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Sächsischer Landes-Anzeiger : 14.02.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-02-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188802147
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880214
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880214
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-02
- Tag1888-02-14
- Monat1888-02
- Jahr1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 14.02.1888
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— Nr. S7. — 8. Jahrgang. - L« leben Wochentag Abend (mit Datum de» folgenden Tage») zur Versendung gelangende „Sächsische LandeS-Anzrtger" mit täglich einem besonderen Unter« baltungSblatte und mit dem Ertrabeiblatt Lustige» Bilderbuch kostet bei den Ausgabe« stellen monatlich 70 Pfg., bei den Post Anst. 75 Pf. (1888er ZtgS.-PreiSliste Nr. 5035.) Für Abonnenten erscheint je einmal im Jahr: Sommer-Eisenbahnfahrolanheft für Sachsen. Vinter-Eisenbalinfahrdlanliest für Sachsen. Jllustr. «alender de» SSchsischen Landboten. IllnstrirterIahrerbuchdeSLander-Anzeiger-. FLchsischer Ailiies-Ailseisskr mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. PieuStag, 14. Februar 1888. 8M: Mcki Me, Buchdnickerel. Chemnitz. Dheaterslraße 5 (Fernsprechstelle Nr. ISS). Delegr -Adr.: LandeS-Anzelger, Chemnitz. Mit täglich einem besonderen Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 4 Sächsisches Allerlei — 6 Jllnsirirtes UnterbaltnngSblatt — 6 Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Luftiges Bilderbuch. Telegraphische Nachrichten. Vom 12. Februar. Prag. „Narodny Listy" bezeichnen den Antrag Knotz auf Ein verleibung des deutsch-österreichischen Vertrages in das Staatsgrund gesetz als „hochverrätherisches und rohes Treiben seitens preußischer Agenten." Die Blätter der Alttschechen treten für den Schulantrag Liechtenstein ein. Petersburg. Die hiesigen Blätter ziehen aus der Rede Lord Salisbury's und den Aeußerungeu Fergusson's und Gladstone's den Schluß, daß eine Schwenkung Englands zu Gunsten Rußlands in Sicht sei, hervorgerufcn durch die vermeindlich die Politik Englands verletzende Rede des Fürsten Bismarck (!). Die Engländer, so meinen jene Blätter, begännen einzusehen, daß Fürst Bismarck den englischen Einfluß im Orient ignorire. Die „Nvwosti" allein folgern aus den im britischen Parlament gehaltenen Reden, daß auch England in Gemeinschaft mit Oesterreich und Deutschland dem eventuellen Vor dringen Rußlands auf der Balkanhalbinsel entgegeutreten wolle. Odessa. Laut Verfügung des Unterrichts-Ministeriums wird die Universität am 13. Februar wieder eröffnet. Rom. Die Anwesenheit zweier eng..scher Geschwader in Spezia und Genua wird hier allgemein als ein hochernstcs Zeichen der Situation betrachtet. Madrid. In der Sitzung der Deputirtenkammer erklärte der Minister des Innern in Beantwortung einer Ansrage des Deputaten Römers Roblcdo, daß das Gerücht, dem Herzog von Montpensier sollte der Aufenthalt in Spanien untersagt werden, unbegründet sei. Im weiteren Verlaufe der Sitzung beschloß die Kammer, den Antrag eines Deputaten, die Einfuhr für Jndustriczwecke bestimmten Alkohols mit außerordentlichen Zöllen zu belegen, in Erwägung zu ziehen. Politische Rundschau. Chemnitz, den 13. Februar. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm feiert am 15. Februar sein siebzigjähriges Jubiläum als Chef des russische» Infanterieregi ments „Kaluga". Eine größere Abordnung des Regiments wird in diesen Tagen in Berlin erwartet, um den Kaiser zu beglückwünschen. Als der Kaiser 1818 das Regiment erhielt, war er noch junger Oberst und führte das erste Gardcregiment zu Fuß und gleichzeitig die erste Garde-Jnfantcriebrigade. Er war kurz zuvor am 15. Jan 1818 von einem längere» Aufenthalt in Petersburg zurückgekehrt. Wohin er seiner Schwester, der Prinzessin Charlotte und späteren Kaiserin von Rußland, das Brautgeleit gegeben hatte. Das Kaluga- Rcgiment war das zweite Regiment, welches dem damaligen Prinzen Wilhelm verliehen worden war. Das erste war das jetzige Königs- Grenadier-Regiment (2. westpreußisches Nr 7), dessen Chef der Kaiser seit dem 6. Juni 1817 ist. — Aus San Nemo sind folgende Bulletins vom Sonntag ein gegangen: 11. Febr., 10 Uhr 30 Min. Abends. Das gute Befinden Sr. K. K. Hoheit des deutschen Kronprinzen hat auch im Lause des heutigen Tages angedauert. Mackenzie, Schräder, Krause, Bramann, Hovell. 12. Februar, 11 Uhr Vormittags. Der Wundverlanf bei Sr. Kaiser!, und König!. Hoheit dem Kronprinzen ist durchaus be friedigend. Das gute Befinden von gestern hat sich nicht verändert. Die Nacht war gut, Fieber und Schmerzen sind nicht vorhanden Mackenzie, Schräder, Krause, Hovell, von Bergmann, Bramann. — Der Kronprinz begrüßte Sonntag die Aerzte mit Hellem, munterem Blick. Sprechen durste er kein Wort. 12. Februar, Nachmittag. Der Kronprinz hat von Mitternacht bis >/,7 Uhr Morgens ohne Unterbrechung geschlafen. Er spürt Appetit. Professor v. Bergmann findet das Aussehen der Wunde sehr günstig; derselbe bleibt bis auf weiteres in San Remo. — Nach der „Nat.-Ztg." befand sich der Kronprinz am Nachmittag schon so Wohl, daß er für einige Stunden das Bett verlassen 'konnte. Eine Besichtigung des Halsleidens ist wegen der dauernden Schwellung zur Stunde nicht möglich. — Die Nachrichten sind also so gut, wie nur möglich. — Der Reichskanzler Fürst Bismarck konferirte am Sonntag mit dem russischen Botschaft« Grafen Schuwalow; auch mit dem in Berlin anwesenden englischen Handelsminister Baron Worms hatte der Kanzler eine längere Unterredung. — Der Centrumsführer Frhr. von Franckenstein war am Freitag zur kaiserlichen Tafel geladen. — Die „Pol. Korr." meldet aus Warschau, daß bei Pinczow ^Gouvernement Kiclce) vier Tscherkessen-Regimenter neu aufgestellt eien. Dasselbe Blatt konstatirt in einer Berliner Zuschrift, daß das deutsch-österreichische Bündniß, wie aus des Reichskanzlers Rede zur Genüge hervorgehe, nur zu Wahrung des Friedens abgeschlossen sei. Wer den Frieden breche, werde eine furchtbare Verantwortlichkeit auf sich laden. — Die „Köln. Ztg." schreibt, es könne auf Grund der bestehenden Friedensverträge als ausgemacht gelten, daß Rußland und Frankreich, wenn sie gemeinsam auch nur einen der verbündeten Staaten angreifen würden, die ganze Kriegsmacht von Deutschland, Oesterreich- Ungarn und Italien zu bekämpfen haben würden. Dieser Kriegswall werde hoffentlich den Krieg hinausschieben helfen für lange Zeit. — Die Nachricht der „Köln. Ztg.", zu strategischen Eisenbahnen m Osten würden vom Preußischen Abgeordnetenhause gegen hundert Millionen Mark gefordert werden, ist unbegründet. In der Vorlage dürften sich allerdings 6 Millionen Mark für den Antheil Preußens an den Kosten des Umbaues der Bahnstrecke Dirschau-Marienwerder rnden, der meist im militärischen Interesse vorgenommen wird und zu welchem auch das Reich 9 Millionen Mark giebt; cs ist auch nicht zu bezweifeln, daß noch ein oder der andere Bahnbau im Osten Preußens vorbereitet wird, den man als strategisch wichtigen bezeich nen kann, allein von einer Verwendung von hundert Millionen ist auch nicht annähernd die Rede. Die Vorlage wird in gewohnter Weise alle Theile Preußens mit neuen Bahnen bedenken. — Der Beginn der Erdarbeiten für den Nordvitseekanal steht für das Frühjahr in sicherer Aussicht, nachdem der Grundcrwerb günstige Fortschritte gemacht hat. Die Vorarbeiten schreiten günstig vorwärts, das vorläufige Planfcststellungsverfahren »ach dem Expro- oriativnsgesetz ist für die ganze Kanallinie beendet. Die Vorarbeiten ür eine Bahn von Kiel nach der Ausmündung des Nordostseekanals bei Holtenau habe» begonnen. — Dem Reichstage ist im Anschluß an das Militär-Anleihegesetz der darauf bezügliche Nachtragsetat für 1888/89 zugegangen. Der selbe fordert für das nächste Etatsjahr zur Verzinsung des vorläufig flüssig zu machenden Betrages der Anleihe die Summe von 2,800,000 Mark in Ergänzung der datierndeu Ausgaben. Von den einmaligen Ausgaben aus Anlaß der Aenderungen der Wehrpflicht entfallen auf Preußen allein 212,901,970 Mark. — Der Oberreichsanwalt in Leipzig hat nunmehr die gerichtliche Voruntersuchung gegen Oppcl, Slreisguth und Girard wegen Beihilfe zum Landesverrat!) eröffnen lasse». Untersuchungsrichter ist Land richter Munzinger in Straßburg. — Der Ausschuß des „Vereins der Spiritusfabrikantcn in Deutschland" war an den beiden letzten Tagen der Vorwoche im Club der Landwirthe in Berlin versammelt und berieth über das bekannte Project der Spiritns-Commissionsbank. Nach langer Debatte gelangte er zum Entschlüsse, die Angelegenheit zwei Mitgliedern des Ausschusses zur weiteren Verfolgung zu übergeben. Man giebt sich der Hoffnung hin, daß die Angelegenheit bis zur Generalversammlung des Vereins doch noch endgiltig werde geregelt werden können. — Eine Grenzaffaire. Die „Straßburger Post" berichtet aus Lützelhausen im Elsaß: Am Donnerstag Abend um 8 Uhr wurde auf dem Wege zwischen hier und Urmatt am Walde bei Müllerhvf ein Mordversuch gegen den Polizeicommissar Stempel von Mölsheim unternommen. Als dieser Beamte in der Dunkelheit des Abends sich allein aus der Straße nach Urmatt befand, um von dort mit seinem Wagen nach Hause zurückzukehren, erhielt er Plötzlich ganz unerwartet einen Schuß, der ihm über der Schulter durch den Mantel drang, Schelm von Bergen. Historische Novelle von A. von Limburg. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Die Angeredcte schob eine rundliche Kinderhand, mit Grübchen über den feinen Knöcheln, durch die Eiscnstäbe. Die rosigen Finger spitzen bebten nicht vor Anregung, warum auch, ein Hofsräulein der Kaiserin war doch allemal sicher genug, einen vornehmen, angesehenen Gatten zu bekomme«, und diese Gewißheit war doch schließlich die Hauptsache für die kleine Lichtensteinerin, welche nur noch gar zu gern erfechten hätte, wann dieser Zeitpunkt wohl cintreffen würde. Das Nunenweib sah sich die kleine Hand mit einer gewissen flüchtigen Nichtachtung an: „Dein Schicksal, Jungfrau," sagte sie, „gleicht dem Tropfen im unendlichen Meere, Du wirst freien und Kinder haben, das ist Alles, was ich Dir zu sagen vermag." Das junge Fräulein zog mit einer schnippischen Bewegung den Arm zurück, sie rümpfte gewiß recht verächtlich das seine Stumpf näschen unter dem dichten Schleier. Die Kaiserin raunte dem Fräulein von Dassel einige leise Worte zu, worauf diese einen seidene» Beutel unter ihren Gewändern her- vorzog und ihrer Gebieterin dareichte. Adelheid entnahm daraus achtlos so viele Silbermünzen, als sie mit der Hand fassen konnte, und warf sie durch das Gitter der Hexe zu, so daß die einzelnen Stücke weit umherrollten. „Da, nimm, Runenmutterl" rief sie lebhaft aus und versenkte abermals die Hand in den Beutel. „Auch das noch, wenn Du uns einen guten Heil- und Kräftigungstrank für einen wundgeschlagenen Mann mitgiebst." Die Alte beachtete die ihr zugeworfenen Geldstücke anscheinend gar nicht, nur ihre Augen funkelten einen Moment habsüchtig auf, sie wandte sich aber, als Antwort auf Adelheid's Worte, dem Hinter gründe der Höhle zu, wo sie verschwand, um das Verlangte herbei zuholen. Ihre große, knochige Gestalt schien von affenartiger Ge lenkigkeit zu sein, denn Während sie sich in das Innere ihrer Behausung zurückzog, um gleich darauf wiederzukehren, schrumpfte sie abermals zu der koboldgleichcn Kleinheit zusammen, in der sie An sangs erschienen, wahrscheinlich weil es in den Tiefen ihrer Höhle zu niedrig war, um aufrecht darin zu gehen.- Als sie wieder aus der Dunkelheit hervor in den erleuchteten Umkreis de» Altar» trat, wuchs ihre Gestalt auf's Neue zu der Höhe eines Hünenweibes empor, dessen gebieterische Haltung einen über wältigenden Eindruck machte. Sie trug eine kleine Phiole in der Hand, die sie der Kaiserin darrcichte. „Nimm", sagte sie, „und laß ihn diesen Trank in dreimal vier undzwanzig Stunden leeren. Der Narr kann alsdann seine Späße und Schalksstreiche auf's Neue beginnen." Die fürstliche Frau zuckle bei diesen Worten zusammen; war sie trotz ihrer Vermummung und dem Geheimniß, mit welchem sie sich umgeben hatte, dennoch erkannt? Oder besaß jenes Weib in der That übernatürliche Kräfte, welche ihr Gegenwart und Zukunft enthüllten? Einen Moment flog ihr der Gedanke an das ungestaltete Geschöpf, welches vorhin über ihren Weg gehascht war, durch den Kopf; es war kein Zweifel, daß es die Hexe gewesen, welche auch das be waffnete Gefolge bemerkt haben mochte, aber wenn auch, wie war es denkbar, daß sie sofort den ganzen Vorgang zusammenreimen konnte ? Adelheid hatte, wie schon früher bemerkt, eine weit über die Begriffe der Zeit gehende Bildung und Erziehung genossen, trotzdem konnte sie nicht ganz frei sein von Aberglauben und ein unheimliches Ge fühl beschlich sic; auch ihre Stimme hatte nicht mehr den Hellen, zu versichtlichen Klang von vorhin, als sie sagte: „Ich verstehe Eure Worte nicht, Runenmutter, habt indessen unser» Dank, wir wollen heimwärts gehen." Wieder flog eine Hand voll Silbermünzen durch das Eisengitter. Ilse Fryberg hatte die Phiole mit dem Trank an sich genommen und fort schlüpfte» die vier dunklen Gestalten, eilfertig wie sie gekommen, während ein hohnvolles dämonisches Gelächter hinter ihnen her tönte. Am anderen Morgen erbat sich die Tochter des Reichsschulthcißcn von ihrer Gebieterin eine geheime Unterredung, welche ihr sofort be willigt wurde. , Der Kaiserin hatte das geheimnißvolle Abenteuer vom ver gangenen Abend doch nicht ganz das Vergnügen gewährt, welches sie sich davon versprochen gehabt. Je länger sie hinterher über den dunklen Spruch der Hexe nachdachte, desto mehr fühlte sie sich pein lich davon berührt, während er ihr im ersten Augenblick gar nicht so bedenklich vorgekommen war. Wenn das Weib sie überdies vielleicht gar erkannt hatte, oder doch ahnte, wer sie war, so mochte es sich immerhin ereignen, daß die Sache ruchbar wurde und auf eine oder die andere Weise auch dem Kaiser zu Ohren kam, was ihr dann allerdings Verdruß cintragcn konnte, da der Kaiser derlei aben teuernde Fahrten, wie Adelheid sie liebte, am allerwenigsten leiden konnte. und kurz darauf einen zweiten, der ihn unterhalb des rechten Kntee« traf, wo das Geschoß stecken blieb. Glücklicherweise ist die Verwund ung nicht gefährlich, da der Knochen nicht verletzt ist. Ein Racheakt scheint vorzuliegen, weil der Thäter sofort nach Abgabe der Schüsse das Weite suchte und sich seinem Opfer nicht mehr näherte, obwohl er wußte, daß er getroffen hatte. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln ist natürlich sofort die Untersuchung eingeleitet, und eS wird hoffentlich gelingen, den Mordgesellen zu ermitteln. Oesterreich-Ungarn. Die Wiener „Neue Freie Presse" will aus Rom die Hauptpunkte der Bündnißverträge zwischen Oesterreich, Deutschland und Italien erfahren haben, doch wird die Richtigkeit dieser Meldungen bereits bestritten. Das Blatt sagte nämlich: der Vertrag zwischen Oesterreich und Italien verpflichtet Oesterreich zu wohlwollender Neutralität im Falle eines italienisch-französischen Krieges; Italien ist zu dem gleichen Verhalten im Falle eine- österreichisch-russischen Krieges verpflichtet; endlich übernimmt Oester reich die Verpflichtung, die italienischen Interessen im Mittelmeer nach Kräften zu fördern und auf der Balkanhalbinsel nichts zu unter nehmen, ohne sich vorher mit Italien ins Einvernehmen gesetzt zu haben. Nach dem Vertrage zwischen Italien und Deutschland ver pflichten sich beide Theile, daß keiner von Beiden den Frieden will kürlich brechen werde; falls Einer oder der Andere von Frankreich angegriffen wird, so verpflichten sich die Kontrahenten, einander mit ihrer gesammten Kriegsmacht beizustehen. Eine dem Vertrage hinzu gefügte Klausel bestimmt, falls Frankreich und Rußland gegen Oesterreich und Deutschland oder auch nur gegen Deutschland allein einen Angriffskrieg unternehmen, so tritt die gesammte Kriegsmacht der drei verbündeten Staaten in Aktion. Der Berichterstatter de» Wiener Blattes will auch wissen, daß diese Verträg» eine Ergänzung finden in besonderen Vereinbarungen zwischen Italien, Oesterreich und England, um die österreichischen und italienischen Küsten vor feind lichen Landungen zu schützen. Frankreich. Die Budgetdebatte in der Kammer verläuft bis her sehr still. Etwa zu Ende des Monats wird die Entscheidung über den Fortbestand des Ministeriums Tirard erwartet. — Kom menden Donnerstag wird Wilson wegen seines Ordensschachers vor dem Pariser Zuchtpolizeigericht erscheinen. Man glaubt nicht, daß ihm viel geschehen wird. Wahrscheinlich kommt er mit einer Geld buße fort. — Die Meldungen von einem Krawall zwischen Christen und Muselmännern in Beyruth in Syrien haben sich als unbegründet herausgestellt. Italien. Die von der Kammer beschlossenen beträchtlichen Erhöhungen landwirthschaftlicher Zölle sind sogleich in Kraft getreten. — Die „Agencia Stefani" erklärt die zuerst von Pariser Blättern verbreitete Nachricht, daß der Beschluß gefaßt sei, die Truppen auS Massauah zurückzurufen und daß die Lage der Italiener in Afrika unhaltbar sei, für unrichtig. Ebenso wird eine Meldung dementirt, daß die italienischen Truppen am 7. Februar von den Abessyniern eine Niederlage erlitten hätten und daß der General San Marzano Verstärkungen verlangt habe. Bei Massauah ist die Lage ganz un verändert. England. Die vom Ministerpräsidenten Salisbury im Ober hause des Parlamentes abgegebene Erklärung, er vertraue auf Er haltung des Friedens, weil er, gerade wie der deutsche Reichskanzler, überzeugt sei, daß der Zar keinen Krieg wolle, hat einen vortrefflichen Eindruck gemacht, aber auch zu dem albernen Gerücht Anlaß gegeben, England werde sich bei einem großen europäischen Conflict mit Frank reich und Rußland verbinde». Das Unsinnige dieser Annahme liegt aus der Hand. Wie im Obcrhause ist auch im Umerhause mit großer Theilnahme des deutschen Kronprinzen gedacht und sind innige Wünsch« für seine Genesung ausgesprochen. — Die Königin und Prinz Oskar von Schweden sind in London angekommen. — Der Bischof von Exeter hat für den Bereich seiner Diöceie besondere Fürbitten für den deutschen Kronprinzen und die kronprinzliche Familie angeordnet. — In Galway (Irland) wurden vierzehn Personen, darunter zwei Stadt- Es gab in dem strahlenden sonnigen Dasein Adelheid's von Vohburg einen dunklen Punkt, einen tiefen Schatten, der, einem drohenden Gespenste gleich, von Zeit zu Zeit vor ihrem geistigen Auge aufstieg: die Kaiserin hatte keine Kinder — sie brachte dem Gemahl nicht den heiß ersehnten Erben seiner Krone. Sie wußte von zuverlässiger Seite, daß man schon leise anfing, zu versuchen, dem Kaiser den Gedanken an eine Scheidung einzuflüstern und ihn langsam damit vertraut zu machen. Sie wußte auch, daß bielang jeder derartige Versuch an Friedrich's Liebe zu ihr gescheitert und entschieden zurückgcwiesen war. Aber wer konnte sagen, was in der Zeiten Schooße ruhte . . . Sie mußte sich hüten und durfte sich keine Blößen geben, und doch riß ihr leichtlebiger Sinn sie fort während zu Unvorsichtigkeiten hin, die von Feinden benutzt werden konnten und wurden. So war die hohe Frau mißgestimmt über den Erfolg ihres gestrigen Ausflugs, unzufrieden im Grunde mit sich selbst, daß sie ihn unternommen, und infolgedessen überhaupt in schwärzester Laune. Die Ankunft ihres jungen Hoffräuleins bot ihr eine willkommene Verscheuchung unliebsamer Gedanken. Eine ganze Weile hatte Adelheid's leichter Fuß auf und ab ihr Wohngemach durchmessen, als das junge Mädchen bei ihr eintrat. Der Fürstin einfaches Gewand von feiner, weißer Wolle schleifte lang hinter ihr her; sie trug keinen Schmuck oder anderen Zierrath zu so früher Stunde, als ihren vielgerühmten Gürtel, der sich von dem weiße» Grunde um so strahlender abhob. „Seid mir willkommen, Ilse," redete die Kaiserin gütig das junge Fräulein an und reichte ihr zum Kusse die schöne Hand. „ES thut mir wohl, heute besonders wohl, in Eure ehrlichen Augen zu schauen, die von keinem Falsch wissen! Das Runenweib sagte es wohl gestern, daß Ihr ein treues Herz besäßet!" „Treu ist cs schon, hohe Frau," antwortete Ilse erröthend und beugte sich tief über Adelheid's Hand, „aber doch sonst ein dummes, verzagtes Ding, das erst heute nach langen Kämpfen mit sich selbst den Muth findet, sich an die gütigste der Kaiserinnen zu tuenden." „Ihr seht mich erstaunt, Ilse, was kann es sein, das Euch in solcher Bewegung zu mir führt, denn — Ihr seid erregt — nein, leugnet es nicht, setzt Euch hierher zu mir!" Die Fürstin zog das junge Mädchen neben sich auf einen nied rigen Schemel. So, nun redet frei heraus." Fortsetzung folgt.
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