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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.03.1908
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080330017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908033001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908033001
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1908
- Monat1908-03
- Tag1908-03-30
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Luzeigea Preis lär Ialerar« au« L«i»^i an» Umgebung du -gapalten« Petttzeil« 25 Pf., knangirll« Aageigea 80 Pf., Reklamen l M.; E antwärt» ist) Pf., Reklamen t.20 »»»AutlandiOPf., ftaan». Anzeige»75Pf.. Reklamen lch>0 M. Iaferau ». Vehbrden im amtlich en DeUMPI. Beilagegrbühr 5 Dt. p. Lautend rxkl. Post gebühr. chelchaftlaazeigen an bevorzugter Stelle im Preife erhöht. NabaN nach Darii. gcfterteilte Aufträge können nicht zurück gezogen werden. Für das ilrlcheinen an ieltimwtea Tagen unb Plätzen wirb keine charanti» üvernomnten. Lnz-tgeo-Annabmel Auguftusplatz 8. bei fämtlichen Filialen u. allen Ann-ncrn- Cxpeditionen de« In- und Ausland««. Pau»k-SUl«le Berll»: r«rl Duncke«, tzerzogl. Bank. -i^bnib- handluitg, Lützowstreke lO. lTelephu- Vt. «r. 46t«z. Nr. 88 Montag 30. März 1908. 102. Jahrgang. Das wichtigste vorn Tage. * Das deutsche Kaiserpaar ist heute morgen 8 Uhr 20 Mi nuten von Venedig abgereist. (S. Letzte Dep.) * Der König von Sachsen ist am gestrigen Tonntag mit dem Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Grober Kurfürst" nach Ant werpen abgefahren. * Reichskanzler Fürst Bülow ist in Begleitung des Ge sandten v. Ilotow und des Geh. Regierungsrates Schaefer gestern in Wien cingetroffen. Am Nachmittag hatte Fürst Bülow eine Kon ferenz mit Aehrcnthal. (S. Letzte Tcp.j * Eine Versammlung, die am gestrigen Sonntag in Frank- furt a. M. tagte, beschloß die Gründung eines deut sch-fr an- zösischen Wirtschaftsvcreins. lS. Letzte Dep.s * In der Union ist eine Handelssperre gegen Ve nezuela in Aussicht genommen. Ter Kreuzer „Tacoma" ist in La Guaira cingetroffen. lS. Ausl.) Sächsische Oarlanientsrvoche. „Okuli —, da kommen sic", so heißt es in einem gerade während dieser Tage der Schnepfcnjagdzeit viel zitierten Jägervers. In etwas veränderter Bedeutung wird ihn in der abgelaufenen Woche vielleicht auch der Kultusminister Dr. Beck sich wiederholt haben. Aber was für ihn zu Okuli kam, das war nicht das so hoch geschätzte Federwild, sondern es waren scharfe Angriffe, die sich gegen das Kultusministerium bei der dreitägigen Beratung der Volksschulanträge Hcttner und Günther er hoben. Die Schonzeit, die man dem neuen Minister bewilligt hat, ist also schon vorüber. Sic ist kürzer gewesen, als man hätte annehmen können, denn noch nicht ein Vierteljahr ist verflossen, seit der damalige Oberbürgermeister von Ehemnitz seinen Sitz in der Ersten Kammer mit dem Sessel des zurückgetretencn und inzwischen verstorbenen Herrn von Schlicken vertauschte. Daß die Schonzeit so kurz ausgefallen ist, daran ist der Minister in erster Linie selbst schuld. Gleich seine erste, umfang reiche Erwiderung auf die Ausführungen der Antragsteller Hettner und Günther ließ deutlich erkennen, daß er sich vielmehr als Minister des Kultus, denn als Minister des öffentlichen Unterrichts fühlt. Das ist unseres Erachtens ein großer Fehler. Die Schule ist heule nicht mehr die Magd der Kirche, sie steht vielmehr vollkommen selbständig neben dieser, und hat eine Entwicklung genommen, ver möge der sic die Kirche, die wesentlich auf demselben Standpunkte stehen geblieben ist, den. sic zur Zeit der Renaissance einnahm, weit hinter sich gelassen hat. Das anzuerkenncn, sollte der Minister des Geistes vor allem andren bereit sein. Statt dessen begegnete man in allen seinen Ausführungen bei der Schuldebatte einer tastenden Unsicherheit, dem Bestreben, sich durch ein schwieriges Fahrwasser durchzuschlängeln, ohne festzugeraten, es vielmehr allen Leuten recht zu machen. Das aber ist, so lange die Welt besteht, noch niemandem gelungen, und auch Herr Dr. Deck wird nicht vollbringen können, was nun einmal unmöglich ist; Der Kultusminister sagte in seiner letzten größeren Rede am Mittwoch wörtlich: „Wer die Ehre hat, den Namen Minister des Kultus und öffentlichen Unterrichts zu tragen, der hat auch die Ehre und die Pflicht, für beide in gleichem Maße einzutreten." „Sehr richtig", per- zeichnet dazu der offizielle Bericht über die Verhandlungen, und „sehr richtig" sagen auch wir. Was uns in den Aeußerungen des Ministers rückhalt lose Anerkennung zu verdienen scheint, war die Mitteilung, daß die Zeit bis zum nächsten Landtag nicht verstreichen soll, ohne daß die Regierung in eine Revision des Volksschulgesetzes cingetreten ist. Ob man daraus schon den Schluß ziehen darf, daß bereits dem nächsten Landtage eine Novelle zum Volksschulgesetz zugehen wird, möchten wir dahingestellt sein lassen, so dringend wünschenswert es auch wäre, daß di« Regierung bis dahin nicht allein in eine Revision des Volksschulgesetzes «in ge treten wäre, sondren sie auch beendet hätte. Immerhin bedeutet die Erklärung Dr. Becks einen sehr wesentlichen Erfolg der Antragsteller Hettner und Günther, wie auch des Abgeordneten Langhammer, der die Ausarbeitung einer Novelle zum Volksschulgcsetz noch speziell nahe legte. Wie aber wird diese Novelle, selbst wenn sie schon im nächsten Land tage erscheint, aussehen? Und da hat die Stellungnahme des Ministers, wie schon angedeutet, schwere Bedenken bei uns erweckt, und wir fürchten sehr, daß Abgeordneter Merkel-Mylau sNatl.s, der ebenso temperament voll, wie sachlich gut sprach, mit seiner Auffassung recht behalten wird, daß es in der Hauptsache beim Alten bleiben werde. Das wird leider der allgemeine Eindruck bei den Freunden einer ernstlichen Reform unseres Volksschulwesens gewesen sein, und vergeblich hat der Minister in seiner Schlußrede sich bemüht, diesen Eindruck zu verwischen. Der Minister hat es nicht über sich gewonnen, einen entscheidenden Schritt zu tun und zu erklären: In der Novell« zum Volksschulgesetze soll die Konfessionalität der Volksschule beseitigt werden! Solange das aber nicht geschieht, solange ist an eine gedeihliche Entwicklung unsres Volks schulwesens nicht zu denken. Es ist sehr wohl möglich, und wir verweisen in dieser Beziehung auf das seit Jahren bewährte Beispiel Bremens, den Religionsunterricht nur während der ersten Schuljahre in Gestalt eines Unterrichts in biblischer Geschichte durch Lehrer in der Schule selbst er- teilen zu lassen, später aber an zwei Tagen der Woche den Schulunter richt, statt um 12 oder 1 Uhr, um 11 Uhr schließen zu lassen, während in der so gewonnenen Zeit der vom Elternhause selbst .auSgewählte Geistliche außerhalb des Schulgebäudes den Religionsunterricht er teilt. Auf diese Weise läßt sich der Grundsatz durchführen: dem Lehrer die Schule, dem Geistlichen die Kirche. Man vermeidet auf diese Weise die unnötige Plackerei der Kinder mit schwerverständlicher Dogmen lehre und mit dem Ballast des Memorierstofss. Man vermeidet das vielfach geradezu gefürchtet« Examen in Religion, dos auf unseren iächsischen Schulen soviel überflüssige Arbeit und wertvolle Zeit der Lehrkräfte wie der Schüler in Anspruch nimmt. Man vermeidet auch, daß das Kind in Zweifel und Gewissensqualen gerät. Man erreicht aber, daß ihm die Achtung vor der Religion und der Religiosität er halten bleibt, denn das Kind hört nicht in der Schule etwa orthodoxe Lehren und zu Hanse freisinnige Anschauungen, die die ersteren be kämpfen. Es lernt vor allem das, was Lessing in der Fadel von den drei Ringen im „Nathan" ausgedrückt'hat, daß nämlich der rechte Glaube der ist, der die Kraft besitzt, „vor Gott und Menschen angenehm zu machen". Daß ein Minister, der die Abschaffung der geistlichen Ortsschulanfsicht nur in Erwägung ziehen will, wenn ein Antrag der Stände an die Regierung gelangt, solchen Anschauungen zugänalich fein sollte, will uns leider nicht einleuchtcn. Mit der Schuldebatte war das Hauptinteresse au den Plcnarver- handlungen der Zweiten Kammer während der verflossenen Woche er schöpft. Die Eisenbahndebatte am Donnerstag dauerte zwar sehr lange, hatte cber ausschließlich lokale Bedeutung, und auch der Diskussion über die Meißner Porzellanmanufaktur und das Steinkohlenwerk Zauckerode ist Genüge geleistet, wenn sie der Wochenchronist einfach registriert. Daß die Gcsehgcbungsdeputation nach langer Pause wieder zu- sammengetretcn ist und sich dem trocknen Stoff des Wasscrgesetzes wieder gewidmet hat, sei ebenfalls gern verzeichnet. Von der Wahl- rechtsdcputation steht der erwartete Bericht noch aus, er soll nun aber Mitte dieser Woche erscheinen. In der Wahlrechtsfrage selbst läßt sich der Stand der Tinge heute folgendermaßen präzisieren: die National liberalen stehen vollkommen geschlossen da und auch eine Anzahl der Konservativen sind ihnen beiaetreten, daß jode körperschaftliche Wahl der Abgeordneten entschieden abzulehneu ist. Ein reines Pluralwahl- recht soll in Zukunft gelten, doch ist man sich noch nicht völlig einig über die Zahl der zu gewährenden Zusatzstimmen. Die Konservativen wollen hierin weiter gehen als die Nationalliberalen. Außerdem verlangen die Nationalliberalen Neueinteilung nnd Vermehrung der Wahlkreise unter Aufhebung des Unterschiedes zwischen Stadt und Lau). Auf dieser Basis wird die Deputation zu arbeiten haben, und die Regierung wird sich darein fügen müssen, wenn sie nicht die ganze Reform scheitern lassen will. Die Verantwortung dafür will aber Graf Höhen thal, wie er im Landtage erklärt hat, nicht übernehmen. Die Erste Kammer hat in der abgelaufenen Woche das Feld- und Forsistrafgesetz mit einigen Aenderungen, die durchweg als Verbesse- rungen bezeichnet werden können, anqcnonnmen. Geh. Rat Dr. Wach- Leipzig meinte in her Debatte, Sachsen wett>e sich »ach Annahme des Entwurfs eines Forstgesctzes erfreuen, wie es so gut in keinem moder nen Staate vorhanden fei. Im ganzen wird man diesem günstigen Ur teile zustimmen können, nur in einem Punkt scheint cs uns zu opti mistisch: ein Recht des Publikums,, sich yn'Walde zu' ergehen, ist leider nicht statuiert, ebenso macht sich derjenige strafbar, der einem Verbote des Besitzers zuwider, das er vielleicht gar nickt einmal ge kannt hat, auch nur das geringste Zwciglcin, die kleinste Blüte ad- vflückt oder einen Tannenzapfen a-usliest, sofern er nur das Bewußt sein der Rechtswidrigkeit haben konnte. Die Bestimmungen scheinen uns zu dehnbar, und es wäre sehr wünschenswert, wenn bei der Be ratung in der Zweiten Kammer hierfür präzisere Vorschriften gesunden würden. Bafsermnnn über* cniswärtiae Politik. Bei der Beratung des Auswärtigen Amtes im Reichstag hat der Führer der nationalliberalen Partei, der Abgeordnete Bassermann, am 23. März eine Rede gehalten, die durch das Ausbleiben der Parlaments berichte während des Journalistcnstreiks bisher nicht genügend bekannt werden konnte. Und doch verdient sic es. Wir geben sie heute in ihren wichtigsten Abschnitten wieder: Was unsere deutsche auswärtige Politik anlangt, so muß ich be tonen, daß sie äußerst zurückhaltend ist, und daß unsere Politik in keiner Weise mit der Expansionspolitik Englands, Amerikas, Japans und anderer Staaten verglichen werden kann. Deutschland hat 37 Jahre lang den Frieden gewahrt, selbst Provokationen gegenüber hat es sich friedfertig zurückgehalten. Ja, cs muß gesagt werden, daß Deutschlands Friedensliebe manchen Staaten gegenüber zu sehr betont worden ist. Die Resultate der Haager Friedenskonferenz sind durch aus befriedigend gewesen, und ich kann mich dem Lobe, welches Freiherr v. Hertling dem deutschen Bevollmächtigten Freihcrrn v. Marschall ge spendet hat, nur anschließen. Die Errichtung eines internationalen Jriedensgerichtshofcs begrüßen auch wir. Sie bedeutet zweifellos einen großen Fortschritt auf dem Gebiete der internationalen Rechtsprechung. Was den Dreibund betrifft, so ist in Deutschland die Zuversicht auf das Fortbestehen dieses Bündnisses gewachsen. Sowohl Italien, wie Oesterreich haben das größte Interesse daran, daß der Bund fortbesteht. Redner bespricht im weiteren die österreichische Balkanpolitik und speziell das Projekt der Sandschakbahn. Oesterreich ist auf Grund des Berliner Kongresses zweifellos zum Bau dieser Bahn berechtigt. Auch hier hat man wiederum in der ausländischen Presse von Deutschland als dem Anstifter gesprochen. Mit der Bagdadbahn verfolgen wir, wie schon in der Budget kommission betont worden ist, ohne irgendwelchen politischen Hinter gedanken ein rein wirtschaftliches Unternehmen. Ich hoffe aber, daß Deutschland sich dem Gedanken einer Internationalisierung dieses Unter- nehmens mit Entschiedenheit widersetzen wird. Was dann das eng- lisch-russische Abkommen über Persien anbelangt, so ist eS zweifellos, daß es den beiden unmittelbar beteiligten Staaten, England und Rußland, größere Vorteile bringen wird, während es zweifelhaft ist, ob wir dabei mit unseren wirtschaftlichen Interessen nicht zu kurz kommen. Jedenfalls müssen wir Zusicherungen verlangen dafür, daß unseren besonderen Interessen in Persien keine Schwierigkeiten in den Wog gelegt werden. , . Unsere Marokkopolitik hat, das muß man offen sagen, manche, sehr voneinander abweichende Phasen durchgemacht. Heute stehen wir der Tatsache gegenüber, daß sich in Marokko eine Entwicklung vollzieht, die auf die AlgcciroSaktc nicht begründet werden kann, und die günstigstenfalls als ein Provisorium angcscben werden kann. Hoffentlich erreicht dieses Provisorium bald sein Ende. Im übrigen können wir unsere Marokkopolitik nur billigen, wenn sie an der Algecircsakte und damit an der Politik der offenen Tür festhält. Ich glaube, daß der Deutsche Reichstag mit dem Reichskanzler hierin einig ist. (Beifall.) Im übrigen teilen meine politischen Freunde die Hoffnung, daß die beiden großen Nationen Deutschland undFraukreich getragen kein mögen von dem Gedanken der Notwendigkeit der Fricdenserhaltung und guter Beziehungen zueinander lBeifalll, und daß sie sich nickst be- unruhigen lassen durch ein Land, welches der Betätigung industriellen und kommerziellen Fleißes vieler Nationen einen so großen Spielraum gewährt wie gerade Marokko. Wenn wir eine fortgesetzte Besserung der Beziehungen zu Frankreich auf das freudigste begrüßen, und alles einsetzen, um dieser Besserung keine Hindernisse zu bereiten, so müssen wir doch auch wünschen, daß seitens gewisser französischer Elemente die nötige Zurückhaltung beobachtet wird. Wir denken dabei an die mündlichen und schriftlichen Aeußerungen gewisser französischer Generäle. Bezüglich des Ostseeabkommeus werden wir hoffentlich beruhigende Mitteilungen bekommen. Was dann den Brief des Deutschen Kaisers an den englischen Marineminister anlangt, so glaube ich, daß sich durch ihn die öffentliche Meinung mit Unrecht beunruhigen ließ. Anderseits erscheint es angesichts der unliebsamen Erörterungen, die sich daran geknüpft haben, und angesichts eben dieser Beunruhigung, doch erwünscht, daß in einer solchen Privatkorrespondenz möglichste Zu rückhaltung geübt wird, und daß sie möglichst auch nur.erfolgt im Ein verständnis mit dem Staatsmann, der für die auswärtige Politik ver- antwortlich ist. Erfreulich ist jedenfalls, daß dieses unerquickliche Vor kommnis nicht imstande gewesen ist, die englisch-deutschen Beziehungen zu trüben. Möge man sich in England im Hinblick auf unsere Flotten» rüst ungen gesagt sein lassen: Wir erstreben mit unserer Flotten politik nicht die Herrschaft zur See, nicht die Zerstörung des englischen Einflusses, geschweige denn je eine Invasion nach England, sondern lediglich eine Flotte, die in Ergänzung unserer Wehrkraft zu Lande unsere Handels- und maritimen Interessen ausreichend zu schützen im- stände ist. Wir wünschen, daß die deutsche Politik auch künftig geleitet werden möge von größter Ruhe und Stetigkeit und von vornehmer Zurückhal tung, und daß sie geräuschlos arbeiten möge auf der Grundlage klarer und deutlicher Rechtslinien. Deutsches Reich. Leipzig, 30. März. . - * Die Reise des Kaiserpaares. Die römischen Blätter bringen bereits Einzelheiten über den bevorstehenden Besuch des Kaisers auf Bari, wo er die alten Staufen schlosser besichtigen w.rd, und in Syrakus, von dort soll angeblich bereits ein direktes Telephon nach Berlin eingerichtet worden sein. Wie aus Athen gemeldet wnd, sind in Janina bereits Infanterie- und Kavallerieabteilungen für den Ehrendienst während der Kaiserjaadeu cingetroffen. Ebenso be findet sich dort bereits der Marschall Rami Pascha als Vertreter des Sultans. * Zum Börsenkompromiß. Den Wortlaut des Abänderungsvor schlages für die 88 66 bis 68 haben wir bereits gestern veröffentlich:: -sie beziehen sich auf sogenannte „reine Disfereuzgeschäfte", die lediglich aui eine Zahlung der Differenz gerichtet sind, auf die die Vorschriften des 8 64 über die Rückforderung des bereits Geleisteten selbst dann An wendung finden sollen, wenn es sich nicht um ein verbotenes Vör-cn- termingeschäft handelt. Für Zuwiderhandlung ist eine Geldstrafe bis zu 10060 .kl. vorgesehen. Tas „B. T." glaubt dahin richtig unter richtet zu sein, daß bei diesem Abschnitte noch Konzessionen anuackst werden dürsten, ebenso wie wahrscheinlich der Vorschlag des § 77a eine Abänderung erfahren dürfte, der dahin geht, daß mit Gefängnis und Geldstrafe bis zu 10000 .kl. derjenige bestraft wird, der gewecoSmäßig verbotene Termingeschäfte macht, nachdem er vorher schon einmal mit einer Ordnungsstrafe belegt worden ist. Ueber die Art 8er Ab urteilung macht der Antrag Dr. Weber und Genossen Vorsib'äge, die vollständig neu sind. Hiernach werden bei den Produktenbörsen Kommissionen gebildet, die sich mit der Verhandlung nnd Entscheidung über die Festsetzung von Ordnungsstrafen befassen. Für Berufungen gegen ihre Entscheidungen sollen B c r u f u n g s k o m m i s s i o n e n einocrichtet werden. Die Hälfte der Beisitzer in den Kommissionen muß aus Vertretern des Handels, die andere Hälfte aus Vertretern der Landwirtschait bestehen. Den Vorsitz sollen Reichs- oder S'aats- beawte führen. * Der deutsch-österreichische Postvrrtrag, der seit dem Jahre 1872 besteht, ist gekündigt worden. Der „N. Fr. Pr." zufolge hängt dieser Schritt mit den Auseinandersetzungen zusammen, die zwischen Oester reich und Ungarn bezüglich des Postwesens getroffen werden müssen. Zwischen Oesterreich und Ungarn bestand bisher ein Postvertrag, der im Jahre 1888 abgeschlossen wurde, der jedoch infolge des Abschlusses des neuen Ausgleichs mit dem Ende dieses Jahres abläuft. Die Negierungen der beiden Staaten haben in vollständig gegenseitigem Einvernehmen die Auflösung dieses Vertrages beschlossen, gleichzeitig jedoch vereinbart, daß der Vertrag noch bis zum Juli 1909 in Geltung bleiben solle, um den beiden Staaten Zeit zu lassen, bis dahin einen neuen Post- und Tcle- graphcnvcrtrag zu vereinbaren. Sollte es nicht gelingen, einen solchen Vertrag zu schließen, so würde zwischen Oesterreich und Ungarn der Wcltpostvertrag in Kraft treten. * Das Nordsee-Abkommen. Die Verhandlungen über dieNordsee- Entente sind, wie dem „B. T." gemeldet wird, ihrem Abschlüsse nahe. Die einzige Frage, über die die fünf in Betracht kommenden Mächte (Deutschland, England, Holland, Dänemark und Frankreich) noch nicht ganz einig sind, ist die: Soll in die Erklärung über den StatuSquo rin bestimmter Gültigkeitstermin ausgenommen werden oder nickst? Deutschland wünscht die Angabe eines Termins nickt, wird sich aber nickt widersetzen, wenn die anderen Mächte darauf bestehen. Tie Entente wird in der Form einer Kollcktiverklärung der fünf Mächte ab- geschlossen werden und in der Hinsicht einen Unterschied gegenüber den Ab- kommen über das Mittelmeer bilden, die von je zwei Mächten getroffen ivorden sind. Ein Zusammenhang zwischen der Nordsee- nnd der Ostsee- Entente wird nicht bestehen. * Tie Süddeutsche Bolkspartei und der Block. Der Vorsitzende der demokratischen Fraktion im württcmbergischcn Landtage Rechtsanwalt 2 iesching veröffentlicht im „Beobachter", oem offiziellen Organ der württembcrgischen Demokraten, eine längere Erklärung, in der er für das Sprachcnkompromiß ei »tritt, die wirklich frei- heitlichc Gestaltung des BercinSgcsehes hervorhcbt nnd darauf schließt: ..Mit steigendem Unwillen haben wir in Württemberg schon seit längerer Zeit wahrgcnommen, daß im weiteren Ausschuß der Volkspartei diejenigen, die nicht im Reichstage sind, unsere Abgeord neten als D r a h t p u p p e n zu benüyen beabsichtigen. Das ist meines Erachtens der Stellung eines Abgeordneten unwürdig."
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