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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.10.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-10-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101004021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910100402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910100402
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1910
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Bezugs-Preit M L«rp»» m» Ht«««, »irrch «HW» trta« m>» S<x«i«u« >»«> m« b«u» ,«dracht: SV MW«»., »irrttljtdri. Bit unirr» FiN«l«i ». Nu» »ahmrlleUrn adnrbolt: 7d «««Attl., LIS mer»»1i»d<-t. L»rch »t» D«»> l«mr-«lb Dm-lichluaW und Wr «WichW »olonie» »trnrlltdkU v SS »»»«tl. >LS autIchU Pvskdrftrllurld i>«rn«r >n Bel,!»». Dtnnnark. d«n Drnaullualr», Italien, Lurembura, itttedertand«, »i»r- nxgen, Oesterreich - Un,arn, »iuttan», Schwede», Schwm» n. bpauten. g» alle» udrlzrn Staaten »ne direkt »urch dt» »ejchPttftelle de« «an»« erdtlUich. La« t!r,p,i«er remediatt «rlcheini Im«t itstltch, Sonn- «. Ko^naa» »»r morgen«, itdoniiell eor-iknnadme i <lugust»tpl»tz 8» bet o nierru Trägern, Filiale», Spediteur«, and <im«hme-e0en, Imme Pofttauer» «v Brieitrtgern. Ut»,»l»»rr«»i«»rri« »er M«rg«o» »nl-ab« 10 der Ä deaduntgad« 8 «ed«ktton and «rschittsaelei JohanniSgasie st. S«r»I»r,ch«r: I4t«L "««. 14SS4. Abend-Ausgabe. UriWgcrTagMM Handelszeitung. Ämtsvlatt des Rates und des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Äuzeigcn-Preis ttir Inieraie au« Cew»ig und Umgedung °m stgeipa ren, SO inm drett» P«tO»ell, 2L ch, d8 7« au» bretl» «ellamezea« 1 vaa auswärt« ^0 ch, istu'Iameu 1.Ä) Jnieraie «,n vehdrden 'm amtlichen Lest die 74 WM drrtt« Sekttzest« 40 «elchälts» neigen mU P ahporlchnltea »»» m der llceubauSaad« IM Preise ergodt. Kabati nach laril. iSeilagegebüdr ü ». Lauieud exkl. Postgebühr. liestertetlt« Luiträze künuen nicht »urück- gezogen »erden. Für da» ilrichetnen «n bestimmten Lagen und Plätzen wir» kein» Garantie übernommen. »ajrtgea-Lnnahmei Lugustutpl«H «, drt itmllichrn Filmten u. allen Annoucen» Lipedttlvnen de» In» und Autzlande«. Hanvt - Stltal« »rrlin. T«rl Lun«er. Herrogl. vuar. Hofdach» Handlung, Lützowkiahe KL tTelevdon VI, iltr. 4üo3). Haupl-Ftltale Dreßdear Seestrahe 4, t (Telephon Nr. 274 vienslsg. »en 4. Vkloder islü. l04. Ishrgsng. Kus „Satz üer Slsüte". Zum Kampfe ums Tempelhoser Feld. Wir Haden unfern Lesern schon mehrfach von dem grohen Streit Mitteilung gemacht, der in Berlin um das Tempelhos'er Feld entbrannt ist; hierzu gehen uns noch folgende Ausführungen unseres Berliner Mitarbeiters zu, die gewiss leb haftes Interesse erwecken werden. -» Der alte Uhlandsche OartrNuvuv r>i^jt»tivw> ist heule noch so lebendig wie im gesegneten Mittelalter. Wenn die trefflichen Herr«nmensä)en vom Lande nach Berlin kommen und die Wonnen unserer Kneipen, unserer Theater, unserer Kabaretts, unserer hell erleuchteten Bummelstraßen, unserer Ballokale und Nachtrestaurants schlürfen, so ist ihren fröhlichen Ge. sichtern gewiß nichts vom „Haß der Städte" anzu merken. Aber wenn sie wieder zu Hause sind, dann schütteln sie sehr bedenklich den Kopf über das sitten lose Spreebabel, und der alte Groll gegen diese Millionenansammlung liberaler und demokratischer Menschen erwacht wieder. Es ist in Preußen Tradi tion, daß alles, was sich konservativ nennt, den Grob städten und besonders dem Wasserkopf der Monarchie" nicht die Butter auf dem Brot gönnt, und es verstehr sich von selbst, dah die Regierung sich diese liebens, würdige Stellungnahme gegenüber der Kaiserresi» denz als Gemeinde zu eigen macht. Für Berlin kom plizieren sich die Schwierigkeiten, mit denen es auf solche Weise zu kämpfen hat, noch durch den Mangel an Sympathien im weiten Deutschland, wo man seinem Riesenaufschwona ebenso mit mehr Mißgunst als Anerkennung zusteht. So gibt es denn in unserem ganzen Vaterlands tatsächlich keine Körpersckstlft, die mit so viel Abneigung, Neid und Schelsucht zu kämpfen hat wie die Stadt, die sich mit ungeheurer Energie zum rmrt- schafrlichen und geistigen Zentrum unseres nationalen Staatengebildes emporgearbeitet bat, und der darum die Bewunderung der ganzen Welt gilt. Mein Gott, ja: diese großen Stiötte lasten gewiß viele Lebenswünsche unbefriedigt, und es bedarf zu einer gesunden Blüte unserer Kulttu der Korrelate. Ich wohne auch lieber am Wannsee als in Berlin, lieber in Lindhardt als in Leipzig. Aber soll man darum den Großstädten die Möglichkeit verwehren, innerhalb des Kreises, der ihnen nun einmal angewiesen ist. sich sinnvoll zu entwickeln? Man kann sie ja doch wohl nicht vom Erdboden vertilgen. Wozu ihnen also fortwährend Steine in den Weg schieben? Ein klastisches Beispiel für die unglaubliche Be handlung, die der Kommune Berlin durch die Regie rungsbehörden dauernd zuteil wird, ist der Ver kauf des Tempelhofer Feldes, über den man mit der Verwaltung der Hauptstadt Jahre hin durch Verhandlungen pflog, um dann plötzlich — mit der kleinen Nachbargemeinde Tempelhof abzu schließen. Die Stadt hatte hier den Plan zu einem großen und bedeutungsvollen Kulturwerk gefaßt. Bürgermeister Dr. Reicke, der sich mit unablässigem Eifer diesem schönen Werke widmete, batte schon vor Jahr und Tag darauf hingewiesen, als er im Rat hause beim Jubiläum der Städteordnung in einer seiner glänzendsten Reden, in Gegenwart des Kaisers und des Reichskanzlers Fürsten Bülow, davon sprach, daß sich auf dem Tempelhofer Felde die Möglichkeit dielen könnte, einmal die ganze Fülle der geläuterten modernen Adeen von den Aufgaben des Städtebaues in die Tat umzusetzen. Es wurde viel bemerkt, daß der Kaiser nach dieser Rede den Bürgermeister be sonders freundlich und angelegentlich ins Gespräch zog. Es zweifelte im Grunde niemand mehr daran, daß der Verkauf des westlichen Feldes, für das der bisherige Besitzer, der Militärsiskus, keine Verwen dung mehr zu haben erklärte, an Berlin zustande kommen werde. Und ganz abgesehen von der Tat sache, daß sie endlich einmal Berlin eine Gelegenheit bieten würde, sich selbst zu erweitern und nicht immer wieder alle Vorteile seines großartigen Wachstums den selbständigen Vorortocmeinden zu gute kommen zu lassen, freute man sich darauf, hier in naher Zukunft so etwas wie das Musterbild eines Stadtviertels aufsleigcn zu sehen, in dem alle Forde rungen praktischer, sozialer, hygienischer, ästhetischer Natur Erfüllung fänden, die man seit langer Zeit für die Gestaltung unserer großen Siedelungen aufge stellt hatte. Die S t ä d t e b a u a u s ft e l l u n g des letzten Frühjahrs fachte das Interesse für diese Forderungen aufs neue an und trug das Verständnis dafür in weite Volkskreise. Und neben den preisgekrönten Projekten des Wettbewerbs Groß-Berlin fesselte auf der Ausstellung die allgemeine Aufmerksamkeit nichts stärker, als der Spezialentwurf, den Baumeister Hermann Jansen der Hauptsieger in jener Konkurrenz, für die Bebauung des Tempelhoser Feldes präsentierte. Die Art, wie Jansen hier das große Gelände aufgeteilt, wie er für einen praktischen und doch malerischen Grundriß des Straßennetzes, für eine Trennung von Verkehrs- und Geschäftsadern und ruhigen Wohnbezirken, für gute Verbindungen, für die notwenbige Anlage von freien Plätzen. Gärten, Wiesenflächen, Spiel- und Sportrevieren ge sorgt hatte, fand den lauten Beifall aller Kenner. Es war eine geniale städtebauliche Leistung, und wenn sie Wirklichkeit geworden wäre, so wäre im Süden Berlins etwas entstanden, was vielleicht auf Jahr hunderte hinaus als Vorbild und Muster für die Architekten aller Erdteile hätte gelten können. Nun hat die Regierung durch diesen wahrhaft großen und guten Plan einen plumpen Strich ge macht. Von der politischen Seite der ganzen Ange» legenheit, die noch das Parlament beschäftigen wird, sei hier gar nicht gesprochen. Nur von der Kultur feindlichkeit, die implizite im Vorgehen der Staats- behörde liegt. Denn man täusche sich nicht über die wahren Folgen des Verkaufs an Tempelhof, wenn der Reichstag ihn ratifiziert. Es handelt sich nicht darum, daß einfach an Stelle Berlins eine andere Gemeinde tritt, die nun eben die bestehenden Ab sichten und Pläne übernimmt. Die Gemeinde Tempelhof gibt ja in Wirklichkeit nur den Namen des Käufers her. als der im Grunde zwei private ge schäftliche Körperschaften, eine große Bank und eine Terraingesellschast, zu betrachten sind, die natürlich im Grunde ihres Herzens einzig und allein geschäft liche Zwecke verfolgen. Natürlich, diese Gesellschaften wissen auch, daß sie ganz ohne freie Plätze und grüne Bäume bei der Bebauung nicht auskommen können, daß sie unter Umständen mehr Geld verdienen, wenn sie sich ein wenig von den Lehren der Städtebauaug stellung abfärben lasten. Aber es ist ein gewal tiger Unterschied, ob diese künstlerischen und sozialen Interessen von einer großen Kommune wahrgenommen werden, die Rücksichten auf das All gemeinwohl als einen wichtigsten Teil ihrer Pflichten ansieht, oder ob eine Erwerbsgesellschaft sich halb widerwillig und ohne innere Anteilnahme zu solchen Zugeständnissen bequemt. Hier sitzt der Kardinal, punkt der ganzen Sache! Man hat im sogenannten „Bayrischen Viertel" in Berlin-Schöneberg von der „Städtekunst" der Herren, die jetzt beim Tempelhoser Felde leider als Sieger aus dem Streit bcroorzu- gchen scheinen, eine Kostprobe erhalten. Sie ist zum Rasendwerden! Enge Straßen mit himmelhohen Häusern. Kaum ein freier Fleck, und wo er ist. so winzig, daß er nicht den hundertsten Teil des Be dürfnisses deckt, und so unsinnig angelegt, daß auch diese Winzigkeit nicht ins Gewicht füllt. Das schreck lichste ist die Vittoria-Luise-Platz. natürlich gar kein richtiger Platz im Sinne alter gute Städtekunst, son dern nichts als eine kreisrunde Straßenkreuzungs erweiterung, um die quietschend, lärmend, wie toll die elektrischen Bahnen herumsausen — auch eine „Er holungsstätte"! Wie werden die Gesellschaften nun erst da draußen wirtschaften! Sie werden auf dem Tempelhoser Felde wahre Orgien ihrer Geschmack losigkeit feiern. Ich sehe schon die fünfstöckigen Häuser, die licht- und lustlosen Gasten, die ornament überklebten Fassaden, die Pi'eudoplätzc vor mir. Denn es heißt ja doch Geld schaffen, Raum ausnutzen, hohe Dividende erwirken. Verdienst herauslockcn! Es kann wirklich hübsch werden. Das ist's: die Regierung konnte ein Kulturwcrk von unabsehbarer Bedeutung fördern. Sie tur cs nicht, sondern liefert den Platz, auf dem es aufgebaut werden sollte, der goldgierigen Spekulation aus. Und warum? Aus „Haß der Städte" . . . )lax O-Vorn. politWe Nachrichten. Streikunruhen in Deutz. Die verurteilenswerten Ausschreitungen in Moabit machen Schule. In Deutz bei Köln haben am Montagabend Straßenunruhen statt-gesunden, die leb haft an die Moabiter Vorgänge erinnern. Telegra phisch wird gemeldet: Köln a. Rh., 4. Oktober. (Tel.) In dem Vorort Deutz kam es gestern abend zu schweren Aus schreitungen. Bei Arbeiten an der Um- wallung waren die Arbeiter eine» Unternehmer, in den Ausstand getreten: an ihrer Stelle waren auswärtige Arbeiter beschäftigt worden. Als diese unter polizeilicher Bewachung nach dem Bahn hofe geführt wurden, um die Heimfahrt anzutreten, stürzte sich eine Menge von etwa 200 Per sonen auf die Arbeitswilligen und die sie begleitende Polizeimannschaft. Es kam zu elnem förmlichen Handgemenge. Ein Bombardement von Steinen überschüttete die Beamten, die, nur fünf Mann stark, sich zurückzogen. Als die vom Polizeipräsidium aus 7 Revieren zusammen gezogene Polizeimannschaft in Deutz eintraf, hatte sich die Menge zurückgezogen. Wie gemeldet wird, hält die Polizei zurzeit die Ordnung aufrecht, es werden aber weitere Unruhen befürchtet. Plötzlich« Arbeitseinstellung. Hamburg, 4. Oktober. (Tel.) In der Maschinen fabrik von HeidenreichLHarbeck legten gestern 160 Arbeiter plötzlich die Arbeit nieder, weil sie behaupteten, sie würden mit Streikarbeit be schäftigt. Reichstagsersatzwahl in Wehlau—Labiau. Durch den bereits mitgetcilten Tod des Reichs tagsabgeorDncten Arendt Labiau ist eine Ersatzwahl im Kreise Labiau—Wehlau nötig geworden. Der Wahlkreis, in dem 1876 Prinz Friedrich Karl von Preußen in den Norddeutschen Reichstag gewählt worden war, wurde 1871—78 nationalliberal und 1881- 84 freisinnig vertreten, ist seitdem aber konser vativer Besitz. Bei der letzten Wahl im Januar 1007 wurden 11575 konservative, ö179 sozialdemokratische und 1760 freisinnige Stimmen abgegeben. Diesmal wird das Stimmenverhältnis freilich ganz anders werden. Wir hoffen, daß die beiden liberalen Par teien einen gemeinsamen Kandidaten aufstellen. Fortschrittlicher Frauentag. Frankfurt a. M., 4. Oktober. (Tel.) Der heute hier stattfindenden Eröffnung des sortschritt lichen Frauentages ging gestern eine große Versammlung im Saale des Kaufmännischen Vereins Hauses voraus. Den Vorsitz führte Frau Martha Zietz. Nach langer Diskussion wurde eine Reso lution angenommen, in der betont wird, daß die Mitarbeit an der Fortschrittlichen Volkspartei eine Pflicht aller entschieden liberal gesinnten Frauen sei. Die Versammlung sieht in der Anerkennung der staatsbürgerlichen Gleichberechtigung der Frauen eine selbstver stündliche Folge der lioeralcn Grundsätze und er wartet, vag die Mitarbeit der Frauen zu dieser Anerkennung durch das Parteiprogramm führen wird. Aittimilitaristische Kundgebung in Brest. Paris, 4. Oktober. (Tel.) Wie aus Brest ge meldet wird, fand auf dem dortigen Bahnhof anläß lich der Abfahrt der Rekruten eine anti militaristische Kundgebung statt, bei der mehrere hundert Rekruten vor Abgang des Zuges die Internationale sangen und Rufe: „Nieder mit der Armee! Die Fahne auf den Misthaufen!" ausstießen. Die Polizei, die einschreiten wollte, wurde ver höhnt. Ein Matrose der Kriegsflotte, der an geblich an der Kundgebung teilgenommen hatte, wurde verhaftet. Die Arbeiterbewegung in England. Mauchchsr, 4. Oktober. (Tel.) Hier herrschte während des gestrigen Tages große Unsicher heit über den Stand der Einigungsverhandlungcn Wischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in der Baumwollenindustrie, die noch dadurch verschärft wurde, daß verschiedene Fabriken ihre Tore wieder geöffnet hatten und erklärten, daß die schwebenden Fragen im Laufe des Nachmittags ihre Erledigung linden würden. Tine zu abends einberufenc Ver sammlung der Arbeiter erklärte jedoch, daß man a u f keinen Fall auf eine Abänderung der von den Arbeitern gemachten Vorschläge eingehen könne, wie sie den Baumwollenspinnereibesitzern wegen des entlassenen Arbeiters Howe unterbreitet wurden. Die "Aussperrung müsse demnach sortdauern. Es ge langte eine Tagesordnung zur Annahme, in der es heißt: Wenn unsere Vorschläge bezüglich des Arbeiters Howe durch die Baumwollenspinnereibesitzer nicht angenommen werden, so können wir unserseits auch die Vorschläge der Besitzer nicht akzeptieren. London, 4. Oktober. (Tel.) Die gestrigen Eini gungsoerhandlungen zwischen den Spin nereibesitzern von Süd-Lancashire und den Vertretern von 150 000 ausgesperrten Arbci tern sind gescheitert. Die Aussperrung dauer: fort. Das Ende des Streikes ist nicht abzusehen. Die Lrsu im Spiegel. Von E. W. Appleton. (Autorisierte Uebersetzung.) Neunzehntes Kapitel. Ich war natürlich sehr neugieria. die Bedeutung von Baron Romers Besuch zu erfahren, insbesondere, weil er zu so ungewöhnlich früher Morgenstunde erschien. Da ich indes dieses neue Rätsel nicht lösen konnte, kehrre ich zu meinem Frühstück zurück. Ich war mit dem Verlaufe der Unterredung mit meinem Chef wohl zufrieden, die ich mir so stürmisch vorgestellt hatte. Behaglich ließ ich mich am Tische nieder. Leider war das Frühstück mittlerweile erkaltet. Doch das bekümmerte mich wenig, und so machte ich mich wieder an meinen Schinken mit Ei. In diesem Augenblick ging die Tür abermals auf, und herein kam Marie mit einer neuen Auflage, die mein Zimmer mit gefälligem Dust erfüllte. ..Bei Gott, Marie", sagte ich, „Eie find doch ein liebes Kind. Und wissen Sie auch, daß Sie sehr hübsch sind?" „Aber, Herr Lari", erwiderte sie lächelnd und er rötend, „Eie wollen sich nur lustig über mich machen." „Keine Rede, Sie wissen es ja selbst, Marie, denn ich glaub«, daß Eie gelegentlich ganz gerne in den Spiegel schauen." „Das muß ich schon — weint ich mein Haar mache", erwiderte sie zimperlich. „Ja. ja und hübsche, Haar haben Sie — und eine solche Menge!" „Wirklich?" „Tatsächlich! Eie kleiner Schelm, Eie wissen es ganz genau! Uebrigen« haben Eie beiläufig den Herrn gesehen, der eben gekommen ist?" Das Mädchen blickte mich erstaunt an. „Was für ein Herr?" fragt« Marie. „Ich habe die Gartenalocke nicht läuten hören." „So? Aber Eawktn» ist doch vor wenigen Minuten heraufgekommen und hat die Kart« eines Herrn überbracht, der drunten wart« und Herrn Goliby zu sprechen wünsche." „Seltsam", saate sie nachdenklich. „Eawkins wird ihn eien baden kommen sehen und ließ ihn ein, be vor er geläutet bat. Ich hab« auch niemand reden hören, und doch find all« Türen auf. mit Ausnahme von Herrn Golibys Arbeitszimmer. Da darf ja nie mand hinein." „Warum denn?" ,Zch weiß nicht. Die Tür ist stets geschlossen. Nur Sawkins hat Zutritt. Sonst niemand. „Und sind Sie nie darin gewesen?" fragte ich jetzt voller Neugier. „Nie. Herr Lart. Die Köchin und ich nennen es das „Blaubartzimmer", das man auf dem Theater sieht. Wie ich Ihnen sagte, wimmelt es in dem Hause von Geheimnissen — für mich allerdings nicht mehr lange." „Seltsam", sagte ich. „Aber das bringt mich wieder darauf, daß Sie mir etwas erzählen wollten, als vorhin Herr Goliby hereinkam, etwas von lachenden und singenden Frauen und Pfropfen knallen." „Ach ja, richtig. Ich erinnere mich jetzt. Also ich schlich zur Türe, wie ich Ihnen erzählte, und da ich dort nicht genügend hörte, ging ich aus den Vorplatz, den oberen Vorplatz, wissen Sie, wo ich mein Zim mer habe, und da hörte ich den Lärm noch bester. Ich konnte aber nicht herausbringen, wo er her kam, wenn mir's auch war, als komme er von der Hinter seite des Hauses. Daher stieg ich di« Treppe hinauf zum Eiebelfenster, das auf den Garten hinausgeht." „Den rückwärtigen Garten?" „Jawohl." „Eie sind natürlich schon dort gewesen?" „Nur ein Stückchen, von der Küche aus. Der Rest ist durch eine Mauer abgespent." So? Aber man kann ihn von diesem Giebel fenster aus sehen, nicht?" „Jawohl." ^Ein großer Gatten?" „Ziemlich groß, was haben Sie gesehen?" „Elektrisches Licht zwischen all den Bäumen, hell wie am Tage, und Licht, das aus einigen Fenstern vom Hause herausdrang, wo ich doch wußte, daß da« Gas ausgedreht war und Herr Goliby schlief — und im ganzen Hause kein solches elektrisches Licht ist — und ein Gelächter und Geschrei, das ruhig weiter ging! Mir lief es kalt den Rücken hinab, ja, das dürfen Sie mir glauben. Ich schlüpfte rasch wieder hinunter in mein Bett, klappernd vor Schreck — und am nächsten Morgen habe ich gekündigt." Ich schwieg einen Augenblick, indem ich mir genau überlegte, was sie mir erzählt hatte. Plötz lich siel mir etwas ein. „Noch etwas, Marie", sagte ich. „Sind Sie ganz sicher, Laß Sie außer der Köchin und Ihnen selbst nie ein weibliches Wesen im Hause gesehen haben?" Das Mädchen errötete. Als ich bemerkte, daß sie mich zögernd anblickte, fügte ich hinzu: „Seien Sie aufrichtig mit mir, Marie, Sie haben sicher jemand gesehen!" Sie schaute sich ängstlich um, dann beugte sie sich zu mir nieder und flüsterte mir ins Ohr: „Doch, Herr Lart, ich habe einen Geist gesehen oder ein Weib oder was es sonst gewesen ist. In diesem Zimmer da. Es war an dem Tage, wo ich gekündigt habe. Ich kam herein, um Ihre Bettwäsche zu wechseln, und so wahr ich hier mit Ihnen rede, sah ich gerade noch die Schleppe von einem Frauenkleide in Ihr Schlafzimmer hineinschlüpfen und hörte sie auch rauschen, weil sie aus Seide mit Glasperlen oder dergleichen war. Das ist mir eine nette Ent deckung, sagte ich bei mir, aber da es am Hellen Tage war und kein Mannsbild zu sehen, das mich hätte schrecken können, ging ich geradeswegs in das Zimmer hinein, um zu sehen, wer es sei, und was sie zu ihrer Entschuldigung vorzubringen habe. Aber als ich in das Zimmer trat, war keine Menschenseele darin. Ich schaute in den Schrank und unter das Bett, und dann überrieselte es mich eiskalt, und ich bin seither nicht mehr in dem Zimmer gewesen. Aber nicht wahr, Herr Lart, Sie sagen davon kein Wort zu Herrn Goliby, sicher nicht? Vielleicht wäre es bester gewesen, wenn ich nichts davon verraten hätte." „Machen Sie sich nur keine Sorgen, Marie", sagte ich. „Er wird von mir keine Silbe davon erfahren." Plötzlich legte sie den Finger aus die Lippen. „Er kommt die Treppe herauf", flüsterte sie und be gann mit großem Eifer die leeren Teller auf das servierbrett zu stellen. Ich selber lehnte mich nach lässig in meinem Stuhl« zurück und blickte harmlos in die Lust, als Herr Goliby wieder eintrat. „Einen Moment", sagte Marie und machte ein ganz unnötiges Geklapper, das, wie ich mir dachte, sicherlich den Argwohn eines mißtrauischen Menschen erregt haben würde. Aber augenscheinlich war Herr Goliby nicht von argwöhnischen Gedanken heimge sucht Er nickte freundlich zur Antwort, ließ sich auf einem Stuhle nieder und wartete ruhig, bis das Mädchen das Zimmer verlassen hatte. Dann faßte er mich ins Auge und sagte, mit. wie mir schien, plötzlichem Ernste: „Seltsamerweise scheint der Baron Romer ein Nachbar von mir zu sein." Ich war nahe daran zu erwidern, daß mir dieser Umstand wohl bekannt sei, aber zur rechten Zeit nahm ich mich noch zusammen und sagte nur: „Wirklich?" „Ja", fuhr er fort. „Und der Grund zu seinem Besuche war recht eigenartig. Er kam, um sich über Sie zu beklagen." „Ueber mich?" fragte ich erstaunt, aber lachend. Sie machen mich neugierig, Herr Goliby. Worüber beklagt er sich denn?" „In wenigen Watten über folgendes: er hat aus irgend einer Quelle, wie er sagt, in Erfahrung ge bracht, dah man Sie in Paris gegen ihn eine ernst hafte und, wie er es bezeichnet, verleumderische An schuldigung hat erheben hören, gesprächsweise, wie er behauptet. Er versichert, daß das im Grand Hotel oorgefallen ist. Mir kommt es ganz unbegreiflich vor, daß er Ihren Namen kennt und daß er weiß, daß Sie mein Privatsekretär find und zwei Tage im Grand Hotel gewohnt haben. Wie er meinen Namen und meine Adresse erfahren hat, das weiß der Kuckuck. Er weigerte sich, mir über diesen Punkt irgendwelche Auskunft zu erteilen. Jetzt besinnen Sie sich einen Moment, Herr Lart! Sind Sie ganz sicher, daß Sie sich keine Indiskretion haben zu schulden kommen lasten und daß Sie niemand gegcn- Lver den Baron erwähnt haben?" „Ich habe nur mit Herrn Le Noir über ihn ge sprochen." Ich schwieg einen Augenblick und überlegte, ad ich ihm von dem Gespräche Mitteilung machen sollte, das Le Noir belauscht hatte und von dem er mir er zählt hatte. Herr Goliby beobachtete mich still schweigend. Auf jeden Fall konnte es nichts schaden, und so fügte ich hinzu: „Herr L« Noir hat mir noch etwa» von dem Baron erzählt, was ich vorhin vergaß. Ihnen mitzuteilen. Aber daraus kann sich der Unwille de» Barons nicht beziehen. Außer mit dem französischen Detektiv, dem Inspektor Beale, Herrn Vignaud und Ihrem »Freunde, dem Herrn von Montpelier, habe ich mick in Paris überhaupt mit niemand unterhalten. Den Nachmittag des ersten Tages habe ich in St. Cloud
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