Nr. IO. Beiblatt zum „Chemnitzer General-Anzeiger- und zum „Sächstschen Landboten". 18SS Die Seife als Teintver-erlier. (Bo» unserem ärztlichen Mitarbeiter.) Nachdruck verboten. vr. 0. 6. Der Römer Plinius begrüßte in seiner Historia iiutuonlis, einige Jahr zehnte nach Christi Geburt, die auS Deutschland neu eingesührte Seife als eine höchst wichtige Vervollkommnung des Badewesens; Liebig be zeichnet« den Verbrauch an Seife sogar als Maßstab für die Kultur eines Volkes. Seit dem hat die Bedeutung dieses nothwendigen Toiletteartikels noch ganz gewaltig zngenommen, aber die Beschaffenheit hat sich sehr geändert. Wie ganz anders war es zur Zeit des Plinius, wo di« alten Germanen nur aus reiner Buchen asche und Thierfett Seife bereiteten, oder zur Zeit unserer Großmütter, welche aus 1 Pfund Fett 1'/, Pfund guter Kernstife herstellteu, während die Kunst es jetzt soweit gebracht hat, aus 1 Pfund Fett 12 Pfund Seife zu fabri» zieren! Dies geschieht natürlich auf Kosten der Güte, und gerade diese ist von hoher Be deutung für die Gesundung und Gesunder haltung der Haut, während eine schlechte Seife Teint und Haut verdirbt, ja sogar große hygienische Nachtheile für den ganze» Körper Hervorrufen kann. Wie ist das möglich? Seifen sind be kanntlich Verbindungen von Fettsäuren mit Alkalien. Als solche bewirken sie nicht nur Auslösung des Schmutzes, der dann vom Wasser weggespült wird, sondern auch Er weichung und Lösung („Abschuppung") der obersten Hautschicht, und Verseifung, also Be seitigung des überschüssige» Hautfettes. Dies ist der Zweck, welcher beim Waschen erstrebt und von einer gute», milden Seife auch erfüllt wird. Eine schlechte, scharfe Seife aber be schränkt sich in ihrer Wirksamkeit nicht auf die obersten Hautschichten, erzeugt vielmehr eine tiefergeheude Lösung und Abstoßung der Epidermis, Reizung und Röthuug der darunter liegenden Schichten, sowie Entziehung des nothwendigen Fettes ans den Mündungen der Drüsen. Dadurch wird die Haut trocken, spröde und rauh, dünn und empfindlich; es entstehen schließlich zahlreiche kleine, feine Riffe, die dann bei Temperaturwcchsel, namentlich auch in der trockenen Zimmerluft oder bei kaltem Ostwinde leicht aufspringeu, nässen und bluten Solche aufgesprungene Haut mit ihrem Netz werk von kleinen Wunden bildet oft eine Ur sache vieler Hautleide» und auch vieler anderer Krankheiten, besonders infektiöser Natur, denn es ist gar nicht zu berechnen, welchen und wie viel Keimen von Infektionskrankheiten durch eine verletzte Haut der Eingang in den Körper geöffnet wird. Welcher Vestaudtheil in schlechter Seife bringt nun hauptsächlich diese Schädigung der Haut hervor? Das überschüssige, freie Alkali! Wendet man doch rein alkalische Seifen gerade zu als Arzneimittel an, um eine intensive Auf weichung und Ablösung der Haut zu erzielen, um harte, verhornte Schwielen der Epidermi» zur Aufquellung uud Abschälung zu bringen. Daher ist die Forderung, welche man an ein« gute, hygienische Toiletteseife stellen muß, daß sie kein freies Alkali mehr enthalte, daß ft« neutral sei. Dies zu erkennen, giebt es ver schiedene Mitte. Eine neutrale Seife darf auf der Zunge, wenn man sie mit derselben berührt, nicht brennen oder steche». Ferner ist es ein Zeichen von überflüssigem Alkali, wenn ein« Seife sich an der Oberfläche mit Krystallen be deckt. Die zuverlässigste Probe auf die Neu tralität besteht darin, daß man auf die trocken« Seife heiß? Sublimatlösuug (Quecksilberchlorid) austränfelt. Tritt auch nur eine Spur von Gelbfärbung (durch Quecksilberoxyd) ei», so ist noch freies Alkali in der Seife, sie ist also i« kosmetischem Sinne schlecht. Uu> nun etwa überschüssiges Alkali un schädlich zu machen, oder genauer gesprochen, zu binden und zu verseifen, mischen die Fabrikanten bisweilen der fertigen Seife irgend ein Fett als sogenanntes „Uebersett" mechanisch bei. Es ist dies eine sehr gute Methode, um die Seife milder für die Haut zu mache» Freilich verlieren die Seifen durch den Gehalt von Uebersett a» Ansehen und besonders au