Volltext Seite (XML)
X. Band. Chemnitz, den 15. Juli 19Ü0. Nr. 20. 1^' Der JnIerttonSpreiS beträgt pro vtergejpaltene Perrtzetle oder deren Raum 2L Pi. Bei Mederholungen Rabat! -4 Deutsche Beilagen, von denen der Redaction ^ ein Probeexemplar elnzusenden ist, werden unter genauer Angabe der Auflage t billigst berechnet. ^ Maschinisten- und Heizer-Zeitschrift. Arzt« der AiMchex Herkxxöer irr Lexeme sxr Mxs^ixistex xx^ Heizer. Erstes Fachblatt für alle Maschinisten und Heizer Deutschlands und Oesterreich-Ungarns. Die Zeitschrift erscheint am 10. und 25. jeden Monats und kostet jährlich 3,60 Mk. — 2 fl. 25 kr. österr. Währ. Alle Postämter nehmen Bestellungen zum Preise von 0,90 Mk. — 60 Kr. vierteljährlich entgegen. (Deutsche Reichs-Post-Zeitungs-Liste Nr. 1750a I. Anhang für 1898.) Alle Zahlungen und Sendungen, welche sich auf den Anzeigentheil beziehen, sind an die persönliche Adresse Ernst Pilz, Chemnitz, Aue Nr. 9 — alle Beilagen, sowie redactionellcn Berichte u. Postsendungen an die Rcdaclion Ernst Wurr, Leipzig, Querstrasie 1, zu richten. Alle Mittheilungen für den Verband sind an den Vorsitzende,, des Sächsischen Verbandes, Julius Emmerich, Chemnitz, Sonnenstr. 11, zu adressire». Zur Heizeraltsbildung. Als Beweis, wie diese Frage jetzt überall zu lösen versucht wird, daneben auch, wie weit die Meinungen auseinandergehen, entnehmen wir den Mittheilungen aus der Praxis des Dampf kessel- und Dampfmaschinenbetriebes folgende zwei Berichte: 1. Im Württembergischen Ingenieur-Vereine haben bereits im Jahre 1883 und im vorigen Jahre wiederholt Verhand lungen stattgefunden. Von Seiten der Gewerbeaussichtsbeamten im Königreich Württemberg war in den Jahresberichten für 1898 der Vorschlag gemacht worden, es möchten staatlich überwachte Heizerschulen errichtet und in Verbindung hiermit Heizerprüfungen eingeführt sowie Vorschriften erlassen werden, wonach nur geprüfte Heizer zum Heizen von Dampfkesseln zugelasseu werden dürften. Infolgedessen wählte der Württembergische Jngenieurverein eine Commission, bestehend aus 18 Mitgliedern, die über die betreffende Frage in eingehender und lebhafter Erörterung be- rathen hat. Derselben lagen auch die Verhandlungen aus dem Jahre 1883 zu Grunde. Die Beschlüsse wurden einstimmig oder mit einer Mehrheit von mindestens 15 gegen höchstens 3 Stimmen gefaßt, lieber das Resultat dieser Beschlüsse erstattete der Vor sitzende der Commission Bericht an den Württembergischen Ingenieur-Verein am 20. April 1899 und legte folgendes Gut achten der Commission zur Annahme vor. „Das Heizen ist ein Geschäft wie ein anderes Hand werk und zwar kein leichtes, und muß deshalb gründlich erlernt werden. Zu guten Heizern eignen sich nur Leute von ernstem, gewissenhaftem Charakter und klarem Kopfe. Solche Leute werden sich dem Heizen mehr als bisher widmen, wenn ihnen auch entsprechend gute Bezahlung in Aussicht gestellt ist. Lehrstätten finden sich überall da, wo ein geeigneter Mann unter den Augen eines erfahrenen Heizers und neben demselben verwendet werden kann, so daß Meister und Lehrling sich gegen seitig arbeiten sehen. Die Lehrzeit sollte nicht zu kurz bemessen werden. Heizerschulen können eine solche Lehre nicht ersetzen. Zur Vervollkommnung gelernter Heizer eignet sich ein sogenannter Lehrheizer, dessen Aufgabe darin besteht, daß er den zu unterweisenden Heizer vor der von diesem bedienten Anlage auf etwaige Fehler in der bisherigen Behandlung aufmerksam macht, durch eigenes Heizen zeigt, wie es besser zu machen ist, und den Heiz-r so lange unterweist, bis derselbe die ihm ge zeigten Vortheile richtig und dauernd anzuwenden gelernt hat. Zu einer solchen gründlichen Belehrung sind wenigstens 8 —14 Tage, je nach Beschaffenheit des Betriebes und nach den Fähigkeiten des Lernenden erforderlich. Eine spätere Wiederholung solcher Unterweisung, wenn auch von kürzerer Dauer, ist sehr anzurathen, damit einem Zurück sallen in altgewohnte Fehler vorgebeugt werde. Das Herrichten ungelernter Heizer in kurzer Zeit darf nicht Jache eines solchen Lehrheizers sein. Die Heizercurse, bei denen eine Anzahl gelernter Heizer vor einer besonderen Musteranlage durch einen Lehrheizer unter richtet wird, können die oben geforderte Unterweisung des einzelnen Heizers vor seiner besonderen Anlage nicht ersetzen. Wettheizen wird nur da von Nutzen sein, wo es sich darum handelt, bereits fertige und tüchtige Heizer zu noch größeren Leistungen anzuspornen. Für die Heranbildung von Heizern hat es wenig Werth. Je besser die Feuerungseinrichtung in Bezug auf rationelle Ausnutzung des Brennmaterials, also auch in Bezug auf Rauch vermeidung construirt ist, desto besser und sicherer kann der Heizer seine Aufgabe erfüllen, denn wie bei jedem Handwerk hängt die Leistung nicht allein von der persönlichen Thätigkeit, sondern auch von der Güte des Werkzeuges ab. Die Einführung guter Feuerungseinrichtungen ist also, wo immer möglich, zu fördern." Diesem Gutachten gemäß konnte sich die Commission nicht für die Errichtung staatlich überwachter Heizerschulen und für die in Verbindung hiermit gedachte Einführung von Heizer prüfungen aussprechen. Durch Abstimmung war dies auch noch ausdrücklich festgestellt worden; von 18 Stimmen hatten sich für die Einrichtung solcher Schulen und die Einführung von Prüfungen nur 2 ausgesprochen. Gegen Vorschriften, durch welche bestimmt wird, daß nur geprüfte Heizer zum Heizen von Dampfkesseln zugelassen werden dürfen, hatte die Commission ganz entschieden Stellung genommen. Es wurde darauf hingewiesen, daß es sich im vorliegenden Falle nicht bloß um gewisse, übrigens sehr einfache Kenntnisse und Fertigkeiten, sondern in erster Linie auch um unbedingte Zuver lässigkeit, unermüdliche Ausdauer und Gewissenhaftigkeit, also um Charaktereigenschaften handle, deren dauerndes Vorhanden sein durch eine auf Kenntnisse und Fertigkeiten sich erstreckende Prüfung nicht festgestellt werden kann. Ferner wurde der großen Erschwerung gedacht, welche dem Kesselbetriebe durch solche Vor schriften entstehen würde. Man verwies auf die Erfahrungen in Oesterreich, woselbst nur geprüfte Heizer verwendet werden dürfen. Die Behörden inüßten sich nicht bloß mit der Ertheilung von Heizerdiplomcn, sondern auch mit der Entziehung von solchen befassen. Es wurde darauf hingewiesen, daß es in der Technik eine große Zahl anderer Stellungen gebe, in denen die Ver antwortlichkeit noch eine weit größere sei; für solche Stellen dürfte man dann auch nur behördlicherseits geprüfte Personen zulassen. Das öffentliche Interesse, welches gegenüber dem Dampf kesselbetriebe in Betracht kommt, erscheine dadurch vollständig gewahrt, daß der Besitzer oder Inhaber des Kessels die Ver antwortlichkeit für den Betrieb zu tragen hat, und daß die Revisionobeamten bei der Abnahmeprüfung wie auch bei den jährlichen Untersuchungen der Dampfkessel sich jeweils zu ver gewissern haben, daß der Heizer seine Obliegenheiten kennt.