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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.02.1908
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-02-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080217019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908021701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908021701
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1908
- Monat1908-02
- Tag1908-02-17
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Morgen-Ausgabe 8 Beyr-s-Prer» eMgerTagMalt Haudelszeitnng Amtsblatt des Nates und des Nolizeiamtes der Stadt Leipzig Dt» st»mi»r» leite» IS Vfg. >rb«rn»» «,» Jede»»»a«s« «. ^l-vlxm »r. l««z, «r. »L »««««> «eettljihrltch » «.. >«>««» I Hu«aat>« » (meeae-Z «»» ede»d4) »«rNel- jährlt» <Ll) «««lich l.» «. V«r» dtt Gd> I» dr,Ubr»> mal ttgllch) «umrdald Lniä<-Ia»dd und der deutt««» Evtonlka »mneljihrlich S.L M.. moimüich t.7L M. autlchU B-ft' d«arll»«ld, Nk Oeltrrerich v L Sv d, llogar» 8 N mmulltdrlich^ Karner w Bel» -iea. Dänemark, »en Doilaukaaieii, Frank reich, SlLlle». vujemdura. «redarlonde, «ar»»^», Rutzlan», Schwede». Schwel, an, Sv««»». Ja «lle» tdriaen S!a«r» nur drmcki Mrrch di» I^ed d Bl. «rbtlritch. Hbo»nrr»«nk-Mnn,dm»> N»U»a»<vlatz 8, bei «»lere» lrtarr». Mliate». Lvedueure» an» »naaj>ined-llcn, lmote BaktLmiern o»d Lnzeigeo-Preis B» MU «PM» ,»» a»v»M» du s^svalu»» Perr vü» L> Bk., ft»LN4>eLe >n^e» Sü BI.. N«0«»e» l vl.; »»» -n«w»r» » «.. «ekknmen t.» »»«Lueinnd^v^,.. Sal "al, » «eddede» tm «mMche» LUI «V. v-klagezedSdr d 4» Dankend exN Poft, gebühr »e>chak««an»c>^n ,» bevorzugter Stell« im Prmk« erhSb«. Nedeli nach Dank. Feftcrreilt» Nuktrt« ktnaen nkchk zurllck. a«jagen werde» ha, da« «rkcheknrn «n »eftlwmten lagen »»« PIL»«n wkr» kern» Varautt» Ldrrnamwen. »il^i^ei.Uauahmei Bogoftus»I«tz 8, bet limtliche» Kiliale» u. allen Annonce», «kpediti»«» »e« In- aut Lutlnndel. S«wr .UM«le verNui S«rl >»»«„, Her^gl. Baqr. Hofbuch' Handlung LndowSrad« Ud klalerho» VI, Nr. «SUS). Nr. Montag 17. Februar 1908. 102. Jahrgang. Das wichtigste vorn Cage. * Aus Vigo wird telegraphisch gemeldet, daß das auf einer Uebungsfahrt befindliche Aufklärungsgeschwader der deut schen Hochseeflotte, bestehend aus den Kreuzern „Yorck", „Roon", „Friedrich Karl", „Danzig", „Königsberg", „Hamburg", „Lü- Heck" und „Stettin" am Sonnabend dort eingetroffen ist. * Im Hinblick auf die bevorstehende Beratung der italie ¬ nischen Kammer über den Religionsunterricht in den Schulen fand gestern auf dem Campo di Fiorc vor dem Denkmal Giordano Brunos eine von etwa dreitausend Personen besuchte öffentliche Versammlung statt, die die Abschaffung des Religions- Unterrichts in den Elementarschulen zu fordern beschloß. Nach der Versammlung kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. lS. Letzte Dep.s * Es wird ein Kompromiß zwischen Rußland und Schwe den über die Frage derA landsinseln angekündigt, doch leidet dir Nachricht an innerer U n w a h r s ch e i n l i ch k e i t. lS. Ausl.) * Die Gerüchte von bevorstehenden Verwicklungen zwischen Ruß- lend und der Türkei und von gegenseitigen teilweisen Mobil- machungen verstärken sich. (S. Ausl.) Sächsische Oavlamentsrvoche. Das war diesmal eine „scharfe" Woche im sächsischen Landtage, sogar eine Rekordwoche. Denn abgesehen von den Ausnahmetcgen der Etotberatung ist es in dieser Session noch nicht vorgekommen, daß die Zweite Kammer in einer Woche fünf Sitzungen, die Erste Kammer deren zwei .abgchalten hat. Rechnet man dazu noch die verschiedenen Frak- nons- und Teputationssitzilngen, die ebenfalls viel Zeit und Arbeit in Anspruch genommen haben, so wird man es begreifen können, daß die Volksvertreter einigermaßen erleichtert am Freitag nachmittag den heimischen Penaten zuwanderten oder zudampften. Sie sollen zwar von Gort und Rechtswegen am Sonnabend und Sonntag >n Dresden bleiben, weil sie auch für diese beiden Tage Diäten bekommen, ober „wir nehmen das nicht so genau", wie es in einer bekannten Operette heißt. Die obgelaukene Woche ist dadurch besonders interessant geworden, weil in ihrem Verlause beide Kammern „große" Tage hatten, die Erste Hammer, die künftig wöchentlich drei Sitzungen ab«, halten wird, sogar zwei. In der Zweiten Kammer letzte die Arbeit zunächst recht gemächlich ein; Präsident Dr. Mchnert war in Berlin zur Teilnahme an der landwirtschaftlichen Woche, und Vizepräsident Dr. Schill hatte nur kleinere Etats- und Rechcnschastssachen auf die Tagesordnung gesetzt, die meist dcbattclos erledigt wurden. Es war, als ob alle Tage Freitag wäre. Am Donnerstag kam es aber anders. Fast fünf Stunden debattierte man über einen Gesetzentwurf oder richtiger drei in einem Dekret vereinigte Gesetzentwürfe, die, wie sich schon nach zwei Stunden herausstellte, keine Aussicht auf Annahme haben. Es war eine glatte Niederlage, die die Regierung erlitt. Dem neuen Kultusminister, der die Vorlagen zu verteidigen batte, wird man diese Schlappe freilich nicht allzu schwer belasten dürfen, denn er betonte ausdrücklich, er habe sie als ein Vermächtnis seines AmtsvorgängerS übernommen. Aber wer die Erbschaft antritt, hastet für die Nachlaßschuldcn, und die „Wohltat des Inventars" hatte sich Dr. Beck in seiner Erklärung nicht gesichert, vielmehr sogar erklärt, er habe die Entwürfe gern übernommen. Tie Gründe, mit denen die Negierung dis Einbringung der Vorlagen schon in diesem Landtage zu rechtfertigen suchte, widersprachen sich zudem noch selbst. Wenn die jetzt tagende Ständeversammlung mit Arbeiten schon sehr reichlich belastet ist — und das wird niemand bestreiten wollen —, warum mußten denn die Vorlagen von den übrigen Vorlagen zur Steuer reform abgctrennt werden? So dringlich ist die Reform des Schul- und Kirchensteuerwesens doch nicht, daß sie nicht hätte bis zum nächsten, in wenig mehr als anderthalb Jahren zuianimentreler.den Landtags warten können. Das Drängen nach einer gesetzlichen Ordnung dieser Materie, das von einem Teile der Rechten ini vorigen Landtage ausgiug, ist vns nie verständlich gewesen. Zudem scheint die ganze Grundlage des Gesetzes verfehlt. Man sollte doch endlich auch einmal hier Ernst machen und den Grundsatz völliger Trennung der Kirche vom Staat durchführen. Die Einwände, die in der Debatte gegen das Gesetz vor gebracht wurden, lagen freilich auf anderem Gebiete, ließen aber er kennen, daß die Entwürfe nicht sehr sympathisch ausgenommen wurden: sowohl die Nationalliberalen wie die Konservativen hatten viel an ihn-n avszusetzen und verlangten vor allem die Gesetze im Zusammenhang mit den übrigen Steuerresormvorlagen gebracht zu sehen. Sonderbarerweise zog aber keine der beiden Parteien die Konsequenz davon, nun auch gegen die Verweisung an die Gesetzgebungsdevutation und die Finanzdepu- tation zu stimmen. Das heißt wirklich Zeit ver schwenden, und Zeit bat der Landtag bei seiner Arbeitslast so nötig, wie das liebe Brot. Speziell die Wahlrechtsdeputation empfindet das sehr schwer. Ob sie wirklich ihre Arbeiten so weit gefördert hat, daß sie das Resultat ihrer Arbeit in der letzten Hälfte des Monats April wird Kem Plenum Vorlegen können, möchten wir dahingestellt sein lassen. Man wird auch bierüber bald Klarheit gewinnen, wenn die offiziellen Mit- leilungen über die Sitzungen dieser Deputation, die regelmäßig ver öffentlicht werden sollen, -uerkt erscheinen. Bis jetzt ist die sehr wenig angebrachte Geheimhaltung der Deputationsbeschlüsse auf die Regierung, und zwar speziell auf das Verlangen des Grafen Hohenthal, zurück geführt worden. Hat der Minister des Innern nun in diesem Punkte nochgegcben, so ist zu hoffen, daß er auch noch in anderen mit sich reden lassen wird. In der Ersten Kammer brachte der Beginn der Beratungen über den Rechenschaftsbericht eine Neberraschung, die ganz gewiß niemand er wartet hatte: Oberbürgermeister Keil lZwickau) machte, zwar nicht in: Namen der dritten sRechenschafts-j Deputation, wohl aber persönlich, der Oberrechnungskammer den Vorwurf, daß sie die Finanzlage Sachsens in ihrem Berichte zu günstig dargestellt habe. Sie müsse bei dem Ver gleiche der Einnahmen und Ausgaben aus den Finanzpcrioden 1902/03 und 19OL/05 den 6. Nachtragsetat zum Etat auf 1902/03 nicht berück sichtigt haben. Herr Keil ist kein besonders guter Redner, und bei dem großen Zahlenmaterial wird kaum jemand in der Kammer den Aus. führungen des Zwickauer Oberbürgermeisters haben folgen können. Nm so mehr mußte es überraschen, daß der Finanzminister die „Unstimmig keiten" glatt bestätigte. Herr Dr. v. Rüger war offenbar von dieser „Interpellation" — um hier einen allerdings nicht im strengen Sinne des Wortes korrekten Ausdruck zu gebrauchen — verständigt worden, denn er hatte seine Ausführungen bereits vorher zu Papier gebracht und übergab sie noch im Verlause der Sitzung dem Vorstande des Steno graphischen Landesamts. Um übrigens keine unbegründete Beunruhigung hcrvorzurufen, sei hier ausdrücklich betont, daß es sich bei den „Un stimmigkeiten" natürlich nur nm rechnerische, nicht etwa um kastenmäßige Differenzen handelt. Immerhin ist der peinliche Eindruck geblieben, daß der Oberechnungskammcr, von der man sonst minutiöse Sorgfalt gewohnt war, ein Kapitalbock nachgewiesen worden ist. An der Tatsache wird auch dadurch nichts geändert, daß der Finanzminister in einer zweiten Rebe die Oberrechnungskammer möglichst in Schutz zu nehmen suchte. Die letzte Sitzung der Woche gehörte in der Hauptsache den Frauen, denn die Petition des Vereins Frauenbildung — Frauenstudium hatte zahlreiche Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts in das hohe Haus gelockt. Sogar die Journalistentribüne war von ihnen okkupiert worden, und es bedurfte erst des höflichen, aber entschiedenen Eingreifens eines Pressevertreters, um der „öffentlichen Meinung" die für sie vorbehaltenen Plätze frei zu machen. „Wenn die Frauen anfangen zu studieren, müssen die Männer das Reinemachen besorgen", meinte ingrimmig ein alter Schnauzbart. Heber die Sitzung selbst ist im Leitartikel der Sonnabend- nummer berichtet worden, und der Wochenchrouist kann sich deshalb seine Randbemerkungen ersparen. Der deutsche Monistenbund. AuS Berlin wird uns geschriebene Sicherlich bietet auch heute die Politik dem Ehrgeiz deS einzelnen hohe Ziele, aber wir möchten glauben, daß die Welt der Religion dem Ehrgeiz heute die Ziele noch weiter steckt. Von Ehrgeiz in religiösen Dingen zu hören, mag zunächst befremden. Den Ehrgeiz, so denkt man, müssen wir zurücklassen, wenn wir um religiöse Güter ringen. Ja, den selbstsüchtigen Ehrgeiz. Aber man kann dann ja auch von einem Ehrgeiz für die Sache reden. Jedenfalls bietet sich, rein äußer lich betrachtet, auf religiösem Gebiete die Möglichkeit dar, größere Taten, d. h. Veränderungen im Zustande der Menschheit, zu vollführen, denn auf dem politischen. Die Menschenwclt für den Gott der Bibel zurückzugewinnen, welch ein Plan! Alles Leben, das Gott entfremdet ist, zu ihm zurückzusühren — dieser Gedanke, das verstehen wir, kann den Fanatismus entzünden. Strindberg, ehedem ein Kind der Welt, vielleicht morgen wieder, ist zum Verkünder der Hoheit des Christentums geworden. Ein sonderbarer, nicht ganz reiner und nicht ganz zuverlässiger Prophet. Aber daß er, der schon vorher Worte zu setzen verstanden, jetzt in einen überschwenglichen Wortschatz hinaufgreifen kann, versteht man. Wo gäbe es eine größere Sache? Und ebenso auf der entgegengesetzten Seite. Wenn es falsche Götter waren, die uns das Christentum gebracht hat — Nietzsche be hauptet es bekanntlich —, welch ein Ziel, diese Götzen umzustürzen und die wahre Religion an die Stelle zu setzen! Es ist wohl begreiflich, daß den Verkündern des neuen, unbekannten Gottes das als wichtiger und größer erscheint, dies oder jenes Gesetz zu reformieren. Zu den folgerichtigsten Leugnern des Christentums und des Gottes glaubens zählt man die Monisten. Das Wort ist jetzt zu vielen ge drungen, auch die Kunde vom Monistenbundc. Vor zwei Jahren wurde der Deutsche Monistenbund mit dem Sitze in Jena gegründet. Prof. Haeckel war Ehrenvorsitzender, Dr. Schmidt, ebenfalls Naturwissenschaftler, war Geschäftsführer. In jüngster Zeit sind Aenderunqen vor sich gegangen. Haeckel ist, soviel wir sehen, ge blieben was er war, Schmidt ist zurückgetreten und der Sitz ist nach Hamburg und Berlin verlegt worden. Der Vorstand wird zurzeit ge bildet von Dr. Koerber (Berlin-Groß-Lichterfelde), Dr. Unold (München) und Chr. Carstens (Hamburg). Hamburg, Berlin, München, das ist gar keine schlechte Etappenstraße. Was der Orts- und Personenwechsel bedeutet, darüber ist, soviel wir sehen, nichts an die Oeffentlichkeit ge- drungen. Vermutlich handelt es sich doch um eine stärkere Bedeutung der Geisteskultur und Geistesgeschichte gegenüber der Fach-Naturwissen, schäft, denn Dr. Unold z. B. ist Ethiker und hat politisch-ethische Bücher von ernstem Gehalt geschrieben. Eine 'Sache wird anschaulich durch die Personen gekennzeichnet, die ihr onhangen. Einer der letzten Nummern der Bundeszeitschrift der Monisten: „Blätter des Deutschen Monistenbundes" (Berlin ÜV 57), entnehmen wir, daß Vorsteher der monistischen Ortsgruppe Groß- Berlin Dr. Walther Vielhaber ist: zu den Vortragenden der letzten Veranstaltungen der Ortsgruppe haben gehört Pastor Lic. Lipsius (Bremen), der ehemalige Dozent an der evangelisch-theologischen Fa- lulrät in Jena: ferner Dr. Rieß (München), ein Fichte-Forscher, weiter Prof. Rendtorff von der Stanford-Universität in Kali fornien. In Dresden ist Obmann oder Schriftführer der Gruppe Dr. med. Werner, in Friedrichroda sind ein Oberingenieur Meyer aus Altona und ein Lehrer Kupfer als Redner aufgetreten, in Königsberg setzt sich der Vorstand aus einem Baurat a. D. Froelich, einem Direktor Dr. Krieger, einem Oberlehrer (aktiv?) Dr. Michelis und Frau Dr. Stern zusammen, in München zeichnet sich Hermann Obrist durch Tätigkeit und Opferwilligkeit für den Bund aus, Dr. Faltin ist Vorsitzender, ein Herr von Berlepsch leitet die Bibliothek, den Leiesaal und das Bureau, ein weiterer Name ist Dr. Aigner, als Redner ist Pastor Strudel aus Bremen aufgetreten. Das alles sind etwas zufällig zusammengerasfte Namen — so, wie die Vereinsberichtc sie gerade aufweisen —, aber sie kennzeichnen, aus welchen Standes- und Bildungsschichtcn sich etwa die arbeitenden Mit- glieder des D. M.-B- zusammcnsetzcn. Nun einige Züge aus dem Vereinsleben. Die Ortsgruppe Berlin hat ein eigenes Heim erhalten durch „die großzügige Gebefreudigkeit eines einzelnen Mitgliedes". In München Kat nicht die Ortsgruppe des Monistenbundcs, wobl aber daS Kartell der Münchner freiheitlichen Vereine, aus das wir gleich zu sprechen kommen, ein eigenes Heim Zur Eröffnung erklärte Dr. Rieß den Erschienenen das Weihe- unk Feier gedicht Goethes „Pandora" und Sebastian Bach sprach in Tönen. In einigen Wochen wurden in München für das Kartell 1500 gesammelt, eine Dame überreichte 1000 F. Das sind Züge, die an Erscheinungen des Kirchenlebens erinnern. Im übrigen ersieht man aus allem, daß man eS mit gebildeten Menschen und solchen von ästhetischen Interessen zu tun hat. Und der geistige Gehalt des Bundes? Sein Glaubensbekenntnis? Eine Reihe von Flugschriften, unter denen wir die Titel finden: „Mo nismus und Naturgesetz", „Monismus und Christentum", dann „Eine neue Reformation", dürfte Auskunft darüber geben. Das uns vorliegende Heft enthält aber auch in sich bemerkenswerte Bekenntniste. Dr. llnold teilt in einem Aufsatze mit, Professor Haeckel habe wiederholt mündlich und schriftlich erklärt und durch sein Zusammengehen mit dem Idea listen Kalthoff (dem verstorbenen Bremer Pastor) aufs deutlichste bekundet, daß es ihm nicht in den Sinn komme, den Bund auf das Dogma des sog. naturalistischen oder mechanistischen MoniSmuS, als dessen Vertreter Haeckel selbst oft genannt wird, festzunageln. „Das hieße ja nur einen Dogmatismus gegen einen andern vertauschen." lieber die Bedeutung des Wortes Monismus läßt der bekannte Schweizer Professor Forel sich näher aus. Monos heißt ja einzig, allein: Forel hat Bedenken, das Wort im Sinne der Allbeseelung oder des „All-Eins" aufzufassen: das ist ihm doch mehr eine Hypothese, eine Frage der Metaphysik, die er den Theologen überlassen will. Ihm ge- nügt es, wenn man Monismus als Abweisung der Jenseitsdogmen auf faßt. Also statt des dualistischen Diesseits und Jenseits will er nur ein Diesseits anerkennen. Es sind nun noch die Kartelle zu erwähnen, die zwischen monistischen Vereinigungen oder von solchen mit verwandten Verbänden geschlossen sind. Bayern ist darin vorbildlich geworden: der Kampf mit dem Klerikalismus mag geschult haben. Zunächst haben sich auf dem Münchener Boden die dort bestehenden freiheitlichen Vereinigungen: Freireligiöse Gemeinde, Gesellschaft für ethische Kultur usw. zu einer Aktionsgemeinschaft vereinigt. Weiter haben zehn monistische Orts gruppen einen bayrischen Landesverband zur gegenseitigen Unterstützung der Propaganda im Prinzip beschlossen. Endlich ist unter Beteiligung deS MonistcnbundeS in Weimar ein Kartell folgender großen, zum Teil über ganz Deutschland verbreiteten Verbände vereinbart worden: Bund freireligiöser Gemeinden Deutschlands, Bund für persönliche Re» ligion (Kastel), Deutscher Bund für weltlichen Schul- und Moral unterricht, Deutsche Gesellschaft für ethische Kultur, Deutscher Monisten bund, Freidenkerbund, Freie ethische Gesellschaft (Jena), Giordano- Bruno-Bund, Jungdeutscher Kulturbund und Kartell der freiheitlichen Vereine Münchens. Rein organisatorisch mag es kein kleine- Stück ge wesen sein, die zehn Verbände mit ihren zum Teil konkurrierenden Interessen unter einen Hut zu bringen. Ei» Au-schuß von fünf Mit gliedern ist eingesetzt worden, bestehend auS Dr. Rieß (München), Dr. Penzig und Dr. Vielhaber (Berlin), Prediger Tschirn (Breslau) und Peter Schmal (München). Ferner wurde beschlossen,, regelmäßig wiederkehrende Kongresse zu halten. Man einigte sich übeck eine Reihe praktischer Einzelsorderungen, die von einer monistischen Ortsgruppe aufgestellt waren und auS denen erwähnt sei: Befreiung der Beamten und Militärpersonen vom Bekenntnis- und Gewissenszwang, Ver- einfachung des KirchenaustrittS, Befreiung der Dissidentenkinder vom konfessionellen Religionsunterricht und Schaffung einer fakultativen Eidesformel für Dissidenten. Man gewinnt doch aus dem allen den Eindruck, daß die monistische Bewegung in eine neue Epoche getreten ist. Natürlich ist der Gegen satz zu der dualistischen Anschauung, wie sie in den christlichen Kirchen gelehrt wird, auch jetzt unverhüllt. Doch ist unverkennbar, daß, sobald die zahlreichen Monisten — die es ja auch unter denen, die äußerlich noch den Kirchen zugehören, gibt — Wert darauf legen, „ihres Glau bens zu leben", ihr ganzes Verhalten einen religiösen Anstrich gewinnt. Wenigstens im Gegensatz zu denen, die überhaupt jedes Handeln nach innerer Ueberzeugung bespötteln. Auch dürfte der scharfe Gegensatz, in den die christlichen Kreise und der MoniSmuS sich stellen, doch nicht in jeder Beziehung unversöhnbar sein. Viele Stellen der Bibel, in denen die Einheit der Welt und die Schöpfertat Gottes gepriesen wird, haben einen monistischen Anstrich. Wenn man sich besten erinnert, möchte man, daß sich doch die Vertreter des Monotheismus und des Monismus erinnern möchten, daß sie den ersten Teil ihres Namens gemein haben. Deutsches Reich. Let-zig, 17. Februar. * Zur Entlastung des Reichsgericht». Mit Rücksicht auf die ins besondere bei den Zwilienaten de« Rechsgerickts noch immer bestehende Überlastung. die auch durch die Novelle zur ZPO. vom 5. Juni 1905 nicht behoben ist, wurde eine Kommission im Reichsgerichte gebildet, um durch geeignete neue Vorschläge rem Uebelstanre abzuhelfen. Dieser Kommiision geboren an: rer Präsident des Reichsgerichts, sämtliche Präsidenten der Zivilsenate und je ein Mitglied derselben. Die Kommosion ist, wie die „Deutsche Juristen-Zeitung" hört, zu dem Remltaie gelangt, daß sick eine weitere Vermehrung d-r Zivilsenate jedenfalls nicht empfehle. Dagegen bat sie andere Vorschläge in An regung gebracht, die aber sämtlich nur im Wege der Gesetzgebung durch führbar wären. Diese Vorschläge liegen zurzeit dem Rerchsjuslizamte zur Prüfung vor. * Die Adresse der Münchner Akademiker an Professor Schnitzer, über die wir schon gestern kurz berichteten, hat folgenden Wortlaut: „Hochgeehrter Herr Kollege! Unter den Aufgaben, welche sich die neu gegründete Ortsgruppe München des Deutschen Hochschullehrertagcs ihren Satzungen gemäß stellte, ist die erste das Eintreten für Unab hängigkeit von Forschung und Lehre: denn die einzige Gewähr für den Fortschritt aller Erkenntnis liegt darin, daß jeder von uns die Re sultate seiner wissenschaftlichen Arbeit Mitstrebenken wie Schülern rück haltlos unterbreite, unbeirrt durch alle von außen kommenden Angrstfe. Es ist daher selbstverständlich, daß in der gestrigen ersten ordentlichen Versammlung unserer Ortsgruppe eine eingehende Besprechung über e:c Vorgänge an unserer ^lma mator sich entspann, welche in letzter Zeit die Oessfntlichkeit so sehr erregt hat. Die versammelten Lehrer der Universität, sowie der Dechnischen Hochschule waren einmütig in der Sympathiefür die Unerschrockenheit, mit welcher Sie sich zu Ihrer wissenschaftlichen Ueberzeugung bekannt haben, und haben einstimmig die Unterzeichneten beauftragt, Ihnen dieses zum Ausdruck zu bringen, da es Ihnen wertvoll sein wird, sich der Zustiw- mung der Kollegen versichert halten zu können. Indem wir dem Auf trage nachkommen, zeichnen mit der ausdrücklich vorzüglichsten Ho h- achtung Prof. Dr. S. Lindemann, 1. Vorsitzender, Dr. S. Hellmann, Schristsiihrcr." — Für die Prof. Schnitzer von der Studentenschaft zuge dachte Ehrenkundgebnng durch einen Fackelzug ist die Erlaubnis der akademischen Behörden erteilt worden, aber die der Polizei war bi» gestern abend ausyeb.'ieben, lo daß die Kundgebung bis auf weiteres unterbleiben wird, da Professor Schnitzer heute (Sonntag) nach Tirol
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