IX. Am Ende der Franzosenzeil in Gohlis 1. Eine Napoleonsfeier lange nach den friedlichen Tagen, da Schiller in Gohlis lebte, traten ernste weltgeschichtliche Ereignisse ein, die ganz Europa erschütterten. Unter den schmerzlichen Wehen der großen französischen Revolution wurde ein neues Zeit alter geboren. Napoleon trat auf. Bald dröhnte die Welt vom Getümmel seiner be geisterten Heere und vom Donner seiner gewaltigen Schlachten. Mit vielen anderen Reichen sank auch Preußen vor ihm in den Staub. Da brach im Winter 1812 auf den Eisfeldern Rußlands das Verhängnis über den Stolzen herein, dem nichts zu schwer und zu gewaltig erschien. Zur Jahre 1813 erhoben sich die Völker, um den großen und lästigen Friedens störer niederzuringen. In Preußen mar jene gewaltige Begeisterung erwacht, die alles, jung und alt, vornehm und gering, mit sich fortriß, und auch in Sachsen erglühte wohl manches Herz bei dem Gedanken an Deutschlands Befreiung von französischer Fremdherr schaft. Das sächsische Herrscherhaus aber war durch Vertragspflichteu gebunden, zu Napo leon zu stehen. Die Franzosen schalteten und walteten als unsere Bundesgenossen im Lande. Im Gohliser Schlosse wohnte im Monat März der französische Marschall Davonst, der beim Nahen der Österreicher den Ort verlassen mußte. Kurze Zeit darauf sind die Franzosen wieder Herren im Orte. Bis zum 15. August hatte Napoleon einen Waffenstillstand mit den Verbündeten ge schlossen, um die Einmischung Österreichs in sein großes Spiel abzuwenden. „Zu Anfang des August konnte er schon voraussehen, daß es ihm nicht gelingen würde. Man suchte daher, um sich nichts zu vergeben, diese und jene kleine Formalität, wozu auch die Feier des heiligen Napoleonstages, des 15. August gehörte, abzumachen. Da der Waffenstillstand zu dieser Zeit ablief, so anticipierte man, da der heilige Napoleon sich überhaupt an Zeit und Tage eben so wenig, wie an Stund und Tag, Orter und Gebräuche bindet, das Fest, und verlegte es auf den 10. Da es ordonnanzmäßig durch die ganze Armee gefeyert werden mußte, so war wohl zu erwarten, daß es der Herzog von Padua so glänzend als möglich begehen würde. Er veranstaltete daher vor allen Dingen eine große und glän zende Parade, bep welcher auch die Bürgergarde figurieren mußte. Hundert Kanonen schüsse sollten den Enthusiasmus, diesen Ehrentag mit Dank und Freude zu begehen, da er so fest in uns schlief, aufwecken. Der Herzog gab uns bey dieser Gelegenheit ein Bey- spiel seiner Frömmigkeit, die uns bisher unbekannt geblieben war, er fuhr nämlich in die Kirche, und verrichtete seine Andacht wirklich mit großer Devotion." (L. Hußell.)