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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.09.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110920024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911092002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911092002
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1911
- Monat1911-09
- Tag1911-09-20
- Monat1911-09
- Jahr1911
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BezugSPrei- Abend-Ausgabe. Ar L«tv«io an» voion, vurch »nler, Iraae, ,»d Epedcteue« !m»l tiallch »»» van» aedraci» <v VI. monatU, >.7u ML oieniliührl Br« »ater» KtUale» ». Ln» im-melrellea adardoU 7S Pt. «»luUL, L»«L oterttlsStzrl. D»rr» »»« O»tt: «uirrhaU» DiaNchlanv» and o«r beutlchen Kolonie» »terteliädrl. 3.SU Mt. moaatl. l^v ML au»schl Potrdeftellaeld Arm«« ui Lelglr», Dänemark, den Donauftaaten. Italien. Ln^embara Ütiederlande Nor- «egen Orilerreiw»Uaaarn -iaülaad. Schweden, Schweu a Spant«» In alle» übrraen Staaten na« dtrev durch »t« Selchattdilelt, de» Blatte» rrdaUltch. i Da» Uetpp«»» Lagedla« «rlchruu r«at täglich. Son», a. Krrenag» nar morgen». Ldonn,m,at».Lanavm, S»»a,ni»,»N» 8. d», anieren Iragen«. Ailialen. Svedliruk«» uad Ännatzmetteüen. iowr» Bollämrern und Vneitragera. KipIgcr TligMM TeU-Änschl. 14692 iV-chtanIchla») 14 893 1.694 Handelszeitung. » . s l4892 l«acht»»IchU«D Tel.-ÄMs. r 14 893 l 14894 Amlsblatt des Rates und des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeige« PreiS filr Irreal» an» Leip,la und Umgeb»», di« llpaltlg,Petiltetl« LPf..bi«SleName» »eil« 1 Ml.' von au»wärt» 30 Pf. Lrklamrn llv ML' Inlerat« von Behörde» i« amt liche» Teil di» Petttzetl« S0 Pf Sefchaftranzeigen mit Platzvorlchriste» im Preis« erhöht. Rabatt nach Taris. Beilagegebäbr Gesamt auflage S ML o laufend erll. Postgebühr. Teilbeilag« höher. gestertetlt« Auftrag« können nt»t zuriiL- ae«og«n werben. Für da» Erscheinen a» bestimmten lagen und Plätzen wird k«t»e Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Iodanaiogass« S, bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen» Erpeditionen de» In- und Au»lande». Dr»K a»b Verlag »o» Fischer L XSrste» Inhaber: Paul Aiirfte». Nedavion und Seschältrstell«: Iohannirgalf« 8. tzaupt»Filiale Dre»d«»: Srestra-e 4. 1 (Telephon 1821). los. Jahrgang Nr. 26 l Mittwoch, üen 20. September ISll UM- Unsere heutige Morgenausgabe umfaßt 28 Setten, die Abendausgabe 8 Seiten, zusammen 28 Seiten. Die Ersatzwahl in Vüilelüorl. Seit dem Jahre 1871 befindet sich der Reichstags» Wahlkreis Düsseldorf ununterbrochen im Besitze des Zentrums; seit 1898 war er Lurch den verstorbe nen Abgeordneten Kirsch vertreten. Bereits bei den Wahlen im Jahre 1907 war die Zahl der sozialdemo kratischen Stimmen der der Zentrumsstimmen nahe gerückt. so daß Kirsch erst nach einer engeren Wahl als Vertreter von Düsseldorf in den Reichstag wieder einziehen konnte. Damals waren auf den sozial demokratischen Kandidaten 25 389, auf den Zentrums kandidaten 29 259 und auf den nationalliberalen Kandidaten 11664 Stimmen entfallen. In der Stichwahl hatte das Zentrum mit 33 317 über die Sozialdemokratie mit 25 233 Stimmen gesiegt. Der fast zu 70 Proz. katholische Wahlkreis hat seit der letzten Wahl um über 18 000 Wahlberechtigte zuge nommen. Für die Ersatzwahl hatten die liberalen Parteien strikte Wahlenthaltung proklamiert. Ms Hauptbewerber kamen also lediglich das Zentrum und die Sozialdemokratie in Frage. Bei der am Dienstag erfolgten Wahl erhielt der Zentrumskandidat Dr. Friedrich 29291, der sozialdemokratische Kan didat Haberland 34 073, der Kandidat der De mokratischen Vereinigung Dr. Breitscheid 3321, der von christlich-sozialer Seite protegierte,- aber für keine bestimmte Partei kandidierende Malermeister Herkenrath 3117 und der polnische Kandidat Ehociscewski 326 Stimmen. Es hat also Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten des Zentrums und der Sozialdemokratie statt- zufinden. An dem Wahlresultat ist bemerkenswert, Laß die Ziffer der Sozialdemokratie um 8684 Stim men, die des Zentrums dagegen nur um 35 Stim men gestiegen ist. Berücksichtigt man, daß die drei anderen Kandidaten zusammen etwa 6800 Stim- men auf sich vereinigt haben, so würde diese Ziffer mit dem Zuwachs der Sozialdemokraten zusammen- genommen die Höhe der 1907 für Len national liberalen Kandidaten abgegebenen Stimmen er reichen. Dabei wäre allerdings die Voraussetzung, das; von den reichlich 18 000 Wahlberechtigten, die der Reichstagswahlkreis Düsseldorf seit 19.07 mehr mehr aufwcist, noch nicht 1000 von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht hätten. Das ist natürlich nicht recht denkbar. Deshalb wird sich nicht sagen lassen, daß die liberalen Wähler, soweit sie nicht für den Demokraten Breitscheid eingetreten sind, in Hellen Haufen ins sozialdemokratische Lager übergegangen wären; es ist vielmehr anzunchmen, daß der starke Zuwachs der Sozialdemokratie vornehmlich aus der Zunahme der Zahl der Wahlberechtigten herzuleiten ist, Latz dagegen die Mehrzahl der Liberalen Nur der Golüwsge. 59) Roman von Marie Stahl. (Siachdruck verboten.) Während dieser aufregenden Ereignisse im kleinen Familienkreise tobte der Wahlkampf im Reiche. Das Endergebnis verhieß siegreich für Geiersmarks Pläne zu werden. Kläre teilte ihre Tage jetzt zwischen Leutstetten und Villa Heimfrieden. Frau von Zollmar gab ihr bereitwilligst die Freiheit, Hulde täglich einige Stun den zu widmen. Sie nahm regen Anteil an dem Geschick des jungen Mädchens, dessen Mut und Schneid ihr außerordentlich imponierten. „Ein Men schenleben ist wichtiger als di« Renovierung eines alten Schlosses. Wenn Sie also glauben, der Kranken von Nutzen zu sein, gehen Sie getrost alle Tage zu ihr, bis das Schlimmste überstanden ist", sagte sie. und Kläre verehrte sie für diese Hochherzigkeit. Hulde war noch nicht außer Gefahr, sie machte dem Arzt viel zu schaffen. Das Fieber wollte nicht Nachlassen, und das Bewußtsein blieb getrübt. Ent weder lag sie in dumpfer Betäubung oder sie phan tasierte in heftigen Angstzuständen. Gebhard Fabius, dessen zähe Natur den Angriff längst überwunden hatte, wich kaum von ihrem Krankenlager. Nur die dringendsten Geschäfte konnten ihn fernhalten. Und der Mann, der hart gehalten wurde, bekundete eine Zartheit und Geschicklichkeit in der Pflege mit all ihren Geduldsoroben und Schwierigkeiten, die Kläre oft tief rührten. In die Tragik des Krankenzimmers hinein, mit dem Gespenst der Bluttat, das düster über dem Lager des jungen, ringenden Menschenlebens schwebte, spielte die Komödie des Kleinkrieges zwischen Onkel Gebhard und Mamalla. Wie ein Zerberus wachte er, um sie nicht über die Schwelle zu lassen. Sie kam immer wieder mit dem Pathos einer Niobe, aber es g«lang ihr nicht, Eindruck zu machen. Im Anfang, als man sie einließ, hatte sie sich das Kommando aneignen und alles anders haben wollen als der Arzt und die Wärterin. Dabei machte >ie viel Wesens aus unwichtigen Dingen. Das Bett sollte anders geruckt werden, die Fensteroorhänge vaßten ihr nicht, und sie nannte das Zimmer ganz un- genügend. Bald riß sie Fenster und Türen auf, bald erschloß sie alles hermetisch. Sie tadelte die Anord nungen der Arztes und wußte alles bester. Di« Wärterin kündigt« nach kurzer Zeit und erklärte, sie übernähme keine Verantwortung, st« wüßte nicht, die von den Parteileitungen empfohlene Wahl- enthaltung geübt hat. Der Hansabund, auf besten Unterstützung der Zentrumskandidat Friedrich gerechnet hatte, hat noch in letzter Stunde erklärt, daß er Liese Kandidatur nicht empfehlen könne, da sie den Voraussetzungen des Hansabundes nicht entspräche. Dr. Friedrich, der bis zum letzten Tage vor der Wahl Mitglied des Hansabundes war, ist daraufhin aus dem Hansabunde ausgetreten. Es ist anzunehmen, daß auch dieser Vorgang auf das Wahlergebnis einen gewißen Ein fluß ausgeübt hat. Die Stichwahlaussichten sind für das Zentrum mehr als zweifelhaft, da der sozialdemokratische Kandidat bereits jetzt einen Vor sprung von nahezu 5000 Stimmen hat und, wie be reits bekanntgegeben worden ist, in der Stichwahl die Stimmen, die auf den demokratischen Kandidaten entfallen sind, erhalten wird. So wird also voraus sichtlich dieser Wahlkreis Düsseldorf dem Zentrum verloren gehen. Die revaluttonsce Gärung in Spsmen. Obwohl Canalejas die strengste Depcschenzensur übt und sogar recht sonderbar optimistische Auskunft über die allgemeine Lage in Spanien gegeben hat, lehrt doch die Tatsache der Aufhebung der konstitu tionellen Garantien, Laß Spanien vor den schwersten inneren Erschütterungen steht. Die Meldum en über das Vordringen der Revolutionäre lauten wider spruchsvoll. Am bedenklichsten scheint die Garung in der Provinz Valencia zu sein. Ein sorgfältig zensuriertes Telegramm aus Madrid besagt folgendes: Madrid, 20. September. lEign. Drahtm.) Minister präsident Canalejas erklärte gestern einigen Be richterstattern. daß sich die Lage im allgemeinen gebessert habe, obwohl die Gegend von Va lencia noch immer von einer zwei- oder dreitausend Mann starken Menge beunruhigt werde, die sich bemühe die öffentliche Ordnung zu stören. Viele Unruhestifter seien jedoch ohne Waffen. Alcira sei in der Gewalt der Truppen. Car- caaente werde abends von den Soldaten ein genommen werden. Barcelona, Saragossa und Valencia seien ruhig. — Die Vorsitzenden mehrerer Arveiteroereinigungen nahmen bei dem Gene ralkapitän gegen die anarchistischen Umtriebe Stellung und erklärten, ihre Mitglieder seien bereit, die Arbeit wieder aufzunehmen. In Bilbao ver kehren die Straßenbahnen und sonstige Fuhrwerie wieder. Ein zahlreicher Eisenbahnverkehr vollzieht sich ordnungsmäßig. Fortgesetzt werden zahlreiche Verhaftungen vorgenommen. Gegen eine Schar von etwa 300 Ausständigen, die sich der Verhaftung eines ihrer Führer widersetzen wollten, mußte die Polizei die Schußwaffe gebrauchen. ter neue Reichskrjegsminllter in Oelterrelch. Ueber die Persönlichkeit des neuen österreichischen Reichskriegsministers, des bisherigen kommandieren den Generals von Saraiewo, Ritte s von Auffen berg, teilt der Wiener Vertreter der „Preß-Centrale" folgendes mit: wem sie gehorchen solle, dem Arzt oder der Frau Mutter. Da machte Gerhard Fabius kurzen Prozeß. Er sagte ihr: „Du bist zwar die Mutter, aber das hier ist mein Haus. Ich bin in letzter Linie verantwort lich für das, was geschieht, und ich duld« den Unfug nicht länger. Eine Kranke kann nicht nach zwei ver schiedenen Methoden behandelt werden, darum wirst du gefälligst das Zimmer nicht betreten, in dem Hulde liegt, denn du stiftest nichts als Unruhe, Auf regung und Verwirrung. Schwatze draußen, soviel du willst, und raschle mit deinen seidenen Unterrücken wo anders, wenn du es ohne seidene llnterröcke un nötigerweise nicht tun kannst, aber nicht da, wo eins Fiebernde mit neununddreißig Grad liegt." Und er hatte ihr die Tür vor der Nase abge schlossen. Das hatte einen Entrüstungssturm gegeben! Vor der Schwägerin Lucre, dem Daunenkissen, hatte sie keine Angst, der gab sie es gründlich. Ja, das sei so die Art der Geldmenschen, die glauben, allen auf die Köpfe treten zu können, die nicht mit Millionen geboren wären. Von dem Noblesse oblige hätten sie keine Ahnung. „Es ist entsetzlich, daß ich mir diese Knechtung gefallen lassen muß", schluchzte sie in höchstem Zorn. „Was ist denn das lumpige Geld gegen das, was er uns jetzt schuldet? Er begreift es natürlich nie, daß die Persönlichkeit viel mehr ist als der Mammon! Das ärgert ihn auch wieder, daß ich mir erlaube, seidene Unterröcke zu tragen, seiner Meinung nach müßte ich in Sack und Asche gehen. Und ich habe ihn mir doch aus dem vorjährigen seidenen Gesellschafts kleid machen lassen, was viel billiger ist als ein neuer wollener!" Lucie versuchte zuzureden und zu beruhigen. Sie schob sich in dieser Zeit oft als Daunenkissen zwischen die Härten und Ungleichheiten der beiden Antipoden urid fing dafür manchen Puff und Stoß ab. Fabius blieb, wie immer, Sieger. Er verwehrte Frau Alla die Niobepose nicht, aber er erinnerte sie zuweilen daran, daß es besser sein möchte, wenn sie Winnie zu Hause nicht so viel sich selbst überließe, oder er stellte die trockene Frage, wer jetzt ihre Speise- kammerfchlüssel habe, wenn sie immer auf der Land straße sei. Sie fand das herzlos und empörend. Als ob es auf «in paar Würste oder Eier ankäme, wo es sich um ihre Muttergefühle handle! Nein, zu dem Ma- terialismus der Geldmenschen würde sie sich nie be kennen, ihre Jdoale gingen ihr doch darüber, und von ihnen könne sie nicht lassen! Sie fuhr einmal mit Kläre in der elektrischen Straßenbahn nach der Stadt „Der neue Kriegsminister ist am 22. Mai 1852 in Troppau geboren. Sein Vater war Hofrat bei der sch'esiichcn Landesregierung. 2m Jahre 1871 wurde er Leutnant und machte dann rasch Karriere. 1894 erfolgte seine Ernennung zum Overst, MD »um Generalmajor. 1907 wurde er Eeneralinspektor der Korps-Offizierschulen und fand dann kurze Zeit in Dalmatien als Truppenkommandeur Verwendung. Dann avancierte er zum General der Infanterie, wurde Kommandeur des 15. Korps und schließlich kommandierender General von Sarajewo. Die Krisis, die seit einigen Monaten im Kriegs ministerium bestand, war tatmchlich dadurch heroor- aeru'en. daß in den neuen Wehrvorlagen, die den Parlamenten vorgelegt wurden, der ungaritchen Äerhandlungstpracheim ungarischen Territorium ein ziemlich breiter Rahmen ecngeräumt war, was, wie allgemein behauptet wird, die Mißstim mung des Thronfolgers erregte und zu Kon flikten zwilchen ihm und dem Baron Schönaich führte. Als Baron Schönaich dem Stapellauf des Dread noughts „Viribus unitis" bcigewohnt hatte, wurde seine Demission als nahe bevorstehend bezeichnet. Es dauerte indessen noch einige Wochen, bis sich der Ministerwcchsel vollzogen hatte. Nach Stolypins Toü. Die Beisetzung des ermordeten Ministers Stolypin findet am Freitag in Kiew statt; der General gouverneur hat Vorkehrungen getroffen, Ruhe störungen mit allem Nachdruck zu verhindern. In Petersburg wurde, etwas spät, das Arbeitszimmer «tolypins versiegelt. Im einzelnen wird drahtlich berichtet: Kiew, 20. September. (Eig. Drahtmeld.) Die Leiche Stolypins wurde gemäß seinem Wunsche am Mittwoch in das Kiewer Petschersk- kloster übergefllhrt. Die Beerdigung findet am Frei tag 10 Uhr morgens auf dem Klosterkirchhofe statt, wo sich bisher nur ein historisches Grab der beiden von Mazeppa Hingerichteten Patrioten Kotschubei und Iskra befindet. Die Beisetzung auf diesem Friedhöfe geschieht auf allerhöchsten Befehl. Kiew, 20. September. (Eigene Drahtmeldung.) Der Generalgouverneur gibt der Bevölke rung bekannt, daß die Maßregeln zur Vorbeugung gegen Ruhestörungen getroffen sind. Jegliche Ge walttaten oder Ruhestörungen würden auf das aller energischste unterdrückt werden. Petersburg, 20. September. (Eig. Drahtmeld.) Das Arbeitszimmer Stolypins im Mini sterium des Innern ist am Dienstag gerichtlich ver siegelt worden. Die Wiederöffnung des Zimmers und die Ordnung der Papiere des Ministerpräsidenten wird durch einen vom Zaren zu ernennenden höheren Beamten erfolgen. Petersburg, 20. September. (Eig. Drahtmeld.) Die gestrige Nummer der deutschen Zeitung „Peters burger Herold" wurde wegen eines Leitartikels über Stolypin beschlagnahmt. Der Redakteur soll zur Verantwortung gezogen werden. Petersburg, 20. September. (Eig. Drahtmeld.) Hier fand eine starkbesuchte Versammlung von Vertretern der vier nationalmon archischen Organisationen statt. Es zurück und hielt ibr unterwegs einen großen Vor trag über den Unterschied ihrer idealistischen, über alles Materielle erhabenen Gesinnung, im Gegensatz zu der minderwertigen materiellen Lebensauffassung ihres Schwagers. In der Stadt überredete sie Kläre, mit ihr in das Theater-Cafe zu gehen, wo sie ihre ideale Gesinnung herzhaft an Torte, Schlagsahne, Eis und allen guten Dingen stärkte. Sie machte eine Rechnung von drei Mark, und Kläre erfuhr, daß sie diese kleinen Ab stecher jetzt täglich unternähme. „Wissen Sie, ich kann L«n Kaffee bei Fabius nicht herunterbringen, es ist eine billige Bohne. Und nicht mal Sahne dazu, wenigstens nicht das, was ich Sahne nenne", bemerkte sie vertraulich. Eines Tages, als Kläre allein durch die Stadt fuhr und an einer Haltestelle auf die Elektrische nach dem Bahnhof für Leutstetten wartete, siel ihr eine ungewöhnliche Unruhe in den Straßen auf. Und plötzlich hörte sie den scharfen, gellendem Ruf der Zeitungsboten, der stets wie ein Alarmsignal alles aufschreckt: „Extrablatt! Extrablatt!" Sie horchte auf, und durch die Ereignisse der letzten Zeit nervös geworden, überkam sie eine be klemmende Ahnung von neuem Unglück. Es war ein grauer, stickiger Tag. Nach längerer sonniger Dürre lagerte ein schwerer Dunst über der Stadt, den kein erlösendes Wetter zerreißen und lichten wollte. Es roch nach Staub, Gas und Pferden, unerträglich wur den die Benzin- und Ammoniakdämpfe der Halte stellen, und jedes Haus atmete Küchen- und Keller- gerüche aus. Die Straßen sahen in der farblosen Be leuchtung nüchtern und prosaisch aus. wie das Leben ohne den Schmelz und Schleier der Illusionen. Jetzt lief ein Zeitungsmann mit seinem fanfaren artigen Schreien daher, und der Name ..Eeiersmark' traf sie fast wie ein Schlag. Sie stürzte ihm ent gegen und konnte kaum mit zitternden Händen den Nickel im Portemonnaie finden. Mitten auf der Straße las sie wie durch einen Nebel nur die drei Worte: „Eeiersmark", „Tod", ..plötzlich". Dann riß sie jemand beiseite, und ein« Stimme brüllte sie an: „Achtung! Das ist kein Platz zum Leien!" In dem selben Augenblick sauste auch schon ein Automobil hart an ihr vorbei. An einen Pfahl der elektrischen Leitung gelehnt, hatte sie das Gefühl, als drehe sich die Straße um sie herum Doch mit einer starken Willensanspan nung gewann sie ihre volle Fassung zurück. Und nun las sie den ganzen Inhalt der Depesche. Danach war Eeiersmark im Laufe des Tages, allein in seinen wurde darauf hingewiesen, daß die geringste Kon zession der russischen Gesellschaft an die Revolution und an nichtrussische Volksstämmc die größte Feig heit wäre. Die Versammlung nahm folgende Re solution an: Eine Abweichung von den russischen Nationalprinzipien hieße gegenwärtig den Terror aufmuntern. Petersburg, 20. September. (Eig. Drahtmeld.) Die „Nowoje Wremja" meldet, oaß der Mörder Stolypins, der Rechtsanwaltsgehilfe Bagrow, unter dem Namen „Genosse Efim" längere Zeit in Paris und Berlin als terroristischer Agi tator tätig gewesen ist. Von Berlin ist er nach Kiew gekommen, wo er seine agitatorische Tätigkeit wieder aufnahm, es aber dabei verstand, die Polizei zu täuschen, ja sogar dieser seine Dienste anzubieten. Petersburg, 20. September. (Eig. Drahtmeld.) Zahlreich eintreffende Meldungen beweisen, daß Las tragische Ende Stolypins überall eine erschütternde Wirkung heroorgerufen hat. In vielen Theatern wurden die Vorstellungen ab gesagt. Ueberall wurden in den überfüllten Kirchen Bittgottesdienste zelebriert. Nach Kiew reisen zahl reiche Deputationen, um Kränze am Sarge des Ver schiedenen niederzulegen. Die Witwe des Er mordeten erhält fortdauernd Beileids- Lepe sch en. die die Entrüstung über das Ver brechen ausdrücken. Der Allrussische Verband be schloß, im ganzen Reiche eine Sammlung für ein Stolvvindenkmal zu eröffnen. In Moskau erließ der Oktossristenverband einen Aufruf, der alle Männer der Ordnung und Freiheit auffordert, sich zu ver einigen. um Rußland vor dem Verderben zu retten, Las die politischen Parteien der Linken ihm be reiten. In Kiew ließ der Kaiser am Sarge des Verschiedenen ein Kreuz aus weißen Blumen nieder legen. Der Witwe gingen von der Kaiserin, der K a i s e r i n w i t w e. den Großfürsten und Groß fürstinnen Beileidsdepeschen zu. Marokko. Die französische Presse hofft von den mündlichen Konferenzen zwischen Cambon und v. Kiderlen- Wächter eine Beschleunigung der Erledigung des Marokkostreits. Pari», 20. September. (Eig. Drahtmeld.) Die Pariser Presse hebt hervor, daß die münd lichen Verhandlungen in Berlin zu einer Beschleunigung des Abschlusses eines Vertrages in der Marokkofrage führen werde. — Der „Petit Paris ien" meint, daß die französisch-deutschen Verhandlungen einen bedeutenden Schritt vorwärts gemacht haben. Die beiderseitigen Standpunkts hätten sich einander genähert, und der Abstand zwischen ihnen wäre beinahe ausgefüllt. Die noch in der Schwebe befindlichen Artikel hätten nur neben sächliche Bedeutung und keiner von ihnen sei wichtig genug, um einen Bruch der Verhandlungen oder auch nur eine Spannung zwischen den beiden Ländern her beizuführen. — „Figaro" meint: Das Hin- und Herschicken von schriftlichen Noten zwischen Berlin und Paris bringt großen Zeitverlust mit sich. Dieses Spiel beginnt das Publikum zu ermüden und ver wirrt zu machen. Die mündliche Diskussion kann diese ärgerliche Verzögerung verhindern. Gemächern, in die er sich zu einer Siesta zurückgezogen, einem Schlaganfall erlegen. Eine Gruppe von Herren neben ihr besprach auf geregt den Vorfall. „Glauben Sie an einen natürlichen Tod?" fragte einer. „Sicher!" lautete die Antwort. „Er stand ja dicht vor einem großen Sieg." „Hören Sie mal, Hausmeier, so sicher scheint mir die Sache nicht", bemerkte ein anderer. „Bedenken Sie diese Denunziationen, die waren böse. Man kann nicht wissen, ob es da nicht einen Zusammenhang gibt." „Die Sache war erledigt", erwiderte der mit „Hausmeier" Angeredete. „Sie wissen doch ebenso gut wie ich, daß sein« Freundin für ihn in die Schranken getreten ist. Wenn auch nicht vor der großen Oeffentlichkeit, so doch Kablenz gegenüber, der aus schriftliche Beweise, die sie ihm geben konnte, seine Anschuldigungen zurücknahm und widerrief. Ich habe die Details von Raumer. Wissen Cie, das ist doch ein großer Zug von Jorinden." „Danke, weniger großzügige Frauen sind mir lieber", wandte derjenige ein, der nicht an einen natürlichen Tod glaubte. „Haben Sie Flamberg schon gesprochen, Krock- witz?" fragte Hausmeier wieder. „Den trifft die Katastrophe furchtbar hart " Die Antwort hörte Kläre nicht mehr, di« Herren entfernten sich. Und nun mußts sie mit der Last dieses erschütternden Ereignisses nach Leutstetten zurück. Sir brachte als erste die Todesbotschaft in den stillen Waldwinkel, der Geiersmarks letzte Erholungs stätte gewesen. Frau von Zollmar war schmerzlich überrascht Außer ihrer Kunst gehörte dieser Vetter zu ihren wenigen exklusiven Lebensinteressen. Sie saß heute abend lange mit Kläre auf dem Altan und sprach nur von ihm. Von der Kinderfreundschaft, die sie verbunden, und daß er ihr Jugendideal gewesen. Und aus ihren Erzählungen klang es wie der Ton einer zersprungenen Glocke auf dem Grund ihrer Seele. Also auch diese Frau hatte ihn oeliebt in fernen Jugeirdtaqen, und die Lücke, die diese uner füllte Lieb« gelassen, mußte die Kunst ausfüllen. Eie gewann ein ganz anderes Interesse in Klärens Augen, und sie wagt« es. ihr von Jorinde von Brünnen zu sprechen, als Geiersmark« Freundin. Sie hatte ihr Jorinde« Besuch nur in dem Licht« einer alten Bekanntschaft hingestellt. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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