Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.03.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070311015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907031101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907031101
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-03
- Tag1907-03-11
- Monat1907-03
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Anzeiqen-PretS Morgen-Ausgabe 8. Bezugs-PreiS eipMer Nag MM Handelszeitung Amtsblatt des Nates und des Nolizeiamtes der Stadt Leipzig a«o» Nr. 7V Montag 11. März 1907. Neu. »et ««»« tten ner- rhe S. r und »7, 1V1. Jahrgang. «pel, ding, berg, >»«« »S7 meister rnck. März Naben NS. i« der erzielt, rn, die ntlicken er ganz Ive und men ist. Herrn -Rohn, ihre io uik ab, daß der Endlich esse den wen. Re-aM-n und Expedition: JohauntSgafsr 8. Telephon Nr. 1D3, Nr. 222, Nr. 1173. Berliner RedaMonS-Bureau: Berlin kiV. 7, Prinz Louis Ferdinand« Straße 1. Telephon I, Nr. 9275. einmal klar zu stellen ist höchste Zeit. Und es muß auch dar über Klarheit geschaffen werden, was uns blühen würde, wenn die starken Männer ihr Ziel erreichen. Diese Leute wollen in einem kulturell hochstehenden Volke mit hochintelligenter Arbeiterschaft eine Politik der Kraft meierei, der eisernen Faust inaugurieren. Und da wir wissen, daß dies unabsehbares Unglück für die Nation bedeuten würde, so wollen wir bei zeiten auf diese Pläne Hinweisen. Denn es ist nicht zu leug nen, daß die erfreulichen Resultate der Wahl doch auch be denkliche Nebenerscheinungen gebracht haben: die Stärkung reaktionärer Parteineigungen. Nun ist die Regierung glück licherweise einsichtig genug, diese Gewaltpolitik nicht mitzu machen. Die Thronrede bezeugt das, und der Kanzler hat sich deutlich genug darüber ausgesprochen im Reichstage. Sein Programm ist tatsächlich nicht reaktionär. Und die wertvollsten Punkte darin sind sozialpolitischer Natur. Schon deshalb ist zu hoffen, daß die Pläne der Gegner des Staats sekretärs scheitern. Und wenn man bedenkt, daß das Riesen werk der Zusammenfassung der sozialen Versicherungsgesetz- gebung noch nicht vollendet ist, so zeigt sich so recht die egoistische Verblendung der Leute, die den besten Mann, den das deutsche Volk als sozialpolitischen Werkmeister auf zuweisen hat, in diesem Moment verdrängen wollen. Möchten sich alle ehrlichen Freunde einer gesunden, ruhigen Entwickelung unseres Volkes, die ehrlichen Sozial politiker aller Parteien bewußt werden, was auf dem Spiele steht. Vie Haager srieaenzkonlerertr «na Oie englircken Vorspiegelungen. In der Budgetkommission des Reichstages ist regierungs seitig auf eine Anfrage erklärt worden, die deutsche Reichs regierung werde jeden praktischen Vorschlag auf der Haager Friedenskonferenz ernsthaft prüfen. Diese Haltung ist korrekt und selbstverständlich. Soll auch die Abrüstung vorgebracht werden, so brauchen wir uns bei diesem Thema nicht aus zuschließen. Tas Sprichwort „man muß mit den Wölfen beulen" läßt sich wohl ebenso treffend Lahsn variieren: „man muß mit den Schäflein mäh sagen." Nur ist cs gut, die Sach lage von vornherein möglichst klarzustcllen, zumal uns Deutschen so gern die Rolle des bösen Karnickels zuge schrieben wird, das überall angcfangen hat. Auf der ersten Haager Konferenz wurde von dem deutschen Delegierten Oberst v. Schwarzhoff eine allgemein als vorzüglich aner kannte Rede über Abrüstung und Schiedsgericht gehalten, die aber auch wegen der Offenheit, mit der sie Illusionen ab tat, zu Verdächtigungen Anlaß gab. Nebenbei bemerkt war es damals besonders die gewiß auch nicht kriegerisch gesinnte Schweiz, welche ebenso offen eine Abrüstung als untunlich erklärte. Am weitesten ging England mit schönen Worten und Vorschlägen: und von Rußland war der Plan der gan zen Friedenskonferenz ausgegangen. Die Ironie der Ge schichte hat gewollt, daß es gerade diese beiden Großstaaten waren, die schleunigst nach den Haager Friedensreden die blutigsten Kriege hervorriefen und ausfochten. Es fiel ihnen dabei auch nicht im Traume ein, ihre Streitigkeiten mit den Buren und den Japanern vor dem Haager Schieds gericht zum Austrag zu bringen. Jetzt ertönen wieder die wunderbarsten Abrüstungs- Schalmeien aus dem englischen Lager. Sogar auf russischer Seite zeigt man sich dagegen zurückhaltend. Staatsrat v. Martens hat sich auf seiner eben beendeten Rundreise recht skeptisch zur Sache geäußert. Wie neuerdings ein Ge währsmann der „N. fr. Presse", der von dem russischen Friedensboten empfangen wurde, berichtet, gingen des Russen Erklärungen dahin, falls England sich für dieDiskussion einer Beschränkung der Rüstungen auf der Haager Konferenz ein setze, würde Rußland wohl nicht anders können, als den Mächten einen dahingehenden Vorschlag zu machen. Immer hin könnte daraus wohl eine für die Wissenschaft l!) frucht bare und zu künftigen Entwicklungen nützliche Diskussion resultieren, wenn sie auch nicht zu unmittelbaren praktischen Resultaten führte. Es ist indes weiter zu konstatieren, daß der englische Pre mier, Herr Campbell-Bannerman, mit seinen Sirenen klängen fast nirgends Gegenliebe findet oder auch nur ernst genommen wird. Ein Artikel des Pariser „Temps", der ja dieser Tage viel bemerkt ward, schrieb, daß Rußland, Deutschland, Frankreich, Italien, Oesterreich eine solche Diskussion für unnütz hielten, daß man der Haager Konferenz ihren Charakter als Juristenversammlung lassen solle, die ein nützliches, aber begrenztes Werk schaffen könne, daß man aber, um harte Enttäuschungen zu vermeiden, nur ein Mittel habe: nämlich die Wahrheit zu sagen. Das hat tatsächlich schon 1899 am meisten Deutschland'zu Haag ge tan. Es ist eine nachträgliche Rechtfertigung unserer Politik und Ehrlichkeit, wenn jetzt solche Erkenntnis und Notwendig keit allgemeiner durchgedrungen ist. llebrigens wird den englischen Friedensschwärmern selbst von ihren eigenen Landsleuten deutlich genug von vornherein die Wahrheit gesagt. Der Pariser „Timcs"-Korrespondent, der sich längst durch gehässige Verdächtigungen gegenüber Deutschland ausgezeichnet hat — deshalb ist die jetzige Fest nagelung angebracht, wenn später wiederum Deutschland als Vater aller Hindernisse angeklagt wird — schreibt, daß Campbell-Bannermans Auslassungen in Paris keinen gün stigen Eindruck gemacht haben außer bei den Sozialisten und sogenannten Pazifisten. Der Franzose von gesunden Men schenverstand in allen Klassen frage sich, ob gewisse englische liberale Staatsmänner in einem Paradiese lebten. Jeden falls finde das gefährliche Ideal einer Begrenzung der Rüstungen kein Echo bei neun Zehnteln des französischen Volks. Einige der wärmsten Advokaten des internationalen Friedens brächten offen zum Ausdruck, daß sie das Ver trauen verloren hätten, von der Haager Konferenz könne irgend etwas Gutes kommen. Am treffendsten hat dann :m Uutachause der konservativ« Führer und frühere Miuifter- lv-Infttt. t. Prosp.fr. Zitrung aes llanarrausscdurses üer sreirinnigenstereinigung in Zacbren. In Hollacks Restaurant in Dresden-Neustadt tagte gestern der Landcsaus'chuß der Freisinnigen Vereini gung in Sachsen. Die Beratungen dieser Körperschaft ver dienen im gegenwärtigen Augenblick ein besonderes Inter esse. einmal in Anbetracht des gewaltigen "ufschwunges, den der liberale Gedanke im allgemeinen anläßlich der jüng sten innerpolitischcn Vorgänge genommen, und zweitens da durch, daß die von verschiedenen Seiten ins Werk gesetzten Bestrebungen zur Herbeiführung einer Einigung aller libe ralen Gruppen naturgemäß dabei zur Sprache kommen mußten, um so mehr als gleichzeitig in Berlin hervor ragende Männer der Freisinnigen Bolkspartet zusammen getreten waren, um gleichfalls über ein Hand in Hand arbei ten der entschieden liberalen Parteien in der Neichspolitik zu beraten. Wie in einem Teile der gestrigen Auflage schon kurz erwähnt, ging der Sitzung ^es Landesausschusses am Sonn abend abend eine öffentliche Versammlung liberaler Wähler voraus, die gewissermaßen eine Heerschau nach der Wahl- fch.-achl in diesem Kreise bildete, gleichzeitig, aber auch die «Nie Vorbcreiluna zum neuen Kampf, dem Wahlkampf für den sächsischen Landtag, denn der ehemalige Reichstags kandidat für den 4. sächsischen Wahlkreis, Oberlehrer Dr. Barge-Leipzig, sprach über die künftigen Aufgaben des Liberalismus. Er erklärte dabei ganz rückhaltlos, daß Mischen ocm Verhältnis der Liberalen zu den übrigen Parteien im Reichstage und demjenigen in der inneren sächsischen Politik ein gewaltiger Unterschied bestehe. Für die Politik im Reichsten könne er ein gelegent liches Zusammentreten der Liberalen mit den Konservativen und anderen rechtssichenvcn Arteten zur Bildung einer Mehr heit gegen Zentrum und Sozialdemokratie nickt kurzerhand abweisen, aber in der sächsischen Politik, in den Wahlen zum sächsischen Landtag gehen die Wege der Liberalen und der Konservativen weit auseinaiider. Die gleiche Auffassung vertraten auch der Vorsitzende der Dresdner liberalen Organisation. Dr. v. Mangockt, und die übrigen Redner des Abends. Im Anschluß an die Vorgänge während der Reichs tagswahl wurde erklärt, man habe in der Leitung der Libe ralen Partei in Dresden keinen bindenden Beschluß für das Verhalten der Liberalen in der Stichwahl gefaßt, da die Not wendigkeit hierzu nicht Vorgelegen habe. Wäre dieser Fall jedoch eingetreten, so hätte die Parteileitung gar nicht anders handeln können, als den Wählern ihre Entschließung frei zugeben. Eine ähnliche Ansicht vertrat auch die überwie gende Mehrheit in der Versammlung. Die Verhandlungen des Landesausschusses fanden hinter verschlossenen Türen start. Der Ausschuß selbst versendet an die Presse folgenden Bericht: Ausschuß des Liberalen Landesverban des für das Königreich Sachsen. In Dresden traten am Sonntag die Vertrauensmänner des Liberalen Landesverbandes I Freisinnige Vereinigung! zusammen. Allgemein stellt« sich bei den Beratungen als das Ergeb nis der verflossenen Wahlbowegung eine bedeutende Stärkung der linksliberalen Gedankenrichtungen heraus. Man beschloß deshalb, in einer ganzen Reihe von Wahl kreisen die Entwickelung der bestehenden und die Grün dung neuer Parteiorganisationen mit besonderem Nach druck zu verfolgen. Auch ivurden zu diesem Zweck Vor bereitungen zur Errichtung eines besonderen sächsischen Landessekretariats getroffen. Einen bevorzugten Platz nahmen in den Beratungen die bevorstehenden Landragswahlen ,-nl d:. Reform des sächsi'chcn Wahlrechtes ein. Es sollen in einer Reihe von Wahlkreisen von der Partei Lanötagskandidalen ausgestellt und die Durchsetzung der Wahlreform mit allen Kräften angestrebt werden. Mit großer Freude 'urde die Einmütigkeit und das Zusammengehen der Linksliberalen bei den letzten Wahlen festgestellt und beschlossen, sinleitende Schritte zu tun, um die so erfolgreich begonnene Arbeitsgemeinschaft der ent schieden liberalen Gruppen im Königreich Sachsen dauernd festzuhalten und auszubauen. Präsident Balfour seinem Nachfolger die Zwiespältigkeit ins Gesicht gesagt: die englische Regierung könne unmöglich dem Volke auseinandersctzen, daß sie die Stärke von Heer und Flotte vermehre, und zu gleicher Zeit erwarten, daß das Ausland glauben werde, England werde große Opfer bringen im Interesse der internationalen Mrüstung. Es ist erfreulich, daß sich auch deutsche, sonst recht frie dens- und englandfreundliche liberale Preßorgane in keiner Weise von den englischen liberalen Vorspiegelungen betreffs verminderter Marinerüstungen usw. täuschen lassen. Ist Englands geographische Lage außerordentlich günstig, so kann niemand leugnen, daß umgekehrt diejenige Deutschlands inmitten des europäischen Kontinents außer ordentlich ungünstig ist. Hat England die Prätcnsion, seine doppeltstarke Flotte sich durch internationale Abmachungen in aetsrvnrn in diesem Verhältnis garantieren zu lassen, so dürfen wir mit demselben Recht für uns ein gleiches für ein doppeltstarkes Laudheer verlangen. osr Aicktlgrle vom Lage. * Oesterreich hat in seiner Antwortnote an Serbien die bisher geforderte Bevorzugung der österreichischen Industrie preisgegeben. lS. AuA.) * Die italienische Deputiertenkammer be ginnt ihre bis zum 23. April wähnenden Osterferien be reits am 16. März. * Eine heute in Hamburg abgehaltene Versammlung des Hafenarbeiterverbandes hat einstimmig be schlossen, den früberen Beschluß der Verweigerung der Nacht» und Sonntagsarbeit aufrecht zu er- halten. sS. Letzte Dep.j Stadl ist der Stimmenzuwachs mit getroffen w-rden kann, vaö biö zur Konareßsession un aß man einen Mann aumstellt«, der I Dezember v. 3. m Kraft bleibe» würde. Dir ge»an»t« Aiizeigen-Aonadme: AuguftuSPlatt tt, bei lämtltchen Filialen u. allenÄnaoncen- Expeditionen des In- und Auslandes. für Leipzig and Vororte: In der Haupt- Expedition ob« denn Ausgabestellen ab geholt moaatlich: Au-gabe (1 mal täglich) 70 Pf., Ausgabe ü iS mal täglich) 80 Pf, bei Zustellung tnS HauS AaSgad« T 80 Pf, Ausgabe lt 1 Mark. Durch unsere aus wärtigen Ausgabestellen und durch di« Post bezogen ll mal täglich)innerbalb Deutschlands monatlich 1 Mark auSschl. Bestellgebühren, für Oesterreich-Ungarn b L SL d vierteljährlich, c»« übrigen Länder laut ZeitungSpreiSliste. Um?oraao«rlrv. Nicht immer sind die lauten Kämpfe die heftigsten und gefährlichsten. ES gibt auch still« Schlachten, von denen nur in de« Momenten höchster Anspannung wenige gepreßte Laute Kunde geben. Wer bei den Parlomentsdebatten der letzten Woche genau zugehört hat, wird diese unwillkürlichen Laute vernommen haben. Besonders am Sonnabend konnte man sie aus der Rede des Staatssekretärs Graf v. Posa- dowsky heraushören. Man spricht kein Geheimnis aus, wenn man sagt, daß an seinem Sturze gearbeitet wird. Bon wem? O, es gibt da Interessenten genug. Und Gründe haben sie auch genug, sachliche und persönliche. Der Kon servative Henning hat die sachlichen am Sonnabend hübsch zusammengefaßt — daS Tempo der reichsdeutschen Sozial politik ist ihnen zu schnell. Eigentlich ist ihnen die ganze So zialpolitik gräßlich. Aber so etwas sagt man natürlich nicht. ES klingt doch gar zu antiquiert und reaktionär. Und über dies wird es einem auch vom den Wählern lbei dem schreck lichen demokratischen Reichswahlrecht) verübelt. Also behilft man sich mit der Bemängelung des Tempos. Und die per sönlichen Gründe? Nun, solch« jahrelange Fehde zeitigt, trotz aller persönlichen Kultur des einen Parts, doch auch Rencontres, die nicht immer glimpflich verlaufen. Der ver flossene Reichstag war einmal Zeuge, wie Graf Posadowsky den tapferen Kämpen für sozialen Rückschritt und hohe Schweinepreise v. Oldenburg-Januschau in den Sand streckte und erklärte: Mit den Rezepten des starken Mannes aus Ostelbien könne man keine vier Wochen das Reichsamt des Inneren leiten, ohne Bankerott zu machen. Das ist vielleicht nicht ganz richtig. Es geht vielleicht doch vier Wochen und womöglich noch etwas länger, wenn man nämlich das Volk zum Aufruhr treiben will. Glaubt nun Wohl jemand, Herr v. Oldenburg und Genossen vergäßen solchen Zwischenfall? Der kennt seine Leute schlecht. Und gerade jetzt halten sie den Zeitpunkt für gekommen, um die entscheidende Attacke zu reiten. Bisher war schlecht an den Mann heranzukom men. Der eminente Sachkenner, der tadellose Gentleman mit den vollendeten Manieren, der fleißige Arbeiter bietet so wenig Blößen. Und mit dem Allzumenschlichen ist ihm schon gar nicht beizukommen. Ein Blick genügt, um das zu erkennen. Und gute Menschenkenner sind die Herren Kon servativen in dieser Beziehung immer gewesen. Da kam die Reichstagsauflösung. Und nun endlich glaubt man, dem Staatssekretär ein Bein stellen zu können. Es wird ein Gegensatz zwischen ihm und dem Kanzler kon struiert. Der Staatssekretär soll Bedenken gegen die Auf lösung gehabt haben. Möglich. Wir wissen es nicht. Aber das wissen wir, daß sehr viele Leute, und erfahrene Politiker, dieselben Bedenken gehabt haben. Bei einer Feier im Ber liner nationalliberalen Verein hat es Bassermann offen ausgesprochen, daß er trotz aller Billigung der nationalen und sonstigen Motive doch ernste Zweifel gehabt habe, ob der gewagte Schritt zum glücklichen Ziele führe. Wir zum Bei spiel waren anderer Meinung in dieser Frage. Wir hielten die Parole „Los vom Zentrum" für prächtig und sind von Anfang an, schon in den ersten Dezembertagen für Auf lösung gewesen. Für uns war die Angelegenheit kein Kultur- kampf, aber ein Kulturproblem. Der Staatssekretär für Sozialpolitik mag auch an die einzig sympathische Seite des Zentrums, an seine sozialpolitische Zuverlässigkeit, ge dacht haben. Jedenfalls zeigt die verschiedenartige Auf fassung der Auflösung, die Frhr. v. Zedlitz unmittelbar nach dem Geschehen ungefähr als die größte politische Torheit hinstellt«, daß diese Frage der Taktik doch nicht mit der zu- fammenfällt, ob man für oder «egen den Kanzler und seine Politik ist. Indessen quälen solch« Skrupel di« Gegner des Grafen nicht. Und mit allen Mitteln wird versucht, den Staatssekretär beim Kanzler anzuschwärzen. Er soll dem Fürsten Bülow nachträglich di« Verantwortung für die Auf lösung allein aufgebürdet haben. Ein wirklich schauderhaftes Verbrechen, nachdem der Wahlkampf mit der Halbierung der Sozialdemokratie und dem großen Siege der nationalen Mehrheit geendet hat. Also weil der Staatssekretär dem Kanzler den verdienten Ruhm läßt, muß Feindschaft zwischen den beiden Staatsmännern herrschen. Unglaublich töricht, aber wahr. Graf Posadowsky hat am Sonnabend in wenigen Sätzen seine Gegner und ihre Motive gezeichnet. Er hat ganz recht: Dies« Leute wollen überhaupt keine Sozial- Politik. Aber da sie nicht den Mut haben, das zu sagen, so stimmen sie in der Theorie zu, aber in jedem einzelnen praktischen Falle dagegen. Und von ihrem Standpunkt auS haben diese Gegner der Sozialpolitik auch gar nicht so un recht, den Grafen Posadowsky zu befehden. Er ist für sie der Repräsentant des sozialpolitischen Systems. Und da ihnen die ganz« Richtung nicht paßt, s» soll er weiche». Die» Diese Nummer kostet aus ? allen Bahodösen und bei I II 11^1 den sieitnngS- BerkSnsern I Ler Organisation <ler Nationalliberalen. Zu dieser für Leipzig besonders wichtigen Frage wird uns geichrieben: Tue am 25. Januar gefallene Entscheidung hat allgemein Freude in bürgerlichen Kreisen erregt. So wohl in Leipzig-Stadt als auch Leipzig-Land ist eine von niemand in solchem Maße erwartete Stimmcnzunahmc 'ür die bürgerlichen Kandidaten zu verzeichnen gewesen, ein Zeichen, wie viele noch den bürgerlichen Parteien bei reger Werbearbeit gewonnen werden konnten. Vor allein ist die nationalliberalc Pirtci berufen, hier zu ernten. In Lppzig-Stadl ist der Stimmenzuwachs mit darauf zurückzuführen, ' Deutsches Reich. Leipzig, 11. Mörz. * Stengel und die neue Reichsanlcihe. Gelegentlich der Beratung des Etatsnotgesetzes erklärte der Reichsschatzsekretär im Reichstag, daß die Negierung für die Begebung der Anleihe von 200 Millionen Mark mit Rücksicht auf die ungünstige Lage des Geldmarktes freie Hand behalten müss«, wenigstens in der Wahl des Zeitpunktes, zu dem sie ihre Anleihe an den Markt bringen will, wie in der Art der Begebung. Zu diesen Ausführungen teilte Herr v. Stengel nachträglich einem Berichterstatter der „Münchener Allgemeinen Zei- tung" mit, daß er absichtlich di« Form des Ausdruckes, wie es geschehen sei, gewählt habe, da nähere Angaben darüber, ob eine Begebung von Schatzanweisuugen oder eine reguläre Anleihe zu erwarten ist, noch nicht gemacht werden können. Zunächst müßte der Reichstag die Vorlage genehmigen, und dann sei sie vom Bundesrat zu sanktionieren. Herr v. Sten, gel glaubte bestimmt, daß vor Ablauf dieses Monats die Vorlage nicht zur Verabschiedung komme. Erst daun, also anfangs April, könnten wirkliche Verhandlungen beginnen, und dann würde die Frage spruchreif, ob eine Anleihe oder Anweisungen das zwcckentsprendste sei. Nicht ausgeschlossen ist, daß die Begebung sich noch weiter hinauszicchen wird, wenn der Geldmarkt auch ferner eine derartige Anspannung wie jetzt bewahrt. Auf die Bemerkung des Korrespondenten, daß das bisherige Preuße'nkonsortium Wohl als über nehmende Stelle anzusehen sei, erklärte Herr v. Stengel, daß wahrscheinlich mit diesem '-n...h. ndlu-öen gepflogen würden: doch seien auch hierüber noch keine Bestimmungen getroffen. Besonderer Wert ist der Antwort beizulegen, die Frhr. v. Stengel auf die Frage gab, „ob vielleicht der 4proz. Zinsfuß an die Stelle des bisherigen 3l4proz. in Erwägung gezogen werde", und die dahin lautete: „Ich sage nicht n e i n." * Aus der Diplomatie. Nack der „Nortd. All«. Ztg." ist dem früheren Legatioussekretär bei der GesondtichaN in Guatemala von Krause, der uletzt einige Monate im Aus- wärtigen Amt beschäftigt war, der vor kurzem frei gewordene Posten des zweiten Sekretärs bei der GesandNcixr't im Haag übertragen worden. Ten Posten des zweiten Sekretärs bei der Botschaft in Madrid hat der gleichfalls seit mehreren Monaten im Auswärtigen Amt tätige Legationssekretär bei der Ministerresidentur in Earacas, Freiherr von Rotenhan, erhalten, während der neuerdings zum Legationssekretär er nannt« Dr. jur. Friedrich ffas von Rhena zu zeitweiliger Verwendung in die politische Abteilung der' Auswärtigen Amts eirrberusen worden ist. * Dcutsch-amerikautsche HandelSherichungen. Nack einer Reihe von Besprechungen zwischen Staatssekretär Root und vem ZeosuSbirektor North darf angenommen werden, daß vor Ablauf des Provisoriums auf Grund der Sektion drei des Dingbygesepes eia neues Arrangement mit Deutschland die 6 gespaltene Petitzeile tür ÄeschöftS- bgerote auS Leipzig und Umgebung 2Ü Psi Familien-, WohnungS- u. Stellen-Anzeigen, sowie Au- und Verkäufe 20 Psi finanziell« Anzeigen 30 Psi für Inserate von au-wäriS 30 Pf. Reklamen 75 Psi anSwärl» 1 Mark. Beilage- gebübr 4 Mark p. Tausend rxkl. Postgebühr. Geschäftsanzrigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht Rabatt nach Tarif. Für Jnierate vom Ausland« besonderer Laris tz. klugen lxpedinon «S20S ehr guter 0. 72 an »LS70 erledigt tage- u. rdeiten. I. »eis» usgebeift, gepolstert. I. «97SS Für da» Ericheinen an bestimmten Lagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. Festerteilte Aufträge können nicht zurück gezogen werden. Haupt-Filiale Berlin: EarlDun cke r,Herzgl-BavrDofbuchhondlg.. Lützowstraße 10 (Tel. VI, 4603. Filial-^rvevittan:DreS0en,Marien!tr3t. es verstand, das nationale liberale Bürgertum für sich zu gewinnen. Vor allem war es aber die nationale Wablparo e, die, gegen Ultramontanismus und Sozialdemokratie gerichtet, eine Verstärkung des Liberalismus berbciführte. Der Erfolg des nationalen Liberalismus wäre aber be- deutend größer geweien, hätte er in allen Wahlkreisen eine Organisation, die ständig die Werbearbeit unter den Wählern geleitet hätte, besessen Dies war nicht der Fall, und in den WaWreifen, in tvelchen er eine solche hatte, begann man viel, fach erst nach der Reichstagsauslösung, den Wahlkampf zu organisieren, während die Gegner jederzeit am Ausbau der Organisation gearbeitet hatten. Noch weniger als bei den Neichstagswahlen ist dri Nationalliberalismus auf die Landtagswählen vorbereitet Auch hier in Leipzig ist noch vieles zu bessern. In den in dem Ausbreitungsgebiet des Leipziger Vereins liegenden sechs städtischen Wahlkreisen kann nur von zwei gesagt werden, daß Wahlorganisationen bestehen, in den anderen vier sind sie teils niemals vorhanden gewesen, teils längst wieder ent schlafen. In den ländlichen Wahlkreisen ist nur im 23. ein Ausschuß gebildet worden, der aber im ganzen nur eine Sitzung erlebte. Man begnügte sich, kurz vor der Wahl einen Wahlaus schuß zu bilden und Wahlmanner zu werben. Nach der glück lich oder unglücklich ausgefallenen Wahl ließ man alle- wieder ruhen. Es soll die? kein Vorwurf gegen die leitenden Personen sein. Diesen muß zuerkannt loerden, baß sie mit seltener Aufopferung für die Partei tätig sind. Der Hauptmangel liogt in der Art des sahungsgemäßen Ausbaues d«r Organi sation 6>, die eine engere Fühlungnahme zwischen Vorstand und Mitgliedern verhindert. Es fehlt das Zwischenglied, das diese Verbindung herstellt, und Hauplans gäbe der nächsten Zeit ist cs, dies zu schaffen. Ein Wog hierzu ließe sich dadurch finden, daß man dem Vorstände eine größere Zahl Vertrauensmänner als Beisitzer anglioderte, die aus Mitgliederkreisen gewählt sind. Bei diesen Wahlen muß auch eine gleichmäßige Verteilung der Mitgliedergruppen in den Vororten berücksichtigt werden, weshalb sich eine Einteilung nach Bezirken empfiehlt. Bei dieser Einteilung ist aber auch d'e Zugehörigkeit zu den Reichs- und Landtagswahlkreiscn zu beachten, da gegebenen falls diese Nertrauenmänner zu Wahlausschüssen zusammen zu treten haben. Speziell bei Landtagswahlen ist di«S von Vorteil, da diese aus dem Wahlkreise gewählten Vertrauens männer eher in der Lage sind, Wcchlmänner zu gewinnen, als außenstehende. In letzter Zeit ist in den Vororten der Wunsch laut ge- worden, uni die Organisation auszubanen, Mitglieder- Zusammenkünfte abzuhalten. Da aber in den meisten Orten kein Zusammenschluß der Mitglieder unter sich bestecht, hat eS nicht in gewün'chtcm Maße durchqeführt werden können. Hier wird durch das Vertrauenmännersvstem Aenderung ge schaffen, was von den in den Vororten wohnenden Mit gliedern gewiß bearüßt werden würde. Durch die größere Zahl der Beisitzer läßt eS sich aber auch ermöglichen, Angehörige weiterer Berufsstände, Beamt«, Gcwerbtreibende, Handwerker usw. heranzuziehcn. loas wiederum eine größer« Werbekraft der notionallibera-len Sache in diesen ihr jetzt zum Teil gleichgültig, zum Teil feindlich gegewüberstchenden Kreisen zeitigen würde.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite