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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.11.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101108015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910110801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910110801
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- Saxonica
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- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
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BezugS-Preis fite »ab <-«»«« d«rch trüaer »ich k»«dt!»»re L»«l tß-ltch m« Hau« gedrachl: SV n«aü.. L.70^c ineelellihr- ve« unter» Ktllale» «. La» mch»rb«L»« »ba«h»U, 7» »»«al, LZ» »tenettthel. Durch die *»ft: I»«rh»U> Druitchiand« un- dar de»yche» Kolonien dieneliährl. !t.«0 monall. lLG aultchl. Poftdeftellgeld. iirru« m Belgien, Dineniark, den Donautlaatr», :ltalie», llurrmvurg, «iederlaude, «tor- weaen. Orslerreich Ungarn, Audlaad, L-Hwebe», Schweig ». Spanien. In alle» übrig«, Staaten n»r direkt durch di» GeschLsttllell« de» Blatte« ertzä-ltutz. La» Leipziger Lagedlatt rricheiui 2 »al itgltch. Sonn. a. g«,erlag« nur morgen«. Lbonntuient-ijlnnaüme. Auguftutplatz 8, be> unteren lrtgern, .rilialea, Spediieuren und Lnaahmeftellen, könne Postämtern uad BrietlrLgern. Sl»,»lv«rka»t«pret« der Morgen, ochgad« 1V der tlbendiukgabe Sch» Morgen-Ausgabe. MipM er T ag töl alt Handelszeitung. Amtsökatt des Aales und des Nokizeiamtcs Ser Stadt Leipzig. Anzeigen-Preis Or Inter«, an» t«p,ig uno i.ing«dn»a di« tgripaltrne SV wm brrtte Petitzeil, L ch, di« 74 »um breit« «eNamezrile > »on anlivLrt« UV «ievamen 1.2» Intee,!, von iSeddrden -» amrliche» leit die 74 au» vrrlt. Petitgeil, 4v «etchLtttangeigen mit P agoorichrlite» »ich in der AdendauSgud« im trreiie erhöht, ttiaball nach Laut. Beilagegebübr L p. Lautend exkl. Post gedüste. lleilerteilk, »uttr4g« kbnnen nicht gnrdS- gezogea werden. Zltr da« drtcheineu an bestimmte!! lagen uno Plätzen unrd leto» charanti« Ldrrnommrn. »nzetgra-«»nähme: Bngnil»«platz 8H bei sämtlichen Filialen u. allen «nnonce» itlpedltlonen de» In- und «utlandeä» NedakN»» »ad «eschäklOUl« Iodanmrgasse 8. gerntprecher- I46UL >4«sttt. I4«4. Haupt-Liltal« Lre«de»i keeftraie 4,1 (Telephon 4Ü21). Nr. sos. vienswg, ürn s. Nouemder ISIS. 104. Jahrgang. Das Mchtiglte. * Reichstagsabgeordneter von Pager hat sich in Tübingen gegen Wiederherstellung des Bülow- blocks ausgesprochen. (S. Dtschs. R.) * Bei neuerlichen Ausschreitungen Strei kend er im Minenbezirk von Wales wurde die Polizei von diesen in die Flucht geschlagen. (S. Ausl.) * Die Lage des bei Dover gestrandeten Hamburger Fünfmasters „Preußen" hat sich gebessert. (8. Tageschr.) * Als Mörder des Tetzkeschen Ehe paares in Berlin wurde der Arbeiter Tippe festgenommen. Der Verhaftete gestand die Tat ein. (S. Letzte Dep.) Potsdamer Ergebnisse. Hat die Potsdamer Entrevue überhaupt irgendeinen Ertrag gehabt? Liest man die offiziösen Worte, die in Rückblick auf den Zarenbesuch geschrieben wurden, so möchte man das Gegenteil als sicher annehmen. Denn wenn sonst bisweilen in der herkömmlichen Form, die bei allen derartigen Gelegenheiten anzuwenden diplomatischer Weisheit letzter Schlich ist, ein mystisch verhülltes Körnlein Inhalt steckt, so sucht man diesmal vergeblich nach einem Atom davon. Eine besonders dunkle Wendung spricht davon, daß es naturgemäß zuzeiten zwischen zwei so großen Reichen wie Deutschland und Rußland in einzelnen Punkten Meinungs verschiedenheiten geben könne; "ober -s dem individuellen Belieben des Lesers überlassen bleibt, ob er dabei an die bosnische Krise von einst oder an die persischen Dinge jetzt denken will. Uns scheint die erstgenannte der beiden Auslegungsmöglichkeiten wahrscheinlicher, ob gleich es dann eine besondere Diplomatenleistung wäre, hinzuzufügen, daß das Wesentliche der deutsch-russischen Beziehungen in der Möglich keit läge, solche Unstimmigkeiten in per sönlichem Meinungsaustausch auszugleichen. Der Fall Bosnien war schließlich doch ein Beispiel vom Gegenteil: eine „Mei nungsverschiedenheit in einzelnen Punkten", die nicht durch eine halbe Stunde freundschaft licher und herzlicher Konversation, sondern durch eine nicht mißverständliche Handbewegung in der Richtung nach dem deutschen Degen hin ausgeglichen wurde. Aber wer wollte in offiziös - diplomatischen Entrevue-Würdigungen nach reiner Wahrheit suchen? Darum wollen wir auch ohne Schmerz den Schlußsatz der Kundgebung hinnehmen, der davon spricht, daß sich die „Nachwirkung der jüngsten Monarchenbegegnung im Sinne einer Förderung der allgemeinen Friedens politik geltend machen" werde. Allgemeine wie besondere Friedenspolitik haben wir reich lich genug. Sie noch zu „fördern", ist voll ständig überflüssig. Und wenn man in der Schlußwendung der offiziösen Kundgebung mehr als eine glatte Floskel sehen müßte, so würde sehr ernsthaft dagegen zu polemisieren sein. So dürfen wir uns dessen enthalten. Wohl aber interessiert es, zu erfahren, was denn bei den „herzlichen und freundschaftlichen" Gesprächen über Persien geplaudert sein mag. Daß wir uns auch bei dieser Gelegenheit wieder desinteressiert fühlen sollten, ist schwer zu glauben. Die „Norddeutsche" enthielt zwar einmal die sehr unerfreuliche Wendung, es sei „bekannt geworden", daß die englische Regierung „die ihr von einigen Londoner Blättern zuge schriebenen Ziele mit Bezug auf Persien nicht verfolge und namentlich keinerlei Eingriffe in die Integrität Persiens beabsichtige". In zwischen aber haben wir uns aus Konstanti nopel jenes merkwürdige Mohammedaner- Huldigungstelegramm schicken lassen, das doch ein gewißes Interesse an den per sischen Dingen verrät. Schicken lassen: ob es in irgendeinem auswärtigen Amte oder in irgendeiner Legation der Erde einen Kanzleigehilfen gibt, der daran glaubte, jene Kundgebung sei spontan erfolgt, läßt sich billig bezweifeln. Darum werden auch wir uns er lauben dürfen, mit nicht gar zu ernster Miene von jenem gewaltigen Ereignis zu sprechen, dem offiziöse Blätter dreimal hintereinander die Spesen für Riesentelegramme aus Stambul zu opfern gehalten wurden. Man hätte min destens den Text jener Depesche etwas geschickter redigieren dürfen. Daß der Deutsche Kaiser als Schutzherr des Islams gerade um Marokkos willen gelobt wird, wo wir erst Abdul Asis, dann Muley Hafid seinen Bedrängern preisgegeben haben, zeigt etwas zu offensichtlich, daß der Text nicht Türken- und Perserhirnen entsprang. Gleichviel: an der Tatsache, daß unsere Diplo matie ihr Augenmerk auf Persien gerichtet hat, darf man nun nicht mehr zweifeln. Indessen: mit dem Augenmerk ist nichts getan. Wie steht es mit den Forderungen, wie mit dem Erreichten? Mit den Forderungen vermutlich sehr be scheiden; mit dem Erreichten sicherlich schlecht. Denn der Weg über Rußland ist zweifellos ein weiter Umweg, bei dessen Bewältigung viel von der Kraft daraufgehen muß, die am Ziele vonnöten wäre. Der ausschlaggebende Faktor, nicht vielleicht in Persien selbst, wohl aber in der persischen Frage, ist nicht Rußland, sondern England. Wollen wir billig und er folgreich zum Ziele kommen, ja, wollen wir überhaupt zum Ziele kommen, so müssen wir in der Downing Street, nicht in Potsdam oder am Newsky-Prospekt verhandeln. Dazu scheint sich aber in der Wilhelmstraße der Entschluß durchaus nicht einzustellen. Wir verhandeln lieber mit Rußland, ob gleich wir bei jeder solcher Verhandlungen immer Gefahr laufen, für eine wenig haltbare Eini gung mit Rußland den offenen oder heimlichen Bruch mit Oesterreich einzutauschen. Wir stützen uns lieber auf das schwanke Rohr der Türkei; wir tun dies, obwohl uns einer der wärmsten Freunde der jungen Türkei, von der Goltz-Pascha, darüber belehren konnte, daß das ein recht gewagtes Vergnügen sein kann. Sein Manöverbericht, der sicherlich die Verhält nisse eher zu günstig als zu ungünstig gibt, spendet den türkischen Truppen alles Lob; muß aber doch feststellen, daß die so gerühmten türkischen Truppen seit langen Jahren jetzt zum ersten Male wieder die hchc Schule des Manövers genoffen haben; und daß den Mann schaften scharfe Patronen überhaupt noch nicht in die Hand gegeben worden sind. Will man auf solche Truppen, die Albanier und Drusen ganz nett mögen bändigen können, für einen modernen Krieg rechnen? Wir tun auch das lieber, als daß wir uns mit England ver ständigen. Denn diese Verständigung wird ängstlich gescheut. Warum aber eigentlich? Italiener in Amerika. Unter den Einwanderern ist der Italiener in den Vereinigten Staaten am wenigsten gern gesehen. Gegen ihn richtet sich vor allem die Agitation für eine weitere Beschränkung der Einwanderung. Im letzten Jahre trafen 1385 349 Einwanderer in den Häfen der Union ein. von denen 285 731 I t a l i e n e r waren. „Sie haben", sagte General Francis A. Walker, „nichts von den eingeborenen Trieben und Neigungen, die es verhältnismäßig leicht weroen lasten, mit der Einwanderung der älteren Zeiten fertig zu werden. Sie sind geschlagene Menschen einer geschlagenen Raste, die schlimmsten Fehlschläge im Kampfe ums Dasein." Der Amerikaner betrachtet sie als schmutzige, untersetzte Ausländer, die mit Früchten handeln, di« Straßen fegen oder in Berg werken, Tunnels an Eisenbahnen und Bauten arbeiten. Ihr Lebensstandard ist niedrig, und es wird behauptet, sie erhöhten ihn nicht, wenn sie Er folg haben. Zudem liegt bei sehr vielen immer die Wahrscheinlichkeit vor, daß sie eines Tages Kranken-, Irren- und Armenhäusern zur Last fallen. Es sind nicht mehr die starken und unabhängigen Individuen, di« kommen, sondern die schwachen und unfähigen. So behaupten wenigstens di« Einwanderungsacgner und folgern daraus, daß den Italienern als un erwünschten Elementen, wie den Osteuropäern, die offene Tür möglichst verbaut werden müsse, La sie nie zu „guten Amerikanern" werden könnten. Dieser Auffassung treten aber neuerdings namhafte Volkswirte in Amerika entgegen. Professor Matthews geht im „Century" überhaupt aller Furcht vor einer Verdrängung oder Vernichtung des Amerikanertums durch eine übermäßige Einwande rung zu Leibe. Er schreibt: „Es gibt in der Be völkerung von New Park zu Beginn des 20. Jahr hunderts kaum einen größeren Prozentsatz von Fremden als zu Ende des 17., noch sind die gefähr lichen Elemente verhältnismäßig zahlreicher, als sie es damals waren." New York war zuerst eine holländische Stadt mit einer Mischung von Wallonen und Hugenotten, Eng ländern, Schotten, Iren und einigen Deutschen. Den ersten großen Zustrom erhielt New Park nach der Revolution, als sich die Engländer von Connecticut und Massachusetts im damaligen New Amsterdam niederließen. Die „New-Engländer" wurden ab sorbiert und assimiliert und machten geborenen New Porkern Platz, und diese sahen dann mit Mißfallen und Feindseligkeit auf di« Einwanderung der Iren, wie di« Iren später gegen die deutsche Einwanderung aufbegehrten und wie all« eingelebten Raffen nun in Zweifel ziehen, ob es weise sei, den letzten Ein dringlingen den Italienern, die Tore offenzuhalten. Matthews vertraut darauf, daß der Absorbierung«, und Assimilierungsprozeß weiter gut vonstatten gehen wird. Er sagt an einer besonders charakteristischen Stelle: „Das Feuer glüht noch unter dem Tigel, und der Derschmelzungsprczeß geht so schnell und voll ständig vor sich, wie es jemals in der Vergangen heit der Fall war. Die Kinder sind der Zusatz bei dieser Mischung. Sie werden zuerst durch die Schulen und dann durch die öffentlichen Bibliotheken beeinflußt, und schließlich wirkt das junge Volk auf die Alten zurück. Früher oder später werden die Fremden überwunden, sie werden neugeboren und sind sich dann mit Stolz bewußt, daß sie in ihr Geburtsrecht eingetreten sind." s Es fehlt bereits nicht mehr an Beispielen dafür, daß Matthews mit seiner Behauptung recht hat, daß auch die Italiener gute Amerikaner werden können. Zwar dürfen sie nicht in den großen Städten hängen bleiben und nur Bewohner „Klein-Italiens" werden. Dort kommen sie in keine engere Berührung mit den Amerikanern. Daß sie in anderer Umgeoung eine andere Entwicklung nehmen, lehrt die italienische Kolonie in Haminonton, New Jersey, unweit New Parks. Die ersten Italiener kamen dort vor dreißig Jahren an und fanden mit Fichten bestandenes Ge lände vor, das sie für landwirtschaftliche Zwecke erst zurichten mußten. 1905 gab es nach dem Zensus in Haminonton eine Bevölkerung von 43334 Seelen, darunter 2875 Amerikaner und 1123 Italiener, wobei die in den Vereinigten Staaten geborenen Kinder von Italienern den „Amerikanern" zugerechnet sind. Der Schulzensus weist solcher Kinder 677 auf. Es hat sich nun erwiesen, daß hier schon in der zweiten Gene ration die Kinder italienischer Eltrn aufgehört haben, Italiener zu sein und in Sprache und Wesen völlig zu Amerikanern geworden sind. Die neue U m - gebung modelt sie um. Der italienische Ein wanderer und seine Kinder arbeiten für Ameri kaner, sie kaufen in denselben Läden wie diese, be gegnen ihnen auf der Straße, haben sie zu Nach barn, und was das Wichtigste ist, amerikanische und italienische Kinder sitzen Seite an Seite in der Schule. Es ist demnach nicht anzunehmen, daß der Ameri kaner der Zukunft von dem der Gegenwart wesens verschieden sein wird, auch wenn der Volksorganismus noch eine reichliche Menge süd- und osteuropäischer Elemente wird verdauen müssen. Was soll aus üem Tempelholer Leibe werden? In dem Strect um das Tempelhofer Feld ergreift jetzt auch der Vorsitzende des Berliner Waldschutz- vereins das Wort. Er veröffentlicht in der „Deutschen Medizinischen Wochenschrift" einen längeren Aufsatz, worin er die Aerzte als die berufensten Anwälte der Volkshygiene zum Kampf gegen Maßnahmen aufrust, die die Volksgesundheit au;s schwerste gefährden. Er bleibt dabei nicht bei der Kritik stehen, sondern geht auch zu praktischen Vorschlägen über, wobei er den Grundplan des Archi tekten Jansen zur Ausführung empfiehlt und die Aerzte auffordert, für die Ausführung dieses Planes Propaganda zu machen. Es heißr in dem Artikel: Die Frage der Veräußerung eines Teiles des Tempelhofer Feldes an ein Konsortium, das die Par zellierung und Bebauung desselben vornehmen will, steht zurzeit im Mittelpunkte des Interesses aller derer, die nicht nur die kommunale, bauliche und künstlerisch-ästhetische Ausgestaltung unserer Stadt und ihrer Vororte, sondern auch die Wahrung hygienischer Werte, zu denen nicht an erster Stelle die Erhaltung und Schaffung eines Waldgürtels um Berlin und die Anlage groyer, parkartig ausgestalteter Gelände innerhalb Groß-Berlins gehören, als eine der wichtigsten Aufgaben der gegenwärtigen Ent wicklungsperiode Berlins betrachten. Nach dieser Richtung hin zu wirken, ist aber vor allem auch Sache der Aerzte, von denen jeder einzelne in diesem Sinne Hygiene treiben und seinen Einfluß nach allen Seiten hin geltend machen sollte. Handelt es sich doch hier nicht nur unr uns Gegen wärtige, sondern auch um die kommenden Gene rationen, um unsere Kinder und Kindeskinder! Die Indolenz der Aerzte diesen so überaus bedeutsamen Fragen gegenüber ist in hohem Maße bedauerlich, und es ist kaum zu verstehen, daß in der med'^nischen Fach presse die Frage, wie der Großstadt Licht und Lust und Wiese und Wald zu erhalten sind, nickt viel leb hafter erörtert wird und diejenigen, die dazu in erster Linie berufen wären, es unterlassen, ihre gewichtige Stimme zu erheben, lieber die Notwendigkeit, ein solches „fteaeptaauium ox.V2on.ii" zu besitzen, sind wir uns doch alle einig! Nachdem wir aber eben erst die Allgemeine Städtebau-Ausstellung gehabt haben, in der sich jedermann darüber belehren konnte, wieviel in anderen Großstädten für diese Zwecke, zum Teil unter kolossalen Opfern, geschieht, wie wenig bei uns nach dieser Richtung geleistet wird, ja, wie man unwieder bringliche Werte — ich erinnere nur an den Park von Schönhausen — dahingibi, muß es jeden mit aus richtigem Schmerz erfüllen, daß jetzt wieder die Ge legenheit, unseren Mitbürgern eine Oase in der Stein wüste Berlins zu schaffen und damit unendlich viel Gutes für die Gesundheit, die körperliche und geistige Tüchtigkeit des Großstädters zu tun aus der Hand gelassen wird. Gerade der Wettbewerb um einen Plan für Groß-Berlin hat eine Reihe von Projekten ent stehen lassen, die auch der hygienischen Seite der Frage in weitgehendem Maße gerecht werden. Dahin gehört vor allem der mit dem ersten Preis cwkrönte Vorschlag zu einem Grundplan für Groß-Berlin des Architekten H. Iansen , dessen Studium allen denen empfohlen sei, die ein Herz für die Entwicklung ihrer Stadt haben und die Pflickt fühlen, die Dinge nickt laufen zu lassen, wie sie einer knrisicktioen und uim Teil rücksichtslosen, nur auf den augenblicklichen Vor teil bedachten Interessensphäre genehm sind. Jansen sagt zum Schluß seiner Darstellungen, auf die näher einzugehen an dieser Stelle freilich nicht möglich ist: „Als vor 30 Jahren mit elementarer Gewalt die Entwicklung Berlins zur Großstadt einsetzte, stieß es auf unvorbereitete Verhältnisse auf dem Gebiete des Städtebaues. Heute rüstet sich Groß-Berlin zur Welt stadt, heute heißt es. die Kanseauenwn aus den früheren Vorgängen ziehen. Die Verhältnisse liegen insofern günstig, als an einer genügend großen Zahl von Vorgängern beobachtet werden kann, welche Wege sich bereits bewährt haben und welche für Berlin speziell sich empfehlen. Von solchen Städten sind zu nennen außer Paris und London besonders die amersi kanischen Riesenstädte New Port, Chicago, Boston usw. Letztere schnellten ebenfalls mit solch' märchenhafter Plötzlichkeit empor, daß jedwede Vir-"-"" selbst die kühnste, überholt wurde, aber heute holen sie mit großer Energie und mit Weitblick das nach, was da mals versäumt wurde. In Boston kostete vor wenig Jahren der Königsweg, der von Southampton Row durch einen dichtbevölkerten Staddleil nach dem Strand beim Somersethouse führt, 122,5 Millionen Mark. St. Louis gab für Verbesserung und Ver schönerung der Stadt 100 Millionen, Cleveland 85, New Porr 340 Millionen aus. Es wird also nichts Neues, Sonderliches gefordert! England und Amerika geben seit Jahren Dutzende bewährter Vorbilder. Um uns vor eventuellen Ueberhebungen zu bewahren, muß wiederholt betont werden, daß auch die sämtlichen Forderungen, die durch den Wettbewerb an das künftige Groß-Berlin gestellt werden, nichts Neues oder Außergewöhnliches aus diesem Gebiete bedeuten; es soll Groß-Berlin nur nicht das vorenthalten werden, was anderen Städten längst gesichert ist. Das sind außer idealen Ansiedelungen die dem Volke unbedingt nötigen grünen Freiflächen, ein großzügiger einheitlicher Schnellbahnverkehr und eine durchgreifende Sanierung der vorhandenen un zeitgemäßen oerkehrshinderlichen Straßenzüge im Innern der Stadt. Eine Großstadt zu schaffen, heißt nicht ein Haus ans andere fügen, nur dem feweiligen Tagesbedarf der einzelnen Gemeinden, des einzelnen Ansiedlers folgend. Wer einer Millionenstadt einen wirklich gesunden, dauernd lebens- und entwicklungs- fähigen Organismus zu geben die schwierige, verant wortungsvolle Aufgabe yat, muß dies von einer höheren Warte tun, und der vorliegende Vorschlag zu einem Eeneralbebauungsplan von Groß-Berlin ver suchte für sein bescheiden Teil hier einige Anregungen zu geben." Mit dem Architekten sollten sich vor allem die Aerzte als die berufensten Anwälte der Volkshvgiene vereinen, um der Stadt das, was sie an Licht und Luft braucht, zu erhalten und, wo nötig, mehr und mehr zu erwerben. Es ist ein bitterer Hohn, daß man auf ber einen Seite Millionen für die Errichtung von Tuberkulose-Heilstätten mit Frei luftbehandlung aufwendet und auf der anderen Seit« das bißchen freie Lust, was man der Stadt wahren könnte, ihr skrupellos entwendet. Aber noch ist es, wie soeben in einem Aufruf der Dodenreformer zu lesen, nicht zu spät, noch kann der drohenden Unbill, denn so muß man den geplanten Handel nennen, vor gebeugt werden, wenn sich alle Welt einmütig und laut und nachdrücklichst dagegen erhebt, unersetzliche Werte der Volksgesundheit zu verschleudern! Dafür auch die Aerzte ins Feld zu rufen, ist der Zweck dieser Zeilen. Ewald, Vorsitzender des Berliner Waldschutz-Dereins. Oeussches Kelch. Leipzig, 8. November * Der Minister des Aeußern Graf Vitzthum o. Eckjtädt wird dem Vernehmen nach an der bevor stehenden Sitzung des Bundesratsausjchuues für auswärtige Angelegenheiten in Berlin teil nehmen. * Ueber die angebliche Kandidatur des Regie rungsrat a. D. Martin im 2. sächsischen Rcichslags- wahlkreise (Löbau-Ebersbach) erhält die „Zrtt. Morgenztg." von Rechtsanwalt Dr. Kneschke, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Nationallibe ralen Vereins zu Löbau, folgende interessante Mit teilung: „In den letzten Tagen ist in der Presse, zu erst in den konservativen „Bautzner Nachrichten", von einer Kandidatur des Regierungsrats a. D. Martin in Berlin für die nächste Reichstagswahl im Wahl kreise Löbau gesprochen worden. Der National- liberale Verein zu Löbau erklärt hiermit, daß seine Partei mit dieser Kandidatur nichts zu tun hat, der Vorstand des Vereins hat auch im voraus einstimmig bescklossen, falls Herr Martin seine Kan didatur der nationalliberalen Partei anbielen würde, dies abzulehnen. — Herr Martin, der bei der Nachwahl in Koburg der nationalliberalen Partei seine Kandidatur angeboten hat, hat dort eins ab lehnende Antwort erhalten, er ist alsdann an die Fortschrittliche Volkspartci mit demselben Erfolge herangclrcten. Jetzt hat er im Gespräche erwähnt, daß seine Kandidatur in Löbau Unterstützung durch einflußreiche konservative Füh» rer finden werde in der Voraussicht, daß zu seinen Gunsten die Kandidatur Förster zurückgezogen werde. Danach scheint jetzt diese Kandidatur entweder von konservativer Seite oder nur non Herrn Marlin selbst unter konservativer Mithilfe in Aussicht ge nommen zu sein." * Die Leipziger Lehrerschaft, die auf Grund be sonderer Einladung zu den sozialdemokratischen Volks versammlungen im „Felscnkeller" und im Gasthof Neureudnitz, die sich mit der Volksschulreform be faßten, ihre Vertreter entsandt hatte, nahm, wie man uns schreibt, Gelegenheit, nach dem Dortrage des ehemaligen Bremer Lehrers Holzmeier im Gasthofe Neureudnitz. der So zialdemokratie gegenüber ihren Standpunkt in der Frage der Dolksschulreform zu vertreten. Herr Holz, meier behauptete, daß jedes ernstliche Streben für eine wirksame Reform der Volksschule bei der So, zialdemokratie enden müsse. Die Lehrer Dröße, Hiemann und Böhm wiesen den Vorwurf, die Re« formbestrebungen der Lehrerschaft nicht allen Ernste« vertreten zu haben, mit aller Entschiedenheit zurück. Sie gaben zu, daß die Grundforderungen der säch sischen Lehrerschaft zur Dolksschulreform nicht so weit gehend seien als die Forderungen der Sozialdemo. kratie, wiesen aber mit Recht darauf bin, daß ihr« Forderungen den Vorzug der Möglichkeit der Der- wirklichung in sich trügen, was von denjenigen der Sozialdemokratie im Eegenwartsstaate keineswegs behauptet werden könne. Nach wie vor werde die sächsische und insbesondere die Leipziger Lehrerschaft
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