Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.08.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-08-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190908207
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19090820
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19090820
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1909
- Monat1909-08
- Tag1909-08-20
- Monat1909-08
- Jahr1909
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nr. 230. 10S. Jahrg. Leipziger Tageblatt. Freitag, 20. August 1SVS. Absatz 2 und 8 deS neuen Wahlgesetzes praktische Geltung erhalten, so ist daher eine förmliche Auflösung der Zweiten Kammer notwendig, selbstverständlich handelt es sich dabei nur um eine Formalität, aber um eine Formalität, die erfüllt werden muß, wenn klare Verhält nisse geschaffen werden sollen. Dieselbe Ansicht wurde übrigens noch im Frülssing dieses Jahres in sächsischen Regierungskreisen geteilt. Und am 19. März äußerte der Abgeordnete Andrä, der durch seinen Partei freund Dr. Mehncrt gewiß über die Anschauungen der Regierung orien tiert war, auf der Heerschau deS Bundes der Landwirte zu Dresden, daß die Auflösung der Zweiten Kammer, soweit sie, die Agrier, unterrichtet seien, Ende August dieses Jahres stattfindcn werde. Allerdings war dies noch unter dem Ministerium Hohenthal. Möglich, daß mit dem neuen Minister auch eine neue Ansicht über diese Frage ihren Einzug ge halten hat. Für die Art, wie das „Treson. Journ." redigiert wird, ist cs ükktigens lehr bezeichnend, daß es am Mittwoch eine Preßnotiz über nahm, in der es hieß, die Auflösung der Zweiten Kammer stehe dem Vernehmen nach gegen Ende dieses Monats bevor. Am Donnerstag aber muß das offizielle Organ der sächsischen Regierung sich selbst dementieren. * Zur Landtagswahl. Ter Gcsamtvorstand des Dresdner Re formvereins beschloß in seiner am Mittwochabend im „Viktoria- Haus" im Beisein des Abg. Zimmermann abgchaltencn erweiterten Sitzung, einen Kompromiß mit dem konservativen Wahlausschuß bei den künftigen Landtagswahlen endgültig abzulehnen, alle bis- her gepflogenen Verhandlungen mit diesem abzubrechen und in Dres den-Neustadt den Stadtverordneten Joh. Wetzl ich und in Dres den-Striesen den Oberpostsekretär Feverherm als selbständige re formerische Kandidaten aufzustcllen. Die genannten Kandidaten wohn- ken der Sitzung bei. —Aus dem 10. städtischen Wahlkreise (Frankcnberg- Mittweida) wird uns geschrieben: „Tie Mittelstandsvereinigung Hal sich in Frankenberg eine empfindliche Schlappe geholt. Ihr General sekretär hatte den Hausbesitzer-, Gewerbe- und Rabattsparverein, sowie die Innungen zu einer Besprechung eingeladen. Unter den Angehörigen der zu der Besprechung eingeladenen Vereine befanden sich auch die Herren Kommerzienrat Schieck, Stadtrat Schi edler (national liberaler Landtagskandidat). Fabrikdirektor Steiner snational- liberaler Kandidat für den 14. ländlichen Wahlkreis! und noch andere Herren, die da wissen, daß sic von der Mittelstandsoereinigung ihr Heil nicht erwarten können, wenn sie nicht selbst Mannes genug sind, um für ihren Wahlkreis den richtigen Vertreter zu finden. Kurz, Herr Febrenbach erlitt, namcnlich von den genannten Herren, eine gründliche Abfuhr und wünschte schließlich, mit den „wirklichen mittelstands freundlichen Vertrauensmännern" allein zu sein. Zunächst ein Protest des Herrn Ernst Roßberg, da man doch zu der vertraulichen Besprechung geladen sei, dann ließ man ihn und einige konservative Herren allein. Wie verlautet, wollen die Mittclständler einen Leipziger Obermeister als Kandidaten aufstellen." — Im 15. städtischen Wahlkreise (Glauchau- Lichtensteins gibt es bereits heiße Kämpfe. Am Dienstag sprach der na tionalliberale Kandidat Bürgermeister Brink aus Glauchau in Lichtenstein vor einer sehr großen Versammlung, in der bie So zialdemokratie überwog. Nach ihm trat der seitherige Abgeordnete, Kom merzienrat Ehret, den Angriffen der Mittelstandsvereinigung auf die nationalliberale Partei entgegen. Fabrikant Bahner sprach im Namen des Freisinns; Redakteur Bartels aus Ehemnitz wandte sich gegen die Kandidatur Brink und erheiterte die Genossen durch sein Ge- witzel über die nationalliberalc Steueropposition. Auch der Kandidat der Mittelstandsvereinigung kam zu Worte, bewegte sich aber in ganz allgemeinen Wendungen. Generalsekretär Westenberger rechnete zum Schluß unter stürmischem Beifall mit der Sozialdemokratie ab. Tie Versammlung endete erst nach Mitternacht. * Eine Absage an -ie Konservativen? Eine interessante Notiz geht der „Neuen Vogtl. Ztg." von ihrem Dresdner Mitarbeiter zu: „Daß die Konservativen auch bei Hofe durch ihre Haltung in neuerer Zeit nicht mehr so gern gesehen sind, beweist folgender Vorfall. Die konservative Partei Sachsens hatte ihre Zeitung „DaS Vaterland" u. a. auch dem Prmzen Johann Georg überwiesen und damit den Erfolg erzielt, daß der Geschäftsstelle von der Post folgendes Schreiben zuging: „Die für das 2. Vierteljahr für die Arju- tantur Sr. König!. Hobest deS Prinzen Johann Georg nach Dresden, Zinzendorfstraße überwiesenen Exemplare „Vaterland" sind unbestellbar, ' weil der Bezieher das Bestellgeld verweigert." * Zur Wirkung de- neuen Wahlrechts. Nach einer vorläufigen amtlichen Zusammenstellung gibt es in Pegau 867 Landtagswählcr. Hiervon besitzen 384 eine Stimme, 278 zwei Stimmen, 60 drei Stimmen und 145 vier Stimmen. Die Wähler mit einer und zwei Stimmen verfügen daher über 940, die Wähler mit drei und vier Stimmen über 760 Stimmen. — In Grimma werden 1664 Wähler gezählt; davon haben eine Stimme 703 452 haben zwei Stimmen, 123 drei und 386 vier Stimmen. Die 1664 Wähler verfügen also insgesamt über 3520 Stimmen. Klasse 1 und 2, 1155 Wähler, haben 1607 Stimmen, Klasse 3 und 4, 509 Wähler, haben 1913 Stimmen. * Der Bauernbund und die sächsischen Landwirte. Von einer ver. uichtenden Niebcrlage des neubegründeten Bauernbundes anläßlich einer in Freiberg abgehaltenen Versammlung wußten bündlerische und konservative Blätter zu erzählen. Nur zwei Lehrer, so meldete trium phierend der konservative „Freiberger Anzeiger", hätten sich -um Bei tritt in den Bauernbund gemeldet, die Landwirte selber hätten ihrer Treue zum Bund der Landwirte durch demonstrativen Beifall Ausdruck gegeben, der den aggressiven Ausführungen des Geschäftsführers Oswin Schmidt gegolten habe. Der äußerliche Verlauf der Freiberger Versammlung mag damit richtig gekennzeichnet sein. Innerlich scheinen aber viele der Erschienenen von der Rede des nationalliberalen Abg. Wamhon mehr überzeugt worden zu sein, als von Herrn Schmidt, denn dem Deutschen Bauernbund sind nach der Freiberger Ver sammlung über fünfzig Anmeldungen von Landwirten aus Freibergs Umgebung zugegangen. Auch hier, in unmittelbarer Nähe des Sitzes des BunbcS der Landwirte in Sachsen, ist also Bresche in seine Vorherrschaft gelegt und ebenso wie in anderen Landesteilen wird auch im Königreich Sachsen der Ausbau der begonnenen Organisations arbeit später erfolgen. * Der Kaiser in Mainz. Donnerstag früh fanden sich auf der Halte stelle der Linie Mainz—Alzey „nach dem Großen Sande" ein: der Großherzog von Hessen, die Großherzogin von Hessen in der Uniform ihres Infanterieregiments Nr. 117, Prinz Friedrich Karl von Hessen und Gemahlin in der Uniform ihres Füsilierregiments „von Gersdorf" Nr. 80, die Kronprinzessin von Griechenland mit ihren beiden Söhnen Georg und Alexander, Prinz Albert zu Holstein-Glücksburg, der kom- mandierende General des 17. Armeekorps v. Eichhorn u. a. Um 8 Uhr lief der kaiserliche Sonderzug ein. Der Kaiser und Prinz Oskar von Preußen mit Gefolge begrüßten die Anwesenden und stiegen mit ihnen zu Pferde. Es begann sodann em Exerzieren des UlanenregimentS Nr. 6. Dann folgte eine Gefechtsübung. Die blaue Partei wurde als im Vormarsch gegen die Schießstände befindlich angenommen. Tie roie Partei hatte die Schießstände besetzt und machte von dort aus den Gegen vorstoß. An dem anschließenden Parademarsch nahmen 25 Bataillone, 9 Swadronen und 9 Batterien teil. Der Kaiser begrüßte zunächst die zum Parademarsch ausgestellten Truppen. Es fanden sobann zwei Vorbeimärsche statt. Bei dem ersten defilierte die Infanterie in Kom- paniefront, die Kavallerie in Eskadronfront im Schritt, die Artillerie in Batteriesront im Trabe, bei dem zweiten die Infanterie in Regi- mentskolonncn, die Kavallerie und Artillerie im Galopp. Beide Male sührte der Kaiser den anwesenden Fürstlichkeiten sein Regiment Nr. 116 vor. Ebenso führten der Großherzog, die Großherzogin und die Prin zessin Friedrich Karl von Hessen ihre Regimenter vor. Die Parade kommandierte Generalleutnant v. Strantz. Zahlreiches Publikum wohnte dem militärischen Schauspiel bei. Der Kaiser nahm militärische Mel dungen entgegen und setzte sich sodann an die Spitze der Fahnenkompanie, um diese nach Mainz zu führen. Die Truppen bildeten vom Parade platz aus bis zum Ausgang des Exerzierplatzes Spalier. Der Kaiser verlieh den Stern zum Roten Adlerorden 2. Kl. mit Eichenlaub dem Generalleutnant Scholtz und dem Generalmajor v. Frangois, den Kronenorden 2. Klasse dem Obersten v. Deviz. — Weiter wird gemeldet: Gegen 1 Uhr zog der Kaiser mit dem Äroßherzog von Hessen in die reich geschmückte und beflaggte Stadt Mainz ein unter dem Jubel der Be völkerung und dem Läuten sämtlicher Glocken. Vor dem Großherzog lichen Schlosse ließ der Kaiser die Fahnenkompanie und die Standarten eskadron vorbeimarschieren. Im Vestibül wurde der Kaiser vom Ober bürgermeister von Mainz, Göttelmann, im Namen der Stadt begrüßt. Ter Kaiser zog den Oberbürgermeister in ein längeres Gespräch, an dem auch der Großherzoa teilnahm. Der Kaiser bemerkte, daß der Kreuzer „Mainz" demnächst in Dienst gestellt werden dürste. Auf die Bemerkung des Oberbürgermeisters, die Bürgerschaft von Mainz würde es sich jedenfalls nicht nehmen lassen, dem Schiff ein Geschenk zu machen, meinte der Kaiser, daß etwas -nm Lesen für die Mannschaft besonders gut wäre. Der Kaiser beauftragte den Oberbürgermeister, der Bürger schaft seinen allerhcrzlichsten Dank und seine Freude über die Be- grüßung der Bevölkerung zu übermitteln. Er freue sich jedesmal über die gute Haltung und die lustige Art der Mainzer. Um 1 Uhr fand beim Großherzogspaar Frühstückstascl statt, an der der Kaiser und die andern hier weilenden Fürstlichkeiten teilnahmen. Um 2^ Uhr fuhren der Kaiser mit dem Prinzen Oskar von Preußen, Prinz und Prin- zessin Friedrich Karl von Hessen und die Kronprinzessin von Griechen- land nebst ihren Söhnen im Automobil nach Kronberg. * Ein weiterer Gast beim deutschen Kaisermanöver. Wie der „Eonrrier d'O-rient" meldet, hat Kaiser Wilhelm den Generalissimus Mahmud Schefket Pascha eingeladen, den deutschen Kaisermanövern bei zuwohnen. Mahmnd Schefket hat die Einladung angenommen unter dem Vorbehalt, daß der Ministerrat seine Einwilligung gibt. * Keine Aenderungen in der Zollverwaltung. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: In den Kreisen der mittleren Zollbeamten ist neuerdings das Gerücht verbreitet, cs sei beabsichtigt, die Stellen der Obcrzoll- inspcktoren künftig ausschließlich mit Juristen zu besetzen. Ein weiteres Gerücht geht sogar dahin, die Hauptzollämter sowohs als auch die Ober- zolldirektioncn sollten ganz beseitigt und an ihrer Stelle kleinere Zoll direktionen errichtet werden, die dann unter gänzlicher Ausschaltung der aus Supernumcrarcn hervorgcgangenen Beamten nur noch mit Juristen als leitenden Beamten besetzt werden würden. Diese Gerüchie entbehren jeder tatsächlichen Unterlage: Aenderungen der bezeichneten Arten in der Organisation der Zollbehörden sind nicht beabsichtigt. * Aus der konservativen Presse. Wie man der „Natl. Korr." be richtet, sollen die Schwesterblätter „Staatsbürgerzeitung" und „Reich" vvm Oktober ab in der Druckerei der „Kreuzzcitung" hcrgestellt werden. Damit dürste denn auch vielleicht Zusammenhängen, daß der inner- politische Wochenschauer der „Kreuzztg." vor etwa 14 Tagen mit be merkenswerter Wärme zur Unterstützung der kleinen konservativen Presse anfrief. Und auch das Werbeschreibcn der Geschäftsstelle der „reorga nisierten" oder noch zu reorganisierenden „Staatsbürgerzeitnng", das letzthin veröffentlicht wurde, wird zu diesen Dingen Wohl in Beziehung stehen: Herr M. Kaven, der in jenem Zirkular für die Geschäftsstelle der „Staatsbürgerzeitung" verantwortlich zeichnet, ist nämlich, wie erzählt wird, nebenbei auch Geschäftsführer der „Kreuzzeitung". * Der Köslincr Regierungspräsident und die Agrarier. Von d->r Kösliner Regierung ist in diesem Jahr^ die Anordnung getroffen worden, die „Sommerschule" nicht, wie bisher, um 6 Uhr morgens, sondern, wie in den Städten, um 7 Uhr beginnen zu lassen. So lange hatten die Schüler der Ober- und Mittelstufe im Sommer nur stark ver kürzten Unterricht von 6 dis 8)4 Uhr, von dieser Zeit ab gehörten sie der Landwirtschaft, namentlich die aus den nächstgclegenen Städten in großer Anzahl gedungenen Hütejungen. Müde und matt kamen die 10- bis 12iährigen Knaben früh um 6 zum Unterricht, und was diese leisten, besser nicht leisten konnten, liegt klar auf der Hand. Von der Lehrerschaft ist das Einschreiten der Negierung mit Freuden begrüßt worden, einige Kreis- und Ortsschulinspektoren (!1 haben aber gegen die Verfügung der Regierung Einwendungen erhoben, da u. a. die nen- getrofsene Einrichtung die Landwirtschaft schädige! Für diesen Sommer hat die Regierung die Kreisschulinspektoren auf Antrag der Ortsschul- inspektoren in „dringenden Fällen ausnahmsweise" ermächtigt, daß der Unterricht in etwas gekürzt und in den Monaten Juni, Juli und August wieder um 6 Uhr morgens begonnen werde. Ohne die Kreisschulinspek toren zu befragen, haben einige Ortsfchulinspektoren denn auch einfach in ihren Schulorten den Fall als „dringend" angesehen, wenn wieder die Landwirte ihre Hütejungen um ^9 schulfrei haben wollten, und auf eigene Faust „ausnahmsweise" die althergebrachte Sommerschule zu Recht bestehen lassen. Die Kösliner Regierung aber scheint die Sache wirklich energisch angreifen zu wollen. Sie erklärt, der Stand der Landschulen im Regierungsbezirk Köslin erreiche im allgemeinen »ich. die Höhe, in welcher sich die Schulen anderer Regierungsbezirke be finden, Kas müsse anders werden, und dem müsse auch die Landwirtschaft Rechnung tragen. „Solange die allgemeine Schulpflicht besteht", sagt die Regierung dann wörtlich, „kann es sich nur darum handeln, inwie weit die Schule der Landwirtschaft entgegenkommcn kann und soll. Wir sind uns aber bewußt, auf letztere die äußerste Rücksicht ge nommen zu haben, indem wir die Sommerschule, welche — abge sehen von dem Kösliner Bezirk — nur noch in einem sehr kleinen Tc>7 des Staatsgebietes zugelassen ist, bisher als Regel für die Landschulen beibehalten haben. Die Landwirte werden dies einsehen und sich selbst sagen müssen, daß sie nicht allein für i h r e L a.u d w i rF sich a f t und für sh r Vieh, sondern zunächst für ihre Kinder und deren Erziehung und Gesundheit zu sorgen haben, welche bei dem frühen Beginn — 6 Uhr — zu leiden hat." — Bravo! * Von der Untersuchung der Affäre Mieltfchin hört man wieder etwas. Es wird gemeldet, daß im Auftrage deS preußischen Ministeriums des Innern der Geheimrat Schlosser sich nach der ^ürsorgeanstalt Mieltfchin begeben und als Vertreter des Berliner Magistrats der Stadtrat Munsterberg ibn begleiten werde. Zu wünschen wäre nach den bisher bekannt gewordenen skandalösen Vorgängen, daß an dieser Informa tionsreise auch ein Vertreter der Staatsanwaltschaft teilnähme. * Die Wahlen zum Meininger Landtag. Aus Meiningen, den 18. August, wird uns geschrieben: Die Landtagswahlen im Herzog- tum Meiningen sind auf den 4. bzw. 14. Oktober festgesetzt worden. Am 4. Oktober finden die allgemeinen Wahlen statt, am 14. Oktober die besonderen Wahlen. Insgesamt sind für das Herzogtum 24 Mandate zu vergeben, und zwar in drei Klassen. Klaffe 1, d. h. diejenigen, die lährlich mindestens 60 .E an Grund- und Gebäudesteuer oder von beiden zusammen bezahlen, wählt 4 Abgeordnete. Die 2. Klasse, d. h. die jenigen, die mindestens 9 F Einkommensteuer bezahlen, wählt wiederum 4 Abgeordnete. In den „allgemeinen Wahlen" werden 16 Abgeordneten mandate vergeben. Hier kann jeder wählen, der sich nicht an den Wahlen der beiden obenerwähnten Kategorien beteiligen kann oder will. Die Wahlperiode deS durch direkte Wahl gewählten Landtags umfaßt sechs Jahre. Für die bevorstehenden Landtagswablen ist zwischen Nationalliberalen und Freisinnigen ein Kompromiß ge schlossen worden, demzufolge die beiden Parteien sowohl bei den all gemeinen, als auch bei den Wahlen der Höchstbesteuerten gemein same Kandidaten aufstellen. Im letzten Landtag besaßen die bürger lichen Parteien 14 Mandate, die Sozialdemokraten 7, die sich in der Hauptsache auf die beiden Kreise mit stark industriellem Einschlag Sonne, berg und Saatfeld verteilten. Von den seitherigen Abgeordneten wird ein großer Teil wieder kandidieren. Ihrer Parteistcllung nach ver teilen sich die aus den allgemeinen Wahlen hervorgcgangenen 16 Ab geordneten wie folgt: 2 Bund der Landwirte, 5 Nationalliberale, 2 Frei- sinnige, 7 Sozialdemokraten. Von den Höchstbesteuerten waren 4 natio- nalliberal. 4 freisinnig. Die Agrarier beabsichtigen nun bei den dies jährigen Wahlen einen Vorstoß zu unternehmen, um die Zahl ihrer Mandate zu vermehren. Es bedarf daher mehr als je der Einigkeit aller Liberalen im Lande, um diese Bemühungen zu vereiteln. Ob es möglich sein wird, die Zahl der sozialdemokratischen Abgeordneten im neuen Landtage zu schwächen, wird die Zukunft lehren. Ausland. Oesterreich-Ungarn. * Die Vollendung des 8ü. Lebensjahres Kaiser Franz Josefs ist in der ganzen Monarchie festlich begangen worden. Es wird uns darüber gemeldet: Wien, 18. August. (Telegramm.) Der Geburtstag des Kaisers Franz Josef wurde in der ganzen Monarchie durch FestgotteSdienste und Festlichkeiten unter großer Begeisterung der Be- völkerung begangen. Aus den meisten Großstädten des Auslandes werden Jestgottesdienste und feierliche Empfänge bei den öster reichisch-ungarischen Botschaftern und Gesandten gemeldet. Dem Fest gottesdienst in Marren bad wohnte König Eduard mit Ge folge bei. Frankreich. O Ungeeignet zum Militärdienst. Die Zahl der Militäruntaug- lichen mehrt sich in Frankreich in erschreckender Weise. Es wirb uns hierüber berichtet: Paris, 19. August. (Telegramm.) „La France militaire" be- richtet, daß von 318 449 im Jahre 1909 in die Stammrolle einge tragenen jungen Leuten 29607 als ungeeignet zum Militärdienst befunden worden sind, davon 4499 wegen allgemeiner Körperschwäcke. Diese Zahl zeigt ein fortdauerndes jährliches Anwachsen und hat sich seit fünf Jahren verdreifacht. Wegen Tuberkulose waren 4793 unbrauchbar, und auch diese Zahl weist eine erhebliche Zunahme auf. O. Elemenceaus Anhänger verübeln, wie uns aus Paris gemel det wird, Briand die beabsichtigte Wiedereinstellung der abgefekten Postbeamten, nachdem sich das Kabinett Clemenceau für soli darisch erklärt hatte, keinen der abgesehten Beamten wieder aufzu nehmen. Briand hatte seinerzeit die Erklärung gebilligt. Die Wieder- einstellung der abgcsetzten Postbeamten wird auch in republikanische» Kreisen ungünstig beurteilt. Obwohl Millerand versichert, daß nur ein Teil der abgelebten Postbeamten wieder ausgenommen werde, rechnet man doch damit, daß bis zur Eröffnung der Kammer alle Postbeamten wicdercingestellt worden sind. England. " Aus dem Unterhaus. Aus London wird unterm 19. August gemeldet: Nach 21 Sitzungen, die des öfteren 18 Stunden dauerten, wurde gestern die Beratung des ersten Abschnittes der Finanzbill, der 28 Artikel umfaßt und die verschiedenen Grundsteuern regelt, zu Ende geführt. An den Grundsätzen der verschiedenen Sleuervorschläge ist nichts geändert, aber die Regierung machte verschiedene Konzessionen, so namentlich mit Bezug aus die Abschätzung des Grundeigentums für die Zwecke der Besteuerung. Tie neue Steuer auf die Bergwerks abgaben soll zuletzt beraten werden. Die 46 Artikel harren jetzt noch der Beratung, aber man nimmt an, daß diese rascher fortschreiten wird, wenn die Debatte wieder ausgenommen ist, was in der übernächsten Woche geschehen soll. Schweden. * Abflauen des Generalstreiks. Im schwedischen Departement des Innern sind in den letzten Tagen zahlreiche Nachrichten über die o o l l- ständige oder teilweise Wiederaufnahme der Arbeit in verschiedenen Betrieben eingegangcn. Darunter befinden sich Eisen- iverke, Sägemühlen, davon auch eine mit organisierten Arbeitern, Holz stoss- und Papierfabriken, Ziegeleien und Baumwollkleidersabrikcn in vielen Teilen des Landes. An mehreren Plätzen sind die Hafenarbeiter zur Arbeit zurückqckehrt. In Upsala und Göteborg die Straßen- hahnbcamten und in vielen Städten die städtischen Arbeiter. Auch in der Pulverfabrik von Ajocrkborn wird wieder gearbeitet. Unge fähr 1000 Ackerbanarbeiter sind ausständig, doch melden sich mehr Frei willige als nötig sind, um die Ernte einzubringen. — Der Zeitung „Tagen" zufolge strengten sämtliche bürgerlichen Zeitun gen Stockholms Prozesse gegen den schwedischen Typo- graphcnverband an, weil er sein Uebereinkommen mit den Zei tungen gebrochen und diesen dadurch Schaden zuaesügt habe. Die Zei tungen fordern Erstattung des Schadens, den sie bisher durch den Streik erlitten haben und noch erleiden werden. Persien. I Der Exschah. Die „Times" melden auS Teheran, der ab- ge setzte Schah verweigert hartnäckig die Abtretung seines persischen Grundbesitzes an den Staat, wogegen die Ucker- nähme der Schulden des Schahs erfolgen würde. Die Gesandten erklär ten dem Schah, die Weigerung werde für ihn wenig vorteilhafte Be dingungen zur Folge haben. Da Zill Es Sultan endgültig Zahlungen an die Negierung ablehnt, soll er nach Rudbar übergcführt werden. Marokko. Zum Rtffkrteg wird auS Fez weiter gemeldet: Der Sultan hat eine Abordnung ver Rifskabylen, die hierher gekommen waren, um seine Intervention zu erbitten, mit der Erklärung zurückirl'chickt. Vast er selbst die von den Spaniern begonnene Züchtigung zu Ende führen werde. — Weiter wird depeschiert: Melilla, 19. August. lTel.1 Tie spanischen Batterien beschossen vormittags die Schluchten des Gurugu. Verschiedene spanische Patrouillen murten im Laufe des Tages angegriffen, hatten aber keine Verluste. Melilla, 19. August. (Tel.) Gestern trafen die Kriegsschiffe,,Carlos V." und „Prinzessin von Asturien", begleitet von einem Torpedoboot, hier ein. Damit ist Vie Zahl der hier anweienden Kriegsschiffe auf fünf gestiegen. I Sultan und Roghi. Neuesten Nachrichten zufolge ist der Roghi nicht von nasidischen Truppen gefangen genommen worden, sondern geflüchtet. Paris, 19. August. (Privattelegramm.) Entgegen den gestern eingetrofsenen Meldungen bewgen heutige Nachrichten, daß der Roghi geflüchtet sei und bei dem Stamme der Kärrner Unterschlupf ge sucht habe. Paris, 19. August. (Privattelegramm.) Der „Matin" meldet aus Tanger: In dem letzten Gefecht zwischen den Truppen des Sultans und den Leuten des Roghi wurden auch mehrere Zivilpersonen, daranter ein Franzose namens Eollet, Agent der fran. zöfischcn Grubengesellschaft, getötet. 0. Verbandstag der Saalinhaber im Königreich Sachsen. * Zwickau, 19. August. Ter Landesverband der Saalinhaber im Königreich Sachsen trat gestern in unserer Stadt zu seinem 6. Verbandstage in Zwickau zusammen. Eingeleitet wurde die Tagung am Nachmittag mit einer Delegierten - Versammlung im Saale des „Bavegartens", die vom Vorsitzenden des Verbandes Gustav Fritzsche-Dresden eröffnet und geleitet wurde. AlS Vertreter de» Bunde- der Konzertlokal- und Saalinhaber Deutschlands war Herr Bandow»Berlin anwesend. In dem gedruckt vorliegenden Jahres bericht heißt es, daß das abgelaufene Geschäftsiabr unter dem Zeichen großer Beunruhigung stand, hervorgerufen durch die Reichsfiuanzreformvorlage und die hierdurch dem Wirtestand drohenden Steuerbrlastungen. Auch die allgemein ungünstigen Erwerbsverhältnisse des Landes haben den schon geringen Verdienst ganz namhaft beeinträchtigt. Bei den kommenden Landtagswahlen solle nur iür solche Kandidaten «inqrlrelen werden, die gewerbcfreundlich sind und für zeitgemäße Gesetze eintreten wollen. Auch die Haltung der sächsischen Handels- und Ge werbekammern in der Flaichenbierfrage muffe scharfe Mißbilligung finden. Aus den Verhandlungen der letzten Hälfte deS Landtage- gehe hervor, daß die Sach« de» Verbandes mehr und mehr Beachtung bei den Ständekammeimitgliedern ge funden habe. Ter Mitgliederbestand ist bereit- auf 1900 angewachieu. Eine Sterbekasse soll demnächst ins Leben gerufen werden. Ter Kassenbericht schließt in Einnahme und Ausgabe mit 3279,30 ab. Dem Kassierer und dem geschäft-führenden Vorstand wurden Entlastung erteilt. Eine eingehende Aussprache verursachten die für die am Donnerstag statt findende Hauptversammlung vorliegenden Anträge. Ein Antrag des Vereins Chemnitz, an da- Ministerium eine erneute Eingabe zu richten n. in Sachen der Tanzerweiterung, d. wegen Abkürzung der geschlossenen Zeit vor Ostern, sowie an die neu aufzustellenden Kandidaten die Frage zu richten, ob sie diese beiden Eingaben unterstützen wollen, wurde in veränderter Form zur Annahme empfohlen. Von Ein gaben an da- Ministerium soll abgesehen werden, da man sich davon keinen Erfolg verspricht; dagegen soll mit den Landtagstandidaten wegen der Forderungen der Saalinhaber unterhandelt werden. Ein Antrag vom Verein Döbeln-Land, den Austritt deS Verbandes aus dem Deutschen Saalinhaber-Bund zu empfehlen, wurde abgelehnt, ebenso zwei weitere Anträge dieses Verein-, die bezwecken sollten, in der Hauptversammlung nur die Dele gierten abstimmen zu lassen und die Hauptveriammluugs- und Verbandstage tage einfacher bzw. billiger zu gestalten. Ter Antrag deS Vereins Dippoldis walde, die Jahreshauptversammlung in die letzte Woche des August zu verlegen, wurde zurückgezogen. Folgende zwei Vom Verein Leipzig - Stadt gestellte Anträge sollen zur Genehmigung rmvfohien werken: I) WaS nvtigt den Landesverband, seine Mitglieder eindringlich zu ermahnen, nach wie vor sich gegen die Genossen schaft Deutscher Tonsetzer ablehnen!) zu verhalten, mit derselben keine Ab schlüsse zu vollziehen und nur tantiemcfreie Musik zur Aufführung bringen zu lassen? 2) Der Landesverband möge dem sächsischen Justizministerium eine Eingabe mit der Begründung unterbreiten, daß die Genossenschaft Deutscher Ton setzer angewiesen wird, ihre Streitfälle mit den Saal- und Konzertlokalinhabern aus zivilrechtlichem Wege auSzusechten. Damit soll der Genossenschaft die Möglichkeit genommen werken, Len strafrechtlichen Weg zu be schreiten resp. die Hilfe LeS Staatsanwalts in Anspruch zu nehmen. Ebenfalls zur Annahme empfohlen werden soll ein vom Verein Zwickau-Land gestellter Antrag: In Eingaben an das Ministerium anzustreben, vaß die Saalwirte wegen deS Aufenthalts von jugendlichen Personen in Sälen, wo polizeiliche Auf sicht statifinket, nicht hast- und strafbar gemacht werden können, ebenso nicht, wenn bei Vereinssestiichkeiteu, die polizeilich erlaubt sind» in irgend einer Weil« gegen da- Tanzregulativ verstoßen wird. Ferner wurden zwei Anträge de» Vorstandes angenommen behufs der in Aussicht genommenen Begründung einer Sterbckasse und Anschaffung von Diplomen für Mitglieder und treudleneude Personen. Al« Ort für den nächstjährigen BerbandStag soll Freiberg vor geschlagen werden. Am Abend vereinigte sich der Zwickauer OrtSvrrrin mit den schon erschienenen auswärtigen Teilnehmern, sowie einigen Ehrengästen, Gästen rc. zu einem Begrüßung«abend im Saale des „Deutsche» Hause»". Der Vorsteher veS Ort»- vereinS Herr Trobsch bieß die Anwesenden, besonders aber die erschienenen Ehrengäste, herzlich willkommen. ÄreiSvorsitzeuder Kinzel-Cbrmnitz brachte ein Hoch auf die Feststaot ans und dankte allen, die zu den Vorbereitungen des Festes beigetraqen baden, sowie den Behörden »nd der Bürgerschaft Zwickaus. Oberbürgermeister Keil toastete auf den Saalinhaber-Berband. Für Unter haltung sorgt« eia ebenso reichhaltige» wie gediegene» Programm.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder