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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.04.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-04-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100407020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910040702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910040702
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1910
- Monat1910-04
- Tag1910-04-07
- Monat1910-04
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BezugS-Prei» »r L«tP^a a»d Borsrtt durch »M<r» lrtgrr und Svrdtieur« 2»al ttdlich tu« Hau« zedrachi: 90 mouall., mertcliädrl. lv«I unlern gUiale» u. Ln» uahmeftclleu adqcdlll: 7S monatig 2.LS ulk vierielitbrl. Durch di« Dok: luurrhald Devilldland» und der deutsche« Kolonien viertelltbri. 8.» uk, mouall. läiS uk nuslchl. Postbesiellgeld. ferner >n Bclgicn, Dänemark, den Donauslaaten, Italien, Luremburg, Niederlande, Nor wegen, Oesterreich-Ungarn., Rußland, Schweden, Schwei, u. Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« Seschätrsllelle de« Blatte« erhältlich. Ta« Leipziger Tageblatt erlcheini 2 mal täglich, Sonn. a. Fetirtag« nur morgen«. iUdonne,, eul-Lnnabmr. iluguftu«vlatz S, bei unseren Trägern, Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern uub Briefträgern. k>n,elveckauk«pr«il der Morgen« ruigad« 19 ä-, der tlbendau«gabe L «h. itiedaktivn und Gekchäft-Kell«: Iohannisgaste 8. Fernsprecher: I46SL 14883. 14694. Wberrd-Ausgabe. KpMcr Tageblatt Handelszeitung. Amlsvkall 2ss Rates und des Notizeianttes der Ltadt Leipzig. Änzeiaen-'prriv tbr Inserate aut Lewing nnd Umgebung die llgespol'ene bl) mm breit» Petit^il» 2b 4, die 74 mm dreu« Steklamezcil« t von autwärl« 30 lsteklamen l.2l) Inserate von Bebbrden 'M amtlichen Teil di» 74 mm breite Pefttjell« 4l) äh. cheschäfttanzeigen mit P'ahborschristru und t» der «dend,u«gad» im Preise erhöht. Nadall nach Taris. Betlagegebühr L p. Tausend exkl. Postgebühr. klekerteilt« Aufträge können nrchl zurllck- gerogen werden. Für da« >!rschein«u an bestimmten Tagen und Plätzen wir» kein« iSaranti» übernommen. Anzeigen« Annahme: Augustobplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Sxpeditwnen de« Zn» und Autlande«. H-npt-Filiale Derli»! Lark »nucker Herwgl. Vahr. Hosbuch- Handlung, Lützowstiaße Illi iTc.ephan VT, Nr. 40:3). Haupt-Filiale Dreibein Secltraste «. i (Telephon 462l>. Nr. 95. Vonnersing, üen 7. April ISlO. 104. Jahrgang. Pali tische Nachrichten. Zweikaiserzufammenkunft. Wien, 7. April. (Telegramm.) Wie aus Hof kreisen gemeldet wird, kann es nunmehr als feststehend gelten, dass Kaiser Wilhelm im September d. I. einer Einladung des Erzherzogs Franz Fer - oinand Folge leisten und an den Jagden auf dessen Besitzung Nagy Bellye tcilnehmen wird. Nach der Jagd, die mehrere Tage dauert, wird eine Zu sammenkunft zwischen Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Josef erfolgen. Bestimmt sei aber noch nicht, ob diese Zusammenkunft in Ischl, Wien oder auf dem Manöverfelde stattfinden wird. Zusammenschlüsse in der Gewerkschaftsbewegung. Der bei der Delegiertenversammlung der Bau arbeiter beschlossene Zusammenschluß der Maurer und Bauhilfsarbeiter tritt zum 1. Januar nächsten Jahres praktisch in Kraft. Be merkenswert ist des weiteren, daß die Verbände der Transportarbeiter, Seeleute und Hafenarbeiter sich jetzt ebenfalls, mit Wirkung vom 1. Juli d. I. ab, zu einem Jndustrieverband vereinigt haben, der 650 000 Mitglieder umfaßt. Ferner stehen die Schmiede mit dem Metall« arbeiterverband und die Verbände der Bäcker und Brauer mit dem Mühlen arbeiterverband wegen einer vorznnehmenden Verschmelzung in Unterhandlung. Neue Zusammenstöße im Landesausschuh der Reichslande. Straßburg, 7. April. (Tel.) In der gestrigen Sitzung des Landesausschusses für Elsaß-Lothringen kam es bei Beginn der dritten Lesung des Etats noch einmal zu einer Generaldebatte über die V e r f a s s u n g s f r a g e, die an die Erklärung des Reichskanzlers im Reichstage ankniipfte. Der Abg. Preiß (Ztr.) griff den Staatssekretär v. Bulach neuerlich heftig an und erklärte, man solle von dieser Regierung nichts erhoffen, denn der Staatssekretär habe, was noch kein Alt deutscher im Landesausschuß gewagt, erklärt, das Deutsche Reich sei Elsaß-Lothringen überhaupt nicht schuldig, ihm eine Verfassung zu geben. Staatssekretär Zorn v. Bulach erklärte, er sei nach einer heftigen Debatte im Landesausschuß noch an demselben Tage zum Statthalter gegangen und habe ihm gesagt, in der Versassungsangelegenheit müsse etwas ge schehen, damit im Lande nicht der Eindruck erweckt werde, die Herren, die das große Wort im Landes- ausschussc führten, hätten auch sonst die Führung. Im weiteren Verlauf der Debatte bemerkte der Zentrumsabgcordnete Dr. Ricklin, daß man unter dem preußischen Staatssekretär v. Köller ruhiger gelebt habe, als unter dem elsässischen Freiherr» Zorn n. Bulach. Der Staatssekretär antwortete, daß erst unter dem jetzigen Statthalter nnd ihm die Verfassungsfroge einen Schritt vorwärts mache Zur Bürgermeisterwahl in Wien. Wien, 7. April. (Telegramm.) Der Christlich- Soziale Bürgerklub hat in feiner gestrigen Sitzung mir allen gegen vier Stimmen Vizebürger meister Dr. Neumayer als Kandidaten für die am 22. April stattfindende Bürgermeisterwahl aufgestellt. Roosevelt. Dem Exoräsrdcnten Roosevelt widerfahren nicht nur in Italien, sondern auch in seiner Heimat große Ehren. In der Union hat man ihm wie einem souveränen Fürsten Portofreiheit gewährt, und in Italien sind ihm zu Ehren Feste gegeben worden, wie sie sonst ebenfalls nur bei Fürsten üblich sind. Aber zum Papst ist Roosevelt doch nicht gekommen. Diese Tatsache hat Anlaß zu den verschiedensten Kommen taren gegeben, und daraufhin hat sich wieder der Vatikan verpflichtet gefühlt, ausklärend zu antworten. Der „Observators Romano" veröffentlicht ein Communiquö des Staatssekretariats desDatikans über den nicht zustandegekommenen Besuch Theodore Roosevelts beim Papste, in dem ge sagt wird, der Heilige Stuhl habe nach dem bedauer lichen Zwischenfall mit Fairbanks allen Grund zu der Befürchtung gehabt, man könne Roosevelt ohne besten Dorwijsen und bei vollkommen gutem Glauben seinerseits dahin bringen, daß er offen seine Sympathie für den Methodistensaal in der Straße Ventt Settembre bekunde, der den Mittel punkt einer der katholischen Kirche feindlichen Bewegung im Herzen der katholischen Welt selbst bilde. Als nun Roosevelt durch Vermittlung und vertraulich nm eine Audienz beim Papste nachsuchte, habe inan in höflicher Form der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß er es zu vermeiden wissen werde, sich in die unrichtige Situation bringen zu lassen, als ob er einen beleidigenden Kampf gegen den Papst inner- halb seiner Residenz offen unterstützen wolle. Roosevelt habe in seiner Antwort jede Be dingung oder Einwilligung abgelehnt und auf diese Weise die Möglichkeit offen gelassen, daß er eine Handlung begehen könne, die sich als eine schwere Beleidigung gegen den Papst charakte risieren würde. Dieser Haltung gegenüber sei eine Audienz unmöglich geworden. Es habe sich also rein um eine Frage der Höflichkeit ge handelt, und Höflichkeit sei gewiß mit den Rechten und der Freiheit der amerikanischen Bürger nicht unvereinbar. Der Ausstand der Seeleute in Marseille. Durch Heranziehung von staatlichen Matrosen wird der Schiffsverkehr von Marseille aus aufrecht erhalten. Eine Reihe von Dampfern konnte infolge dessen ordnungsgemäß auslaufen. Im übrigen ist die Lage unverändert. Folgende Drahtnachrichten liegen vor: Paris, 7. April. (Telegramm.) Kabinettschef Briand hatte gestern abend eine längere Kon ferenz mit den Ministern. Um 7 Uhr abends be nachrichtigte der Unterstaatssckretär Cheron den Mi nister des Innern, daß fünf Dampfer verschiede ner Gesellschaften gestern Marseille verlassen haben, und zwar zwei mit normalem Mannschafts bestand, zwei mit einer gemischten Mannschaft, dar unter ein Teil ftaatlicher Matrosen, und der fünfte Dampfer mit einer Mannschaft, die ausschließ lich aus staatlichen Matrosen zusammengesetzt ist. Einer amtlichen Mitteilung zufolge hat sich die Lage trotz der unversöhnlichen Haltung der Streikführer nicht verschlechtert. Briand ist der Ansicht, daß augenblicklich keine Unterhandlungen mit den Führern des Syndikats möglich sind. Die Regierung hat beschloßen, daß alle Passagierdampfer den Betriebwiederausnehmen sollen, selbst wenn alle staatlichen Matrosen den Dienst führen müßten, um den Post- und Passagierverkehr zu sichern. Cheron kehrt heute nach Paris zurück. Toulon, 7. April. (Telegramm.) Von hier sind 2M Matrosen der Kriegsmarine nach Marseille abgegangen, um die ausständigen See leute zu ersetzen. Die Mannschaften aller hier an wesenden Kriegsschiffe werden zu dem gleichen Zwecke in Bereitschaft gehalten. Marseille, 7. April. (Telegramm.) Die einge schriebenen Seeleute nahmen in einer in der Arbeitsbörse abgehaltenen Versammlung einen An trag an, in dem sie gegen die Verurteilung der Heizer des Dampfer „Muluja" Einspruch er heben, den Untcrstaatssekretär Cheron in maßlos heftiger Weise angreifen und erklären, daß sie sich weder durch Drohungen noch Verhaftungen ein schüchtern ließen. Unterstaatssekretär Cheron hat bei der Staatsanwaltschaft gegen den Generalsekre tär des nationalen Verbandes der eingeschrie benen Seeleute sowie gegen den Obmann und den Sekretär des Syndikats der Seeleute von Marseille Strafanzeige wegen Bedrohung und Arbeitsverhinderung sowie Verleitung zur De sertion erstattet. Zahlreiche Passagiere, die mit dem französischen Postdampfer „Caledonia" abreisen wollten, werden heute infolge des Ausstandes ein englisches Schiff benutzen, während andere Passa giere beabsichtigen, an Bord deutscher Dampfer abzureisen. Die Albanesen-Unruhen. Der „Köln. Ztg." wird aus Uesküb vom 8. d. M. gemeldet: lleber das albanische Aufstandsgebiet ist heute das Standrecht verhängt worden. Die Zahl der Aufständischen wird auf mehrere Zehn tausend geschätzt. Von Mitrovitza ist heute Ar tillerie nach Prischtina abgegangen. Don Wistan ging eine weitere Batterie dahin ab. Gerüchtweise ver lautet, die Albanesen hätten zahlreiche Gefangene gemacht und Geschütze erbeutet. Tsgeschranik. Spurlos verschwunden. Berlin, 7. April. (Tel.) Unter Hinterlassung einer Schuldenlast von 000 000 Mark ist der Charlottenburger Stadtverordnete und Kaufmann Max Vogel, der ein Näh maschinen- und Fahrrad-Engrosgeschäst betreibt, seit dem 1. April spurlos verschwunden Er trat angeblich eine Geschäftsreise aus zwei Tage an, kehrte aber nicht zurück. Vogel sott über 75 000 Zt bares Geld mit stch führen. Selbstmörderinnen. Berlin, 7. April. (Tel.) Eine stellenlose Telephonistin versuchte gestern sich und ihren Monate alten Knaben durch Leuchtgas zu ver giften. — Gestern nachmittag stürzten sich zwei Mädchen im Alter von 15 und 16 Jahren von der zwischen Lankwitz und Südende gelegenen Kanalbrücke in den Teltower Kanal und er tranken trotz sofort angestellter Rettungsversuche. Sie waren miteinander befreundet. Der Grund ihres Schrittes ist unbekannt. Feuersbrunst. München, 7. April. (Tel.) Die Geschützremisc des 1. Feldartillerieregiments ist in der vergangenen Nacht durch Feuer zerstört worden. Der Materialschaden ist bedeutend. Auch mehrere Ge schütze sind unbrauchbar geworden. Verhaftete Erpresserin. Paris, 7. April. (Tel.) Seit Wochen schon wurden die vornehmen Kreise der französischen Hauptstadt durch außerordentlich dreiste Erpressungen aüss höchste beunruhigt. Der Erpresser oder die Erpresserin mußte zudem den besseren Ständen angehören, das bewies die Vertrautheit mit intimen Angelegenheiten ein zelner Familien. Lange waren die Nachforschungen der Polizei vergebens. Gestern hat nun der Un-ec- suchungsrichter eine junge Bulgarin aus Arlon, die einer hochachtbaren Familie angehört, verhaften lassen, da sie beschuldigt wird, eine große Anzahl Erpressungen begangen zu haben. Die Betreffende hat bereits vcrschiedeneFamiliei ruiniert. Dor einigen Jahren erschoß sich ihretwegen ein junger Legationssekretär, in dessen Vertrauen sich die Bulgarin geschlichen hatte In- Verlaufe der Verhandlung wurde bekannt, daß die junge Dame bereits wegen ähnlicher Vorfälle in ihrem Vaterlands vorbestraft ist. Maskierte Bankräuber. New Port, 7. April. (Tel.) Vier maskierte Bankräuber drangen gestern in Mokec Rocks in der Nähe von Pittsburg in die Victorbank ein. Zwei blieben an der Tür stehen, die beiden andern traten ein und verlangten die Kasse. Direktor Friedmann widersetzte sich ihnen aber. Er, der Kassierer Schwarz und drei andere Bankbeamte wurden darauf erschossen. Die Räuber entflohen mit 20 000 .4t in bar. Sie wurden von der Polizei verfolgt. Es gelang, einen der Verbrecher namens Robert King zu verhaften. Panik bei einem Stiergefecht. New Port, 7. April. (Tel.) Bei einem Stier gefecht in Zacatecas, der Hauptstadt des gleich namigen Staates in der Republik Mexiko, sprang ein Stier über die Barriere. Es brach eine Panik Musikanten. Von Arthur Friedheim. Bülow. Der junge hoffnungsvolle Musikant F. besucht Hans von Bülow in erner kleinen Residenzstadt; es bereitet ihm Schwierigkeiten, des berühmten Mannes Wohnung aufzufinden, und noch größere, vorgelassen zu werden. Nach minutenlangem Klopfen an der Tür des Arbeitszimmers erschallt endlich ein donnerndes: „Herein!" „Sehr erfreut, immer beschäftigt, wie Sie sehn. Nehmen Sie Platz. Was bringen Sie mir?" „Einen Brief von Liszt." Bülow aufspringend: „Einen Brief von Liszt muß man stehend lesen!" Es geschieht, er schreibt die Ant wort. „Sie bleiben natürlich zum Abendessen." Bedaure ungemein, Herr Doktor, ich muß morgen früh in Frankfurt sein." „So, dann muß ich Sie an die Bakn begleiten." „Zu viel Ehre, Herr Doktor, besonders bei dein itLetter." „Ich muß, sage ich Ihnen! Wissen Sie, wo Sie hier sind? InKaffraria sind Sie! Haben Sie mich ohne weiteres aufqefunden? — Hm! Sehn Sie! Wenn Sie dieses Haus ver lassen, begegnen Sie entweder keinem Menschen oder einem, der nicht weiß, wo der Bahnhof ist." Man begegnet tatsächlich bloß einem großen Hunde. „Kaffraria" ruft ihm B. so grimmig entgegen, daß der Hund gekränkt in ein patriotisches Gebell aus bricht. „Wann geht Ihr Zug?" „Um 8 Uhr, Herr Doktor." „Dann brauchen wir uns nicht zu beeilen." Sie treten in das Bahnhofsrestaurant ein. „Nicht wahr, Franz, der Zug nach Frankfurt hat 10 Minuten Verspätung?" „Der Kellner: „50 Minuten, Herr Doktor." Bravo, Kaffraria macht Fortschritte." Es folgt eine Schilderung der näheren Verhält nisse in „Kaffraria". Endlich keucht der Zug lang- sam heran. Bülow wendet sich an den Zugführer: „Nun, Herr Weber, geben Sie meinem jungen Freunde ein Coupe, wo er die Nacht über ungeschoren bleiben kann." „Welcher Klasse, Herr Doktor?" „Erster." „Bedaure, hat dieser Zug nicht!" „Kaffraria!" Und zum Abschied schwenkt er seinen Zylinderhut cm Regen und ruft: „Kaffraria soll leben! Kaffraria sott leben!" bis der Zug um die nächste Ecke biegt. * -i- * Man hatte Hans von Bülow schon besser Klavier spielen hören, als an einem Brahms-Abend in Weimar; dennoch erregte es allgemeine Indignation, als ein Lokalblättchen in ungebührlichster Weise über ihn herfiel. Der Referent hieß Unrath und war nicht beliebt; besonders hatte es der wegen seiner Grob heit gefürchtete Veteran der Schauspielkunst, Otto Lehfeld, auf ihn abgesehen. Die Tafelrunde am Stammtisch war tags darauf versammelt, als Unrath dazutrat. Mit vernichtendem Blick apostrophierte ihn Lehfeld folgendermaßen: „Sie sind eine durchaus harmonisch ausgeglichene Natur: Sie heißen so, wie Sie aussehn und wre Sie innerlich beschaffen sind, — Sie ganz gemeiner Kerl! Guten Abend!" Sprach's und entfernte sich dröhnenden Schrittes. * ,lr F. spielt in einem Abonnementskonzert in Kob lenz; Rafael Moszkowsky, der damalige geniale städtische Dirigent, fordert ihn aus, am nächsten Tag nach Köln zu reisen, wo Bülow sich mit seinem Orchester produziert. Besseres als an diesem Abend hat Bülow schwerlich jemals geleistet, die Beifalls salven waren schier beängstigend. „Herrlich, einzig, unvergeßlich, Meister Hans", und Moszkowsky umarmt gerührt den hochgeseierten Freund; „die kleinen instrumentalen Retuschen in der Siebenten sind aanz prächtig. —" B. (mit großen Äugen): „Retuschen in der Sie benten? Ich — Beethoven retuschieren?" M. (mit noch weit erstaunterem Blick, fast sprach los): „Aber, Meister Hans! — dieser junge Mensch kennt doch die Siebente auch — und sagt, daß —" B. (wütend): „Was, dieser Gelbschnabel auch? Ihr seid verrückt! Hinaus, alle beide, hinaus! hinaus!" Komplimente. F. betritt noch mehrfachem Hervorruf das Künstlerzimmer, wo gerade der Adjutant des Sere nissimus sich an die bildhübsche, über ihren Mißerfolg verstimmte Sängerin wendet: Adjutant: „Aeh — gnädiges Fräulein haben wieder wunderbar ausgesehen." Sängerin (sehr grob): „Ach was, sagen Sie mir, daß ich wunderbar gesungen habe, wie ich aussehe, weiß ich längst." Adjutant (verletzt, verbeugt sich und wendet sich dem Pianisten zu): Aeh — licoer F. — Sie Haven wieder ganz wunderbar gespielt!" Pianist (trocken): „Ach was. sagen Sie mir, daß ich wunderbar ausgesehen habe, wie ich spiele, weiß ich längst." Kritiken. Im „Berliner Börsen-Courier" stand zu lesen: „Herr F. spielte einige Stücke von Liszt mit der ihm eigentümlichen, stupiden Virtuosität" — und das war recht schlimm. Unverfänglicher nahm es sich dagegen aus, wenn ein anderes Blatt den Vor trag des Betreffenden als „telligent" bezeichnete; dies war vielleicht kein Druckfehler; der Setzer mochte „intelligent" als Negation des Begriffes aufgefaßt haben. F. komponiert auch, hat es aber in der Popularität noch nicht soweit gebracht wie z. V. Lehär. Vor einiger Zeit besuchte ihn M. Rosenthal. Beim An blick mehrerer auf dem Flügel liegender Opernaus- züge bemerkte er mit auffallend freundlichem Lächeln: „Ich dachte immer, du komponierst auswendig!" Der so schwer Betroffene senkte das Haupt und schwieg „selbstredend" still. Er wurde neulich aber fast un willig, als ihn jemand fragte, warum ihm Lehär nicht gefalle. „Nun. wahrscheinlich aus Neid, weil er mich nicht bestiehlt." Wir entnehmen vorstehende Skizze des bekannten Liszt Schülers A. Friedheim dem Kunstkalender 1910/11 von Gutmann-München. Leipzig. ? April. Konzert de» Leipziger Vokalquartetts. Im siebenten volkstümlichen Sinfoniekonzert trat das Leipziger Vokalquartett, bestehend aus Fräulein Margarethe Fritzsche. Sopran. Fräulein Elisabeth Grundmann. Alt, und den Herren Paul Siegenbach, Tenor, nnd Arno Gelbe, Baß. zum erstenmal an die Oesfentlichkeit. Gestern veranstaltete es im Großen Saale des Hotel d« Poloqne ein eigenes, sehr gut besuchtes Konzert, dessen erster Teil dem Andenken Robert Schumanns gewidmet war. Das Quartett hat sich bereits gut zu sammengesungen, wenn auch noch nicht so, daß alles radellos geriete. Die einzelnen Gesänge wurden mit einigen wenigen Ausnahmen rein intoniert, auch wir die löbliche Absicht überall zu erkennen, den Liedern einen ihrem Inhalt möglichst entsprechenden Vortrag zu verleihen. Klanglich aber ist zurzeit noch die rechte Einheit zu vermißen, denn die vier Stimmen wollen sich noch nicht zu einem Ganzen verschmelzen. Die führende Stimme, nnd das war zumeist der Sopran, tritt nicht immer genügend hervor. Fräulein Fritzsche besitzt wohl eine sympathische, doch keine ausreichend große, tragfähige Stimme Alt und Baß suchen sich soviel wie möglich anzupasfen, doch der Tenor rechnet zu wenig mit dieser Tatsache.. Das zeigte sich auch deutlich in dem Schumannschen Duette „Lrebesgartcn". Fräulein Grundmann verfügt, wie dies die beiden allerdings nicht durchgehends rein intonierten Solvlicder von H. Wolf und Brahms bewiesen, über eine weit größere Stimmkraft. Nur muß sie sich hüten, einzelne Töne zu quetschen. Don den Quartetten gelangen die beiden Madrigale von Dowland und Donati relativ am besten. Herr Klemens Colbitz brachte, ohne sonderlich damit zu interessieren, einige Stücke für Violoncello zum Vortrag. Er ist technisch noch nicht so weit ge fördert, um mit Sicherheit die Töne der höheren Lagen sofort rein erklingen lassen zu können, auch wurde in D. n. Goens Scherzo der Bogen nicht mi> der erforderlichen Leichtigkeit geführt. Die Klavier begleitungen hatte Herr Bruno Arnold über nommen. O. U. * Zeitschriften. „Der Sturm", Wochenschrift für Kultur und die Künste. Herausgegeben von HerwarthWalden. Einzelbezug 10 Pf. Viertel jahrsdezua 1,25 Inhalt von Nummer 6: Ro bert Scheu: Das Problem der Provinz. Otto Soyka: Tugendkurs. Alfred Döblin: Ge spräche mit Kalypso über die Musik. Peter Baum: Aus einem neuen Roman. Karl Kraus: Apho rismen. Adolf Loos. Ornament und Verbrechen. Ren^ Schicke! e: Tivoli Dauxhall. Elf« Lasker-Schüler: Zirkuspferde. A D.: Christen tum mit Posaunen. Bimini: Faule Ostereier. Progreß: Fortschritt. Trust: Ehrengerichte Mynona: Mein Sohn Probenummern kostenlos durch den Verlag „Der Sturm", Halensee-Berlin.
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