Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.01.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-01-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120103021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912010302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912010302
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1912
- Monat1912-01
- Tag1912-01-03
- Monat1912-01
- Jahr1912
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BrzugS-Preit jtr L«tp«»a »>U> V,r»N« »«ich ,nl,r, Tküg», »öd 6p«»»«««« r»«I «t,I»ch t« v<u>, ,«di«ch« « VI. »t«n«UahN ««« „!»» KUI»l«n » R>- «atzmistrür« abu«d»l« 1» m. «»«atl, »«ich »»« v«n« innirhald Diullchlanv» un» d«r dratlchin Nolont«n oiirteliahrl. S.« »»«all. Ü2U M t. au.fchl P,ftdrtt«lla«id 8«r««r tn Lrlftic«, Dünimarl, »«« !>»il«i>ttaal«n. Ilollki. Lu^emduiL Rttb«Uaad« R«i» wegen Oegerrria. Ungaen, -tutzland. Schweden^ Siliwe»» « Svanlen. 2i> alte« uürlgen vluulen nu» dtreU durch dl« <Se>chaIt.il«U« d«» Blatt«, «tdällltch. Da, L«lp«lg«i La,«blatt «rlch«««r !mal täglich. Sonn» ». ü«l«Nag, nar morg««,. Adonnemenlr-Annodm« Iodonal.gall« d«l ««>«rrn Lrög«rn. Atltal«n, Sprbtleur«» «ad >ilnnatzin«Irell«n, lowl« Bojlaml«rn »ad Bkt«stkS,,rn. Eta,«lv«kla»k»pk«t, U) Bi. Abend-Ausaabe. MWgcrTaMaü Handelszeitung. l ts 68S * Amtsblatt des Aales »«- -es Aolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Nr. 5 Mittwoch, den S. lamisr lSl2. »«zeige« Prei» M 2«i«ntt» -n» Lat»»«a an» Umgibun, »t, lloalll,« P«nl»«tl« SBs-»»««,Name- ,«U, t Ml. «,» oa.wärt, A> vt. ««Namen llv ML. Inierat, von Brü-rde» lm amt» llch«, I«ll »t« B«Mt«tle ro Ps S«lchLst»ant«lg«n mtt Bladvorlchrtft«» lm Prell« «rhSdl. Rabatt na» Tanl Be>laa«a«badr S»lamt» aallaa« S Ml. ». Taulrnd «rkl. Poftgrdahk. I,!ld«lla,« Hub««. F«k«N«Ut« Buktrag« künn«n <tt»l »niüL- a««og«n w«rd«»- 8ür da, lkil»«tn«n an b«mmml«n La->«n and Pl仫n wird krin« ltai.ntt« ud«rn,mm«a. >lnt«ti,«a»chanadm«: 2»tz»,»t«l«Ii« 8, del lämtllchin Fatal«« «. allen Nnnonc««- Lrv«vttlon«n d«, 2n» »nd N„laad«». Dr»N ««» v««la, »«» Atlch« « KLrft«» 2nhad«r: V«»> Kllrlt««. N«d«ttt„ «ad »«lchilt.ltill«: Iodannlogalt« L H«,vt»Alllal« »««,»««: Seeftlab« < t (Trlephon 4Ü21). 106. Istirgsng. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 8 Selten. Das Wichtigste. * Der Kronprinz ist heute früh V«6 Uhr in Berlin cingetroffen. (S. Pol. Nachr.) * Die Verhandlungen zur Beilegung der Tabakarbeiteraussperrung in West falen sind gescheitert. (S. Pol. Nachr.) * Die Erzherzogin Zita ist seit einiger Zeit leicht erkrankt. (S. Pol. Nachr.) * Das neue türkische Kabinett ist ge bildet worden. (S. Pol. Nachr.) * Der Dichter Geh. Justizrat Felix Dahn ist in Breslau gestorben. (S. Feuill.) Das Ehrenwort ües Hauptmanns Dur. Hauptmann Lux erklärte mit Würde, daß ihm nicht das Offiziersehrenwort bei seiner Inhaftierung aus der Festung Glatz abgenommen worden sei. Da mit bekundet der französische Hauptmann eine Auf fassung, die für einen Offizier geradezu erstaunlich wirkt, Festungsstrafe ist eine Ehrenstrafe, die nur für Ehrenmänner besteht. Ausdrücklich ist darauf hin gewiesen, daß sie in blosser Freiheitsentziehung mit Beaufsichtigung der Beschäftigung uird Leoensweis« der Gefangenen Anwendung finden darf. Diese Be stimmungen des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich setzen ein Vertrauen voraus, das natürlich nur durch das Wort des Inhaftierten, sich den Vor schriften und Gesetzen der Festungshaft fügen zu wollen, möglich gemacht wird. Wer das bei Antritt der Festungsstrafe gegebene Wort bricht, hat das in ihn gesetzte Vertrauen aufs gröblichste mißbraucht und sein Wort gebrochen. In welchem Umfange man in Deutschland gewöhnt ist, dem Worte eines Mannes völlig zu vertrauen, geht daraus hervor, daß FdMngs^efangene nicht nur oie Freiheit bekommen, in der Festungsstadt spazieren Hur enter kbe. Romau vou H. LourthS-Mahler. 20s (Nachdruck verboten.) „Es ist manches schlimm im Leben." Ein weher Ton lag in ihrer Stimme. Da aber gerade Fritz auftauchte, mit den Schlitt schuhen über der Schulter, achtete Jutta nicht darauf. Sie wurde ein wenig rot, wie jetzt immer, wenn sie Fritz unvermutet begegnete und ver tiefte sich scheinbar in einige kunstvolle Figuren, die sie mit den Schlittschuhen auf das Eis zeichnete. Fritz rief die Schwestern fröhlich an. „Hollah! Ist noch Platz für mich auf dem Weiher?" Jutta tat, als sehe sie ihn erst jetzt. „Ach, du bist's, Fritz! Nun komm' nur, wir wollen Ev' in die Mitte nehmen, damit sie mal ordentlich herumfliegt." Fritz befestigte mit einigen energischen Grif fen seine Schlittschuhe und sprang auf das Eis. Eva in der Mitte, liefen sie schnell davon. „Wo steckt denn Silvie? Ich denke, sie wollte mit Euch laufen," sagte Fritz. „Pöh! Die hat Angst, daß sie eine rote Nasenspitze kriegt, weil es so kalt ist." „Du hast auch eine, Jutz," neckte er. Jutta funkelte ihn mit ihren Augen an. „Das geht dich natürlich gar nichts an. Ucbrigens ist es nicht kavalierement, einer Dame das zu sagen." „Einer Dame? Jutz, du bist doch noch ein Baby." „Und du bist 'n Frechdachs. Mit sechzehn Jahren ist man wohl eine Dame." „I wo, — das fängt erst mit zwanzig an." „Fritz, — wenn du mich ärgerst, gehe ich nach Hause!" rief Jutta erbost. Fritz sah an Eva vorbei in ihr hübsches, frisches Gesicht, aus dem ihn die Augen trotzig ansahen. „Du wirst doch nicht, Jutz? Ich bin ja nur deinetwegen hierher gekommen." Jutta wurde dunkelrot. „Das ist sehr schmeichelhaft für Eva," sagte sie hastig. „Llch, Eva ist viel netter wie du und viel nachsichtiger. Sie nimmt nicht alles gleich übel. Du bist aber jetzt manchmal direkt garstig zu mir. Denn ich eines TageS an gebrochenem Herzen sterbe, bist du schuld." Er hatte kaum ausgesprochen, da ließ Jutta plötzlich Evas Hand los, so daß diese fast ge fallen iväre, und lief wie gejagt in der ent gegengesetzten Richtung davon. zu gehen oder allerlei Geschäfte zu erledigen, sondern auch auf Wort für viele Tage entlassen werden. Trotz dem aber ist bisher die Flucht eines Festungs- qefangenen nur noch in einem einzigen Falle am An fang der siebziger Jahre erfolgt, und auch in diesem Falle war es ein französischer Offizier. Der Triumph Frankreichs über ihren neuesten „National helden" dürfte vielleicht durch diese Feststellungen ein wenig geschmälert werden, oder man müßte an nehmen, daß auch im Frieden dem Franzosen jedes Mittel recht ist, sich Vorteile zu verschaffen. Dieser Wort- und Vertranensbruch wird, wie wir schon früher meldeten, auf künftige Fälle nicht ohne Ein fluß bleiben. Die Ehrenstrafe für Festungshaft für fremde Spione dürfte, auch wenn die Spione Offi ziere sind, durch die Flucht des Hauptmanns Lux ihren Todesstoß erhalten haben, da die deutsche Justiz einen weiteren Mißbrauch mit dem Vertrauen, das sie in die Ehre von Männern setzt, nicht dulden kann. Zu der Flucht erfährt der Pester „Ujsag" von den Pester Freunden des Geflüchteten folgende Einzelheiten: Einige Freunde des Hauptmanns gaben Mitte Dezember einige Pakete an die Adresse des Haupt manns auf und ersuchten gleichzeitig den Komman danten, die als Weihnachtsgeschenke be stimmten Pakete dem Hauptmann auszuhändigen. Dies geschah auch. Die Pakete waren mit ungewöhn lich dickem Bindfaden umschnürt. In einem be fand sich eine feine Feile. Die Flucht erfolgte am 27. Dezember. Am 28. Dezember war Lux bereits bei seinen Freunden in Pest. Er erzählte ihnen, er habe nach seiner Flucht um 7 Uhr morgens in Glatz den Zug bestiegen. Er hatte gerade soviel Geld, um bis zur österreichischen Grenzstation Mittelwalde zu fahren. Von dort fuhr er ohne Geld weiter. Er wurde von einem österreichischen Kontrolleur ange halten und erzählte diesem, wer er sei und woher er komme. Als politischen Flüchtling konnte man ihn nicht an die deutschen Behörden aus liefern. Die Pester Freunde sandten dann telegraphisch das erforderliche Geld. Weiter wird gemeldet: Paris, 3. Januar. Hauptmann Lux erhielt von der Militärbehörde einen 30tägigcn Urlaub, den er in Nizza verbringen wird. Die Meldung, daß er der Form halber vor ein Kriegsgericht ge stellt wurde, wird zum mindesten als verfrühtbe zeichnet. Lux habe wahrscheinlich einen Urlaub ge« I habt und die Grenze mit Ermächtigung seiner Vor« gesetzten überschritten. Seine Verhaftung wäre em Fall von höherer Gewalt, der selbstverständlich irgendwelche Strafverfügung ausschließe. Der „Ma- tin" gibt heute eine von den gestrigen Veräfientlichun- gen über die Flucht des Hauptmanns Lur etwas abweichende Darstellung. Danach sei diese hauptsächlich das Werk eines Schulfreundes von Lux gewesen, an den der letztere Briefe ge richtet habe. In einem dieser Briefe Hätte Lux mit sympathetischer Tinte geschrieben: „Ich langweile mich, ich muß trachten, zu entkommen.' Der Schul freund setzte sich mit einem Freund« des Lux ins Ein vernehmen, worauf die Absendung der für die gluckt erforderlichen Gegenst ä n d e begann. So erhic st Lux in verschiedenen aufeinander folgenden Sendun gen fünf Farbstifte, ein Lineal und einen Zimmer turnapparat. Die Farbstifte enthielten feine Sägen, deren übrige Bestandteile aus dem Lineal und den Handgriffen des Turnapparates gebildet wurden. Zwischen den Blättern eines Kalenders von 1912 wurde eine Generalstabskarte der Umgebung von Glatz in die Hände des Gefangenen geschmuggelt. Schließlich wurde auf Ersuchen des Hauptmanns Lux ein großes Bettlaken an ihn gesandt, das ihm ipäter dazu diente, sich vom Fenster herabzulassen. Das er forderliche Geld wurde in den Embandoeckeln von Büchern eingeschmuggelt. Die Untersuchung. Wie der „Draunschw. Landesztg." aus Berlin gemeldet wird, hat im unmittelbaren Auftrag des Kaisers der für die Festung Glatz zuständige Krregsminister einen Z m m e d'. a t b e r i ch t über die unter eigenartigen Umständen bewerkstelligte Flucht des französischen Spions Lux von dem Kom mandanten d«r Festung Glatz eingefordert. Gleich zeitig ist eine Untersuchung gegen etwaige Mit helfer des Entflohenen emgeleitet und Befehl zur Verschärfung der lleberwachungsbestimmungen gegen den gleichfalls wegen Spionage in Glatz internierten englischen Offizier Trench erteilt worden. Die Lehren für Deutschland. Die Pariser Presse plaudert in dem Jubel über die geglückte Flucht des Hauptmanns Lux redselig aus, auf welche Art das Unternehmen vorbereitet worden ist. Für diese prahlerische Geschwätzigkeit dürfen wir unseren westlichen Nachbaren deshalb verbunden sein, weil ihr praktische Fingerzeige für die künftige Bewachung ausländischer Spione zu entnehmen sind. In erster Linie steht dabei die Erkenntnis, daß eine in der Nähe der deutschen Grenze gelegene Festung grundsätzlich als ungeeignet für die Aufnahme solcher Spione gelten muß. Die Nähe der Grenze enthält als solche den lockendsten . Anreiz zu Fluchtversuchen und er leichtert ganz außerordentlich den Erfolg. In zweiter Linie geht aus den Pariser Angaben hervor, daß der Verkehr verurteilter Spione mit der Außenwelt völlig anders geregelt werden muß. Unsere bisherigen Einrichtungen haben unter dem Zeichen einer Vertrauensseligkeit gestanden, die angesichts der wieder modern gewordenen Ver schlagenheit des Kundschafterwcsens gänzlich ver altet erscheint. Strengste Ueberwachung des brief lichen Verkehrs und jeder Art von Lektüre sind durch den Fall Lux als unbedingt notwendig erwiesen. Vom Standpunkte des Staatswohles bleibt gar nichts anderes übrig, als daß die Festungskomman dantur in beiden Richtungen eine Aufsicht ausübt, die jeden Mißbrauch verhindert. Sentimentale Ge müter werden hierin einen unzulässigen Eingriff in die „Menschenrechte" erblicken. Mit solchen Träu mereien läßt sich jedoch gegenüber Personen, die die Sicherheit des Reiches gefährden, schlechterdings nichts anfangen. Der Fall Lux wird im neuen Reichstage bei der allgemeinen Lesung des Etats ohne Zweifel zur Sprache kommen. Di« Regierung sollte aber schon vorher bi« gebotenen organisatorischen Aenderungen treffen und der Öffentlichkeit ohne Verzug die Ge wißheit geben, daß einer Wiederholung des Falles Lux nach Möglichkeit vorgebeugt ist. Die Sammlung tüc Llumensu. Das unter dem Protektorat der Kaiserin stehende Hilfskomitee für die durch die Hochwasserkatastrophe in Südbrasilien Geschädigten hat bereits erhebliche Erfolge zu verzeichnen. Abgesehen von der Spende des Kaisers im Betrage von 10000 ,/L sind u. a. folgende Beiträge eingegangen: Friedrich Krupp, Essen (Ruhr), 7500.X, Deutsche Bank. Dresdner Bank, Darmstädter Bank, Mendelssohn L Co.. Delbrück Schickler L Co., sämtlich in Berlin, je 5000 Badische Anilin- und Sodafabrik. Ludwigs' hafetz, Nationalbank für Deutschland, Kom j merz- und Diskonro-Bank, Berlin, Farben' Fritz bekam einen roten Kopf und sah ihr nach. Eva hinderte ihn mit einem bittenden Zuruf am Weiterlaufcn. „Fritz, — du solltest Jutta ein wenig ernster nehmen. Sie ist wirklich kein Kind mehr," sagte sie eindringlich und sah ihn mit ihren lieben Augen bittend an. Er zog ihre Hand schnell an die Lippen. „Ich weiß es, Eva. Jutz soll nur nicht wissen, daß ich sie ernster nehme, als ich mir den Anschein gebe. Ich will nicht, daß sie ihre Unbefangenheit verliert." Evas Augen leuchteten auf. „Du hast Jutta lieb, Fritz, nicht wahr?"' Er sah ihr ernst und fest in die Augen. „Von ganzem Herzen, Eva. Dir will ich's gestehen. Du wirst mich nicht verraten. Denn sichst du, — Jutz muß erst noch etwas älter werden, ehe ich ihr sagen kann, was sie mir ist. Ein Jahr muß ich mindestens noch warten." Eva nickte lächelnd. „Nun verstehe ich dich," sagte sie warm. Fritz hatte inzwischen Jutta mit seinen Blicken verfolgt. Er wurde merklich unruhiger, als sie nicht zurückkam. „Willst du man ein Weilchen allein laufen, Eva? Ich muß doch meinen kleinen Trotzkopf wieder einfangen." „Lauf nur zu. Ich übe mich inzwischen ein wenig allein, damit ich auf eigenen Füßen laufen lerne," sagte sie lächelnd. Fritz sauste davon und hatte Jutta bald erreicht, trotzdem sie ihm sichtlich zu entkom men suchte. Scharf schnitt sein Schlittschuh in das Eis, als er mit einem Ruck vor ihr stoppte und sie einfach in seinen Armen auffing. „Laß mich los, du!" rief sie zornig. Er hielt sie nur fester. „Du Trotzkopf, warum reißt du denn anS?" Sie wandte das Gesicht von ihm ab; aber er sah doch, daß sie geweint hatte. Er erschrak. „Jutz — aber liebster, kleiner Jutz, — warum weinst du denn? Ist eS dir denn gar so schmerz lich, wenn ich am gebrochenen Herzen sterbe," scherzte er, ui" ihr die Fassung wiederzugeben. Da sah sie ihn mit großen, zornigen Augen an. „Pfui, Fritz! Du bist jetzt gar nicht mehr mein guter Kamerad. Immer machst du dich über mich lustig. Ich bin kein kleines Kind mehr und will endlich ernst genommen werden, das laß dir gesagt sein. Dein Benehmen mir gegenüber ist einfach — einfach ungezogen." Er wurde ein wenig blaß und ließ sie schnell auS seinen Armen. Mit einer formellen Verbeu gung trat er zurück. „Ich bitte um Verzeihung, wenn ich dich gekränkt habe," sagte er förmlich. Sie blickte ihn betroffen an. Diesmal scherzte er nicht. Seine Augen blickten sehr ernst. Un behaglich zerrte sie an ihrem Muff. Nun war ihr sein ernster Ton erst recht nicht angenehm. „Befiehlst du, daß ich dich zu Eva hinüber begleite? Ich möchte dann lieber nach Hause gehen." Sie schluckte die neu aufsteigenden Tränen hinunter. „Du willst schon wieder gehen?" fragte sie unsicher. „Ja." „Warum denn?" Es zuckte in seinen Augen auf. „Weil ich in Zukunft deine Gesellschaft mög lichst meiden muß. So konventionell wie mit irgendeiner andern jungen Dame kann ich mit dir nicht verkehren. Und der vertrauliche Ton zwischen uns paßt dir nicht. Du nimmst die harmloseste Neckerei übel." Sie wurde ganz blaß und sah ihn er schrocken an. „Ach, Fritz; das ist doch, — so schlimm meine ich das doch nicht. Ich, — weißt du — es ärgert mich nur, daß du mich als Baby be handelst und kein ernstes Wort mit mir sprichst. Mit Ev' sprichst du ganz anders; und sie ist doch nur drei Jahre älter als ich." Er verneigte sich. „Ich werde mich bemühen, dir genau so zu begegnen. Aber lernen muß ich das erst. Denn siehst du: Eva ist mir doch im Grunde frem der als du. Da geht es ganz von selbst. Aber wenn man mit jemand so vertraut ist, wie ich mit dir, ynd man soll nun plötzlich im Paradeton reden, — nein, das muß erst gelernt sein." Sie fuhr mit dem Muff über das verstörte Gesicht und blickte ihn unschlüssig an. „Nun bist du mir wohl böse, Fritz?" Er hätte sie am liebsten in seine Arme ge nommen und sie herzhaft geküßt. Zu reizend sah sie aus. Aber er bezwang sich. Diesen kleinen Wildfang mußte er erst zähmen. Und dann, — jetzt konnte er doch nicht schon vor seinen Onkel treten und ihm sagen: „Gib mir Jutta zur Frau." Er würde ihn auslachen und ihm antworten: „Warte erst, bis das Kücken ausgewachsen ist; dann komm wieder." Und in Woltersheim konnte er doch dann nicht blei ben. Er hatte aber keine Lust, fortzugehen. Deshalb mußte er sich beherrschen, bis Jutta wenigstens siebzehn Jahre alt war. „Nein, Jutz, böse bin ich dir nicht. Ich kann dir überhaupt nicht böse sein. Dazu — hab' ich dich viel zu lieb." Wieder errötete sie jäh. Dann sagte sie leise: „Ist das wahr? Ich meine, — daß — daß du mich lieb hast?" . „Vergißt du das nicht, Jutz?" Sie schüttelte den Kopf. „Weißt du das nicht, Jutz?" „Deshalb kann ich dich doch lieb haben. Es ist doch alles nur Scherz. Man neckt doch nie mand, den man nicht mag." Sie atmete hastig und unruhig. Dann rich tete sie sich straff auf und sagte tapfer: „Ich habe dich auch sehr lieb, Fritz." Es zitterten Tränen dabci und ihre Augen verrieten ihm das ganze süße Geheimnis ihres Herzens. Er brachte es fertig, ganz ruhig zu bleiben. Nur in seinen Augen flammte es auf, und seine Stimme klang merkwürdig rauh, als er sagte: „Lieber kleiner Jutz, ich freue mi'ch sehr, das du mir das sagst." „Und du gehst nun nicht mehr fort," bat sie und streckte ihm die Hand entgegen. „Soll ich nicht?" fragte er, ihre Hand er fassend. „Ach nein! Bitte bleib'. Und meinetwegen necke mich nun, soviel du willst — nur sei nicht mehr so gräßlich steif und formell zu mir wie vorhin. — Er führte ihre Hand langsam an seine Lip pen und küßte sie ganz zart und leise. Jutta zuckte zusammen und sah ihn mit großen Augen an. Und da flammte sein Blick einen Moment in den ihren. Sie blieb wie gelähmt stehen. Ein süßer Schreck durchzuckte ihre Seele, und sie schloß die Augen. Er legte, so ruhig er konnte, seinen Arm um sie und führte sie davon. „Komm', Jutz, wir wollen Eva nicht länger allein lassen." Sie folgte, ohne ein Wort zu sagen. Bei Eva angelangt, fiel sie dieser plötzlich um den Hals und weinte herzzerbrechend. „Aber, Jutta, — Schwesterchen — was ist dir denn?" fragte Eva besorgt. „Ach, Ev', ich bin ein ganz garstige-, schreck liches Mädchen. Könnt' ich doch so lieb und gut sein wie du," sammerte Jutta im unverstandenen Aufruhr ihrer jungen Seele. „Herzensschwester, du bist doch lieb und gut, -- nur ein wenig wild und unbesonnen. Tröste dich doch. Sieh mal, Fritz ist ganz außer sich, daß du weinst." Jutta sah nach Fritz hinüber, der wirklich sehr erregt aussah. Sie trocknete hastig ihre Tränen. „Ach, Gott, wa- bin ich für eine alberne Heulliese. Ohrfeigen könnt' ich mich," sagte sie, bemüht, sich Fassung »u geben« (Fortsetzung in d« Morgen-Anggabe.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite