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ALLGEMEINE ZEITSCHRIFT FÜR TEXTH-INDIJSTRIE. Redaction und Administration: II., Kaiser Josefs-Strasse 37. Abonnements-Preis excl. Postporto: Ganzjährig 6 fl. = 12 Mark Halbjährig 3 „ = 6 „ Preis eines Exemplares 30 kr. ö. W. 60 Pfennige. Wissensciiaftl.-DODiiläres Facbblatt für Spinnerei, Weberei, Wirkerei, Färberei, Druckerei, Bleicherei, Appretur nnä verwandte Industrie-Zweige. Herausgegeben von PH. ZALUD unter Mitwirkung hervorragender Fachmänner und Industrieller. Erscheint am 1. und 1.5. jedes MonaU. Inseraten -Tarif. Die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum 15 kr. 30 Pf- Bei sechsmaliger Einschaltung 20 0/.J „ zwölfmaliger „ 30 0/ 0 Nachlass. Beilagen nach Uebereinkommeu. Stellen - Gesuche und Stellen - Offerte pro Zeile 8 kr. = 16 Pf. Wien, am 1. März 1879. I. Jahrgang. lnlia.lt: ÜeberWollspinnerei. Der Volant in der Streichgarnspinnerei von Dr. Kuno Stommel. — Neue Garnweife, Coleby’s Patent von C. Rolft's. (Mit Bild). — Die Fabricatiou von Flocken- und Perlstoffen von Robert Denk. — Ueber das Flamiren der Garne von Th. Beiler. (Hiezu Illustration). — Original - Färberei-Recepte. (Mit drei Naturmustern.) — Ueber Verdickungsmittel, welche beim Druck wollener, halb wollener und baumwollener Waaren vorzugsweise Anwendung finden von Omar Börner. — Zwei Druckmuster von Wilhelm Schulz. — Appretur, Schwarz auf gewöhn liche Futterkattune von H. Wärter. (Mit Appretur-Muster.) — Das Bleichen der Lein wand mit nnterchlorigsaurem Kali und mit Zuckersäure von V. Joele . — Roofs nicht explodirbarer Kessel. (Mit zwei Tafeln.). — Vom Maschinenmarkte. — Frage kasten. — Chemische Versuchsstationen. — Correspondenz der Raction. — Aviso. — Inserate. Teber Wollspinnerei. Der Volant in der S tre ichgarn sp inn er ei. Eine völlig widerspruchsfreie und übereinstimmende Er klärung über die Wirkung der einzelnen Streichgarnwalzen und deren Kratzenzähne gegen einander und auf das zwischen ihnen zu verarbeitende Wollhaar, existirt bis heute in aus führlicher Weise noch nicht. Dies ist aber das Fundamental wissen für den Spinner. Ob diese Grundsätze richtig verstan den und angewendet sind, davon hängt der Vorzug eines Spinnerei-Etablissements vor dem anderen meistens ab. Selbst in einem der neuesten und ausführlichsten gutgeschriebenen Spinnereiwerke existirt über diese Frage noch einige Undeut lichkeit, wenigstens kann der Uneingeweihte nach den daselbst gebrauchten Ausdrücken leicht fehlgreifen. Nachdem der betref- fendeVerfasserrichtig gesagt hat, dass der Tambour (die Hauptwalze der Krempelmaschine) in seinem Kratzenbeschlag grossem Wider stand leisten müsse, bemerkt er ferner, dass man daher für den Tambour Kratzenzähne mit niedrigem Knie anzuwenden pflege. Dies ist nur dann richtig, wenn man unter niedri gem Knie einen kürzern obern Arm des Kratzenzahns versteht, wenn also das Knie des Zahnes mehr nach oben hin angebracht, und vom Leder des Kratzengeschirrs weiter entfernt ist. Der Peigneur oder die Kammwalze, welche die Wolle vom Tambour abnimmt, kann ein etwas stärker gebogenes Zahnknie haben, damit der Zahn dadurch die Wolle bessser erfassen kann. Da das durch den Volant gelockerte und losgestrichene Wollhaar lose in den Zähnen des Tambours sitzt, so hat der Peigneurzahn weniger Kraft als Schärfe nöthig. Ein stärker gebogener Zahn fasst aber schärfer zu als ein solcher, wo das Knie nur wenig gebogen ist. Es ist auch richtig, dass der Peigneurzahn (zumal bei der Continue oder der 3. Krempel maschine) etwas elastischer sein muss als der Tambourzahn. Zu diesem Zwecke muss das Knie des Peigneurzahns mehr nach unten zum Leder des Kratzengeschirrs hin angebracht werden, so dass der obere Arm des Kratzenzahnes etwas län ger wird. Die Begründung dieser Pobleme führt indessen zu weit. Wir wollen heute nur die Wirkung und Aufgabe des Volant (Flügelwalze) in der Streichgarnspinnerei betrachten: Durch die Wirkung des Krempelprocesses, besonders durch die Einwirkung der Travailleurs (Arbeiterwalzen), welche der Drehungsgeschwindigkeit des Tambours gegenüber fastals nie still stehende Walzen functioniren, wird das Wollhaar in die Zähne hineingedrückt, so zwar, dass die Spitzen der Wollhaare in entgegengesetzter Richtung als derjenigen des offenen Zahn knies liegen. Da es nun sehr wesentlich ist, dass die Kamm walze (peigneur) sämmtliche Wolle aus dem Tambour abnehme, so ist zwischen dem letzten Travailleur und dem Peigneur der Volant angebracht. Dieser bürstet gewissermassen die in den Tambourzähnen hängende Wolle locker heraus, so dass die Wollfasern bis zur Spitze des Kniees an den Tambourzähnen heraufrutschen können und gewissermassen wie ein Flaum an den Spitzen der Zähne hängen. Von dort nimmt sie der Peig neur leicht ab. Die langsame Bewegung des Travailleurs lässt die Richtung ihrer Bewegung, welche ebenfalls der Lockerung der Wollhärchen im Tambour günstig ist, verschwindend klein werden gegenüber der Wirkung der Centrifugalkraft, mit wel cher der Tambour gegen sie wirkt. Umgekehrt verhält es sich zwischen Tambour und Volant. Letzterer macht •>' 2 —•> nia so viel Umdrehungen per Minute wie ersterer. Der Tambour wirkt in Folge dessen mit seiner Centrifugalkraft nicht auf Volant, sondern dieser auf jenen, und zwar mit einer der Umdrehungsgeschwindigkeit, welche der Auflockerung der Wollhaare im Tambour günstig ist. Durch das Bürsten des Volants werden die Wollhaarspitzen, welche in der entgegen gesetzten Richtung der Tambourzähne lagen, in die gleiche Richtung der Zähne des Tambours gestrichen, so dass die Zahnhäckchen des Tambours diese Wollhaare nicht mehr ener gisch festzuhalten vermögen. Dies ist die eine und vorzüg lichste Aufgabe des Volants beim Krempelprocess, die andere ist die, dass dies Losstreichen und Umlegen der Wollhaare möglichst überall gleichmässig erfolge. Die zweite Wirkung des Volant ist daher ein gewisses Glattstreichen des ge lockerten Wollhaars. In den belgischen Streichgarnspinnereien, die wohl jetzt auf der höchsten Stufe des Fortschrittes in dieser Fabrikation stehen, weiss man sehr gut einen Volant, der glattes, von einem solchen, der rauh e s Vorgarn liefert, zu unterscheiden. Dieser Unterschied zeigt sich besonders deutlich bei feineren Gespinnsten. Das rauhe Vorgarn entsteht, wenn der Volant im Verhältniss zur Wolle zu fest oder zu lose steht. Im erstem Falle streicht er die Wolle zu sehr heraus und verwirrt ihre durch den vorhergegangenen Krempelprocess ermögliohte glatte Lage, im letztem erhebt er die Wolle nur halb aus den Zähnen des Tombours zu einem flaumartigen Hervorstehen. Beides ist falsch. Untersucht man den Tambour einer gutarbeitenden Maschine an der Stelle, wo die Wirkung des Volant kurz IMF“ Hierzu eine Reilage: - Tafeln. M