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General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 06.05.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189905061
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18990506
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18990506
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungGeneral-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
- Jahr1899
- Monat1899-05
- Tag1899-05-06
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— Nr. 104. - 1»9S. — Diese verbreitetste mistartrstsch« Leitung erscheint Wochentag» Übend» (mit Datnnide» nächsten Lage») und lostet mit de» siins Wöchentlichen Beiblättern: Meine Botschast, Eächfischer Erzähler, Gerichts-Zeitung» Sächsisches Allerlei, Jllnstrirtes Unter- haltnngSblatt, sei den Postanstalten und bei den Ausgabestelle» monatlich 40 Pfennig«, Postliste! l.Nachtrag Nr 2877. Telegramm - «dressc: G,»,ralauzelger. i;ernsp>tch»i'lle 0!r. cs». General Sonnabend, den 6. Mai. Anzeiger für Chemnitz und Umgegend. <«Schsisch«r Lande».An,eiger). - Gegründet 1»VS als „Angeiger«« «. «erlag «nd R-tatt-nsmaschtnen.Dr««» von «lexander Wied» in Chenenttz, Lheaterstraß» «». s. Anzeigenpreis: «gespalten» Torpn»zeile (ca.9 Silbsnfaffend) oder deren Staun» 20PfP (Preis- Verzeichnisse ä, Zeile 24 Pfg.) — Bevorzugte Stelle (S gespalten« Petit-Zeile circa ll Silben fassend) 40 Pfg. — Anzeige,» können nur bi- Bormittag w Uh» angenommen werden, da Druck und Berbreituug der große» Auslage längere Zeit erfordern. Seschästliche Anzeiger-Inserat« finden sllr billigsten Preis» zugleich Berbreituug durch dis täglich erscheinende Lhemuitze» Eisenbahn-Zeitung. Deutscher Reichstag. 76. Sitzung vom 4. Mai 1899. Am Tische des BundeSralheS: Niemand. Präsident Graf Ballestrett» eröffnet die Sitzung um 1 Uhr mit geschäftlichen Mittheilungen und theill mit, daß die Abg. granzms (1. Hannover) und Nath (12. Düsseldorf) am 3. April in ihrer Heimath verstorben seien. Zum ehrenden Andenken an die Verstorbene» erheben sich die Anwesenden von den Sitzen. Fortgesetzt wird die gestern abgebrochene Berathung der Anträge l)r. Lieber und Di. Hitze (Ztr.) ans Errichtung von Arbeits kammern und der Abg. ilr. Pachtticke (freis. Vg.), Roeficke (wild-- lib.) u. Gen. ans Errichtung eines Reichs-Arbeitsamts. Abg. Bebel (Soz>): Herr v. Kardorsf hat gestern behauptet, ich hätte bei der Berathung der Gewerbenovelle insofern einen Jrrthum begangen, als ich von einem mit großer Mehrheit angenommenen Schweizer Gesetz gesprochen hätte, das thalsächlich abgelehnt worden sei. Ich habe nicht von einem Schweizer Gesetz, sonder» von einem Gesetz im Cauton Zürich gesprochen. I» diesem Gesetz, daS im Sommer 1894 dort angenommen ist, ist bestimmt, daß Arbeiterinnen, die von ihren Arbeitgeber» zu Ueberstundenarbeiten angehalten werden, mindestens 25 Prozent Lohnzuschlag erhalten müsse». Die Debatte über die vorliegenden Anträge hat sehr werthvolle Ergebnisse gezeitigt. Sie hat gezeigt, daß die Herren v. Stumm und v. Kardorsf mit ihren rückständigen Ansichten im Reichstage nahezu isolirt dastehe». Dieses Mal waren es nicht sozialdemokratische Redner, sondern Klassen- genossen, welche die Anschauungen der Herren zurückgcwiescn habe». Wie auch die verbündeten Regierungen sich stellen mögen, es giebt jetzt eine Majorität für Sozialreform im Reichstag. Es ist danach überflüssig, aus die Ausführungen der Rechten einzugehen. Herr v. Kardorsf hat wieder sein alles Steckenpferd geritten: er hat ein Ausnahmegesetz sür die Sozialdemokratie »nd sogar Wahlrechtsent- zichung aus fünf Jahre sür sie verlangt. Mit diese» Forderungen kan» er auf unserer Seite nur einen Heitcrkeitsersolg erzielen; weder Reichstag »vch Regierungen werden nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte darauf eingehen können. Ernsthast nehme ich diese komischen Käuze nicht. Präsident Gras Ballestrett«: Der Ausdruck „komische Käuze" für Mitglieder des Reichstages ist bisher im Reichstag nicht üblich gewesen. (Heiterkeit.) Abg. Bebel (fvrtsahrend): Wir haben die Forderungen, ans welche die Antragsteller hinaus wolle», schon vor Jahren ausgestellt. Ans bewegter Zeit. in. (Nachdruck verboten.) Der Köttigsteitier Pttlbervampfer.*) Ein Gcdenkblati aus den Dresdner Maitämpfcn. Als Ansangs Mai 1849 die von fremden Berufsrevolutionären geleitete Empörung gegen König und Gesetz ihr Haupt i» der sächsischen Residenz erhob, i» den Straßen und Häusern derselben vom 3. bis 9. Mai die Kugeln pfiffen und das Blut floß, erhielten die durch den Elbstrom gebildete Wasseistraßc und die ans derselben verkehrenden Tampsbovte gar hohe Wichtigkeit. Letztere leisteten mehrfach wichtige Dienste, wie aus nachstehenden Mitlheilungen aus jenen Tagen voll Sturm und Drang ersichtlich sein dürste. Am 4. Mai früh V-4 Uhr beschloß im Rcsidenzschlosse zu Dresden der König Friedrich August II., dem dringenden Rathe seiner Minister Folge zu geben, nämlich Dresden zu verlassen und sieh mittelst des in Neustadt bereit liegende» Dampfers „Friedrich August" nach der Festung Königstein zu begebe». Um 4 Uhr begab sich das Königspaar in Begleitung der Minister Oberst Nabenhorst, Freiherr v. Ben st und Or. Zschinsky, des Generalmajors o. Engel und des Gcneraladjutanten Oberst Reich ard durch da» grüne Thor »ach der im Besitz der Truppen befindlichen Neustadt und bestieg den in der Nähe des Hospitals bcreitliegenden Dampfer, den man erst des dicken Nebels wegen gar nicht finden konnte. Zur Bedeckung war ans dem Schlosse die 7. Kompagnie des Infanterie- Regiments „Albert" auf den Dampfer befehligt worden unter Hanpt- mann v. Büiian, durch deren Einschiffung die Abfahrt ebenso ver zögert wurde, wie dadurch, daß die Heizung des Schiffes noch nicht vollendet mar.' General Homilins hatte sich mit seinem Adjutanten am Us r cingesunden; er sollte seine» König nicht Wiedersehen, da das Geschoß einer der vier zweipfündigen, von den Burgker Berg leuten aus die Barrikade vor Stadt Gotha in der Schloßstraße ge brachten Kanone» ihm am 6. Mai auf dem Schloßplatze den Tod brachte. Die genannten Minister begleiteten das Staatsoberhaupt, dessen Bruder, Prinz Johann, bereits in der vergangenen Äacht sich von Weesenstein aus »ach dem Königstein begeben hatte. Die Nachricht von der Abreise des Köiiigspaares" verbreitete sich unbegreif lich schnell in Dcesden und der „Sicherheits-Ausschuß" der Rebellen erthcilte augenblicklich Befehl, dem Dampfer auf der Pirnaische» Landstraße znvorzukommen. Aber unangefochten erreichte das Schiff den Fuß der Festung. Nachdem der König in Sicherheit war, kehrte der Kricgsininistcr sofort zur Niederwerfung de- Aufstandes nach Dresden zurück. Am 5. Mai wurde der Pionierhauptmann Neuman » zur Hcrbcischaffung der fliegenden Fähre »ach Pillnitz gesandt. In zwer -Wagen suhr er mit 23 s^ner Leute dorthin, brachte die Fahrzeuge, die noch am Lande lvaren, mit Hilfe von 32 Zivilarbeitern in s Wasser, und zwar am folgenden Morgen. Der 6. Mai wurde z»m Ba>, der Fähre benutzt und Uhr Abends die Fahrt nach Dresden c»,getreten, wo cr unangefochten gegen 9 Uhr eintraf. Am Vormittag des zuletzt genannten Tages waren die 5. und 8. Kom- *> Nach: Der Mai-Ausstand in Dresden. Auszugsweise bearbeitet von A. von Montbs, Oberleutnant Im K. S. Generalstabe. Dresden 1880. Im Verlaufe seiner serneren Ausführungen bezeichnet es der Redner als Illusion, daß die Arbeiter mit den Mitteln, wie sie hier vorge- schlagen würden, der Sozialdemokratie abwendig gemacht werden könnten. Anch sei eS eine ganz falsche Behauptung Kropatschek'S, daß die Sozialdemokratie weiter nichls thue und bezwecke, als die Arbeiter unzufrieden zu machen. Daß die Arbeiter die ganze soziale Arbeiterschutz- und Versichernngs-Polilik nur der Sozialdemokratie zu verdanken hätten, habe gelegentlich Fürst Bismarck selber anerkannt. Abg. Hilbeck (ncnlib.) äußert sich gegen die vorliegende» Anträge mit dem Hinzusüge», er »nd der ihm' gleichgesinnte Theil seiner Partei habe ein ebenso warmes Herz für die Arbeiter wie die Freunde dieser Anträge. Lege inan nüchtern die kritische Sonde de» Arbeit gebers an diese Anträge, so sehe man, daß diese den Arbeitern nichts nützen, sondern nur der Sozialdemokratie förderlich seien. Er wolle nicht diesen Weitlauf um die Gunst der Massen mitmache». Ein Einigungsverhandlnngszwang vor dem G.Werbegericht sei ganz un angebracht. Wer arbeiten wolle, sür de» gebe cs ganz sicher Arbeit, und kein Zwang nutze gegenüber Dem, der nicht acbeiten wolle. Abg. Rösicke (wild.-lib.) verwahrt sich gegen v. Kardorss's Vor wurf der Pvpularitätchaschcrei. Bei wem soll ich mich denn populär machen? fragt der Redner hierbei. Etwa bei den Sozialdemokraten? Diese rechne» mich ganz so wie Herrn v. Kardorsf zu der reaktionären Klasse. Wie sollen wir aber zu einem guten Verhältnis) mit de» Arbeitern komme», wenn wir es ihnen nicht klar zu machen ver möge», daß wir nicht ihre Gegner, sondern ihre Freunde sind. Herr v. Stumm will Vormund seiner Arbeiter sein, er gönnt ihnen nicht einmal das Koalitiousrecht. v. Kardorsf wolle den Sozialdemokraten ans 5 Jahre das Wahlrecht nehmen; war würden v. Kardorsf und v. Stumm denken, wenn man ihnen das Wahlrecht entziehen wollte? Abg. Freiherr v. Hey» (nat.-lib.) bemerkt zunächst, die Presse habe vielfach gemeint, Abg. Büsing habe gestern im Namen des größten Thcils der Nationalliberalen gesprochen. Das sei aber ein Jrrthum, wie sich schon aus der Zahl der Unterschriften unter seinem eigenen Antrag ergebe. Herr v. Stumm irre ferner in der Annahme, daß sein Anlrag von den früheren sozialdemokratischen Anträgen ab geschrieben sei. Sei» Antrag stütze sich vielmehr aus die Prinzipien, cnif denen die Gewerbegerichte beruhen. Der Redner tritt unter Abwehr der Stuinm'scheN Bemängelung weiter sür feinen Antrag ein. Gerade allein auf dem Wege der Stärkung des Pflichtbewußt seins der Unternehmer gegenüber den Arbeitern sei am ehesten Ans sicht zu einer günstigen Ueberwindnng der Sozialdemokratie vor Hände». Herr v. Stumm und seine Partei solle nicht glauben, daß er und seine Freunde sich von ihnen einschüchtern lassen würden. (Beifall.) Im Kampfe gegen die Sozialdemokratie habe mchtS mehr geschadet, als das ewige Gerede und Drohe» mit der Zuchthaus- Vorlage. Wir lehnen dieselbe rundweg ab. Wie kann man u. A. schon da» StreiHMenstehe» bestrafen wollen? Wir vertreten kein« einseitigen JntereMn von Unternehmern und Arbeitern, sonder» da» Interesse der Nation. (Beifall.) Abg. v. Kardorsf (Reichsp.) wendet sich zunächst gegen den Abg. Stöcker, der ihm die Kenntnlß der einschlägigen Verhälttiisf» abgesprochen habe. Was soll ein solcher Ton, wie ihn Herr Stöcker gegen mich angeschlagen hat? Was würde Herr Stöcker, der doch gar keine Partei mehr hinter sich hat, dazu sagen, wen» ich ihm Vorhalten wollte, daß ihm doch nachgerade keine Partei wohl mehr über den Weg traut? Der Redner widerspricht der Behauptung, daß das Anwachsen der Sozialdemokratie durch das Sozialistengesetz verschuldet sei. Wolle die Negierung ettva di« Vorlage zum Schutze der Arbeitswillige» nicht einbringe», weil sie vielleicht doch nicht durchgehe, so sei das ein Abweichen von der Bismarck'schen Praxi»; Bismarck habe stets gesagt: Ich will vom Reichstage wenigstens ein« Quittung haben. Auf dem Wege der sozialpolitischen Gesetzgebung könne mit Erfolg nur vorgegangen werden, wenn nicht Alles, wa» ans diesem Gebiete geschehe, der Sozialdemokratie zu Gute komme. Abg. Molkettbtthr (Soz.) erklärt, die Verrohung der Jugend sei aus ihre mangelhaste Erziehung in der Schule zurückznführen. BiSmarck habe sich mit nichts mehr blamirt, als mit den Ausnahme gesetzen; weder aus dem Kulturkampf, noch aus dem Kampfe mit dem SozialiSmns sei er als Sieger hervorgegangen. Wenn ei» Schutz für Arbeitslose geschaffen werden solle, sei dir Zeit de» Arbeitermangels die geeignetste. Unter de» Arbeitgebern seien vieles die aus den: Standpunkte wie v. Stumm stehen. Alle gesellschaft lichen Ungleichheiten entsprängen aus dem Gegensätze zwischen Arbeit gebern und Arbeitern. Abg. v. Stumm (Reichsp.) wendet sich gegen den Abg. Hehl n»d vertheidigt das Prinzip der Knappschastskassen, auf die der Staat keinen unberechtigten Einfluß habe- Die vor! egenden Anträge feie» sür die Katze. Abg. Stöcker bemerkt, wenn die Neichspartei ihm mißtrau«; so liege das am Charakter gewisser Herren dieser Partei. Wenn inan Jahre lang von Stöckcrei und Muckcrci gesprochen habe, würden die Bemühungen, die Arbeiterschaft zum Christenlhume zurückzuführen, durchkreuzt. Die Sozialdemokratie sei durch das allgemeine Wahl recht gewachsen, und das stamm« von Bismarck. Statt eine für den pagnic vom Lcibrcgiment nach den Pulver - Magazinen in Friedrich stadt abgefahren, um Munition z» holen, und mit 200 Zentner derselben Abends 5'/- Uhr Iviedcr am Blockhqnse eingctroffen. Da die Herbeiholung von Munition ans den erwähnte» Magazinen durch Unfälle behindert werden konnte und der Krieg-minister auf alle Fälle gesichert sei» wollte, so entsandte er den Leutnant Schubert vom Fuß-Ariilleric-Regiment mit 1 Korporal und 10 Kanonieren, sowie 1 Korporal und 12 Man» von der 6. Kompagnie des Leib-Regiments per Dampfer nach der Festung Königstein, »m von dort eine ordent» liche Quantität Munition zu holen. Die Fahrt wurde Nachmittags 3 Uhr vom Cosel'scheu Garten aus mit dem schon erwähnten Dampfer „Friedrich August" angetreten. Auf dem Schiffe befand sich auch der königl. General-Adjutant Oberst Reichard, der früh mit Depeschen vom Königstein gekommen war. 7'/, Uhr Abends legte der Dampfer am Fuße der Festung an. Unterwegs hatte man vom Schiffe aus nichts Feindseliges wahrgenommen; nur in Pirna waren zahlreiche Menschenmaffe» am Ufer versammelt, welche Schimpfredcn und Drohungen gegen das vorüberdainpsende Schiff ausstießen und zugleich die beiden Tags vorher hier ansgcfaiigcnen Dampfer „Königin Maria" und „Germania" besetzt hielten. Die Dampfer waren so lebhaft beschossen wocde», daß sie hatten anlcgen müssen; gegenwärtig waren sie nicht geheizt. Die Ankunft eines Dampfers in Königstein erregie großes Auf sehen. Seine Besatzung vermied jede» Verkehr mit der Bewohner schaft. Niemand durste das Schiff besteigen oder verlassen. Oberst Rcichard ging mit seine» Depeschen auf die Festung zum König. Lentnant Schnrig nahm die in einem Hause am Ufer liegende Bedeckung eines früh von Dresden abgegangeuen Mehltransport, schiffes für die Festung, 1 Sergeant »nd 24 Mann vom Leib Regiment, unter seinen Befehl und sicherte durch ausgestellte Posten und Patrouillen Einschiffung und Verladung des Munitionstrans- Ports, der unter starker Bedeckung in 3 Kolonnen Nachts '/-IO Uhr, »in 12 und >/,3 Uhr von der Festung herabgebrach« wurde. Er bestand ungesähr aus 3 Zentner losem Artillerie-Pulver, einigen Hundert 6- und I2pfündiger in Spiegel gesetzter Kaliberkugeln, einer gleichen Anzahl dieser entsprechender Patronen, ferner einer Quantität scharfer 6pfündiger Granate», sowie 17 Schubkasten Infanterie- Patronen nebst Zündhütchen. Das Pulver und die scharfe Munition wurden in der I. »nd Dciineu-Kajüte, die Vollkugel» vertheilt aus dem Boden des Schiffes inilergcbrcicht, um das Schiff gleichförmig zu beschwere», weil das Verdeck, ans dem sie zuerst lagen, unter ihrer Last.zu brechen drohte. Während der Munitionsverladung überbrachte ei» ans Pirna vom Dampfer „Germania" geflüchteler Steuermann die Nachricht, daß die Pirnacr Kommunalgarde am Abend habe Appell schlage» lassen und dem Schiffe den Rückweg verlege» wolle. Diese Meldung bestätigte ein vom Major Prenzel ans Weesenstein abgesandter geheimer Bote, der außerdem mitthcilte, es wäre» an den Ufern Barrikaden errichtet und die beiden gekaperten Dampfer in Pirna geheizt, um das Pulverschiff aufzufangcn oder in die Luft zu sprengen. Leutnant Schubert ließ infolgedessen sofort die Rückfahrt antreten, um noch vor dem Morgengrauen bei Pirna vorbeizukomme». Kaum war das Schiff aber i» Bewegung gesetzt, so kam die Meldung, bei Pirna sei die Elbe gesperrt durch versenkt« Flöße und eine Keil«. Steuermann Pctzoldt erklärte darauf, daß die Fahrt nun nicht aus führbar sei, Leutnant Schnrig ließ limkeßrcn, am Städtchen an- legcn und erstattete Meldung nach der Festung; von dort kam der Befehl, an Ort und Stelle z» verbleiben. Die am Morgen des 7. Mai zum Eiseiibahnba» in Königstein und am Uf r sich einfindenden 700 Arbeiter und die Stimmung eines Theils der Bewohnerschaft ließe» nichts Gutes erwarten. Leutnant Schubert rief daher den Bürgermeister aufs Schiff, machte diesen für di« Ruhe des Städtchens verantwortlich, droht«; bei der ersten Feindseligkeit die Stadt von der Festung beschießen zu lassen und das Schiff in die Luft zu sprengen. Für ersteren Fall war mit dem Kommandanten der Elbbattene durch de» Festnngs- Adjutanten Oberleutnant von Brochowsky ei» Signal von drei Flintenschüssen verabredet worden. Der Bürgermeister wie der Kommuiialgardenkommandaut versprachen sür Ansrechtcrhaliung der Ruhe zu sorgen. Der Tag verging auch ruhig, nur wurden mehrfach am Ufer Kundschafter und verdächtige Gestalten wahrgenonnnen. Der Dampfer blieb am Ufer, nahm Kohlen und Lebensmittel ei», und seine Besatzung vermied allen Verkehr. Die Ufer wurden Vor mittags mehrfach mit der Schaluppe rekognvszirt. Nachmittag» brachte der Steuermann der „Germania" aus Pirna die Nachricht, daß dort der Stand der Sache zwar noch unverändert, die Elbe aber frei und weder durch Flöße noch Kette gesperrt sei. Letzteres hatte der Pirnacr Fährmeister thnn wollen, war davon aber dittch de» Bürgermeister abgehalten worden, welcher versichert hatte, das Pnlver- schiff komme nicht. Nähere Nachrichten ans Pirna waren nicht zu erlange», weil alle Bote» des FcstinigSkonniiandantc» abgefangen »nd sestgehalte» wurden. Da schickte Leutnant Schubert de» Arlilleriekovporal Bchrlsch ans die Festung und ließ melden, er werde auf jeden Fall abfahren. Alle Vorkehrungen hierzu wurden getroffen: die Bordwände bis zur Kniehöhe mit Bretter» geblendet, die Kajütenfenster der Pulverkc,jüte mit Matratze», die der zweiten Kajüte mit den Tornister» der Mannschaft verkleidet, allenthalben gefüllte Wasscrgefäße ausgestellt, auch alle Anvrdnnngen zur Verthcidignng des Schiffes getroffen. Für de» auf der Kommandobrücke gänzlich freistehenden, zur Leitung des Schiffes an Stelle des Tags vorher in Rathe» krank zurück gelassenen Kapitäns berufenen Steuermann wnrde ein bretterncs Hau» gezimmert und dasselbe mit Ochsenhäulen belegt, sowie für den zweiien Steuermann, der das Steuer führen sollte, ans einer Ochscuhaut ein- Art Burnus gefertigt, de» er über seinen Anzug werfen mußte. Die Besatzung wurde »och durch 10—12 Mann von der Bedeckung des Mehltransports v rstärkt. Jndeß drohte ein Zwischenfall Alle» j»m Scheiter» zu bringen. Die beiden Bootsleute hatten sich, wahr scheinlich aus Furcht, dnrch's Kajütenfenster entfernt, waren zum Ab stößen »nd Anlegen des Schiffes unentbehrlich, aber nicht wieder Herbeizuschaffe». Man nahm nun den Bovtsgehilse» des Mehlschiffe» mit, der zusammen mit einigen Obcrkanonicren das Schiff anch in Gang brachte. Um 8 Uhr, als die Dunkelheit einbrach, dampfte man ab. Die Besatzung brachte dem König, der ans den Wällen der Festung stand, ei» dreimaliges „Hurrah". Gleich darauf krachten aber auch von der Liliensteiner Ebenheit drei Flintenschüsse al» Signal der erfolgten Abfahrt des Pulverschiffes. Aus demselben lag die Infanterie in der II. Kajüte zu beide»
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