Suche löschen...
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 20.12.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-12-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189812203
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18981220
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18981220
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungGeneral-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
- Jahr1898
- Monat1898-12
- Tag1898-12-20
- Monat1898-12
- Jahr1898
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
E Rr.2S4. — ISS«. — Mrs« verbreitetste unparttiische " erscheint Wochentag» General- . und kostet mit den fünf WvchentNchen B eiblüttern: Meine Botschaft, Sächsischer Erzähler, Gerichts-Zeitung, Sächsisches Allerlei, Jlluftrirtes Unter- Haltungsblatt, bei den Postanstalte» und bei den Ausgabestelle» monatlich 40 Pfennige., 1899. Postliste: Nr. 2877. L-Iegram», . Adresse: Generalanzeiger, llerniprechslelle Nr. iss. Anzeiger* für Chemnitz und Umgegend. (Sächsischer Landes-Anzeigerl. - Gegründet »SV« als „An,«lg««" ,e. B«rlag und Rotatio«smaschin«n-Drn« von Al«xand«r Wl«d« in «hrmnltz, Thrairrstratz« Ar. g. Dienstag, den 20. Dezember. Anzeigenpreis: «gespalten« TorpuSzeile (ea.9 Silbenfassend) oder deren Raum löPfg. (Preis verzeichnisse !r Zeile 20 Psg.) — Bevorzugte Stelle («gespaltene Petit-Zeile circa 11 Silbe» fassend) SO Psg. — Anzeige» können nur bi» Vormittag 10 Uhr angenommen werden, da Druck «ch Verbreitung der große» Auslage längere Zeit erfordern. Geschäftliche Anzeiger-Inserat« finden für billigsten Preis zugleich Verbreitung durch dl« täglich erscheinende Chemnitzer Eisenbahn-Zeitung. Politische Rundschau. Chemnitz, 19. Dezember 1898. Deutsches Reich. — Der Kaiser hat dem Reichstag wieder ein Geschenk über wiesen, eine Wandtafel deutscher Kriegsschiffe, welche unter Benutzung amtliche» Materials und unter Mitwirkung des Marinemalers Stöwer bearbeitet ist. Die Karte zeigt eine Seiten ansicht und den Durchschnitt de-Linienschiffes „Kaiser Friedrich III.*, de» Kreuzers „Geier", der beiden großen Kreuzer „Fürst Bismarck" und „Freya" sowie zwei Torpedobole. — Die „Nordd. Mg. Ztg." schreibt unterm 17. Dezember: Einige Organe der freisinnigen und der sozialdemokratischen Presse beschäftigen sich heute mit dem angeblich ln Aussicht stehenden neuen Flottenplane. Wir sind in der Lage, auf das Bestimmteste festzustellen, daß an keiner Stelle die Vorlage eines neuen Flotten planes oder einer Abänderung des Flotteiigesetzes beabsichtigt ist. An der ganzen Sache ist kein wahres Wort. — Die vorläufigen Dispositionen im Reichstag sind dahin getroffen, daß nach Erledigung der Interpellation Hahn die Militärvorlage zur ersten Berathung gestellt wird. Alsdann wird in die zweite Lesung des Etats eingetreten unter Berücksichtigung der üblichen Schwerinstage. — Die Budgetkommision ist vom Vorsitzenden v. Kardorfs zum 11. Januar Vormittags 10 Uhr einberufen worden. Sie wird zunächst zur Vertheilung der Referate für die einzelnen EtatStheile schreiten und daun ihre eigentliche Arbeit mit Eifer in die Hand nehmen. -- Die „Germania" berichtet: Der Verband katholischer Studentenvereine richtete an den Kaiser eine Adresse, in der er die ehrfurchtsvollsten Glückwünsche zur Vollendung der be deutungsreichen Reise ausspricht und hervorhebt, daß das Geschenk des Grundstückes der „vorwition 6s In Lnints Visrgo", sowie das die Schenkung begleitende kaiserliche Wort, daß der Kaiser allen Unterthanen gleichen Schutz gewähren werde, einen mächtigen Wider hall in der Brust aller katholischen Studenten geweckt habe, und daß sie es tief empfunden hätten als anspornenden Zuruf, sich dicht um den von Gott auf den'Thron gesetzten Führer zu sammeln.. Die Vereine bitten, den Jubel- über die für das vaterländische »Gefühl des deutschen Volkes unnergeßliche Thal kundgeben zu dürfen, und erneuern dankerfüllten Herzens das Gelöbnis), allezeit treu und be geistert zu Kaiser und Reich zu stehen. Hierauf ging au» dem Zivilkabinet des Kaisers eine Antwort an d.n Studentenverein „Aseauia" ein, in der die Freude des Kaisers über die.Kundgebung treuer Ergebenheit von Seiten der katholischen Jugend ausgesprochen und dem Verein bekannt gegeben wird, daß der Kaiser die Gnade gehabt habe, die Adresse dem Hohenzollern-Museum zu überweise». — Konrad von Bolanden, der ultramontane Roman fabrikant, der seit der Mitte dieses Jahrhunderts so beflissen ist, „das Volk durch historische Romane und Novellen über die Geschichts lügen aufzullären", und der in Folge dessen die Geschichte von der Zeit Luthers bis zur Gegenwart in Romanen und Novellen „ver arbeitet" hat, erlebt jetzt den Schmerz, daß seine eigenen Gesinnungs genossen ihn zum alten Eisen werfen. Die klerikale „Augsburger Postzeitung" z. B. schreibt: „Schon der letzt« Roman Konrad von Bolanden'S, „Die Väter der Sozialdemokratie", forderte zu einer scharfen Kritik heraus, seine neueste Schrift, „Gymnasiasten und Hochschüler", aber ist derart, daß nicht nur die Muse, sondern auch die Moral ihr Antlitz verhüllt . . . Möge Bolanden einsehen, daß seine Zeit vorüber ist, und seine Feder ruhen lassen, sonst schadet er der katholischen Sache und reißt sich die letzten Blätter aus seinem ehemaligen Lorbeerkranze heraus." — Diese Verurtheilung ist um so bemerkenswerther, als Bolanden'S in der Art der Janssen'schen Geschichtsverdrehung geschriebenen, von fanatischem Hasse gegen die Reformation und gegen alles Evangelische durchtränkten Erzählungen früher von den Klerikalen förmlich verschlungen wurden. Sehr richtig bemerkt zu der jetzigen Preisgabe Bolanden'S durch die „Augsburger Postztg." die „Allgem. Evang.-Lutherische Kirchenztg.": „Im Interesse der Wahrheit und des konfessionellen Friedens wäre es gelegen gewesen, wenn Konrad von Bolanden, d. h. der frei- resignirte katholische Pfarrer Konrad Bischofs in Speyer, die Feder zu litterarischer Thätigkeit nie ergriffen hätte". Hätte Pfarrer Bischofs diese Enthaltsamkeit geübt, so würde er den Papst PiuS IX. des Vergnügens beraubt haben, ihn zum Geheimen Kammerherrn zu ernennen; dieser päpstliche Titel mag dem Pfarrer Bischofs jetzt, da die klerikale Presse von ihm »brückt, Trost in Thronen gewähren. — In der Sonnabend-Verhandlung des Krawall-Prozesses in Heilbronn wurde die letzte Gruppe der Angeklagten freigesprochen. Nur ein Angeklagter wurde wegen groben Unfugs zu vier Wochen Haft verurtheilt, die als verbüßt erachtet wurden. Ausland. Oesterreich-Ungarn. Da» „Prager Tagblatt" der Mahnung des »HlaS NLroda", eine Verständigung zwischen Lschech en und Dcutsch«n aiizubahnen, ein gleiche?loyaler Schutz der Nationalitäten in der Richtung der Selbstbestimmung in nationalen und kulturellen Angelegenheiten, wie er im Landesschulrath und i», Landesknlturrath praktisch bestehe, wäre als Basis für Anbahnung einer Verständigung für die Deutschen diskutabel; ebenso wären auch die von den» Ministerpräsidenten Grafen Thun im Juli vorgelegten Grundzüge für einen Ausgleich diskutabel und verbesserungsfähig gewesen. Es liege nicht an den Deutschen, daß die Verhandlungen abgebrochen und nicht wieder ausgenommen wurden. . . 2^* Papst verlieh dem preußischen Geschäftsträger beim Vatikan v. Bülow in einem eigenhändigen Schreiben da> Comthurkreuz de» GregoriuSorden». — Bon gut unterrichteter vatikanischer Seite verlautet, daß in der päpstlichen Staatskanzlei über den Abschluß des französisch-italienische» Handelsvertrags nicht geringe Verstimmung herrscht. Rampoll« habe alles Mögliche aufgeboten, di« Sache zu Hintertreiben. Frankreich. Man versichert, Picquart habe sich geweigert^ seine vorläufige Freilassung zu verlangen, um Niemandem für irgend eine Vergünstigung verpflichtet zu sein. — An wohlinformirter Stelle wird zu dem Gerücht, Rußland beabsichtige, in Paris eine Anleihe von 300 Million«» zur Reorganisation seiner Artillerie aufzunehmen, bemerlh wenn diese Absicht bestehe, werde sie keineswegs vor dem Friedens kongreß irgendwie in Erscheinung treten. Daß Rußland für neue Schiiellfeuerkauomn Geld braucht, ist kein Geheimniß, aber gar s« dringend ist diese Angelegenheit nicht. Der Zar wird, wenn er e» für passend erachtet, dem Friedenskongreß mittheilen lassen, daß di« Ausgestaltung der russischen Armeeresorm unabhängig ist von jene» höheren Absichten und Tendenzen, welche im Programm des Kongresse» Ausdruck finden. Türkei. Im Uildiz-Kiosk, der Residenz de» Sultan», Wechsel« die Bilder: Nach dem Besuch de» Kaisers Wilhelm empfing der Sultanden russischen Großfürste» Nikolaus. Die russische» Zeitungen haben sich über den Besuch des deutschen Kaisers ziemlich gereizt geäußert — es ist um so interessanter, daß jetzt ein Großfürst venselben^ Weg beschreitet. Am Sonnabend Mittag traf der Dampfer „Prulh's mit dem Großfürsten Nikolaus an Bord, unter militärische« Ehrenbezeugungen von türkischer Seite, vor Dolma-Bagdsch« eil». Der Minister des Aeußeren und der Bolschaster-Einführer begaben ich an Bord des Schisse», um den Großfürsten zu begrüße». Später fuhren der Großsürst» das Gefolge und die Mitglieder der russische« Botschaft in neun Hofwagen nach dem Mdiz-Palast. Der Groß fürst fuhr mit Marschall Schakir-Pascha in einem vierspänninge» Hoswagen, her von einer Garde-ESladron eSkortirt wurde. Nachdem - dem^Großsürsten militärische Ehren erwiesen waren, wurde er vo» der von einigen Ministern und dem Hofstaat umgebe» bemerkt zu war» in feierlicher Mkkse Grokckürlt überbrachte 1 Der Fall Ziethen. Der Barbier und Gastwirlh Albert Ziethen zu Elberseld wurde am 2. Februar 1684 wegen Ermvrdung seiner Ehefrau — die That war am 25. Oitober 1883 geschehe» — vom Schwurgericht zum Tode verurtheilt, die Todesstrafe wurde jedoch durch Gnadenerlaß in lebenslängliche Zuchthausstrafe »mgewaudelt, so daß Ziethen jetzt seit beinahe 15 Jahren im Zuchthaus sitzt. Da sich nun nach der Verurtheilung Momente ergäbe», welche cs nicht ausgeschlossen er scheinen lassen, daß ei» Anderer, nämlich Ziethens damaliger Barbier- lehrling August Wilhelm der Thäter ist, und somit Ziethen un schuldig verurtheilt wurde, so ist schon soit langer Zeit, bisher jedoch vergeblich, die Wiederaufnahme des Verfahrens angestrebt worden. Neuerdings nun wendet sich ein Komitee mit einem Appell an die Oeffentlichkeit, um diese durch die Darlegung des Falles für die Sache zu interessiren. Wir geben aus dieser Darstellung daS Folgende wieder: Am 25. Oktober 1883 Nachts zwischen '/-H und '/^12 Uhr wurde zu Elberfeld die Frau des Barbiers und Gastwirths Albert Ziethen in der Wirthsstube des ihrem Manne gehörigen Hauses Bachstraße 91 durch einen oder mehrere Hiebe über den Kops er mordet. Der Vorderschädel, die ganze Stirn bi» zur Nasenwurzel war zertrümmert, das stark lädirte Gehirn lag frei. Sie lebte noch einige Tage im Krankenhaus, wurde daselbst am 28. Oktober vom Untersuchungsrichter vernommen und vereidigt und starb am 30. Ok tober. Albert Ziethen war am Nachmittage dieses Tages in Köln gewesen und, wie jetzt auch von der Anklagebehörde und den zu ständigen Gerichlen zugegeben ist, mit dem letzten Zuge gegen 9 Uhr vo» dort zurückgefahren. Der Zug kam nach bahnamtlicher Fest stellung mit 5 Minuten Verspätung in Elberfeld um 11 Uhr 8 Minuten (Bahnzeit) an. Ziethen lief sehr schnell nach Hause, kann hierzu indessen nicht weniger als 5 Minuten gebraucht haben. Da indessen seit laugen Jahren, vorher und nachher, bis 1890, die Uhren in der Stadt Elberfeld, die Nathhausuhr und die Postuhr v.r Allem gegen die Bahnhofsuhr 5 Minuten vorgingsn, und zwar . nicht in Folge irgend einer Nachlässigkeit, vielmehr war diese Ein richtung im Interesse des Publikums absichtlich getroffen, so kann Ziethen frühestens 11 Uhr 18 Minuten nach Ortszeit a» seinem Hause angekomme» sein. Genau um 11 Uhr 15 Minute» — das -ist aktenmäßig festgestellt — gingen der Handelsmann Klees und «ine Frau Heinrichs am Rathhaus vorüber, wo sie mit Hilfe der Nachhausuhr und der Postuhr zufällig genau feststellten, wieviel Uhr «S sei. Sie gingen in gewöhnlicher Gangart weiter ihrem Hause zu und kamen dabei, höchstens (auch nach ihrem eigenen Zeugniß) b—6 Minuten später, an Ziethens Haus in der Bachstraße vorbei. DaS war also spätestens 11 Uhr 21 Minuten, und in diesem Moment hörten sie jmzendeS Wimmern und Ziethens Stimme: „Aber Marieche», wu» ist Dir denn geschehen?" Gleich darauf trat Zicthe», t» Begriff, zum Arzt zu eilen, heraus und erzählte ihnen hastig, er hakitz von Köln hrimgekehrt, seine Frau erschlagen gefunden. Um 11 Uhr 18 Minuten frühestens betritt er das Haus, um 11 Uhr 21 Minuten spätestens hört man das Wimmern der Frau und seinen Jammerruf. Nur drei Minute» würde er also zu der That Zeit gehabt haben. In dieser Zeit müßte Ziethen nach der Beweisauf nahme die Lampe angesteckt und seinen Mantel abgelegt haben, Zank mit seiner Frau begonnen und sie erschlagen haben, darauf zweimal hintereinander an den Brunnen im Hofe gegangen sein, am Handtuch die Hände abgetrocknet und den Hammer abgekratzt und schließlich noch das Dienstmädchen und den Lehrling geweckt haben. Das Ober- landcsgericht in Köln gicbt zu, daß unter diesen Umständen die Frage, ob Ziethen der Thäter sei, sich nicht unbedenklich bejahen lasse. Nur wendet es ein: eS sei zwar bewiesen, daß in der Regel die Differenz zwischen Bahnzeit und Ortszeit bestanden habe, aber es sei kein Zeuge vorhanden, der mit Sicherheit — cS waren zur Zeit dieses oberlandgerichtlichen Erkenntnisses mehr als zehn Jahre seit der That vergangen — behaupten könne, gerade am 25. Oktober 1883 sei dieser Unterschied von 5 Minuten auch vorhanden gewesen. Man wird einräumen, daß zum Mindesten »ach Lage der Sache dieser Unterschied der Uhren sehr wahrscheinlich und so gut wie sicher ist. daß andrerseits auch 8 Minuten eine ungewöhnlich kurze Zeit sind für das, was Ziethen in dieser Zeit begangen haben soll. Nun wendet allerdings die Allklagebehörde ein, Ziethen sei unerhört raffinirt zu Werke gegangen, er habe absichtlich sich so sehr beeilt, „m sein Alibi beweisen zu können. Wenn man das annehmen will, besonders in Anbetracht, daß Alle, die Ziethen kennen, ihn für einen unüberlegt handelnden und hitzige», keineswegs berechnenden Menschen erklären, müsse» die Momente, die für seine Schuld sprechen, sehr schwerwiegender und völlig durchschlagender und unzweideutiger Natur sein. Was also belastet Ziethen? Ziethen lebte mit seiner Frau in unglücklicher Ehe. Heftige Austritte waren nicht selten, und er selbst, dem übrigens in dem ganzen Verfahren und in all' den Jahren nachher niemals die ge ringste Unwahrheit nachgewiesen werde» konnte, der auch von Anfang an alle Einzelheiten in genau derselben Weise darstellte, hat zuge geben, daß er seine Frau öfter geschlagen hat. Er hatte mit seine» Dienstmädchen früher Liebesverhältnisse gehabt und war am 25. Ol- tober gerade von seiner Geliebten in Köln gekommen, die er mit Wissen seiner Frau i» jeder Woche regelmäßig besuchte. Auch fanden sich in seine» Briefen an die Geliebte recht häßliche Bemerkungen über seine Ehefrau. Dieser düstere Hintergrund ist die Vorbedingung des Verdachtes, beweist aber noch Nichts für seine Schuld am Mord. Auf Grund dieser ehelichen Zerwürfnisse hat zur Zeit der Verhand lung der größte Theil der Elberfelder Bevölkerung, die noch über dies durch die unrcchtniäßige Veröffentlichung der Anklageschrift in der Elberfelder Zeitung (am ersten Verhaiidln^c.stag) beeinflußt war, felsenfest und leidenschaftlich an seine Scht. ^ geglaubt. Ziethen's Ehefrau wurde, als sie im Delirium lag — meist war sie bewußtlos — wiederholt ausgefragt, d. h. sobald sie über haupt höre» »nid sprechen konnte. Man fragte sie nur immer: „Wer hat Sie geschlagen?", nicht aber: „Wer hat Ihnen die Sultan vier Pferde als Geschenk des Zaren.' in Konstaiitinopel erschienene amtliche Verlautbarung besagt daß Großfürst Nikolaus mit der Mission betraut sei, die zwischen de« Sultan und dem Zaren bestehende aufrichtige Freundschaft z« bekräftige» und dem Sultan die Grüße des Zaren zu überbringe«. Afrika» Der Sultan von Marokko scheint erkrankt z« sein, da er seit drei Wochen von der Bevölkerung nicht gesebe» worden ist, worin man diese Bestätigung des Gerüchtes erblickt. Amerika. Mae Kinley hielt am Sonnabend in Montgomertz in Alabama eine Rede, i» der er auSftthrte, obwohl Amerika kei« chwere Wunde am Kopfe beigebracht?" Ihre Antworten — „Mein Mann" — „Der Wachtmeister" — „Sturm" — „FuucciuS" (ei« Metzgcrmeister) — „Roßbach" — „Mein Herr Gemahl" rc. lasse« nun allerdings darauf schließen, daß sie unzurechnungsfähig wah vor Allein, daß ihre Erinnerung an die Blntthat ansgelöscht war, wie ja sehr oft schwer Verletzte gerade keine Erinnerung mehr an das haben, was ihrer Ohnmacht kurz voranging. Ein Streit ist dann über ein paar rothe Pünktchen an Ziethen's Manschette» entstanden. Herr KreisPhysikuS Or. Berger hat erklärt, daß diese Pünktchen gleich nach der That, als auch er die Manschetten unter sucht hatte, noch nicht vorhanden gewesen und daß eS höchst wahrscheinlich Flecke von rother Tinte gewesen seien. Am meiste» ist Ziethen jedoch durch den Verdacht, der aus seinen damals 18 Jahre alten Barbierlehrling August Wilhelm fiel» sowie durch dessen späteres Geständnis) entlastet worden. Wilhelm hat sich von vornherein verdächtig gemacht. Er war am Abend der That von '/zll Uhr ab mit Frau Ziethen allein. Ein: Joppe, die er damals trug, sowie sein Taschenmess r sind merkwürdiger Weis« spurlos verschwunden. In der ersten Aufregung hat er zum Polizel- wachtmeistcr geäußert: „Wie können Sie es wagen, meine» Meister zu verhaften? Er ist nicht der Mörder, ich weiß esl" Bei seinen Vernehmungen log er dann geflissentlich und nachweislich» indem er behauptete, Ziethen sei schon um 9 Uhr von Köln zurückgckehrt, was durch zahlreiche Zeugen widerlegt ist. Da» Wiederausnahme verfahren ist bei der Einrichtung unserer Geschworenengerichte immer sehr schwer zu erlangen. Es gicbt keine Begründung des Urthcilch weder schriftlich noch mündlich. Wüßte man, daß die Geschworenen auf Grund von Wilhclm's Aussage angenommen haben, Ziethen sel schon um 9 Uhr znrückgekehrt, jo wäre Ziechen längst in Freiheit denn der strikte Gegenbeweis kann erbracht werden. Im Jahre 1887, nachdem Ziethen schon drei Jahre i« Zuchthaus war, entdeckte sein Bruder Heinrich in Berlin, der haupt sächlich auf Grund von Ziethens erschütternden Briefen fest an seine Unschuld glaubte, die Spur Wilhelms, de» er für den Mörder halte» mußte, da derselbe nur durch Lügen seine Freisprechung bewirkt hatte. Wilhelm war i» Berlin in Stellung. Der Gastwirlh Heinrich Zieche» setzte sich mit Wilhelms Prinzipal, mit einem vo» Wilhelms frühere» Freunden und mit einem höheren Kriminalbeamten in V-rbindung. Am Fronleichnamstag redete der Prinzipal ernst und eindringlich auf den, übrigens katholischen Wilhelm ei», der schon Verdacht geschöpft und seine Stellung gekündigt hatte, und erklärte ihm direkt, er halte ihn sü«-chen Mörder der Frau Ziethen. Da gesteht Wichel» schluchzend: „Ja, ich bin es gewesen." Der Prinzipal veranlaßt« seine Verhaftung, und Wilhelm legte in fder Nacht vom 9. z»» 10. Juni 1887 vor dem Kriminalkommissar von Meerscheidt-Hüllesse» ein ausführliches Geständniß ab. Er sei in stark angetrunkene« Zustand von V,11 Uhr ab mit seiner Meisterin allein gewesen. Er habe ein eigenlhümlichc» Gefühl gehabt, als wenn er Blut seh«» müsse — grausame Gelüste Wilhelm» krankhafter Art bekunden ander« Zeugen — und da habe er den Hammer genommen und Frau Zieche»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite