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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 31.03.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-03-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100331023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910033102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910033102
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1910
- Monat1910-03
- Tag1910-03-31
- Monat1910-03
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Bezuff-.PrnS lür Uitvzia «»d Äorortt durch myer« x«La«e und Hpedtteure Km«l ttglich ins Huu« gedrachr: UV muuall., K.7V^r »irrteliLdrl Bet untern gilial« u. An» nähme Kellen adnekolt: 78 4 mouatl., L.KS vierteljLhrl. Durch dt« Vuk: lnnerbatd Deuitchland« und der denttchen »tolonien nierreliävrt. V.VV monatl. l.LV audtchl. Postdeftellaeld. ferner in Belgien, TLnemarl, den Dooaustaaten, Jialien, Luxemburg, Riederlank«, Ror- wegen, Lesterrrich-Ungarn, Rußland, Schweden, Schwei, n. Spanien, Ja allen übrigen Staaten nur direkt durch di« GejchäNssreUe oeS Blattes erhältlich. Ta« Leipziger Tageblatt erschein! 2 mal täglich. Sonn- u. Fetrriagg nur morgen«. iUvonne- eni-Ä»nabmk : Bugukutplatz 8, be> unteren Tragern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. etngelveckauteprei« der Morgen« iusgabe lv 4-,. der Abendausgabe L «d. Siedakttvn und Gelchäfl-Kell«: Johannisgaste 8. -erntprecher: 14692, 14698. 14894. Nr. 88. Abend-Ausgabe. KiWgcrTagMM Handelszeitung. Amtsblatt des Nates und des Vokizeiamtcs der Ltadt Leipzig. Anzeigen- ^rcis tstr Jnterake aus Leioug und Umgebung die Vgetvoltene HO ww breite Petit,eile 2b H, die 74 mw breite Reklame,eil, l von auswärls M 4s, Reklamen 1.20 Inserate »an «ebdrben 'm amtlichen Teil die 74 ww breite Petit,eile 40 H. »eschäitsan,eigen Mit P adoorschnlten und in der Aveiidausgabe im Pre>,e erhöht. Rabatt nach Taro. Beilagegebühr ö p. Tausend exkl. Postgebühr. Fefterteilte Austräge können nicht zurück gezogen werben. Für da» ürtcheinen an destimintcn Tagen und PläNen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Auguftudplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoucen- Sxpeditionen des In. und Auliandes. paupk-kiltale Lerlta: Karl Luuikcr. Herzog!. Bahr. Hosbuch- Handlung, Lutzowstiaste 10. (Telephon VI, Ar. 46Ri). Haupt-Siliale Dresden: Seestrahe 1 (Telephon 4621 >. Donnerstag, üen 3l. März 1910. 104. Jahrgang. plUitillhe Nachrichten. Das amerikanische Zollabkommen mit Kanada. Der Zollstreit zwischen der Union und Kanada ist beendet. Die Vereinigten Staaten bewilligen die Minimalsütze des Paynetarifs, dasiir macht Kanada Zugeständnisse bei etwa 40 Artikeln, an denen die Union lebhaft interessiert ist. Telegramme melden darüber: Washington, 01. März. (Tel.) Als Kegen- leistung der Ai i n i m a l r a t e n der amerika - ni schen Tarife bewilligte Kanada den Vereinig ten Staaten ermäßigte Zollsätze für etwa 40 Artikel, u. a. photographische Artikel, Seifen puloer, Parfümerien, China-, Porzellan- und Glas- waren, Lederwaren, Farbstoffe, Fensterglas und Uhr werke. Die Ermäßigungen sind nicht nur auf die Vereinigten Staaten anwendbar, Kanada hat das Recht, sie auch jedem beliebigen anderen Lande ein zuräumen. Die Klausel im kanadischen Tarife, die die nicht dem Soezialsatze unterworfenen Waren be trifft, findet von zeßt an im ganzen Umfange auch auf die Vereinigten Staaten Anwendung. Die unter diese Klausel fallenden Artikel waren bisher, soweit sie aus den Vereinigten Staaten kommen, dem Gene- raltarn unterworfen, bezahlten 20 Prozent acl valo- rsm und haben von jetzt an nur 17(;> Prozent zu ent richten. Zu ihnen gehören u. a. Drogen, Farben, Zelluloid-, Stroh- und Wachsfabrikate. Washington, 31. März. sTel.) Im Anschluß an die Veröffentlichung des Zollabkommens mit Kanada gab Präsident Taft bekannt, daß er die Vertreter Kanadas zwecks Herbeiführung engerer Han - d e l s b e z i e h u n gen und einer allgemeinen Zoll regulierung zu einer Konferenz einladen werde. Ottawa, 31. März. (Tel.) Finanzminister Fiel ding erklärte im Hause der Gemeinen, das Ergeb nis des Zollabkommens mit den Vereinigten Staaten sei die Anerkennung des Rechts der eng lischen Kolonien, sich Vorzugszölle ein- zuräumen. Kanada lehnte es ab, den Vereinigten Staaten für eine ganze Reihe der im Zollvertrag mit Frankreich enthaltenen Artikel ermäßigte Zollsätze einzuräumen und behielt sich das Recht vor, Gegen- seitigkeitsverträge mit anderen Ländern ohne Berücksichtigung der amerikanischen Zollgesetze abzuschließen. Präsident Taft drückte den dringenden Wunsch aus. Verhandlungen zwecks weiterer gegenseitiger Handelsabmachungen zu eröffnen und versprach, dem Kongreß diese Politik zu empfehlen. Fielding betonte schließlich, daß es im Interesse des guten Einvernehmens zwischen Ka nada und den Vereinigten Staaten besser gewesen wäre, die Konzession zu gewähren, selbst wenn in Washington die Drohung der Auferlegung des Maxi- maltorifs nicht ausgeführt wäre. Rußlands Flottenprogramm. Das allgemeine Wettrüsten zur See hat nun auch aus Rußland ansteckend gewirkt. Eine englische Zei tung will über die russischen Pläne folgendes wissen: London, 31. März. (Tel.) Wie ein hiesiges Morgenblatt aus Petersburg meldet, setzt der russische Landesverteidigungsentwurf das Flotten programm für die nächsten fünfzehn Jahre fest und sieht die Schaffung eines neuen Flottenstütz punktes bei Kronstadt vor. Die Gesamtausgabe werde 70 Millionen Pfund betragen. In die ser Summe sind die Kosten für den Bau von vier Dreadnoughts inbegriffen. Die Russifizierung Finnlands. Die gesetzgeberischen Maßnahmen Rußlands für oder richtiger gegen Finnland haben in der finnischen Hauptstadt Helsingfors nach dem „B. L.-A." auf die intelligenten Kreise niederschmetternd gewirkt. Dieser Tage waren gerade 100 Jahre ver flossen, als das Manifest des Zaren Alexanders I. aufs neue die konstitutionellen Garantien und Rechte Finnlands bekräftigte. Wie verlautet, stehen neue Wirren bevor. Der Landtag wird das Gesetz Projekt nicht beraten, sondern als ungesetzlich zurL ck weisen, was natürlich seine Auflösung herbei führen wird. Demission des spanischen Generals Marina. Paris, 31. März. (Tel.) „Journal" meldet aus Madrid: Wenn man den Nachrichten glauben darf, die hier umgehen, so ist die D e m i s s i o n d e s Generals Marina durch die Art und Weise, wie die Belohnungen für den Feldzug von Meli la verteilt wurden, hervorgerufen worden. Von informierter Seite wurde dagegen dem Korre spondenten des Blattes erklärt, daß die Absicht des Generals Marina, zurückzutreten, inspiriert wurde durch delikate Motive. Auch gestattete sein Ge sundheitszustand es nicht, sich länger in Afrika auf zuhosten. / Aussperrung von Dockarbeitern. Dünkirchen, 31. März. sTel.) Für die auf heute angeseyte Aussperrung der Dockarbeiter sind um fassende Vorsichtsmaßregeln getroffen wor den. Zwei Schwadronen des 6. reitenden Jägerregiments sowie 50 Gendarmen aus Lille sind nachts nach Dünkirchen abgegangen. Man be fürchtet ernste Zwischenfälle. Die Vorgänge in Griechenland. Mit der Einberufung der Nationalversammlung scheinen sich die Verhältnisse in Griechenland zu bessern. Folgende Telegramme liegen vor: Athen, 31. März. (Tel.) Ein vom Komitee der Militärliga unterzeichnetes Protokoll erklärt ausdrücklich die Liga für aufgelöst und entbindet die Mitglieder von den aus ihrem am 15. August ge- gegebenen Ehrenwort yerrührenden Verpflichtungen. In einer langen Veröffentlichung von Blättern wirst die Liga einen Rückblick auf das von ihr geleistete Werk, beklagt die Hindernisse, die sie gefunden hat, und sagt, das oberste Interesse des Landes fordere, daß die A rmee zu ih r er gew ohnte n T ät i g - keit zurückkchre. Nach der Botschaft über die Einberufung der Nationalversammlung halte sie ihre Tätigkeit für beendet, aber sie lenke die Aufmerksam keit des Volkes auf sein Schicksal in der Zukunft. Schließlich wird die Ueberzeugung ausgedrückt, daß auch nach Auflösung der Liga die Armee eine Hüterin der Ehre und des Ideals der Nation bleiben wird. Athen, 31. März. (Tel.) Der König verlieh dem Ministerpräsidenten Dragoumis als Zeichen seiner Genugtuung über das von der Regierung vollendete Wert den Stern des Großkom ma ndeurkrcuz es des Erlöserordens. Friedensaussichten in Philadelphia. Der Streik der Eisenbahnongestellten in Pcnnjyl I vanien scheint zu einem für die Streikenden günstigen > Ende zu kommen. Die Eisenbahngesellschaften wollen wenigstens eine Lohnerhöhung für die untersten Lohn- siufeii bewilligen. Ob sich die Streikenden damit zu frieden erklären werden, steht noch nicht fest. Wir erhalten folgende De° sche: 31. März. (Tel.) Alle Eisen- bahiigesellschaften in Pennsylvanien haben sich freiwillig entschlossen, dem Beispiel der Penn sylvania Railroad Company zu folgen und die untrer 300 Dollars betragenden Monats- löbne ihrer Angestellten um 6 Prozent zu er höben. Die Lohnerhöhung kommt 195 000 Ange stellten zugute und vermehrt die Lohnbcträge um ins gesamt 10 Millionen Dollars. Tagestst" milk. Pie Lllttilminikslsftropye. Zu d«n fti chrbarcn Eisenbahnunglück bei Mül heim am Rhein, übe. das wir in unserer heutigen Moro nausgckhc schon ausführlich berichtet haben, wird weiter gemeldet: Ein Augvizeuze über das Unglück. Köln, 31. März. (Tel.) Ein Augenzeuge meldet über das Unglück: „Ich fuhr mit der elektrischen Bahn von Bergisch-Eladbach nach Mülheim. Die elektrische Bahn läuft eine Strecke parallel mit dem Eisenbahndamm. Wir sahen den Lloydzug in ziem lich rascher Fahrt ankommen in einer Biegung, die kurz vorher ein Militärzug passiert hatte, so daß die Führer des Lloydzuges den Militärzug nicht mehr sehen konnten. Ein Zusammenstoß war unvermeidlich. Die Leute in der Elektrischen fingen an zu schreien. Als die Führer des Lloyd-Expreßzuges das unver »leidliche Unglück sahen, gaben sie Gegendampf, daß die V-Zugwagen im Gleise hoch sprangen. Lokomotivführer und Heizer des Lloyd-Expreß sprangen von der Maschine ab. In demselben Moment erfolgte unter furchtbarem Krachen der Z u s a m m e n st o ß. Die Lokomotive bohrte sich in die letzten Wagen des Militärzuges, die völlig aufgerollt und zertrümmert wurden. Ein furchtbarer Schrei, die Züge hielten. In diesem Moment sahen wir einen großen Trümmerhaufen, aus dem blutige Körperteile hervorragten. Die Gliedmaßen und Köpfe waren zum Teil vom Rumpfs getrennt. Wir sahen, wie die Soldaten aus dem Fenster des Zuges die Köpfe steckten, und im nächsten Moment wurde ihnen der Kopf vom Rumpfe getrennt. Es war ein furchtbarer Anblick, und die meisten Passagiere der elektrischen Bahn stürzten entsetzt da von. Aus die erteilten Notsignale stürmten mehrere hundert Arbeiter der Firma Guilleaume herbei, die Aexte und Beile mit sich führten und sofort mit den Aufräumungsarbeitcn begannen. Nach kurzer Zeit war ein Zug mit Aerzten und H i l f s m a n n s ch a f t e n zur Stelle, die sich sogleich an die Bergungsarbeiten machten. Die Schwerverwundeten wurden in einem besonderen Zuge nach Köln gebracht und dort in einer provisorisch errichteten Nnfallhalle auf dem Haupt bahnhof untergebracht. Die Rettungsarbeiten. Mülheim a. Rh., 31. März. (Tel.) Seit gestern 3 Uhr befinden sich die Spitzen der Behörden und Mitglieder der Eisenbahndirektion an Ort und Stells. Mehrere Sanitätskolonnen, Feuerwehr und Militär bemühten sich, die Schwerverwundeten unter den Trümmern hervorzuziehen. Man deckte die Dächer der Wagen ab, um zu den Unglücklichen zu gelangen, die, in heiterer Stimmung vom Osterbesuch zurück kehrend, nach Lothringen fahren wollten. Die Mili tärurlauber, die hauptsächlich vom Niederrhein und Westfalen kamen, sangen gerade lustige Soldaten lieder, als der Zusammenstoß erfolgte. Zahl reiche Soldaten lagen in denFenstern und erkannten die ihnen drohende Gefahr, konnten sich aber nichtretten, da der Expreßzug trotz verminderter Fahrgeschwindigkeit in rasender Fahrt heran brau st e und auf den Militärzug auffuhr. Die Nachricht von der Katastrophe verbrenne sich mit großer Schnelligkeit. In den Abendstunden trafen bereits aus Westfalen zahlreiche Familien in Mülheim ein und er Theater, Kunst unü WMenlchsst. Leipziger bilüenüe Kunlt. Ausstellung im Kunstsalon P. H. Beyer L Sohn. Den größten Teil der März-Ausstellung bei Beyer nehmen die Gemälde aus dem Nachlasse des Leipziger Künstlers Alexander Schmidt-Michelsen ein. Sein Name war außerhalb Leipzigs nicht gerade gut bekannt und doch ist aus dieser Ausstellung zu er gehen, daß er ein durchaus tüchtiger, ehrlich strebender Künstler war, der unter Umständen sehr wohl mit be kannteren Namen konkurrieren könnte. Einzelne Bil der sind zwar etwas sehr altmodisch, etwas genrehaft, in alle Einzelheiten durchgekläubelt und etwas unbe stimmt und saucig in der Farbe, wie es so die Art einer Generation von deutschen Malern war, die all mählich bald ausgestorben sein wird. Das Interieur von 1889 mit der alten Frau fällt in diese Kategorie, auch einige der Parklandschaften im ersten Ausstel lungsraum, die sehr kühl und etwas unbestimmt im Ton sind. Eine Heidelandschaft mit einem Karren im Vordergrund ist zwar auch etwas trüb und schwer, wirkt aber durch die großzügige Auffassung sehr bild mäßig und stimmungsvoll. Die Zeichnungen, von denen eine Anzahl ausgestellt sind, beweisen, wie sorg fältig und durchaus ernsthaft Schmidt-Michelsen bei seiner Arbeit zu Werke ging. Er hat nichts Originelles und Verblüffendes in seinen Werken, aber auch nichts von absichtlicher Mache und äußerlicher Routine. Seine Studien sind zwar vielleicht etwas trocken, aber kraftvoll und ehrlich hingesetzt. Das Feinste und Beste scheinen uns die sonnigen und farbenfrohen Sommer landschaften und Interieurs, von denen ia eine ganze Anzahl ausgestellt ist. Die Absicht, das Flimmernde des Lichts und seine auflösende und differenzierende Kraft im Gemälde zum Ausdruck zu bringen, tritt in diesen Arbeiten deutlich zutage. Sie scheinen oft — wo der Künstler sich ganz frei geben konnte und nicht von der Absicht geleitet war, fertige Bilder zu liefern — ganz in violette, gelbe und grüne Flecke aufgelöst, fast Zo wie die Gemälde der verpönten Impressionisten, und sie erinnern sehr ost an G. Kühl oder Lieber mann, d. k. an unsere anerkanntesten Vertreter im pressionistischer Kunst in Deutschland. Das Innere eines Kaufladens mit dem Verkäufer hinter dem Ladentisch hat besonders viel mit den Arbeiten von Kühl gemeinsam, sehr sonnig und frisch ist auch die Studie mit den Bauernkindern in einer Dorfstraßc unter blühenden Bäumen. Ganz anders und viel weicher und zarter in der Stimmung ist dann das große Gemälde mit der Holzträgerin, ihm gegenüber wirkt der Kirchhof in den Alpen außerordentlich stark farbig. Am weitesten in der Auflösung der Farbe gehen ein paar Studien mit Parklandschaften und Waldinterieurs voll geheimnisvoller, von der Sonne durchglühter Einsamkeit. Von besonderem Reiz scheinen uns auch ein paar Pastelle, wie das „Innere einer Kirche" oder die vorzügliche „Schafherde", in der der impressionistische Erundzug der Kunst Schmidt- Michelsens sehr gut zum Ausdruck kommt. Was sonst noch an Gemälden ausgestellt ist, tritt gegenüber den Arbeiten dieses Meisters erheblich zurück. A. Len- Hard-Falken st ein bringt einige ganz gut ge malte Studien von einem Bettler und einer alten Frau, außerdem einige Landschaften wie die mit den hohen Föhrenstämmen. Sehr altbacken und lang weilig sind dann die Aquarelle von E. T. und E. Harrison Compton, Alpenlandschaften von vedutenartigem Charakter, häufig nur mit grauen und braunen Farbtönen gemalt, wie es wohl noch heute unnützerweise an Mittelschulen im Zeichenunterricht gelehrt wird. Weit mehr Interesse verdient das graphische Kabinett, das zunächst von dem bekannten Wiener Radierer Ferd. Schmutzer eine Anzahl von Arbeiten bringt. Holländisches Mädchen am Feuer, Bettler vorm Klostertor, heimkehrende Schafe und dergleichen betiteln sich diese Blätter, die ge legentlich vielleicht etwas zu sehr bis in die Details hinein behandelt sind, aber deutlich die Vorzüge des Meisters, sein großes technisches Können und seine großen zeichnerischen Fähigkeiten verraten. Die Ra dierungen von Luigi K a s i m i r - W i e n, die meist in Aquatindamanier Ansichten von Wien und aus den Tiroler Bergen geben, sind auch nicht ohne Verdienst, nur kehren sie vielleicht etwas zu sehr das Gegen ständliche hervor. Weit höher als Kunstwerke sind die graphischen Arbeiten von Graf Kalkreuth zu be werten, die genau so wie die Gemälde des Künstlers von der ernsthaften und großzügigen Art, die Natur aufzufassen, deutlich Zeugnis ablegen. Wie wunder voll ist etwa die Radierung „Aehrenleserin". wie fein ist die Figur des Bauernmädchens in den Raum ge setzt, wie klar und kräftig die Einzelheiten der Zeich nung zum Ausdruck gemacht. Die Schwarzwald landschaften oder die Bildnisse, ebenso wie die Mo tive, die Kalkreuth auch in seinen Bildern ähnlich be handelt hat, wie die „Alte mit der Krücke", sie sind alle so ganz bodenständig, ganz frei von ieder Manier, kraftvoll und einfach in der Form, daß sie sicher zu den besten Erzeugnissen unserer modernen Graphik zu zählen sind. Dabei ist Kalkreuth ganz und gar nicht Spezialist in einem Fach, Landschafter etwa oder Por trätist, er gehört zu den wenigen modernen Malern, denen originelle künstlerische Individualität zuzu sprechen ist. I>. Zostannos Kolli irnorvr. * * Zean Mor. a« s. Aus P a r i s meldet uns ein Telegramm unterm 31. d. M.. Der Dichter Jean Moreas ist heute nacht im Alter von 54 Jahren g e st o r b e n. * Der älteste Text der Sintflut-Sage. Wir haben schon kurz gemeldet, daß Pros. H. V. Hilprecht von der Universität Philadelphia unter den Keil schrift- Tafeln in der sog. „Tempel-Bibliothek" in Nippnr ein Fragment gesunden hat, dessen Inhalt sich in bemerkenswerter Weise mit der Sintflut- Darstellung der Bibel deckt. Es existieren be kanntlich einige andere babylonische Schriftdenkmäler, die Hinweise auf die Flutsage enthalten, nirgends aber lehnt sich die Darstellung so eng an die drei Flut kapitel im Ersten Buch Moses an wie die, welche Prof. Hilprccht am 18. v M in einem Vortrag vor dem Acorn-Club in Philadelphia bekanntgegeben Hal. Sie lautet, wie der „Frkf. Ztg." geschrreven wird, in der Uebersetzung mit den Ergänzungen des ge nannten Gelehrten in Klammern wie folgt: Dich (Die Schleusen des Himmels) - werde ich auftun; (Suche du aber) Lebendiges, bevor die Flut losbricht; (Denn über alle Lebewesen), welche es auch sein mögen, werde ich Zerstörung und Vernichtung bringen . . . Baue ein großes Schiff und . . . ganze yöhe soll sein Bau sein. Es soll ein Hausboot sein, das tragen wird, was an Lebendem gerettet wurde, und es soll ein starkes Dach haben. (Das Schiff), das du bauen wirst, (Darein bringe) die Tiere des Feldes, die Bügel des Himmels. lllnd von kriechendem Gewürm zwei von jedem) statt einer größeren Zahl. . . . Zahl . . . und die Familie . . . . . . Und , . . Von der Tafel fehlt ein Teil, das gefundene Bruchstück ist an seiner breitesten Stelle 2^ Zoll breit, 2^ Zoll lang und Zoll dick Es ist dunkel, braun und besteht aus ungebranntem Ton. Das Täfelchen enthalt nichts, was eine direkte Zeit bestimmung seines Ursprungs ermöglichen könnte; Prof. Hilprecht glaubte indessen aus dem Fundort und anderen Anzeichen schließen zu müssen, daß es zwischen 2137 und 2005 v. Thr. geschrieben wurde. Es bildet einen Teil der Ausbeute der von dem genannten Gelehrten 1899 nach Babylonien unter nommenen Expedition. * Lardueei-Anekdvten Die italienische Schrift stellerin Annie Vivanti kündigt ein Buch über Car- ducci an; das veranlaßt einen Mitarbeiter de» „Avanti" an die enge Freundschaft, die zwischen dem berühmten Lyriker und der Vivanti bestand, zu er innern und einige Anekdorcn aus dem Leben der bei den zu erzählen. In Spezia ließ sich Carducci eines Tages mit seiner Freundin im Boot aufs Meer hinausfahren. Der Dichrcr, der sehr ernst gestimmt war, nahm plötzlich ein kleines Büchlein aus der Tasche und sagte zu Annie: „Weißt du, unwissendes Kind, das dies hier Horaz ist. Und hier, in diesen Wassern und mir diesem Buche in der Hand, Hai Shelley, der junge, der geliebte, den Tod gefunden!" Der Bootsmann, der aufmerksam auf die Ruder ge schaut hatte, hob bei diesen Worten den Kopf und sagte: ..Hochberühmter Herr! Mein Großvater war der Nacbenführcr jener Exzellenz, des Herrn Shelley, der dier ertrunken ist." Und er entblößte das Haupi. wie wenn er von einem Heiligen spräche. Carducci war von dieser ehrerbietigen Geste so ergriffen, daß er dem Manne die Hand reichte und sagte: „Ich de grüße dich als Freund!" In Genua besuchten Car ducci und Annie den alten Verdi, der sich über diesen Besuch sehr freute. Carducci trat sofort auf die Terrasse, von der aus man den ganzen Hafen über schauen konnte, und blickte nachdenklich und schwel gcnd in die Weite. Verdi hatte sich ans Klavier gc setzt und begann zu improvisieren; dann kam auch er auf die Terrasse. Lange Zeit sprach niemand ein Wort. Plötzlich sagte Carducci: „Ich glaube an Gott!" Verdi nickte zustimmend mit dem weißen Haupte; dann erhob sich Carducci, sagte kurz Adieu und ging. Ein andermal fuhren Annie und Car ducci im Wagen über die Schweizer Alpen. Am Splügen baten zwei deutsche Touristen um die Er laubnis, die Fahrt nach Italien mit ihnen machen zu dürfen: „Ich möchte", so sagte der jüngere von bei den, der sich als Dickster vorgestellt hatte, Hand in Hand mit Giosue Carducci in Italien einziehen " Carducci war es zufrieden und nahm die beiden in seinen Wagen. An der Grenze kamen aus den Häu fern Männer und Kinder, die bettelnd die Hand aus streckten und in wehleidigem Tone riefen: Ein paar Pfennige, Herrschaften, um der göttlichen Barmherzig keit willen!" Die beiden Deutschen warfen den Bett lern zwar einige Münzen zu. lachten aber, als die almosenheischenden Leute sich'um das Geld zu schlagen und zu zanken begannen, und sagten belustigt: „Wie primitiv das alles ist!" Diese Aeußerung versetzte Carducci in solchen Zorn, daß er sofort den Wagen halten ließ und den Touristen ein gebieterisches ..Aussteigen!" zurief. Der eine kam der Aufforderung nach: der jüngere aber, dem die Tränen in die Augen getreten waren, ergriff die Hand des Dichter und küßte sie: dann lprang auch er aus dem Wagen und ging beschämt von dannen.
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