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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.08.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100804029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910080402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910080402
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1910
- Monat1910-08
- Tag1910-08-04
- Monat1910-08
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Amtsblatt des Nates «nd des Nolizeiamtes Ser Stadt Leipzig. Anzeigen-Preis sstr Inserate «u» Leipzig und Umgebung di« Sgeloaltene SO rnw breit« Petitzeil« 25 4, di« 7« mm breit« ReNamezell« l g» »m, au»wärt« 80 ReNamen l.2l) Inserate «on Behörden im amtlichen Dell di« 74 ww breite Petitzeil» 40 »eschäittanzeigen mit Platzoorschriste» und in der Ndendaulaabe >m Preii« erhöht. Rabatt nach Tar.s. Beilagegebihr 5 gG p. Tausend «pkl. Postgebühr. Iesterteilt« Nutträa« können mcht zurück- «erogen werden, ssür da« ltrscheinen an beirimmren lagen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Lugustugplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Lnnonceu» »Meditidnen de« Ja» «nd ilu»l,ndet. Haupt-Filiale lverli». Tnrl Luncker. Her»ogl. Vahr. Hösbach« Handlung, Lützowstiaße IL (Telephon V l, -ltr. 4003). Haupt-Siliale Dr«4denr Srestraße 4, l (Telephon 4621). Nr. 2t3. 104. Jahrgang Donnerstsg, üen 4. Llugult 1910. Aart Sopplus in Satte. Zur Charakterisierung des verhafteten Karl Koppius wird uns aus Halle a. S. ge schrieben: Karl Friedrich Koppius ist 1881 in dem Vor orte Eiebichenstein, der damals noch nicht in Halle eingemeindet war, geboren. Der Vater war Maurer und hatte eine Art Aufsichts stellung bei einer größeren Eiebichensteiner Baufirma, Schubarth L Geppert. Die Familie, die 4 Kinder zählte — außer den beiden ver hafteten Brüdern noch zwei jüngere Schwestern — hatte anfänglich ihr gutes Auskommen. Das änderte sich jedoch später, als der, zwar als guter Arbeiter und rechtlicher Mensch geschätzte alte Koppius durch seine agitatorische Tätig keit sich wiederholt um seine Stellung brachte und seine bisherigen Bekannten sich ent fremdete. Er fand von da ab nur schwer Arbeit und mußte sich seinen Unterhalt in der Haupt sache als sogenannter Scharwerksmaurer er werben, wobei es öfters nicht zugelangt zu haben scheint. Die Koppiussche Familie zog 1888 nach Halle in die Feldstraße, die, im nördlichen Teile der Stadt ziemlich isoliert gelegen, zumeist von sehr wenig bemit telten Leuten bewohnt wirb. Hier hatte sie zuerst im Hause Nr. 8, dann in Nr. 7 eine ganz kleine Mietswohnung inne. Im Jahre 1905 siedelte die Familie nach dem Stadtinnern, Kuttelhof Nr. 3, über, wo einen Monat später der Vater, der vorher schon längere Zeit ge kränkelt hatte, verstarb. Die Witwe verließ kurz darauf mit der noch im Hause weilenden jüngsten schulpflichtigen Tochter Halle, um nach Leipzig zu ihrem ältesten Sohne Karl zu ziehen, der dort, wie bekannt, nach seiner Ent lastung vom Militär Stellung als Aushilfskellner in einem Weinrestaurant gefunden hatte. Von diesem ihrem Aeltesten hatten die Koppiusschen Eheleute stets sehr viel ge halten. Die Frau vertröstete in Zeiten der Not ungeduldige Mahner oft damit, daß ihr Sohn, wenn er erst einmal vom Militär zurück käme, schon helfen werde. In der Schule (er besuchte die 2. Eiebichensteiner Volksschule) hatte sich der Junge als äußerst begabt und fleißig gezeigt und war schnell zur 1. Klasse auf gerückt. Nach Austritt aus der Schule war er als Arbeitsbursche hier und da tätig; kurze Zeit war er auch bei der damaligen Pferdebahn zum Anspannen der Pferde angestellt. April 1898 fand er dann eine dauernde Stellung in der Freybergschen Brauerei an der Elauchaer Straße, wo er mit Flaschenspülen beschäftigt wurde. Hier verblieb er bis zu seiner Ein berufung zum Regiment nach Magdeburg, bis Mitte Oktober 1902. Von seinen Vorgesetzten und seinem Arbeitgeber wird ihm das beste Zeugnis ausgestellt. Er verrichtete seine Arbeit ruhig, ohne besonderer Anleitung zu bedürfen, zeigte sich diensteifrig und in hohem Grade gewandt. Im Verkehr mit seinen Ar beitskollegen war er sehr zurückhaltend. Er wird als ein verschlossener Charakter geschildert, der an dem Treiben der übrigen kein Interesse nahm, sich von ihnen abschloß und jeglichen kameradschaftlichen Verkehr mied. Einzig mit einem gleichaltrigen Kollegen, der später als Unteroffizier bei dem 36. Infanterie- Regiment in Halle gestanden hat und hierauf von hier verzogen ist, pflegte er freundschaft lichen Verkehr. Seine ganze freie Zeit widmete er dem Lesen, und zwar meistenteils von sogenannten Jndianerbüchern. Auch während der Arbeitspausen zog er sich mit einem Buche in irgend eine Ecke zurück, und in seinem für die Aufbewahrung der Kleider bestimmten Behältnis konnte man stets mehrere Bände der bunt betitelten Räuberromane finden. Eigentümlich war sein Verhältnis zum Eltern Hause. Er wohnte nicht dort, sondern suchte bald hier, bald dort Unterkunft in Schlaf stellen; auch in verschiedenen Herbergen pflegte er längere oder kürzere Zeit zu wohnen. Hier beköstigte er sich auch zumeist, nahm auch oft sein Mittagesten in der Volksküche ein. 2m Trinken war er stets sehr mäßig; er wird auch sonst im allgemeinen als sehr sparsam geschildert. Rur für die Kleidung gab et mehr aus und ging stets aus fallend gut angezogen. Von seinen Mitarbeitern wurde er für einen sehr klugen Kopf gehalten, der mit allen Mitteln danach strebte, höher zu kommen. Um seinen Militärdienst anzutreten, auf den er sich schon vorher recht gefreut haben soll, verließ er dann Halle und kehrte später, soviel bekannt, nur noch einmal besuchsweise dahin zurück. pottttlche Nachrichten. Erkrankung des sächsischen Finanzministers. Dresden, 4. August. lTelegr.) Staatsminister Dr. v. Rüger ist in seiner Villa zu Wachwitz an Influenza erkrankt. Der Minister steht im 73. Lebens jahre. Versöhnung Kaiser Wilhelms mit dem Herzog von Cumberland 7 Aus Gmunden kommt telegraphisch folgende, sehr der Bestätigung bedürfende Meldung: Hier verlautet. Kaiser Wilhelm werde dem Kaiser Franz Josef ein eigenartiges Geburtstagsgeschenk aus besten eigene Bitte machen: die wiederholt schon an geplante Versöhnung mit dem Herzog Ernst von Cumberland, an der Kaiser Franz Josef viel gelegen sein soll. Die Versöhnung soll durch einen Telegrammwechsel zwischen Kaiser Wilhelm und dem Herzog von Cumberland angebahnt werden und definitiv bei der Anwesenheit Kaiser Wilhelms in Wien erfolgen, wo eine Begegnung des Deutschen Kaisers mit dem Herzog von Cumberland statt finden soll. Das Dementi wird wohl nicht lange auf sich warten lasten. Bastermann über Block und Eroßblock. 0. Hamburg, 4. August. lPrivattel.) Gegenüber einem Vertreter des „Hamb. Korresp." äußerte sich Abgeordneter Basser mann, der sich am Mittwoch in Hamburg aufhielt, um von dort an Bord der „Ozeana" eine Nordlandreise anzutreten, über die politischen Aussichten unter anderem folgender maßen: Ein Zusammengehen der Nationallibe ralen mit den Konservativen Heydebrand- scher Richtung, dem Bund der Landwirte, dem Zentrum könnte nur den einen Erfolg haben, die Aussichten der Sozialdemokratie zu vermehren. Er, Bastermann, halte nach den letzten Erfahrungen ein Zusammengehen mit den von extremen Agrariern geführten Konser vativen geradezu vernichtend für jede libe rale Partei. Wenn sich erst gezeigt hat, welche politischen Zustände die konservativ-klerikale Politik der letzten Zeit für Deutschland gebracht hat, müsse diellmkehr imSinne der Bülowschen Politik erfolgen, aber für den Augenblick gebe es keinen Weg zum Anschluß nach rechts und noch viel weniger zum Zentrum. Jeder Liberale habe das Gefühl, durch eine Welt getrennt zu sein von Kreisen, die sich auch in politischen Dingen gelegentlich von In stanzen führen lasten, von denen eine so kompro mittierende Beleidigung des Protestantismus durch die Enzyklika ausgehen konnte. Scharf sprach er sich gegen die Großblock politik im Reiche aus. Die nationalliberale Partei denke gar nicht daran, die badische Eroßblock- politik auf das Reich zu übertragen. Auch der Kasseler Parteitag werde darüber Klarheit schaffen, daß niemand in der nationalliberalen Partei an einen Großblock im Reiche denke. Die Signatur der heutigen Zeit, so schloß Bastermann, ist die, daß seit der Finanzreform ein Kapital von Ver trauen bei uns verwirtschaftet worden ist. Die berufenen Instanzen müßten erkennen, daß hier halt geboten und zu einer volkstümlichen Politik zurückgekehrt werden müsse. Zum spanisch-vatikanischen Konflikt. Rom, 4. August. lTel.) Entgegen den pessimistischen Blättermeldungen wird auf der spanischen Botschaft erklärt, daß der spanisch-vatikanische Konflikt auf dem besten Wege sei, eingerenkt zu werden. Der spanische Botschafter Ojeda werde in kurzer Zeit auf seinen Posten zurückkehren, l?) Madrid, 4. August. lTel.) Die Regierung beab sichtigt, im Oktober, gleich nach der Eröffnung der Cortes, die gesamten zwischen ihr und dem Vatikan ausgetauschten Noten zu veröffentlichen, um den Beweis zu erbringen, daß, entgegen den offi ziellen Noten des Vatikans, sie stets korrekt gehandelt habe und die Unnachgiebigkeit auf feiten der Kurie gewesen ist. Madrid, 4. August. (Tel.) 138 regierungs freundliche Vereinigungen Andalusiens, die 80 000 Mitglieder zählen, übersandten dem Minister präsidenten Canalejas eine Adresse, worin sie ihn zu seiner antiklerikalen Politik beglückwün schen. Gegenüber der am 7. August geplanten Kund gebung der Katholiken bereitet der Republikaner Soriano eine Gegenkundgebung in San Se bastian für den 7. August vor. Sensationelle Enthüllung. Graz, 4. August. Das Laibacher klerikale Blatt „Slooence" bringt die sensationelle Enthüllung, daß Serbien hier eine bezahlteAgentur unterhalte, durch die schon während der Annexionskrisis alle antiösterreichischen Kundgebungen geleitet und mit serbischem Gelds bezahlt wurden. Unfall eines englischen Torpedoboote«. London, 4. August. lTel.) Im Verlaufe von Manöverübungen ist in letzter Nacht im Hafen von Dover das Torpedoboot 117 gegen den Damm gelaufen und hat sich den Vordersteven eingedrückt, so daß es nach Portsmouth geschleppt werden mußte. Zu den Vorgängen in Marokko. Paris, 4. August. lTel.) Der „Matin" meldet aus Fez vom 30. Juli: Der Sultan habe den Befehl gegeben, für den unmittelbaren Aufbruch eines Teils der Mahalla von Fez in das Gebiet der Beni Snassen. Diese hätten kriegerische Absichten gegen Muley Hafid kundgegeben, der seinerseits einer allgemeinen Erhebung zuvorkommen welle. Nach einer weiteren Depesche aus Fez vom 30. ließ der Sultan am Morgen dieses Tages nach den ge wöhnlichen Empfängen den Großwesir zu sich entbieten. Nach einer sehr erregten Diskussion zwischen diesem und dem Sultan entfernte sich der Eroßwesir und begab sich in das Bureau seines Sohnes, des Kriegsministers, den er bat sein Amt niederzulegen, worauf sich beide entfernten. Der Sultan ließ darauf El Mokri mit seinem Privat ingenieur Bringau rufen, mit denen er lange konfe rierte. Man Nimmt an, daß in Marokko wichtige öffentliche Arbeiten zur Ausführung ge langen sollen. flus Leipzig «nü Umgegend. Leipzig, 4. August. Wetterbericht der Königl. Sächs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den S. August. Veränderliche Luftbewegung, wechselnde Bewöl kung, meist jedoch heiter, warm, Neigung zu Ge witterbildung. Pöhlberg: Glänzender Sonnenuntergang, Abendrot, fernes Gewitter nach Ost bis Süd. Fichtelberg: Nachts schwacher Nebel, glän zender Sonnenuntergang, Abendrot. * Zu den Stadtverordnetenwahlen. Alle zwei Jahre sehen wir, wie verschiedene Gruppen der Bürgerschaft die Reihen ihrer Anhänger mustern und neue Mitkämpfer für die kommende Wahl werben. Mit großer Rührigkeit agitieren die Sozial demokraten für die Stadtverordnetenwahlen, und Glück ad! Eine Luftschifsernovelle von Paul Burg. „Eine neue Zeit ist angebrochen und grüßt in Ver ehrung die abgeschiedene in ihren Gräbern! . . ." „Darauf mühen wir mal anstoßen!" unterbrach Bergenrath die Rede des Dichters, die ihm schon viel zu lang dünkte, und juchte unter den Vorräten nach einer besonderen Flasche. Der Dichter schwieg, und der Eeheimr:t blickte übe: den Eondelrand forschend gradaus. Mehrstetten war auch an die Brüstung getreten und sah auf die Landschaft hinab, die im lachenden Sonnen! cht sich über Höhen und Hügel hinbreitete. Bergenrath gab zedem ein Glas und entkorkte eine Flasche Champagner. Der Propfen sprang mit leisem Knall über den Bordrand und flog querweg in die lichte Luft. Schäumend sprühte das Naß in den Gläsern. Ehe noch der redewütige Dichter wieder beginnen konnte, nahm der Geheimrat bedächtig das Wort „Unser Freund hat dem Augenblick tirfflich Stimme geliehen. Da bleibt uns andern n'cht viel zu sagen. In seinem Sinne noch ein Wort . ." Er wandte sich halb zur Seite und zeigte aradous. „Da hinten die Höhe vor der Sonne, meine Herren — un klar erkennen wir es nur — das ist die Wart burg. Da oben hat vor dreieinhalb und mehr hundert Jahren einer gesessen und «ine Arbcst ae tan, die uns das alles, alles erst ermöglichte. Luther hat die neue Zeit oeraufgeführt, dem Wissen und Können auf allen Gebieten, twe es ft- h-ute frei entfaltet, den Grund gelegt, denn er schuf die Ge wissensfreiheit. Angesichts dieses Reiters deut schen Leben« aus dunkler Nacht lasten Sie uns aus das Deutschtum, die gute, tüchtige deutsche Art hier in Wolkenhöhen unsre 'Llä.er leerens" Sie tranken und schwiegen. Hans Joachim Mehr stetten schämte sich dabei des profanen Gedankens, nun brauche bloß noch er selber eine Rede zu halten und das mögliche, erträgliche Maß iet voll. „Prosit! rief ihnen eine Stimme zu. Der „Kapitän" kam über den Steg. „Glück ab! — Das ist recht. Aber kann man auch ein Glas haben Beraenrath schenkte ihm eilfertig ein. Der Be fehlshaber des Luftschiffes hob sein Glas in die singende, jausende, sonnige Lust. „Das bring ich dem großen Geiste, der uns dies Schiff gebaut: Zeppelin soll leben! Hurra!!" Bergenrath fiel ein: „Und die andern Groß, Par- seval, alle Lustschiffer. Hurra! Glück ab!" Das Hurra schallte hell hinaus. Von unten klang Rufen und Schreien, vielstimmiges Lärmen dumpf herauf. — „Erfurt!" Der Kapitän zeigte leicht hinter sich. „Man hat uns entdeckt da unten." Die fünf verteilten sich an den Rand der Gondel und winkten hinab. Von unten quoll es wie ein fernes, verhaltenes Jubeln aus dem sonnigen Londe herauf. Winzige Menschen liefen mit dem Riesen schiffe mit und schwenkten ihre Hüte. Es sah aus, wie wenn Ameisen geschäftig über ein Beet laufen. Man warf beschriebene Karten in Päckchen hinab in die sonnenhelle, summende Luft. „Wann und wo werden wir landen, Herr Kapi- t-.n?" fragte Mehrstetten. „Bald, meine Herren, denke ich." „Nock ehe wir in den Thüringer Wald hinein kommen?" forschte der Geheimrat. „Doch nicht, Herr Geheimrat. Ich habe Order, an einer von mehreren vorgesehenen Landungsstellen mitten im Thüringer Walde anzulegen. An welcher ist mir zwar freigestellt, aber ich muß wohl die beste wählen, das ist klar." „Welche drei sind das?" „Nun, man hat einmal das Gelände von Ilme - nau als günstig bezeichnet. Soweit ich mich aber informiert habe, dürfte es sich heute und morgen wohl eignen, im Falle eines plötzlichen Sturmes aber ist es mindestens so gefährlich wie Echterdingen bösen Angedenkens." „Und sonst?" .Zwischen Ilmenau und den beträchtlich höher liegenden Flecken ilmaufwärts an der schönen breiten Straße, oberhalb des Dorfes Kammerberg." „Ja, haben Sie denn von vornherein die Fahrt darauf eingestellt und den Weg genommen?" „Aber natürlich, auf ein Haar. Was meinen Sie, wir fahren mit dem Ballon so sichere Schleifen, Pirouetten und alles, was Sie wollen, wie mit einem Automobil auf der Landstraße." „Ja, aber . . ?" — „Sie meinen, wenn wir hoch fahren, verlieren wir die Richtung; keineswegs. Mit Hilfe des Kompasses und genauer Einstellung der Fahrgeschwindigkeit fahren wir wie ein Eisenbahn zug. Auf die Minute. Mit einem Worte, „fahr- planmäßi g". „Aber das ist ja kolossal!" meinte Mehrstetten er staunt. „Ja, mein Lieber, was denken Sie denn von uns? Passen Sie mal auf. In ein paar Minuten hören wir das erste Signal. Artillerie ist kommandiert. Die machen jetzt schon den ganzen Rennstieg unsicher und erwarten uns sehnsüchtig." . „Den Rennstieg?" „Nun ja, ich will es Jhiurn doch lieber sagen, was ich vor habe. Wir fahren über Ilmenau und den andern Landungsplatz hinweg, lasten den Eickelhahn links liegen . . ." „Gickelhahn!" rief der Dichter entzückt und lugte voraus. Es schien, als wolle er schon wieder eine Rede vom Stapel lassen. „Warte nur, balde . .!" Bergenrath drohte ihm mit der Sektflasche. „. . Wir folgen der Eisenbahn auf den Gipfel des Rennstiegs," fuhr der Kapitän fort „und dann ein Stückchen am Rennstieg entlang. Ich weiß da einen Fleck und den habe ich zur Landung auserfehen." „Wohl die Mordfleckwiese?" fragte Wehrstetten interessiert. „Die ist es." „Aber da weht za immer ein recht beträchtlicher Wind, wie ich mich erinnere, Herr Kapitän." „Eben darum, Herr Redakteur. Den Wind brauche ich ja gerade zum Auftrieb. Passen Sie übrigens mal auf, Ilmenau ist schon nahe, denn Arn stadt haben wir hinter uns. Hier oben hat vor ein paar Tagen erst der Major Groß mit seinem „M IH" gekreuzt. Feine Fahrt war das, nicht wahr? Doch ich muß setzt an den Kommandostand. S»e werden sehen, unsere Kanoniere erwarten uns schon auf der historischen Mordfleckwiese. Wir essen pünktlich um drei Uhr auf der Schmücke zu Mittag und fahren um 5 Uhr weiter." „Wohin?" „Dienstgeheimnis, Herr Redakteur," rief der Kapi tän Wehrstetten noch zu, dann ging er mit einem herzlichen Glück ab! die Hand an die Mütze legend über den schwanken Steg zurück. Die vier blickten staunend hinab auf Thüringens Berge, lahen alsbald das lieblich gelagerte Ilmenau auftauchen, heranschwimmen und verschwinden, flogen wenig hoch über dem Walde hin, den unten die flinke Eisenbahn durchhuschte, hoben sich wieder höher und schwebten nah dem Gipfel des Goethe- berges, des Gickelhahnes, dahin, nach dem der Dichter sehnsüchtig seine Arme ausbreitete, — Bergenrath gab ihm das letzte Glas Sekt aus der Flasche, daß er nur ja nicht wieder reden möchte... Sie fuhren weiter zwischen Berg und Berg hoch überm Tale, Uber die Köpfe der kleinen staunenden Menschen da hin, der Glashütter und Sommergäste unten in den Häusern, weiter und höher über dunkle Wälder und grüne Wiesen, auf denen friedliche Herden weideten und Hirten und Kinder sangen und spielten. Klappernd kroch die Zahnradbahn tief unten den Berg herauf, sie blieb mit ihrem Keuchen weit, weit hinter dem schlanken, schmalen, schnell schwebenden Riesenschiff der Lüfte zurück. Die Menschen winkten und riefen aus den Fenstern des überfüllten Zuges. Sie streckten die Hände nach den immer aufs neue herunterflutenden Karten aus, die sich meist raschelnd im Grün ragender Tannen verfingen. Still lag allein der Wald unter dem schwebenden Schiff und staunte nicht und svrach nicht. Er tat, als wär's ihm etwas Alltägliches, wenn Menschen und Maschi nen hoch über ihm wie Wolken dahinflogen. (Fortsetzung folgt.) Tageschranck. Wirkungen de» Wetterstürze«. In der Schweiz ist infolge des Wettersturzes im Hochgebirge tiefer Schnee gefallen. Zahl reiche Bergsteiger wurden durch das schlechte Wetter in den Schutzhütten zurückgebalten. In den Grätzer Alpen stürzte ein junger Berner Kaufmann beim Edelweißsuchen 150 Meter a b, so daß er mit zer schmettertem Schädel tot liegen blieb. Vorgestern verirrte sich eine Kolonne von fünf Personen am Gotthard. Dabei stürzte der Bankier Blendiger Hirzelaus Basel ab und war sofort tot. Ein Herr aus Bern wurde mit seiner Frau und zwei Kin- dern in die Tiefe gerissen. Die Frau und ein Kind wurden schwer, der Mann und das andere Kind leichter verletzt. Der Neckar steigt seit vergangener Nacht fort gesetzt und führt schmutzige Wagermasten mit sich. — Ein furchtbarer Wolkenbruch girw heute nacht über die Gegend von Schwäbisch-Gmünd nieder. Die Rems ist stark gestiegen, so daß die Ge fahr sehr groß ist. An einzelnen Stellen steht da« Wasser zwei Meter hoch. Verluste an Men. schenleben sind bisher nicht zu beklagen. * Berlin, 4. August. (Unter mehrfachem Mordverdacht.) Als Anstifter des Mordver. suche« auf den Küster Röfener in Friedenau wurde auf der Insel Rügen der Tischler Karl Mohr verhaftet. Er soll auch der Urheber der
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