Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.02.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100225012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910022501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910022501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1910
- Monat1910-02
- Tag1910-02-25
- Monat1910-02
- Jahr1910
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nr. SS. l04. Jahrgang. sich dagegen, daß di« kaiserlichen Werften teurer arbei teten als die Privatwerften. Die kaiserlichen Werften seien unentbehrlich und mühten technisch aus der Höhe gehalten werden. Die Beteiligung der Prioatwerften an Schiffsneubauten betrage setzt 76 Prozent. Dieser Prozentsatz würde noch steigen. Im Interesse der Werftarbeiter sei aber eine völlige Ausschließung der kaiserlichen Wersten von Neubauten nicht angängig. Diese Forderungen sowie die übrigen Forderungen für Wilhelmshaven wurden genehmigt, ebenso 2.» Millionen als zweite Rate zum Bau eine» Schwimmdocks auf der Kieler Werft. * DieIusttzkommisston des Reichstag» verhandelte am Donnerstag in zweiter Lesung über den Be leidigung»- und Körperverletzunaspara- graphen der Strasgesetznovelle. Die Verhandlung über die Velcidigungsstrafen wurde abgebrochen, da der in erster Lesung angenommene Regierungsvor schlag auf Widerspruch namentlich beim Zentrum stieß. Es wurden neue Anträge in Aussicht gestellt, in der Richtung, das; zu wirksamerem Schutz des Privatlebens ein besonderes Delikt der Verletzung von Privatgeheimnissen gebildet wird. Der Para graph über die Körperverletzung wurde im Sinne der Regierungsvorlage mit unwesentlicher Aenderung angenommen. * Die Eeschiistsordnunpskommission de» Reichs tages beschloß zum tz 48, daß, wenn außerhalb der Tagesordnung ein Vertreter des Bundesrates das Wort nimmt, aus Antrag durch Beschluß des Reichstages die Diskussion darüber eröffnet werden kann. * Die Leiche des Reichstagspräsioenten Grafen zu Stolberg-Wernigerode wurde am Donnerstag auf dem Familiengut Dönhofstädt beigesetzt. Der mit Blumen überdeckte Sarg war in der Schlohkapelle aufgebahrt. Als Vertreter des Kaisers erschien der kommandierende General von Mackensen. Mit dem Vizepräsidenten des Reichstages Erbprinzen zu Hohenlohe-Langenburg waren etwa 15 Mit glieder aller Fraktionen gekommen, um dem Verblichenen die letzte Ehre zu erweisen. Anwesend waren ferner Oberpräsident von Windheim, der Kommandeur der l. Division Generalleutnant von Hasse, Regierungspräsident Graf Keyserling!, der Prorektor der Königsberger Universität Pro fessor Händtcke und viele andere hervorragende Persönlichkeiten. Nachdem die Trauergemeinde sich versammelt hatte, erschien die Erästnwitwe mit den anderen Leidtragenden. Die Trauerrede hielt der Schloßgeistliche. Nach Beendigung der kirchlichen Feier wurde der Sarg zur Gruft geleitet. Hinter dem Sarge trug Graf zu Eulenburg-Prassen auf einem Kissen die Orden seines verstorbenen Schwiegervaters. Dann folgten die Gräfin Stolberg und General von Mackensen. Auf dem ganzen Wege bildeten die Eutsbeamten und Eutsinsassen Spalier, um sich alsdann dem Kondukt anzuschließen. Unter dein Segen des Geistlichen und den Klängen eines Chorals wurde der Sarg in die Gruft gesenkt, über die der Kriegerverein drei Salven abseuerte. Mit der Niederlegung von Kränzen, unter denen sich solche beider Majestäten befanden, schloß die Feier. * Aufgaben und Entwicklung des Hansabundes. Der Hansabund hatte für Mittwochabend seine Mit glieder und Freunde nach dem Mozart-Saal in Berlin geladen. Geh. Justiziar Prof. Dr. Riesser, der Vor sitzende des Bundes, hielt einen Vortrag über: „Die Ausgaben und Entwicklung des Hansabundes." Der „B. B.-C." berichtet darüber: Der Große Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. Unter den Anwesen den befanden sich verschiedene Reichstagsabgeordnete, darunter Bassermann und — Herr vonHeyde- brand. Prof. Riester kam zuerst aus die Angriffe zu sprechen, die am letzten Montag in der General versammlung des Bundes der Landwirt« laut gewor den waren. „Die Vorwürfe find durchweg haltlos. Ich weiß nicht, woher die Herren den Mut nehmen, ehrlichen Männern, die ein Leben voll Arbeit hinter sich haben, derartige Lumpereien vorzuwerien. (Lauter Beifall.).. Der Hansabund ist zur Zeit der Finanz reform gegründet, aber nicht nur derentwegen. Er war schon lange eine Notwendigkeit. Handel und Industrie stellen ungefähr 56 Prozent der Bevölkerung Deutschlands dar; bann können wir aber auch ver langen, daß dieser großen Stellung nicht nur eine bedeutende — Steuerzahlung entspricht, sondern daß wir auch Anteil haben an der Verwal- tungundLeitungdesReiches. Früher oder später muß dies naturnotwendig kommen — der Hansabund will dafür sorgen, daß cs nicht zu spät kommt. (Großer Beifall.) Es ist eine schmachvolle Ungerechtigkeit, daß das gewerbetreibende Bürgertum im Reichstage nur mit 16 Prozent, im Abgeordneten hause mit 10 Prozent und im Herrenbause gar nur mit — 2,8 Prozent vertreten ist. Unsere Aufgaben sind groß. Einmal gilt es, unseren Beamtenkörper, den wir außerordentlich hoch werten, mit modernem Leiste zu erfüllen und an schnelleres Arbeiten zu ge Lcipziger Tageblatt. Freitag, 25. Februar isis. wöhnen. Eine innere Aufgabe ist es dann, die vielen auseinanderstrebenten Richtungen innerhalb der Ge werbetreibenden auszugleichen oder wenigsten» anzu nähern. Wir wollen es dahin bringen, daß ein ehr licher, tüchtiger Bürgerbcrus im Deutschen Reiche so viel gilt wie ein Adelsdiplom. Es ist selbstverständ lich, daß wir in parteipolitischen Fragen unseren Mit gliedern völlige Freiheit lasten. Wir wollen nicht wie der Bund der Landwirte einseitige Inter- essenpolitik treiben. Wir schützen und fördern die Landwirtschaft, wo wir können, aber wir werden energisch vorgehen gegen jeden Versuch, dem Handel und Industrie ihr Recht zu schmälern. — Brausender, immer wieder von neuem einsetzender Beifall folgte den formell wie inhaltlich glänzenden Ausführungen des tapferen Vorkämpfers und Führers des Hansa- bundes. So ist der Boden gut vorbereitet für die in der nächsten Woche stattfindende Tagung des Hansabundes. * Ein Moltke-Denkmal für Mecklenburg. Der feit langem erwogene Plan, Mecklenburgs großem Sohne, dem Feldmarschall Grasen von Moltke, auf der höchsten weithin Ausblick gewährenden Bodenerhe bung des Landes, dem mit herrlichem Laubwald be standenen Ruhner Berge, nahe Moltkes Eeburtsstadt Parchim, ein des Schlachtenlenkers würdiges Denk mal, etwa in Gestalt eines hochgebouten Turmes mit Moltkes Neliefbild, zu errichten, soll jetzt verwirklicht werden. Der Großhcrzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin hat die Hcrgabc des für die Errichtung des Denkmals geeigneten Platzes auf dem Nuhner Berge in Aussicht gestellt. Zur Entgegen nahme von Beiträgen für das Denkmal sind u. a. bereit die Mecklenburgische Hypotheken- und Wechsel bank in Schwerin, die Rostocker Bank in Rostock, die Vereinsbank in Wismar, und zwar sämtlich mit ihren Agenturen. ' Die Vorschläge der Lüderihbuchtc? Interestenten über die Ausbeulung der südafrikanischen Dia mantenlager werden, wie verlautet, mit der Rechtslage für unvereinbar anacsehen. Die weitere Erörterung der in den Depeschen er wähnten Einzelheiten dürfte voraussichtlich anläßlich der dritten Lesung des Kolonialetats im Reichstage erfolgen, die ungefähr Mitte März stattsinden wird. Bis dahin ist auch der Gouverneur v. Schuckmann in Berlin eingetrossen und steht für die Teilnahme an den Verhandlungen zur Verfügung. Auslsnü. DelterreiH-Ungsrn. * Das Abgeordnetenhaus wählte am Donnerstag nach seinem Wiederzusammentritl zu Vizepräsidenten Nomanczuk lRuthene) und Dr. Conci (Italiener) und begann darauf die erste Lesung der Retrutcn- vorlage. Im weiteren Verlauf der Sitzung erklärte Stransky (Dtsch.-Radikal), es unterliege keinem Zweifel, daß die Verabschiedung des uin die Deutschen Oesterreichs hochverdienten Ministers Dr. Schreiner vom Ministerpräsidenten unter dem Drucke der slawischen Union und zum mindesten unter der Mitwissenschaft der christlich sozialen Partei herbeigeführt sei. Der Redner warnte entschieden vor dem Versuch, an der Institution des deutschen Landsmannministers zu rütteln. Der Ministerpräsident habe sich mit diesem Schritte zur deutschen Bevölkerung Oesterreichs in entschiedenen Widerspruch gesetzt. Die Deutsch- Radikalen würden daraus die Konsequenzen ziehen. Steiner (Christl.-Soz.) wies die Behauptung des Vorredners bezüglich der christlich-sozialen Partei als durchaus unrichtig mit aller Entschiedenheit zu rück und betonte, die Christlich-Sozialen würden stets an der deutschen Gemeinschaft festhalten. Nachdem die Rekrutenvorlage dem Wehrausschuste überwiesen worden war, trat das Haus in die Verhandlung der eingebrachten Drinalichkeitsanträge ein, unter denen sich ein Antrag Mastalka über die von Deutsch land geplante Einführung von Eldschiffahrts- abgaben befindet. Frankreich. * Das französische Marinebudget. Die Depu tiertenkammer nahm das Kolonial budget an und beriet sodann über das Marine- budget. Der Marineminister erklärte, er habe bei der Uebernahme des Ministeriums das Geschwa der in der Nordsee nicht in einer entsprechenden Stärke vorgefunden; auch der Efsekkivbestand der Schiffe im Mittelmeer sei unvollständig gewesen, innerhalb eines Monats jedoch seien die Effektivbcstände vervollständigt worden. Er sei ent schlossen, Biserta und die Häfen am Atlantischen Ozcan instand zu setzen und das Geschwader zu ver proviantieren. Im Mai würden die Geschwader mit vollständigen Effektivbeständen bereitliegen, um auf den ersten Befehl in die See zu gehen. In jedem Geschwader lägen jederzeit sechs Schiffe fahr bereit. Er habe dreißig Schiffe wegen ihrer der Neuzeit nicht entsprechenden Bauart ausschei - den mästen. Er gebe der Kammer die Versicherung, daß er sie niemals aussordern werde, dem Bau ir gendeines Schiffes zuzustimmen, bevor nicht die Baupläne vollständig vorlägen. Der Minister führte weiter aus, auf Grund der auf der ..Jena" gemachten Versuche hätte er und der Oberste Marinerat sich für ein schweres Geschoß entschieden. Es seien Maß regeln getroffen, daß sechs Dantons, die Ende 1911 fertig seien, mit Munition versehen würden. Die Flottenstützpunkte seien in Zukunft infolge der Minen gegen jedes indiskrete Eindringen ge schützt. Die Geschwader könnten bei Tag und Nacht mit aller Sicherheit auslaufen. Auch würden dafür Vorkehrungen getroffen, daß die Offiziere mehr mit ihren Dienstobliegenheiten vertraut würden. Dank der getroffenen Maßregeln werden jetzt die vorhande nen Seestreitkräste bereit sein, auf den ersten Befehl in See zu gehen. Man darf sich aber keiner Täu schung darüber hingeben, daß, selbst wenn unsere sechs Dantons fertig sein werden, unsere Marine für den Fall eines großen europäischen Krie ges noch nicht allen Anforderungen ent sprechen wird. Niemand weiß bester als ich, was noch zu tun bleibt. Ich werde alles aufbieten, um mich des Vertrauens des Parlaments würdig zu crweilen. (Langanhaltender Beifall.) Gnyisnü. * Das deutsch-englische Frenndschaftskomitee bei dem Prinzen Heinrich. Bei dem Empfang der Abord nung des englisch-deutschen Freund schaftskomitees durch den Prinzen Heinrich von Preußen am Mittwoch hielt der Führer der Ab ordnung eine Ansprache, in der er die Hoffnung aus sprach, daß in Zukunft jeder Grund zu Miß trauen und Argwohn zwischen England und Deutschland beseitigt werden möge. Prinz Heinrich wies in einer Erwiderung daraus hin, daß sein Besuch einen privaten und nicht einen offiziellen Charakter trage. Er stimme mit den in der Ansprache des Führers ausgesprochenen Freundschafts gefühlen überein. Es sei sicher, daß der Kaiser sich freuen werde, den Inhalt kennen zu lernen. Der Prinz schloß: „Ich hoffe aufrichtig, daß Ihre Nation in Zukunft dasselbe Vertrauen zu unserem Herrscher und zu unserer Negierung haben wird, welches wir zu Ihrem herzlich geliebten, hochverehrten Herrscher und zu Ihrer Regierung haben." * Zu Ehren des Prinzen Heinrich. Der deutsche Botschafter in London Graf Metternich gab am Mittwoch zu Ehren des Prinzen Heinrich ein Diner, an dem der König von England, die Königin, deren Tochter Prinzessin Viktoria und die Prin zessin Battenberg teilnahmen. Von der Regierung waren anwesend Asquith mit Gemahlin, der Chef der Flotte Sir Arthur Wilson, der erste Lord der Admirale Mac Kenn« und Kriegsminister Haldane China. * Zur Besetzung Tibets durch chinesische Truppen. In der Londoner Morgenpresse wird der Einmarsch der chinesischen Truppen in Tibet als eine regel- rechteEroberung dieses Landes durch die Chinesen aufgefaßt. Diese soll seit dem Abschluß des russisch englischen Abkommens, in dem beide Nationen sich verpflichteten, den Statusquo in Tibet anzuerkennen, vorbereitet worden sein. Ucbcr die Flucht des Dalai Lama liegen noch folgende Depeschen vor: London, 24. Februar. (Tel.) Wie dem Reuter- schen Bureau aus Kalkutta gemeldet wird, wäre der Dalai Lamai auf seiner Flucht von den Chinesen beinahe gefangen genommen wor den. Man glaubt, daß er eine Unterredung mit dem Vizekönig von Indien nachsuchcn werde. Kalkutta, 24. Februar. (Eigene Drabtmcldung.) Der Dalai Lama reiste Tag und Nacht, von den Chinesen hitzig verfolgt. An einem Flußübergange blrebcn die Tibetaner zurück, um den Verfolgern die Stirn zu bieten und so für den Lama Zeit zu gewinnen. Die Chinesen folgten bis zur Grenze von Sikkim. perlonslverkinüerungen in üer König!. Sächsischen Armee. Offiziere, YLhnrich» »sw. Den 2t. Sebrrurr. Tie nackigenarmten Porlepee-ilnleroffizier«, Oberprimaner des Kadettenkorps, in der Armee als Fähnriche on- geltellt, und zwar- Frhr. v. Leubern im 1. (Leib-) Sren.- Regt Nr. 100, Schuberth Im 2. Gren.-Negt. Nr. 10t .Kaiser Wilhelm, KSntg von Preugcn', <S I S s ch e im t. Ittf.- Regt. Nr. 103, Seifert, Kähberg im S. Inf.Megt. Nr. 108 .König Wilhelm II. von Württemberg", Kormann im 7. Jnf.-Rrgt. .König <»e»rg" Nr. 10», r-t«rtg, Bogel im Schützen (Füs.-) Regt. .Prinz Seorg" Nr. 108, Lieber« im 9. Inf-Regt. Nr. 183, Ludwig, Adler im 10. Inf-Regt. Nr. 13t, D o « r ft l in g im 12. Jnf.-Negt. Nr. 177, Thomas im 13. Inf.-Regt. Nr. 178, Balen- ttner im IS. Jnf.-Negt. Sir. 1S1, Traf v. Hohenthal und Bergen, Frhr. v. Salza und Lichtenau im Narde-oietter-Regt., Meinhold im Karab.-Regt., Frred- rtch im 1. Feldart.-Regt. Nr. 12, Mittmann im yudart - Regt. Nr. 12, Serk« bet den König!. Tächs. Kompanien des König!. Breritz. Etfenb.-Regt«. Nr. 2. Tögeschnmik. Di« Tragödie des »Zauberlehrlings" und der Theaterelevin. In Wiener Artistenkreisen spielte sich, wie uns von dort geschrieben wird, jüngst eine Liebestragödie ab, die durch das Milieu besonders interessant ist. Ein ISjähriger „Zauberlehrling" namens Friedrich Schiller versuchte die 14jährige Theaterelevin Mizzi Zimmermann, die am „Deutschen Bolkstheater" zu Wien angcslellt ist und seit ihrem 6. Lebensjahre be reits auf den Brettern auftritt, in einem Anfälle von Liebeswahnsinn zu ermorden. Der Attentäter, der den Namen unseres großen Dichters trügt, wollte sich zum „Zauberer" ausbilden. Auf seinen Kunstreisen sollte ihn die Theaterelevin Mizzi Zimmermann als Medium und Genossin seiner Tricks begleiten. Zu diesem Zwecke mußte sie bei ihm den nötigen Unter richt nehmen, um von ihm in seine Arbeiten ein- geweiht zu werden. In erster Reihe hatte sie mnemo technische Kunststücke zu lernen, d. h. Kunststücke, die mit Hilfe von Ideenverbindungcn und Gedächtnis kraft das Publikum der Zauberervorstellungen ver blüffen. Die junge Theaterelevin war auch einver standen, diese Karriere einzuschlagen. Sie nahm be reits seit drei Wochen bei dem „Zauberer" Unterricht. In dieser Zeit verliebte sich der Artist in das junge Mädchen, das bei dem Wiener Theaterpublikum als Darstellerin von Kinderrollen bekannt und beliebt ist, und das von großer Schönheit sein soll. Sie schenkte aber seinen Bewerbungen um ihre Gunst nicht Ge hör und sagte ihm, daß ihr Verkehr auf Wunsch ihrer Eltern ein Ende nehmen müsse. Bei der letzten Stunde wartete ihr ihr Lehrmeister mit Rotwein auf, den sie aber nicht trinken wollte, um nicht berauscht zu werden. Da verrieaelte plötzlich der „Zauberlehr ling" die Tür und stürzte sich mit einem großen Küchenmester auf seine Schülerin, die er zu Boden ge worfen hatte. Das junge Mädchen versuchte die Stöße des Mesters nach ihrem Halse mit den Händen auf zuhalten und erhielt dabei schreckliche Stichwunden. Im Augenblick der größten Not erbrachen die Nach barn die Wohnung und retteten die Schwerverletzte vom Tode. Der Attentäter wurde verhaftet. Das Mädchen ist nicht lebensgefährlich verletzt. * Das große Los durch Hypnose. Einem sonderbaren Betrüge ist man in London vor wenigen Tagen auf die Spur gekommen. Der seit Jahren als Rentier lebende Louis O'Flanagan, ein Ire von Geburt, der seinerzeit das große Los der Dubliner Stavt- lotterie im Betrage von 50 000 Pfd. St. ge wonnen hatte, wurde wegen Betruges verhaftet. Wie man uns schreibt, melden Londoner Blätter folgende Einzelheiten über den Fall: O'Flanagan lebte bis zum Jahre 1892 in Dublin ohne eigentlichen Beruf, er nannte sich „Zauberkünstler" und Hypnotiseur und pflegte in kleineren Städten Vorstellungen von seiner Kunst zu geben, erzielte jedoch meist nur geringe Ein. nahmen und litt ständig an Geldmangel. Auch hieß cs, daß er verschiedene Betrügereien verübt habe, die man ihm jedoch niemals Nachweisen konnte, so daß es keine gesetzliche Handhabe gab, gegen ihn vorzugebcn. Da fiel ihm im Mai des genannten Jahres das große Los der von der Stadt Dublin regelmäßig veran stalteten Lotterie zu. er war mit einem Male ein reicher Mann, verließ seine Heimat und ließ sich in London nieder. Niemand schöpfte Argwohn. Vor einiger Zeit geschah es nun. daß der städtische Beamte von Dublin Dinsmore sich an die Polizei wendete und vor dem Untersuchungsrichter, vor den er sich selbst führen ließ, das Geständnis ableate, jener O'Flanagan habe ihn vor nunmehr 18 Jahren in seine Wohnung gelockt, und da der Zauberkünstler wußte, daß ihm die Funktion obliege, bei der Ziehung die Nummern aus der Urne rn holen, habe er ihn gegen seinen Willen hypnotisiert und dadurch gezwungen, mittels Gedankenübertragung jene Nummer aus der Urne zu holen, die auf das Los des O'Flanagan stimmte. Dadurch sei jenem der Treffer zngefallen. Der Verhaftete versuchte anfangs zu leuaneu, allein in die Enge getrieben, legte er ein umfassendes E e - ständnis seiner Schuld ab. Sein Vermögen wird Theater, Kunst linkt Willenlchslt. öns öen Berliner Kunstlslons. Berlin, im Februar. Bei Gurlitt in der Potsdamer Straße hat kluger Geschmack eine ziemlich umfangreiche Ausstellung von Interieurs und Stilleben besorgt, vor deren besseren, wertvolleren Stücken man mit Vergnügen verweilen wird, ohne enthusiastisch zu werden. Fast überall Gefälligkeit, Sauberkeit, Zierlichkeit, mitunter sogar Schwung voll künstlerischer Eleganz: dennoch nirgends Ungewöhnliches. Zunächst ein Interieurreiaen Hein rich Hübners aus Schloß Paretz. Man sieht eine Wand aus dem Gartensaal des Schlosses, vielleicht als das zarteste, in Farbe und Licht abgetönteste Stück der Hübnerschen Serie, sieht grünübersponnene Eartenfassaden, einen Durchblick in das Schloß vestibül, ein paarmal auch Motive aus dem „Chinesischen Saal". Hier üben die Gobelins auch im Bilde tatsächlich gobelinartige Wirkung. Manchmal schleicht sich bei Hübner m die Garten bilder auch rein Landschaftliches ein. Er bringt dann Ausschnitte reicher Parkstudien, mit stilisierter Betonung, die flüchtig an Walser erinnert, ohne sein spielendes, graziös-tänzerisches Wesen zu kopieren. Hübners Sinn für dekorative Wirkung liebt eigent lich die grellen Töne nicht. Dennoch gerät in seine Interieurs, namentlich wenn er allzu aparte Be leuchtung sucht, ein unverkennbarer Bühnencharakter. Die Stilisierung moderner Theaterstimmung: Aehn- liches kann man etwa auch bei Max Reinhardt sehen . . . Paul de Castro bringt französische Schloßinterieurs, aus Trianon, aus Versailles. Er hat noch bester« Perspektiven, al» eine Weile später Joseph Oppen- Heimer in seinem völlig impressionistisch wieder- gegebenen Rokokointerieur, er hat spiegelnde Lichter über Wänden, Möbeln und Böden, ein distinguierte», mattqedämpfte» Leuchten, das sanft den Stil der dargestellten Epoche umfängt. Und ein Helles Interieur von Georg Mosion (die Möbel mit heiterem Kreton) wird noch aufsallen: ein Heim der Fröhlichkeit, der Lieblichkeit. . . Nicht weit von Moston eine Ver irrung von Tb. Hummel: eine Glasbläserei mit steifen, verzeichneten Glasbläsern, mit schreienden roten Lichtern als einzigem Charakteristikon. Die Komvosition unklar. Selbst das Stoffliche mit einiger Klarheit festzustellen, hat jeder reichlich Mühe. Aus der Menge der Stilleben darf man vor allem die Arbeiten von Angelina Drumaux (rauschende Nosen in großen Vasen, voll blühender Farben, duftig, wenn auch mitunter ein wenig konventionell), die lustigen Einfälle von Georgette Mcunier (sie setzt vor ihre zarten, in den Farben intensiven und dennoch unaufdringlichen Blumenarrangements einen kleinen drolligen Elefanten, auf dem eine possierliche Chinesin reitet) und endlich ein Stillebcn von I Schweminsky nennen. Unter den längst Akkre ditierten trifft man Slevogt,Lesser Ury, Louis Corinth und noch eine ganze Reihe anderer. Von Corinth freilich sah man auch unter seinen Stilleben schon Besseres als die Kuchenschüstel, die immerhin nicht mehr als appetitlich ist . . . Aus dem Salon Cassirer wird man diesmal mit befremdeter Enttäuschung wieder Heinigehen. Sicher lich wäre hier weniger Menge mehr Kunst gewesen. Max Beckmann gibt alles bunt durcheinander: Por träts, eine Atelierszene, eine Tanzszene, Strandland- schasten, ein Stilleoen, ein Interieur, den „Bau des Wastcrturms in Hermsdorf", sogar eine „Ballonwctt- fabrt, Berlin 1008" ist da. Aber wo Beckmann seine Farbenkunst vor allem anderen unterstrichen misten möchte, trifft man dennoch nur Absonderlichkeiten voll Ambition, schrille, schmerzhafte Farbenschreie. Er will nach den Farben weiten Raumwirkungen nachgehen, oder seine Himmel, sein Strand bleiben monoton, voll Leere. Seine Ätelierszene, auch die Tanzszcne ist von allzu derbem, üblem Realismus und seine plumpe Venus wird niemand bestricken, selbst den exzentrischen Mars nicht, der sich lila Haare für sein Liebesabenteuer besorgte. „Strand arbeiter" scheint noch das beste Stück, woraus flüchtig zugleich ein Nachweis von Künstlerschaft schimmert. Und man wird sich weder mit Heinrich Nauens exotischen Phantasielandschaften, mit diesem fassungslosen, unbeherrschten Farbenüberschwang, gern abfinden wollen — seine Landschaften zeigen fast japanische Unterklänge, sein „grabender Bauer" ist überdies in der Linie so grotesk, daß man ihn über haupt säst durch Zufall erkennt —, noch wird man sich an Richard Dreher entzücken wollen, dem unter dem Aufwand von ungefähr ein Dutzend Landschaften nur ein „Golf von Specia" mit edleren violetten und grünen Tönen gelingt. Auch Theo von Brock hausen wird durch seinen unwahren, dabei in der Technik so breiten Farbenüberschwang mehr Lieb haber abstoßen als anwerben, aber die Havel stimmungen bringen das Zeugnis starker künst lerischer Kraft und den Beweis persönlicher Ausdrucksfähigkeit mit. „An der Havel hei Baumgartenbrück" kann sich nicht allein die Har monie landschaftlicher Motive erzwingen: mitten im Uebertrciben aller Nachbarn könnte das Bild sich sogar als wahre Stimmung behaupten. Nur Julie Wolfthorn liebt das Uebertreiben nicht: sie stimmt ihre Landschaften sparsam, stimmt sie sauber, fast schon wieder zu sparsam, zu sauber ab. Das „Damenbildnis" hätte ganz sortbleiden können — zu viel Süßlichkeit, zu wenig Persönlichkeit. Auch Hodlers „Heilige Stunde" wird manche ent täuscht entlasten. Das dunkle, monotone Blau an den Frauengewändcrn, die scheinbare Raumleere an dem Bilde wird sie ermüden. Dennoch ruht tiefere Geistigkeit über all' diesen erwartungsvollen Frauen gesichtern, ein Abglanz naher, vorgeahntcr Mutter seligkeit, die schließlich des ganzen Gemäldes ein ziger reifer, alles bezwingender Ausdruck wird, -n- Leipzig, 25. Februar. Neues Theater. Zu der gestrigen Wiederholung der Hofmannsthal-Straußschen „Elektra" mußte, da Fräulein Urbaczek erkrankt war, ein Ersatz be schafft werden. So erschien als Klytämnestra Fräu lein Leonore Sengern. Es war das Wiedersehen mit einer Künstlerin, die früher unserer Oper anAe- hört hat. Gerade zur Klytämnestra eignet sich Fräu lein Sengern nicht so gut wie Fräulein Urbaczek, deren Mntel in Maske, Spiel und Ton kompakter sind. Vor ihrer Klytämnestra läßt sich Grauen empfinden, Fräulein Cengerns Königin weckte eher Mitleid. Die Kennzeichnung der verwüsteten Frau und entarteten Mutter bedarf einer gewißen Drastik, der Fräulein Sendern auswich. Das Pathologische sprach zu wenig mit. Am schärfsten noch wurde (bei Elektra» Frage nach dem Bruder) die Furcht vor Orest angedeutet. Von der Öual ihrer Träume aber redete diese Klytämnestra zu leise, und das Spiel beim Abgang, das Sich-SSttigen am Schmerz der andern, die eben noch Haß auszischte, blieb ohne Prägnanz. Nach alledem hatte man einer verwend baren Klytämnestra für schnelles Einspringen zu danken, doch keine darstellerische Intensität zu be staunen. Unsere Künstler waren wieder höchst auf opferungsvoll bei der Sache. Gleich dem Gast und den Damen Sanden und Schubert wurde schließlich Kapellmeister Hagel gerufen. Er und das Orchester hatten aber auch bewunderungswürdig, wirklich mit allen Nervenfasern, musiziert. I'. 'iV. Liederabend von Dr. Leo von Hergct meine Saiten tönen, statt Hcldensang zu drohen, nur Liebe im Erklingen." Also stimmte Herr Dr. Leo von Herget in Anakreons Bekenntnis ein. Mit vollem Rechte. Denn er ist tatsächlich der Sänger der Liebe im Sii ne eines Matthison, Gleim, Wackenrodcr und anderer zartbescelten Poeten. Aber gerade im Dor trage dieses Liedes „An die Leyer" und der „Hoff nung" von Schubert überschritt der Sänger die ihm von Natur gesteckten Grenzen. Er genoß Von zur Mühlens Unterricht mit dcnklich großem Gewinn — Tonbildung, Atemführung u. dgl. ist in bester Ord nung. Aber der baritonal gefärbte Tenor ist zu wenig umfangreich und für große Räume sicher nicht tragfähig genug. So bleibt Herrn von Herget ein sehr eng umfriedetes künstlerisches Gebiet. Vielleicht wär's aussichtsreicher, die Karriere des k. k. öster reichischen Astestors ruhig weiter zu verfolgen und nach Möglichkeit im Kreise der Gesellschaft eine wahr haft künstlerische Tätigkeit zu vieler Nutz und From men zu entwickeln. Denn für die Wiedergabe großer Gesänge fehlt es an männlicher Kraft und Bestimmt heit. Als Oratoriensänger und etwa vom Orchester bedroht, kann man sich Herrn von Herget z. B. nur schwer vorstellen. Aber aus dem außerordentlich schönen Vortrag von Gesängen von Gluck, Martini, Tarissimi, Schümann, Brahms und mehreren Akt engländern sprach viel Intellekt, Geschmack, hoch entwickelte Kultur und vornehme Gesinnung. Herr Jos. Pembaur gab mit seiner Klavierbegleitung ein kleines Kunstwerk, griff absr doch einige Make etwas zu stark in Blüthners Saiten, als ob er selbst „von Atrcus" Söhnen" stamme. Und doch ist er nach- weislich aus Innsbruck. L. 3. * Ein Brief von Maurice Maeterlinck. Aus dem Bureau des Leipziger Stadttheater» wird uns mitgeteilt: Direktor Volkner hat von Maurice Maeterlinck, dem Dichter des Dramas „Maria Magdalena", das, wie bereits mitgeteilt, am 12. März im Neuen Leipziger Stadtheater die Uraufführung erleben soll, folgenden Brief erhalten: „Ich danke Ihnen von Herzen für Ihre außer ordentlich liebenswürdige Einladung, der ersten Aufführung der „Maria Magdalena" in Deutsch-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder