Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.04.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100409011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910040901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910040901
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1910
- Monat1910-04
- Tag1910-04-09
- Monat1910-04
- Jahr1910
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis »r r!etp,i- un» Pororl« durch onier« Triaer un» kuedueure 2mal täglich ms Hau» gedrach»: vv monatl., L.7V vierteliährl. Bct unser» Filiale» u. Lu. nahwellellen abgrdvlli 78 H monatl., L.2S vierieljittirl. Durch die »oft: lnnerdald Leulschland» und der deavchea »vlonien vierlellLhr! 8.6» monatl. 1.20 autsch!. Posldeftelloeld. Ferner m Belgien, Dänemark, den Donauslaaten, Italien, iluiemburg, Niederlande, Nur» wegen. Oesterreich-Ungarn, Rußland, Schweden, Schweiz u. Spanien In allen übrigen Staaten nur direkt durch diu HeschLNtUelle de« Blattes erhältlich. Ta» Leipziger Dagedlatt erschein! 2 mal läglich, Sonn- n. Fei.riaa» nur morgens Nvonne.. rni-Annavme: Luftuituävlatz 8, bei unseren Trägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briesträgern. Itnjelpectaussprei» der Morgen» lutgade Ilt -l»,. der llibendaurgabe 8 Stedaktton und Srschäft«stelle: Jobannirgaste 8. Fernsprecher: 14682, 14688, 14K9H. Morgen-Ausgabe. Nizyigtr TagMM Handelszeitung. Amtsblatt des Aates «nd öcs Nokizeiamtcs öer Ltadt Leipzig. Anzeigen-Prciö sür Inserate aus Leipzig uns Umgebung die 6gespaltene dl) mm breit« Petit,eil« 2d H, di, 74 mm breite Neklamezeil« l von autwLns UV 2^, Reklamen t.L> Inserate von Bebdrdcn >m amtlichen Teil di« 74 mm breite Petirzeil« 46 äs. «eschLstSan,eigen mit P ahvorschrillcii un» in der Abendausgabe im Preise erhöht. Rabatt nach Laris. Bcilagegebübr d ^sk p. Tausend exkl. Postgebühr. Jefterteilt« Austräg« können nicht zurück gezogen werden. Für da» erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird kein, Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme! l!lugustu«platz tt, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen des -Zn» und Auslände». Panpr-Siliale Berlin: Lari Dunkler, Herzog!. Bayr. Hofbuch» Handlung, Lützowstratze Illl lLeicphon VI, Nr. 4068). Haupt-Ailialr Dresden: Secstraiie «, l lTelevhon 462t). Nr. 97 Sonnsvena, arn s. ilsiril >s>o. 104. Jahrgang. Das Wichtigste. * In der Einigungskonserenz für das Baugewerbe schlug die Regierung die Einsetzung eines dreigliedrigen unparteiischen Ausschusses zur Weiterführung der Verhand lungen vor, was jedoch von den Arbeitgebern abgelehnt wurde. (S. d. bes Art.) * Für nächsten Sonntag werden von der sozial demokratischen Landespartei Preu ßens in allen preußischen Großstädten Wahl- rechtsversammlungen unter freiem Himmel geplant. (S. Dtschs. R.) * Der französische Ministerrat beschäftigte sich mit dem Ausstand in Marseille. Die letzten Nachrichten lasten erhoffen, daß der Streik binnen kurzem beigelegt ist. * Die Annahme des Enigungsabkommens im Süd-Walser Erubenrevicr erscheint gesichert. (S. Ausl.) * Das Schwurgericht verurteilte den 23 Jahre alten Kutscher Tanzberger aus Leipzig zu sieden Jahren Zuchthaus und zehnjährigem Ehrenrechtsver lust. Tanzberger hatte am Abend des 28. Dezember »origen Jahres in der Döllnitzer Straße in Gohlis eine: Dame die Handtasche entrissen und auf seine Verfolger geschossen. (S. Esrichtssaal.) Die Rulterkolome Siautlchsu. Seit dem unglückseligen Kieler Werftprozeß ist in den Augen mancher Leute im Bereich der Marineverwaltung alles faul. Zwar konnte man beim besten Willen nichts Kompromittieren des mehr vorbringen. Da muß nun die Kolonie Kiautschau herhalten. Sie ist genügend weit entfernt und unter dem Schutze dieser Ent fernung könnten dort drüben gut allerlei Miß stände herrschen, nicht wahr? Und da nun die Budgetkommisst on des Reichstags an dem dies jährigen Etat von Kiautschau allerlei auszu setzen hatte und sogar dem Gouverneur das Ge halt um 10 000 Mark gekürzt hat, so hat man die Bestätigung, daß drüben übel gewirtschaftet wird. In der Presse konnte man in den letzten Wochen allerlei solch krauses Zeug über die „Musterkolonie" Kiautschau lesen. Eerechterweise muß allerdings gesagt werden, daß die Marineverwaltung selbst nicht ganz unschuldig daran ist, wenn sie jetzt schlecht be handelt wird. Sie hat jahraus, jahrein allzu sehr die Reklametrommel für die Musterkolonie gerührt, und von gefälligen Blättern wurden manchmal in etwas aufdringlicher Weise die Vorzüge der Verwaltung von Kiautschau auf Kosten derjenigen anderer Kolonien gerühmt. Der Unterschied bestand in Wirklichkeit nur darin, daß der Marineverwaltung eben mehr Geld zur Verfügung stand, um das ihr unter stellte Kiautschaugebiet äußerlich als Muster kolonie herauszustaffieren. Von dem Gesichtspunkt des Ansehens des Deutschen Reichs im fernen Osten mag dieses Verfahren gar nicht so ungeschickt gewesen sein, denn vielleicht wird sich eines Tages dieser Luxus doch noch bezahlt machen, und wenn es nur in der Form eines Rückkaufs der Kolonie durch China wäre unter Uebernahme der gesamten Anlagen mit einem anständigen Aufschlag und Erteilung von allerlei Sonder rechten für unfern Handel. Aber für die hei mischen Anschauungen von Rentabilität und vielleicht auch für unsere Reichsfinanzen dauert das zu lange. Man will von den prächtigen Hafen- und Werftbauten, von der eleganten Stadtanlage usw. doch schließlich auch ein mal etwas haben. Zehn Jahre — so lange besteht die Kolonie — sind in den Augen der Kritiker eine lange Zeit, in der das Ge schäft längst rentabel geworden sein könnte. Man zieht eben nicht in Rechnung, daß Marine offiziere keine gewiegten Volkswirte zu sein pflegen, und wenn man auch in der Marine verwaltung volkswirtschaftliche Referenten sitzen hat, so sind diese doch gegen bahnbrechende Ideen und luxuriöse Einfälle der hohen mili tärischen Spitzen ziemlich machtlos. Kiautschau hat das Interesse des Kaisers. Da war es doch Ehrensache — nicht wahr ? — daß man drüben den Chinesen, Japanern und unterschiedlichen Seemächten mit einer Muster leistung imponierte. Diese Musterleistung ist vollbracht worden, wenigstens äußerlich, aber sie hat viel Geld gekostet und scheint der Marine verwaltung ein wenig über den Kopf gewachsen zu sein. Es ist daher nicht zu verwundern, daß sie, wenn auch ungern, nach dem Rettungsball gegriffen hat, der ihr von der Bürgerschaft von Tsingtau zugcworfcn worden ist. Diese will nämlich Selbstverwaltung, weil ihr die innere Festigung und Entwickelung der Wirt schaft der Kolonie zu langsam geht und sie wohl fürchtet, daß sie eines Tages den Schaden würde tragen müssen, wenn schließ lich die Karre nicht mehr weiterginge. Der Marineverwaltung wäre es in ihrem Dilemma schon recht, wenn die Bürgerschaft ihr einen Teil der Sorgen abnehmen würde. Aber sie möchte anderseits die Freuden und Ehren, die die Musterkolonie immerhin bringt, allein ge nießen und nichts davon abgeben. Sie zeigte sich daher spröde und korrespondiert nun schon seit zwei Jahren mit den Vertretern der Bür gerschaft, ohne daß dabei bis jetzt etwas Posi tives hcrausgekommcn wäre. Es ist natürlich für eine militärische Organisation wie die Ver waltung von Kiautschau ein wenig fatal, sich mit den Civilisten von Tsingtau in die Herr schaft teilen zu müssen. Bisher ging es noch; die vier Bürgerschaftsvertreter, die im Gou vernementsrat sitzen, haben ja nur bescheident- lich mitzureden, aber nicht mitzubeschließen. Jetzt wollen sie zunächst einmal als Einleitung vollständiger Selbstverwaltung beschließende Stimme haben und dann soll eine reinliche Trennung der Zivil und Militärverwaltung stattfinden. Aber da fitzt der Haken und es ist einigermaßen amüsant, die Aktenstücke über den Fall zu lesen, die neulich in der „Kiaut- schau-Post" veröffentlicht waren. Beide Teile, die Bürgerschaft und das Gouvernement, ergehen sich in den extravagantesten Anschauungen. Die Bürgerschaft zweifelt zunächst einmal die staats rechtliche Stellung von Kiautschau als Kolonie an. Sic gesteht ihr nur die Eigenschaft eines Konsulatsbezirks zu und bestreitet demnach, daß die Bürgerschaft zur Zahlung von anderen Ab gaben als von Konsulatsgebühren verpflichtet werden könne. Das Gouvernement belehrt die Bürgerschaft mit überlegener Miene über das Irrtümliche dieser allerdings amüsanten Hy perbel, um dann sofort ebenfalls in eine ähn liche Ucbertreibung zu verfallen. Sie fordert als Voraussetzung der Selbstverwaltung die Eelbsterhaltung. Das wäre bei einer Siedlung mit normaler organischer Entwickelung ganz richtig, aber bei einer Treibhauspflanze wie Tsingtau würde die Anwendung dieses Grund satzes die Selbstverwaltung wohl in alle Ewig keit vertagen. Die Marineverwaltung hat die Kolonie nicht nach Maßgabe des jeweils vor liegenden Bedürfnisses ausgestaltet, sondern sie hat aus Tsingtau eine Modellstadtanlage für eine nach Hunderttausenden berechnete Ein wohnerzahl geschaffen, mit dem Gedanken, aus dem Platz ein geistiges und kulturelles Zentrum des Deutschtums in Ostasien zu machen. Aber mit dem gleichwertigen wirtschaftlichen Leben konnte sie das in aller Schnelligkeit ge schaffene Gerippe nicht zu gleicher Zeit erfüllen. Sie kann daher auch nicht erwarten, daß die Bürgerschaft, deren Arbeit natürlich nicht gleichen Schritt halten konnte mit derjenigen der Marineverwaltung, jetzt plötzlich die ganze moralische und finanzielle Last auf die eigenen Schultern nehmen soll. Dabei nimmt die Marineverwaltung auch noch die Hauptein- nahmequclle des Schutzgeb iets für sich in Anspruch. Recht hat die Marineoerwaltung, wenn sie gegenüber den oben erwähnten unüberlegten Anschauungen der Bürgerschaft über die staatsrechtliche Natur der Kolonie sagt: „Es kann nicht anerkannt werden, daß die mili tärischen Ausgaben lediglich Sache des Reichs wären, und daß die Einwohner des Schutz gebiets zu diesen Ausgaben nichts beizutragen hätten. Zwar hat die militärische Besatzung in erster Linie die Aufgabe, im Interesse des Reichs Angriffe auf ein dem Reiche ge hörendes Gebiet abzuwehren; in dieser Be ziehung ist ihre Unterhaltung Sache aller Steuer zahler des Reichs. Die Besatzung hat aber auch die Aufgabe, den Einwohnern des Schutzgebiets militärischen Schutz zu gewähren, ihren Besitz i und ihre Handelsunternehmungen vor fremden Angriffen zu schützen. Es ist deshalb nur billig, wenn diejenigen, welche diesen Schutz genießen und welche unmittelbar durch Zahlung von Reichssteuern zu den militärischen Lasten des Reiches nicht beitragen, im Schutzgebiete zu einem bestimmten Teile der militärischen Aus gaben herangezogen werden." Unsere Landsleute in Kiautschau werden ein sehen müssen, daß gegen diesen Standpunkt nichts einzuwenden ist. Ohne die Besetzung von Kiautschau durch das Reich hätte wohl nie ein deutscher Kaufmann an jenem Teil der Küste Geschäfte gemacht, und ohne militärischen Schutz wäre es mit seiner Sicherheit manchmal recht schlecht bestellt gewesen. Näher auf die manchmal recht gereizte Kontroverse zwischen Gouvernement und Bürgerschaft einzu gehen , hat wirklich keinen Zweck, weil beide sich teils Binsenwahrheiten, teils, wie gesagt, Uebertreibungen sagen, aber herz lich wenig sachliches Material zur Beurteilung der Unterlagen der Selbstverwaltung beibringen. Wer allerdings all die Jahre aufmerksam den Werdegang der Kolonie verfolgt und sich in den Etat und die Denkschriften vertieft hat, der hat allmählich die Ueberzeugung gewonnen, daß drüben von der Vewaltung stark für die fernere Zukunft gearbeitet worden ist, ohne Rücksicht darauf, ob die reale Gegenwart eine Rentabilität des Anlagekapitals erwarten ließ. Man muß daher der Forderung der Bürgerschaft, dem einzig greifbaren Gedanken in der ganzen Erörterung, beistimmen, daß das Gouvernement zunächst einmal der Bürgerschaft eine genaue Bilanz aufzumachen hat, ehe sic erwarten kann, daß diese ernsthaft die Vor arbeiten für die Uebernahme einer Selbstver waltung in Angriff nimmt. Man muß allerdings von unfern Lands leuten drüben erwarten, daß sie so viel Gemein sinn besitzen, mit größeren Rechten bereitwillig auch entsprechende Pflichten zu übernehmen, um so mehr, als ihnen das Reich durch die muster hafte Ausgestaltung der Kolonie eine selten gute Grundlage für ihr Fortkommen geschaffen hat. Natürlich muß dabei gesunde volkswirt schaftliche Erwägung mitwirken. Bei aller An erkennung für die organisatorischen und tech nischen Leistungen der Marineverwaltung muß doch gesagt werden, daß allmählich nüchternere Verwaltungsgrundsätzc in Kiautschau Platz greifen müssen, und dazu ist erwiesenermaßen eine militärische Organisation nicht in dem Maße befähigt, wie eine mit dem praktischen Leben eng verwachsene Selbstverwaltung. Zum Sampl im Baugewerbe. Hm Reichstagsgebäude zu Berlin begann am Areitagnachmittag 2 Uhr die vom Reichsamt des Innern anberaumte Einigungslonfercnz für das Baugewerbe. Die Verhandlungen sind nicht öffentlich. Als Vertreter der Arbeitgeber war die Dreizehnerkommission erschienen, während die Arbeitnehmer die Hauptvorstände der vier Organi sationen entsandt batten. Den Dorsch übernahm, wie angekündigt, der Vertreter des Reichsamts des Innern, Geh. Regierungsrat Wicdtfeld. Außer dem hatten sich noch viele Herren vom Vorstand und Arbeitgeberbund für das Baugewerbe als Zuhörer einaefunden. Geh. Regierungsrat Wiedtseld eröffnete die Sitzung mit dem Hinweis daraus, daß die Regierung den Grundsatz habe, sich zunächst in derartige gewerb liche Streitigkeiten nicht einzumischen, sondern es den Parteien überlaste, selbst einen Ausgleich zu finden. Wie die Dinge jetzt aber liegen, scheine cs, nach den beiden von den Parteien endgültig abgegebenen Er klärungen als aussichtslos, daß die Par teicn selbst noch einen gütlichen Ausgleich fin den. Aus diesem Grunde biete die Regierung die Hand zum Vergleich. Im Einverständnis mit dem Minister und dem Staatssekretär macht Geh. Regie rungsrat Wiedtfeld hierauf den Vorschlag, ähnlich wie bei den Tarisverhandlungen im Jahre 1908 drei unparteiische Herren zu wählen, die dann die Weiterführung der Cache ln die Hand zu nehmen hätten. Zur Beratung über diesen Vorschlag traten alsdann die beiden Parteien gesondert zu sammen. Bei den Tarifverhandlungen im Jahre 1908 be stand der unparteiische Ausschuß aus dem Geh. Re gierungsrat Wiedtfeld, der damals noch Beigeord neter der Stadt Esten war, dem Magistratsrat v. Schultz Berlin und dem Eerichtsdirektor Dr. Pren- ner München. Leider haben sich aber die in das Vorgehen der Regierung gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt, da die Arbeitgeber keine Neigung zeigten, auf die Vor schläge des Geb Regiernngsrates Wiedtfeld einzu gehen. Ein Telegramm berichtet darüber: Berlin. 8. April. Di« Verhandlungen, die ans Veranlassung des Reichsamtev des Innern Mischen Arbeitgebern und Arbeitern de» Ban» qewerbe» stattgefnnden haben, sind ergebnis los verlaufen. Die Arbeitgeber erklärten, durch die bisher gefaßten Beschlüsse bereits scstge- leqt z« sein, sie seien daher nicht in der Lage, der oorgeschlagenen Einsetzung einer un» parteiischen Kommission zuzu stim men, oder, wie in zweiter Linie angeregt wurde, sofort in eine erneute Beratung der fünf strittigen Hauptpunkte einzutrsten. Damit ist also der Versuch der Regierung, den Ausbruch des gewaltigen Lohnkampfes tn letzter Stunde noch zu verhindern, gescheitert. Da auch eine erneute Verhandlung über die fünf strittigen Haupt punkte von den Arbeitgebern abgelehnt worden ist, wird nun leiden am 15. April der Kampf — Aus stand und Aussperrung — überall da beginnen, wo nicht, wie in Hamburg-Altona, die Einigung noch erfolgt ist. An diesem Lohnkampfe, der vielleicht der umfangreichste ist, den das Deutsche Reich bisher er lebt hat. sind Millionen von Arbeitern beteiligt. In der sozialdemokratischen Presse wird über die Absichten des Arbeitgebcrbundes vermutet, daß die Massenaussperrung in gewissen Teilen des Reiches dekretiert werden soll. Hauptsächlich soll Süddeutsch land, Rheinland, Westfalen, sowie die Provinzen Schlesien, Posen, Ost- und Wesipreußen und das Königreich Sachsen als Aussperrungs gebiet in Frage kommen. Die lokalen Verhand lungen dagegen, die in Berlin geführt wurden und fortgesetzt werden sollen, lasten hoffen, daß es dort zu einer Einigung kommen wird, wie dies bereits in Hamburg-Altona geschehen ist. Auch die Münchener Arbeitgeber sollen zum Frieden geneigt sein. Leider werden nun an manchen OrGn die Friedensaussich ten illusorisch, nachdem die Einigungsksnferenz am Freitag resultatlos verlaufen ist. Wie man eine Milliarüe klein bekommt. «Von unserm Pariser ^-Korrespondenten.) * Paris, 7. April. Aus den Geheimnissen der Klöster-Liquidation plaudert die sehr gut informierte „D-poche de Tou louse" allerlei Neuigkeiten aus. die sehr deutliche Aufklärung geben, wie es möglich war, daß aus dein Milliardenbesitz der religiösen Orden ein Scheiter haufen von Gerichtsakten wurde. Die Milliarde, von der Waldeck-Rousseau sprach, hat tatsächlich existiert. Der Fiskus schätzte den Jmmobilienbesitz der Kon aregationen auf einen Gesamtwert von 1071775200 Francs) Doch als das Vereinsgesetz von 1901 die Möglichkeit böt, näher in die Eeschäftsangelegen- heiten der Mönche und Nonnen Einblick zu nehmen, entdeckte man, daß von der genannten Summe nur 163215146 Francs direkt als Eigen tum der Kongreganisten, dagegen 608060111 Francs als Eigentum vorgeschobener Persön lichkeiten gebucht waren. Die Klöster hatten bei zeiten ihre Vorsichtsmaßregeln getroffen. Schließ lich, nach Abzug noch mächer anderer Summen, glaubte der Staat bei der Beschlagnahme etwa 400 Millionen einstreichcn zu können. Aber seine Mani vulationen dauerten lange: es blieb den religiösen Vereinigungen immer noch Zeit, den Fiskus, der sic expropriierte, zu täuschen. Aus formelle Instruktionen des Papstes hin wurden in letzter Stunde die sämt lichen Immobilien mit Hypotheken belastet. Da nur gesetzlich autorisierte Vereinigungen Anrecht auf Be sitz und die Erlaubnis zu finanziellen Operationen haben, da ferner schon die Beschlagnahmung der Immobilien von den Parlamenten votiert worden war. konnte man annehmcn, daß die Verminde rung des Staatseigentums durch ungesetzliche Hypothekenaufnahmc eine gerichtliche Ahndung finden werde. Denn als die Liquidatoren ihre Aufstellungen machten, entdeckten sic, daß die auf rund 400 000 000 Fr veranschlagten Immobilien mit 206 8115 982 Fr. Hypo theken belastet worden waren! Der staatlich privi legierte Credit Foncier de France hatte selbst den Mönchen 40 Millionen Fr. Hypotheken bewilligt! Schon wurde von dem möglichen Krach des Credit Foncier wegen dieser ungesetzlichen Operationen ge sprochen, als zum allgemeinen Erstaunen der Liqui dator Duez, der heute hinter Schloß und Riegel sitzt, statt die Hypotheien-Darleiher zurückzuweisen, selbst vom Kassationshof ein Urteil fällen ließ, das sämtliche Klosterhypothckcn für rechtsgültig erklärte!! DerCreditFonciererhieltvomStaatseinelOMillionen zurück: alle anderen Hypotheken wurden zurückgezahlt und so verblieben von der Milliarde nur noch 193 Millionen, die kleinzukriegen die Liquidatoren an der Spitze Duez, für ihre Privatangelegenheit dielten. Man versteht heute, warum die Klerikalen kein zu lautes Geschrei über den Liquidationsstandal er heben: Sie wissen, daß die aufgelösten Kongreganisten den bei weitem größten Teil ihres Vermögens gc rettet haben: viele Millionen gingen in's Ausland mit den Verbannten. Doch ein besonders Helles Licht wirft die gestrige Entdeckung des mit der An klage gegen Duez beauftragten Untersuchungsrichters Albanel auf das Einverständnis, das zwischen den Liquidatoren und den Kongreganisten herrschte: In Lille bildeten sich zwei Zivilgesellschaften „l'Avenir" und „l'Artffienne". welche den dortigen Kloster besitz von Duez erwarben und zu denkbar günstigsten Preisen — die Mitglieder der beiden Gesellschaften sind fast ausnahmslos die Mönche, die schon früher die Klöster bewohnten und die ihre religiöse Gc meinjchaft unter allerlei durchsichtigen Vorwänden fortsenen. Duez berief sich darauf, daß die Richter in Lille die Sachlage genau kannten und ebenfalls keinen Einspruch gegen den Verkauf erhoben. — Die r.D^peche de Toulouse" wird ihre Enthüllungen fort setzen, um zu zeigen, wie die letzten 200 Millionen von den drei Liquidatoren Duez, Lccouturier und M nage bis auf den Nullpunkt hinunter „verwaltet" wurden. Deutlches Leich. Leipzig, 9. April. * Im Kamps um di« Entlastung d«s Reichs berichts ergreift jetzt auch der Rcichsgerichtsrat Dr. »ievers-Leipzig das Wort. Er veröffentlicht in der „Köln. Ztg." einen längeren Artikel, in dem er, im Gegensatz zu den meisten bisher laut ge-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite