. §• i. Die Spur. Dort, wo heute das Maulthier Griechenlands Gaue durchwandert, findet das forschende Auge des Beschauers Spuren tiefer Furchen, deren Unter suchung lehrt, dass es in Stein gehauene, sorgfältig geglättete Kanäle sind, angelegt für die Räder der Fuhrwerke, um sie auf glatter Bahn dahin rollen zu lassen. Doch nicht nur auf Griechenland bleiben die Spurstrassen beschränkt. In weiter Ferne, wohin hellenische Kultur gedrungen, finden wir sie wieder, so in Afrika, als Verbindungen nun verfallener, einst prächtiger Wüsten städte. Wir treffen sie aber auch auf dem Boden Syriens, zwischen Baalbeck, dem Heliopolis der Alten, dem Sonnengotte geweiht, und dem stolzen Palmyra, heute einem Trümmerhaufen versunkener Pracht. 1 ) Diese Spurstrassen, angelegt zum Zwecke der sicheren und erleichterten Fortbewegung der gewaltigen Gottheits-Bildnisse, geben den Beweis der Erkenntniss der Alten des Vortheiles einer glatten Unterlage und der sicheren Führung der Räder der Lastwagen, und sind die Vorbilder unserer heutigen Spurbahnen.*) Der deutsche Bergbau war es, welcher die Idee der Spurstrasse, die niedergegangen war mit dem Verfall des Geistes, neuerdings aufgriff, doch bediente er sich statt in Stein gemeisselter Kanäle hölzerner Bohlen, über welche die schwer mit Erzen beladenen Karren (Hunde genannt) durch Menschenhände bergauf geschoben wurden. Die älteste Beschreibung derlei Grubenbahnen findet man in einem lateinischen Werke, welches Agricola, Bürgermeister der churfürstlichen Stadt Kemnitz schrieb, und welches im Jahre 1557 durch einen Professor in Basel ins Deutsche übersetzt wurde. In diesem Bergwerksbuche ist zu lesen, dass für Zwecke des leichteren Heraufschaffens mit Erz beladener Karren am Boden der schief aufsteigenden Schächte vier Reihen Stränge aus Bohlen gelegt wurden. Die beiden äusseren Stränge bildeten die eigentliche Bahn für die zweiräderigen Karren. D.ie beiden mittleren waren in die Mitte zwischen die äusseren derart enge *) Steiner. Bilder aus der Geschichte des Verkehrs, Prag 1880, pag. 3—7. 2 j Schön. Rectorats-Rede an der technischen Hochschule in Wien, 1886, pag. 48.