Die Peterskirche in Vergangenheit und Gegenwart Die alte und die neue Peterskirche — das sind 800 Jahre Kirchengeschichte, 800 Jahre menschlichen Euchens und Ruscus sowie 800 Jahre göttlicher Antwort und göttlicher Lilfe. Es ist der Mühe wert, einmal stille zu stehen und Rückschau zu halten. Wir leben allzu schnell und was uns heute interessiert, ja bewegt, ist morgen schon durch Allerneuestes ver drängt. Wieviel mehr liegt die Vergangenheit im Nebel der Jahrhunderte; sie gleicht einer Gegend, die man kaum mehr erkennen kann. Trotzdem darf nicht vergessen werden, daß auch sie einst Leben und Kampf war und daß wir gerade aus der Geschichte viel lernen können. Darum wollen wir beim 50 jährigen Jubiläum der neuen Peterskirche zurückblicken. Allerdings nur in großen Strichen, indem wir das Wesentliche herausgreifen, aber wir sind gewiß, daß die Glieder und Freunde unserer Gemeinde dafiir ein lebhaftes Interesse haben werden. Mancher hat uns schon nach Gründnngszeiten, besonderen Kriegsschicksalen oder interessanten Ereignissen gefragt. Lier findet er das Wichtigste zusammengestellt. Dabei schwebt uns allerdings noch etwas größeres vor. Wir möchten nicht nur eine menschliche Chronik bieten, sondern den Versuch machen, die Entwicklung des innersten kirch lichen Lebens in dieser langen Zeit aufzuzeigen. Dabei dürfen wir mit Stolz schon jetzt sagen, daß gerade die Peterskirche der Ausgangspunkt wertvoller Neuansätze gewesen ist. Kner wurden tapfer Wege eingeschlagen, die sich als segensreich erwiesen und zum Teil noch in der Gegenwart fruchtbar sind. Es ist immer groß, wenn man das Wirken des göttlichen Geistes im Laufe der Jahrhunderte wahrnehmen darf und wenn sich damit menschliche Liebe und Treue verbinden. Die alte Peterskirche ist vermutlich die älteste der Kirchen Leipzigs überhaupt. Zwar ruht Dunkel über dem Werden der ersten gottesdienstlichen Stätten, aber wir gehen nicht fehl, wenn wir das Jahr 1127 als den Gründnngstermin annchmen. Markgraf Conrad der Große soll sie erbaut haben. Erst dessen Sohn begründet 1176 die Nikolaikirche, der 1213 die Thomaskirche folgte. Genau genommen müßte man die Peterskirche als Peters kapelle bezeichnen. Sie wird capells beati Letri genannt. Neben ihr bestanden noch andere Kapellen wie die von Katharinen, von St. Marien und vielleicht St. Iacobus. Während diese aber im Laufe der Jahrhunderte völlig verschwanden und nur von einer überhaupt noch eine Namenserinnerung besteht (Katharinenstraße), ist Peters geblieben. Trotz verheerender Kriegsstttrme und mancherlei LImbauten stand dies Gotteshaus bis zum Dezember des Jahres 1885. Ihr Platz dürfte den meisten noch bekannt sein. Er befand sich neben dem alten Peterstor, ungefähr an der Stelle, wo sich jetzt das Gebäude der Reichsbank erhebt. Im das damalige Gesamtbild wieder recht lebendig werden zu lassen, haben wir es in einem alten Stich wieder gegeben. Die Petcrskapelle war zunächst nur zum Messelesen bestimmt. Gleichwohl standen diese Meßkapellen im hohen Ansehen, weil in katholischer Zeit viele Gläubige für sich und ihre Angehörigen Messe lesen ließen. Auf diese Weise bekam sie im Jahre 1434 durch Stiftung des Äcrzogs Friedrich des Sanftmütigen einen Altar und 76 rheinische Gulden als Einkünfte dazu. In der ersten Zeit war Peters mit Nikolei verbunden. Beide Kirchen besaßen ge-