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Sächsischer Landes-Anzeiger : 14.06.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188906142
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18890614
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18890614
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1889
- Monat1889-06
- Tag1889-06-14
- Monat1889-06
- Jahr1889
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 14.06.1889
- Autor
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Sächsischer Die an jedem Wochentag Abend (mit dem Datum deS folgenden Tages) zur Ver sendung gelangende unparteiische Zeitung „Sächstwer LandeS-Anzeiger" mit täglich einem Extra-Beiblatt! 1. Kleine Botschaft g. Sächsischer Erzähler g Sächsische GerichtSzeitnng 4. Sächsisches Allerlei b. Jllustr. Nir1erhalt»m„öblatt 6. Sonntagsblatt 7. Lustiges Bilderbuch kostet bei de» Ausgabestellen iiionatllch 70 Pfg-, bei den Post-Anstalten 75 Psg. zW-es-Allskigkr. Unparteiisch > tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Die Hg,Iptblütter des „SSchs. LandeS-AnzeigerS» erscheinen (ohne dessen Extra-Beiblätter) auch in einer billigeren Sonder-AuSgabe alS» „Chemnitzer General-Anzeiger" für monatlich nur 50 Psg. mit Zntragen; außerhalb Chemnitz monatlich 57 Ps. mit Zutragen. (Post-ZeitungZ-PreiSliste: unter Nr. 1277.) Der Stichs. LandeS-At in der Post-ZeilungS Freitag, 14. JM188S. Kimer-Lisenbahnfahrplanhei. Jllustr. skatender de- Sächsische» Landdote«. JllusttirtesJahresbuch des üandeS-Auzeigers. «erlags-Anstalt: Alexander Wiede Chemnitz. Theaterstraße Nr. 5. Fcrnsprech-Anschluß Nr. 138. Telegr.-Adr.: LaudeS-Anzeiger, Chemnitz. «nztisicnprriS: Na»», einer schnialcn CorpuSzeile 15 Psg. — Bevorzugte Stelle (Isvaltige Petitzeile) 30 Psg. — Bei Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung. — Bei Bestellungen von Auswärts wolle man den Einn'icklliicisbetrtisl (in Briejrinnlen) beifügen ije 8 Silben Cerpusschrift bilden ca« 1 Zeile.) — Anzeigen können nnr bis Vormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auflage längere Zeit erfordern. Tie Anzeig » sind«, ohne PreiSausschlag gleichzeitig Verbreitung durch den „Chemnitzer Gcncral-Anzeiger" (billigere Sonder-Ausgabe der Hauplblätter des „Sächsischen Landes - Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-B-iblätter. Amtliche Anzeigen. Wegen Umbaues wird die Schloßteichdammstraße in der Strecke zwischen dem städtischen Freibad und dem Fischweg von jetzt ab bis auf Weiteres sür de» Fahr- «nd Fußverkehr gesperrt. Der Verkehr hat daher ausschließlich aus dm» vor der obcubezeichueten Straßenstrecke befind liche» Theil der Promcnadenstiaßc stattznsittdcn. Chrmnitz, de» 12. Juni 18 9. Das Polizeiamt. Siebdrat- Vtr. In dein Coucursverfährc» über das Vermöge» des SchuhmachermeistcrS und SckiuhtvaarenhSttdlers Carl August Moritz Schmidt i» Chemnitz ist infolge eines von dem Gcmeinschnldiier gemachten Vorschlags zu einem Zwaugsvcrgleiche Bergleichstcrmiii auf den 27. Juni 1»«S, Nachmittags 4 Uhr vor den. Königliche» Amtsgerichte hiersclbst anberaumt. Chemnitz, den 12. Jnui 1889. Pötzsch, Eerichtsschiciber des Königlichen Amtsgerichts, Abtheilung L. Diasitnachrichten imseres Anzeigers. Vom 13. Juni. Wien. Der Berliner Correspoudent der „Wiener Presse" sagt bezüglich des bekannten, von der gesammten russischen Presse mit wildem Freudengeschrei begrüßten Trinkspruchcs des Zaren: „Je häufiger dergleichen Symptome, desto bedenklicher wird die glatte Durchführung der russischen Conversionen; ohne Mitwirkung des deutschen Kapitals sind sie unmöglich und werden ferner unmöglich sein, wenn dazu berufene Stellen in der Kennzeichnung ihrer wahren Gefühle für Deutschland nicht größere Mäßigung bekunden. Die Korrespondenz hebt hervor, daß eifrige russische Rüstungen an der Westgrenze stattfänden. Die Lage der russischen Landwirthschast sei sehr unsicher. Rußland sei unter solchen Umständen nicht berechtigt, ein freundschaftliches Ent gegenkommen der Nachbarn zu verlangen." Wien. (Priva tnachricht.) Das „Wiener Tageblatt" meldet: In diplomatischen Kreisen geht das Gerücht, der Zar hätte kürzlich geäußert, er werde nicht dulden, daß noch einmal deutsche Truppen in Paris einmarschirteu. Budapest. (Privatnachricht.) Amtliche Berichte constati'reii, daß die Saale» gelitten haben und Rost und Brand in mehreren Gegenden aufzutreten beginnen. Belgrad. (Privatnachricht.) Infolge eines Gerichts beschlusses wurde Garaschanin gestern freigelasscn. , Rom. (Privatnachricht.) Der Papst leidet an Schlaf losigkeit und Nervenüberreizung. Politische Ruudschau. Chemnitz, 13. J»n,'. Deutsches Reich. Der Schah von Persien in Berlin. Am Mittwoch Nachmittag entsprach der Kaiser mit dem Schah von Persien einer Einladung des persischen Gesandten zum Diner. Schah Nassr Eddin besuchte vorher noch das Aquarium, das Pano rama, das Aomiralsbad, woselbst er ein Bad nahm, den Zoologischen Garten und andere Sehenswürdigkeiten und sprach wiederholt seinen lebhaften Beifall ans. Für das Diner batte der Persische Gesandte seine ganze Wohnung festlich geschmückt. Heute Donnerstag Vor mittag reist der Schah zu». Besuch der Ausstellung „ach Kassel, später nach Essen zur Besichtigung des Krnpp'schen Etablissements. Der Schah hat in Berlin nicht versäumt, zu betonen, ein wie großes Gewicht er auf die möglichst guten Beziehungen zwischen Persien und dem deutschen Reiche lege und wie er hoffe, daß die gegenseitigen Handelsbeziehungen sich segensreich gestalten möchten. Weiter gab Nassr-Eddin seiner hohen Verehrung für die Kaiser Wilhelm I. und Das Phantom. Criminal-Novelle von Gustav Höcker. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Mit unerbittlichem Zartgefühl gab indcß der Cvmmissar das Heft zurück. Henne nahm es und hielt es sehr unschlüssig in der Hand. Er konnte es nicht überwinden, eine so vortreffliche Gelegen heit, sich dem Ober-Commissar als Poet vorznführcn, vorübergehen zu lassen. „Bitte, Herr Ober-Commissar," sagte er, „wenn eS Ihnen Ver gnügen macht, — jenes Gedicht, — es ist von mir." „Ich fürchte nur," eittgegnete dieser, „es könnte vielleicht ein zartes Geheimniß —" „Oh! bitte, Herr Ober-Commissar, — wenn Sic cs lese» wollen, — es ist ein Sonett." Mit einer dankenden Neigung des Kopfes nahm der Commissar das Blatt wieder ans Henne's Hand und las, während Henne in ruhmcslüsterner Erwartung seine Miene» belauschte. Es war ein glühendes Liebesgedicht, worin eine Dame niit kohlschwarzen Augen und rabenschwarzem Haare besungen wurde. „Wunderschön!" sagte der Cvmmissar, als er zu Ende gelesen hatte, „und darf man wissen, ob dieses — dieses Sonett nur eine Phantasie oder einer Person gewidmet ist, die in Wirklichkeit existirt?" „Es ist Wirklichkeit!" hauchte Henne. «Also schöne Wirklichkeit. Oder mit anderen Worten: Ihr Herz hat einen zarten Gegenstand gesunde», — Sie lieben!" Ein tiefer Seufzer entstieg Henne's Brust. „Es giebt Geheimnisse", sagte Henne, den dieses Thema schnell vertraulich machte, „für welche die Brust zu eng ist. Wie schön ist es, wenn man einen Freund besitzt, mit dem man Vertrauen tauschen, dem man sein Herz ansschütten kann. Ach! daß mein armer seliger .Moorländer so schmählich dahingehcn mußte!" „War der Maler Ihr Freund?" „Er war mein Freund!" entgcgnete der ehemalige Farbcnreiber, den das Andenken an den grausam Gemordeten stets so weich stimmte, dqß es ihm wirklich vorkam, als sei dieser sein Freund gewesen. «In der Thal," sagte Petersen theilnehmend, „das habe ich mir gleich gedacht. Ja! es ist schmerzlich, wenn der Tod mit ranher Hand ein so inniges Frenndesband zerreißt, wie cs zwischen Ihnen, dem genialen Maler —" Henne nickte wehmüthig. Friedrich beredten Ausdruck. — Der Schah hat der Kaiserin Victoria Augusta eine ungemein kostbare Agraffe, bestehend aus einem Smaragd von seltener Größe, umgeben von großen Diamanten, zum Geschenk verehrt. Graf Herbert Bismarck erhielt sein Bild in Diamanten. — Bei der Rundfahrt durch Berlin am Mittwoch machte sich be sonders der Liebling des Schah, ein neunjähriger Knabe, bemerkbar. Der Kleine, welcher ein ganz besonderes Selbstbcwußtsein zur Schau trägt, war im schwarzen Tuchanzug mit persischer Weste, an der eine mächtige Uhrkette hing. Bei der Rückkehr nach Bellevue erkundigte der Schah sich stets sofort nach seinem Liebling, der dann herein gebracht ward und seinen Gönner herzte und küßte. Der Schah nahm den Knaben auf den Arm und spielte mit ihm. Die Perser haben übrigens seit ihrer letzten Reise viel an europäischer Bildung ge wonnen »nd sehr viel gelernt. So verwahrten sich die Herren z. B. dagegen, daß ihre großen schweren Koffer in die Zimmer gebracht wurden, weil die kostbaren Teppiche darunter zu leiden hätten. Sie ließen sich in, Erdgeschosse Räume anweisen, wo die Sachen cnisge- packt wurden. Das Gefolge ist sehr entgegenkommend, auch die Diener sind gesittet und bescheiden. — Fürst Bismarck und die Pariser Commune. In einem soeben erschienenen Buche des früheren französischen Offiziers, Grafen d'Horisson, war auch die Behauptung aufgestellt, Fürst Bismarck habe mit der Kaiserin Eugcnie während des Krieges einen Briefwechsel und mit der Pariser Commune eine Verbindung unterhalten. Die „Köln. Ztg." bemerkt hierüber: „Zwischen der Kaiserin Engenie und dem Kanzler hat allerdings ein Briefwechsel stattgefnndeii, aber in demselben ist lediglich die Frage der Wiederherstellung des Friedens behandelt worden. Eine ebenso dreiste Unwahrheit enthält die Be hauptung, der Kanzler habe mit den Leitern der Commune in Beziehungen gestanden, welche es ihm ermöglichten, aus dieselben cin- zuwirken. Die einzige Beziehung, welche zwischen der Commune und dem Kanzler vorhanden war, bestand in der Beobachtung der Ent wicklung der Dinge in Paris, wie eine solche politisch geboten war; von wem diese Unwahrheiten ausgcgangen sind, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls hätte Graf d'Hsrisson, wenn er irgend welchen Werth auf historische Glaubwürdigkeit legt, sie nicht weiter verbreiten sollen." — Es wird offiziell bestätigt, daß die Verhandlungen zwischen der deutschen Neichsrcgiernng in Berlin und dem Bundesrathe der Schweiz in Bern zu einem Resultate nicht geführt habe», welches den Fall Wohlgemuth als abgethan hinstellt. Das deutsche Reich verlangt eine besondere Genugthnniig für die Verhaftung de» Polizei-JnspectorS Wohlgemuth, die Schweiz lehnte dieselbe hingegen ab, und damit ist der Cviiflict offenkundig geworden. Verschärft ist der Zwist noch dadurch, daß die Reichsregierung von der Schweiz ans Grund des Artikels 2 des Vertrages vom 27. April 1876 verlangt hat, daß keine deutschen Reichsaiigchörigcn in der Eidgenossenschaft geduldet werden, welche keine» Heimcithscheiii und keine Legitimation über ihren guten Leumund vorweisen können. Der Bundesrath in Bern ist auch in dieser Beziehung anderer Ansicht, da er durch die deutsche Forderung das Asylrccht in der Schweiz als gefährdet betrachtet. Welche Maßnahmen von deutscher Seite gegen die Schweiz nunmehr ergriffen werde» sollen, ist noch nicht bekannt gegeben. — Die Führung der Untersuchung über die Verhältnisse der Bergarbeiter in Westfalen ist der Bergbehörde und der allgemeinen Landes-Berwaltungsbchörde gemeinsam übertrage». Die Untersuchung hat einen sehr bedeutenden Umfang angenommen und dürfte geraume Zeit bis zum Abschluß erfordern. — Die Arbcitervertrcter Schröder, Bunte und Siegel bestreiten entschieden die Wahrheit der jüngst aus gestellten Behauptung, daß der Streik keine Lvhnfrage gewesen, sondern von außen hineingetragen sei. Letzteres sei eine Beleidigung des gesammten Bcrgmannsstandes. — Neichskommissar Wißmann hat nach dem starlbefestigten „Und dem Commcrzienrathc bestand." Wieder nickle Henne. „Ein Frenndesband," fuhr der Commissar fort, „das auf gegen seitige Verschwiegenheit gegründet war. Hinter Ihnen liegt eine er- innernngsreichc Vergangenheit, — wenn die Wände des Malerateliers reden könnten, sie würden kaum mehr zu erzählen wisse», als Sie selbst, denn alle die gcheimnißvolleii Besuche, alle jene athmenden Modelle, die durch die eiserne Thür des Durchgangs zu dem Maler käme», mußten zunächst an Ihnen vorüber." Petersen wußte nicht, wie er den veränderten Gesichtsausdruck des kleinen Colporteurs, in dem plötzlich etwas Kaltes lag, deuten sollte. „Was alhniende Modelle betrifft," sagte Henne, „so ist mir davon nichts bekannt. Moorläuder's Phantasie war die Quelle aller seiner Schöpfungen." „Und was die Hintcrlhür im Allgemeinen betrifft?" frug mit einem sehr harmlosen Lächeln der Commissar, den dieser Widerstand nicht wenig überraschte. „Hm!" entgcgnete Henne fast spöttisch, „daß die Herren von der Polizei doch das Geheimuißvolle so lieben!" „Dieser Ausspruch," versetzte der Commissar, „erinnert mich an den Mann, der Ihnen gerade vor jener Thür die Antwort auf meine Frage abschnitt. Ohne diese Ucberrumpelnng hätten Sie mir damals jede wünschcnswerlhc Auskunft gegeben. Aber Sie schwiegen — und haben sich damit an de» Commerzicnralh verlaust —" „Herr!" rief Henne in flammender Entrüstung, „Sie können glauben, daß ich für schnödes Geld —" „Verstehen Sie mich nicht falsch," beschwichtigte der Commissar, „ich spreche nicht von Bestechung. Sie haben sich die Verbindlichkeit des Schweigens gewissermaßen selbst auferlcgt, indem Sie nicht zur rechten Zeit aussprachen, was zu sagen Gewissenspflicht war. Nach träglich natürlich scheuen Sie ein Eingeständinß, weil cs Sie zum Lügner machen würde. Noch ist es Zeit; um alle gefährlichen Folgen von Ihne» abzmvende», bin ich hier." „Das bedauere ich," rief Henne, indem er, die Hand im Busen, in großer Aufregung im Zimmer auf- und abging, „daß Ihr Besuch so eigennütziger Natur ist, indem Sic glauben, hier Befriedigung Ihrer Neugier zu finden. Selbst wenn Beziehungen der Art, wie Sie argwöhne», existirt hätten, würde ich mich doch nie verleiten lassen, die Geheimnisse eines Tobte» aufzndecken, dessen Vertrauen ich besaß, der mein Freund war!" Petersen sah, daß er cs mit einem Exaltirten zu thun hatte. Pangani, i» welchem der Araberführer Buschiri zu Hause ist, ei» Ultimatum gesandt; erfolgt keine schnelle Unterwerfung, so soll der Sturm angeordnet werden. Dann werden die Orte Kilwa und Lindi an die Reihe komme», und nach ihrer Eiiinahme wird die ganze Küste wieder in deutschen Händen sei». Italien. Ministerpräsident Crispi empfing vom diplomatischen Corps Glückwünsche wegen der musterhaften Haltung der römischen Bevölkerung während der Feierlichkeiten zur Enthüllung des Giordano. Brniio-Denkmals. — Die Bndgetkomniission der Kammer beschloß, den vom Kriegsminister verlangten Kredit zur Bestreitung der Aus gaben für Afrika wieder im Budget einzustellen. — Die Abberufung des Konsuls Durando in Triest, vor dessen Wohnung eine Petarde auf die Erde geworfen wurde, steht nahe bevor. Frankreich. Die antirepnblikaiiischen Abgeordneten haben e» sich nicht nehmen lassen, in der Deputirtenkammer die Regierung wegen der i» Angouläme verhafteten bonlangistischen Agitatoren zu befragen. Minister Constans antwortete, die Verhaftung sei auf seine Ordre erfolgt. Das Kabinet habe keine Lust, ruhig zuzusehen, wie bezahlte Agitatoren fortwährend Skandal machten. Darüber gab e» zwar gewaltigen Lärm, aber die Kammer betrachtete die Sache als abgethan. — Präsident Carnot überreichte den Erzbischöfen von Paris, Lyon und Bordeaux den Kardinalshut und betonte dabei, er werde stets bemüht sein, für die Aiifrechterhaltung der guten Bezieh ungen zwischen Staat und Kirche Sorge zu trage». Belgien. Der Sieg des liberalen Kandidaten Janson bei der Kammerwahl in Brüssel, der ungeachtet der energischsten Gcgenarbeit der ministeriellen Partei erfolgte, hat im ganzen Lande tiefen Ein druck gemacht. Das Ministerium Beernaert hat diese schwere Niederlage selbst vorbereiten helfe». Seine Unfähigkeit auf verschie denen Gebieten und noch schlimmere Dinge habe» cs arg blosgestellt. Die Ruhe in Brüssel ist, abgesehen von einigen lärmende» Demon strationen der Liberalen, völlig ungestört geblieben. England. Gladstone sorgt dafür, daß Leben im Lande bleibt. Gerade einen Tag hat er es müssig auf dem Landsitze seines Freundes Harcourt ausgehalten, jetzt hat er schon wieder eine große AgitalionS- reise angetrelen. Der 80jährigc Greis spricht Tag sür Tag, cs scheint, daß das Rcdenhalten seiner Gesundheit außerordentlich znträglich ist. Orient. Bukarest« Regierungsblätter melden, der Kronprinz Ferdinand werde im Lause des kommenden Jahres allmählich zum General befördert werden und dann das Commando der 4. rumäni schen Division in Jassy übernehmen. — Aus Belgrad wird von Neuem die baldige Rückkehr der Königin Natalie angekündigt. Die Radikalen fordern dieselbe stürmisch und die Regentschaft scheint dem Wunsche entsprechen z» wollen. Herr Michael will außerdem die Ehescheidung des Königs Milan und der Königin Natalie sür un- gittig erklären. Ob das so glatt geht, ist aber doch fraglich. — Sensationelle russische Meldungen kündigen große Dinge für die Balkanhalbinsel an. Der Fürst von Montenegro wolle ein neues großes Slawenreich mit Erlaubniß des Zaren gründen und rufe zu diesem Zwecke seine gesammtc Hceresmacht ein. Dann nnr zu! Sächsischer Landtag. Beide Kammern traten am 12. Juni Nachmittag 6 Uhr zu ihren ersten Prnliminarsitzttiigeii zujaminen. Die erste Präliminarsitzuiig der 1. Kammer, aus deren Tagesordnung „Mittheilungen" standen, fand, dem Herkommen ge mäß, unter Ausschluß der Ocffcntlichkcit statt. Die erste Sitzung der 2. Kammer wurde von Herrn Geh. Rath 1>r. Habcrkorn in seiner Eigenschaft als Vor- itzender der Ennvcisungskomiiiiisiou in Gegenwart der Herren Staatsniinister 1>,'. v. Gerber, v. Nostitz-Wallwitz und Freiherr v. Köuneritz mit nachstehender Ansprache eröffnet: „Meine Herren! In diesem Jahre vollziehen sich 800 Jahre, seitdem das Haus Wettin über die Mark Meißen, das Stammland des Königreichs Sachsen, herrscht. Noch giebt cs andere Dhnasticcii, die Jahr hunderte lang über ein Land herrschten, so gegen 500 Jahre die Hohenzolftrn, über 600 Jahre die Habsburger, über 700 Jahre die Wittelsbacher, allein bis 800 Jahre hat cs nur das Haus Wettin gebracht. Zur Begehung Geübt i» der Kunst, jeden Ton aiizuschlagen, von dem er sich Wirkung versprechen durfte, sagte er mit schneidender Kälte: „Ich kenne Sie nun zur Genüge, Sie kokctlircn mit der Freundschaft des MalerS; Sie prahlen mit Ihrer Verschwiegenheit, weil Sic überhaupt nicht» zu verschweigen haben; dafür hat schon das dicke Polster jener Thür gesorgt, die Sie von den Geheimnissen des Ateliers absperrtc." „Sie wollen mich damit locken und aufreizcn," versetzte Henne mit einem triumphirenden Lächeln, „das kennt man schon! Gut denn, Herr Ober-Commissar, Sie sollen Recht haben, ich warin keine Geheimnisse eingewciht!" Der cxaltirte Elser, mit welchem Henne jetzt Alles in Abrede stellte, was er damals, wenn der Commcrzicnrath ihm nicht zuvvrge« kommen wäre, ohne Weiteres bejaht habe» würde, wies deutlich darauf hin, daß auf Henne's Schweigsamkeit inzwischen ein verschärfter Nachdruck gelegt worden war. Ein bedeutendes Interesse nnißte cS sein, welches ihn so hcldcnmüthig die Behauptung des Commerzien- raths, die Uuvcrdächtigkeit jenes verborgenen Eingangs vertheidigen ließ. Während Petersen dies schweigend erwog, hatte sich das Gemüth des kleinen Colporteurs wieder beruhigt. Gulinülhig von Natur, und die Energie seines Auftretens weit überschätzend, machte er sich im Stillen bereits Vorwürfe, daß er einem Manne, wie dem Ober- Commissar, so schroff cntgegengetreten war, und es rührte ihn fast, daß dieser seine letzte schroffe Entgegnung so ergeben hinnahm. „Es thut mir leid, Herr Ober-Commissar", ergriff Henne da» Wort, „daß wir so hart aneinander gerathen sind. Aber ich kann Ihnen in dieser Sache beim besten Willen nicht dienen, so sehr e» mich auch schmerzt. Ja! es schmerzt mich, gerade bei Ihne», denn ich achte und ehre Sie. Sie haben etwas an sich, was mich an meinen Heimgegangenen Herrn erinnert und mir wohlthut. War mir's doch vorhin, als antwortete er mir selbst auf meine hitzigen Worte, so täuschend ähnelt Ihre Stimme der seinigen". Petersen hörte nur sehr zerstreut zu; seine Gedanke» beschäftigten sich noch immer mit dem Maleratelier. „Und au jenem verhängnißvollen Montag Morgen", fuhr Henne fort, „als ich zu Ihnen aufs Bureau kam und Ihre Stimme ver nahm, noch ehe ich Sie sah, bin ich geradezu erschrocken, denn ich dachte nicht anders, als mein Herr selbst müsse mir entgegentreten". Ein seltsamer schriller Ton, der jetzt Plötzlich aus dem Hof« herausdrang, lenkte Petersen'» ohnehin sehr getheiltc Aufmerksamkeit vollends von Henne's Geplauder ab. Fortsetzung folgt. H
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