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Band XVM. No. 8. Chemnitz, de« 10. Januar 1908. ( Der Jnserttonspreis beträgt i pro viergespaltene Pel.itze.le oder deren Raum 30 Ps. ! Bei Wiederholungen Rabatt. Deutsche Beilagen, von denen der Geschäftsstelle ein Probeexemplar einzusenden ist, werden unter genauer Angabe der Auslage billigst berechnet. Maschinisten- und Heizer-Zeitschrift Fachblatt des Freien Maschinisten- und Heuer-Bundes Deutschlands, Sch Chemnitz (vormals Sächsischer verband). Die Zeitschrift erscheint am 10. und 22. jeden Monats und kostet jährlich 3.60 INk. Ulle Postämter nehmen Bestellungen zum Preise von 0,90 Mk. vierteljährlich entgegen. (Deutsche Post-Zeitungs Preisliste Seite 91.) Blle Zahlungen und Sendungen, welche sich auf den Anzeigenteil beziehen, sind an die Geschäftsstelle: Ernst Pilz, Chemnitz, Fritz Renterstr. 27, redaktionelle Berichte an dieRedaktion: I uli an Ara lapp, Chemnitz, lhartm an nstr. 12,111 zu richten. Schluß der Redaktion am 3, bezw. 18. jeden Monats. Alle Mitteilungen für den Bund sind an den Vorsitzenden Julius Emmerich, Chemnitz, Sonnenstr. 11, zu adressieren. -» Inhalts-Verzeichnis: 1. Dis Dampfkesislexplosionen während des Jahres 1906 in Deutschland. 2. Moderne Beleuchtungsarten. 3. Bekannt machung, betreffend die Beschäftigung von Kindern bei der Reinigung von Dampfkesseln. 4. Unfälle im Betriebe 2. Das Heilverfahren in der Invalidenversicherung. 6. Entwurf eines Reichs-Vereinsgesetzes. 7. Gewerblich-Soziales. 8. Lohnabzüge als Schadenersatz. 9. Explosionen und Ünglücksfälle. 10. Rechts- und Gesetzeskunde. 11. Bücherschau. 12. Technischer Fragekasten. 13. Juristischer Briefkasten. 14. Bundes- und Vereinsnachrichten. 15. Vereinsberichte. 16. Berichtigung. Die Dampfkesselexplosionen während des Jahres 1906 in Deutschland. Wie alljährlich soll auch dieses Jahr über diese, die Kollegen interessierenden Explosionen berichtet werden und folgen wir dabei der Bearbeitung seitens des Kaiserlichen Statistischen Amtes, welche als Sonderabdruck in den Vierteljahreshefteu zur Statistik des Deutschen Reiches im 3. Heft des 16. Jahrganges erschienen ist. Nicht berücksichtigt werden hierbei die Explosionen der Dampfkessel, welche sich in Benutzung der Militär- und Marineverwaltung befinden, sowie die der Lokomotiven der Eisen bahnen. Für das Jahr 1906 handelt es sich um 15 Explosionen. Nach den Bestimmungen des Bundesrates vom 21. Januar 1897 liegt eine Dampfkesselexplosion vor, wenn die Wandung eines Kessels durch seinen Betrieb eine Trennung in solchem Umfange erleidet, daß durch Ausströmen von Wasser und Dampf ein plötzlicher Ausgleich der Spannungen innerhalb und außerhalb des Kessels stattfindet. Die erste Dampfkesselexplosion erfolgte am 15. Januar vormittags 9 Uhr in der Leipziger Baumwollspinnerei zu Leipzig-Lindenau. Der Kessel war ein liegender Einslammrohrkessel (Well rohr) mit darunter liegendem Heizröhrenkessel ohne Feuerbüchse und ohne Dampfraum (Fig. 1). Der Kessel war zur Krafterzeugung und zu Koch- und Heiz zwecken von der Firma Ewald Berninghaus in Duisburg im Jahre 1896 erbaut und an dieser Stelle in Betrieb gesetzt. Der Kessel hatte einen Betriebsdruck von 11 Atmosphären. Derselbe war für Vorfeuerung mit Braun kohle eingerichtet; die Rostfläche betrug 3,88 Quadratmeter, die vom Wasser benetzte Heizfläche betrug 150 Quadratmeter. Als Speisevorrichtung war eine doppelt wirkende Zwillingsdampfpumpe und zwei Injektoren, sämtlich von hinreichender Lieferungsfähigkeit. Zum Speisen des Kessels wurde Wasser aus dem Elster-Saale-Kanal und Kondenswasser aus der Dampfheizung verwendet. Das dem Kanal entnommene Wasser wurde zu- Fig. 1- nächst in einem Neisertschen Wasserreinigungs apparat unter Anwendung von Soda und schwefelsaurer Ton erde gereinigt und setzte alsdann nicht viel Schlamm und mäßig festen Kesselstein ab. Der Kessel wurde zwei- bis dreimal im Jahre gründlich gereinigt, zuletzt ist die Reinigung nach Aussage des Betriebsleiters und des Kesselwärters im August 1905 vor genommen worden. Im April 1903 sind sämtliche Heizröhren des Unterkessels, mit Ausnahme der Ankerröhren, herausgenommen, gereinigt und wieder eingezogen worden. Ferner sind wieder holt undichte Nähte und Niete am Ober- und Unterkessel nach gestemmt und mehrere Heizröhren nachgewalzt worden. Eine größere Ausbesserung hat der Kessel bisher nicht erfahren. Der Kessel war an 240 Tagen im Jahre und jeden Tag 11 Stunden im Betrieb. Der erste Kesselwärter ist im Februar 1892 angestellt worden, während der zweite Wärter seit Mai 1904 tätig ist, beide ohne Nebenbeschäftigung. Letzte äußere Revision am 15. September 1905, letzte innere Revision am 17. August 1905. Bei dieser zeigten sich Bleche und Nieten im Innern des Kessels in noch schadlosem Zustand. Auf der Bördelung des Hinteren Verbindungsstutzens am Flammrohrkessel mantel zeigten sich einige Nieten und Nahtstellen undicht. Das selbe scheint am vorderen Verbindungsstutzen der Fall gewesen zu sein. Es ist deshalb angeordnet worden, hier das Umhüllungs- Werk zu entfernen, um die Ursache der Sodaansätze zu ermitteln und zu beseitigen. Am Heizrohrkessel zeigten sich die Bördelung und die Bördelungsniete am Reinigungsstutzen und vereinzelte Stellen in allen Bundesnähten undicht. Im Hinteren Stirnboden des Heizrohrkessels mußten zwei Röhren neu eingewalzt werden. Alle erwähnten Schäden sind laut Protokoll am 15. September abgestellt worden.» Die beiden von der Betriebsleitung als zuverlässig be- zeichneten Kesselwärter betraten am 15. Januar zwischen 4 und l/2 5 Uhr morgens das Kesselhaus, überzeugten sich angeblich von dem ordnungsmäßigen Zustand des Kessels und fanden genügend Wasser im Kessel vor. Gegen 1/2 9 Uhr vormittags haben die Heizer nochmals die Ausrüstungsgegenstände des Kessels nachgesehen. In beiden Wasserstandsgläsern soll bis etwa drei Zentimeter über der Marke für den festgesetzten niedrigsten Wasserspiegel Wasser gestanden haben. Das Manometer zeigte eine Dampfspannung im Kessel von ungefähr 10,5 Atmosphären Ueberdruck an. Durch scheinbaren Wasserstand getäuscht, haben die Heizer den Kessel ungenügend gespeist. Als sich beide Heizer gegen 2/4 9 Uhr vormittags in dem Nebenraum aufhielten, in dem die Speisepumpe und der Wasserreinigungsapparat auf gestellt sind, hörten sie einen heftigen Knall. Da gleich darauf Dampf und Flugasche durch die offenstehende Tür in den Neben raum drang, flüchteten beide Heizer durch ein Fenster ins Freie. Der vordere Schuß des Flammrohres vom Oberkessel wurde eingebeult und riß auf. Die Lage des Kessels ist un verändert geblieben. Der erste Flammrohrschuß ist auf eine Länge von 950 mm bis zu 540 mm tief (vom Scheitel der Wellen aus gemessen) eingebeult worden. Die vordere Welle dieses Schusses hat einen vom Scheitel ausgehenden 470 mm langen Riß erhalten, der an der weitesten Stelle 370 mm aufklafft. Dabei hat sich das Material derart ausgedehnt, daß die Wandstärke des Wellrohrs an der Bruchstelle nur 2 bis 3 mm beträgt. Die Bruchstelle hat ein glattes Aussehen und läßt auf genügend gute Beschaffenheit des Materials schließen. Die Ausrüstungsgegenstände sind unversehrt geblieben. An beiden Wasserstandsgläsern waren die unteren Hähne (Ablaß hähne) verstopft. In den Wasserzuführungskanälen zu den Wasserstandsgläsern sowie in dem Stutzen, an dem die Wasser-