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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.01.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140110028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914011002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914011002
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1914
- Monat1914-01
- Tag1914-01-10
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Va» Leipziger Lageblatt erscheint werktags »mal, Sonn-u. Zeiertagolmol. I» Leipzig, Sen Nachbarorten unS Sen «vrten mit eigenen Zilialen wirS St« stbenüauogade noch am stdenS Seo Lrscheinen» ir» hau» geliefrrt. Serliner Neüaktion: In SenZeiten 17, ^ernsprerb-T'nstblust! Moabit Nr. «47. hmrdelsFeiturrs /tnrtsblcrtt des Rockes und des polireinrntes der Stadt Leipzig NeSakttou unS SeschattssteU«: Zobannisgaste Nr. «. o Zernsprech.flnschluft Nr. 14S42, 14S4, und 14S4«. ISS. Jahrgang stnzelgenpreise: von auowart» ZS Pf., Reklamen 1.20 m., ZamlUen- u. kleine stnzeige» SI« petitzrlle nur2S Pf.,Inserate von VehSrSr» im amtlich,nLeil Sie pctitzeUe SS Pf. Srschäftsanreigen mit plahvorschrif» im Preise erkdbt. Rabatt nach Tarif. Vriiagegeduhr: Sesamtaufl.SM.SaoTausenü au»schl.Postgebühr. Mnzetgen-stnnahmr: Zohanniogasse«, bei sämtlichen jiliaien üe» Leipzig« Lagedlatte» unS allen stnnoncen-LxpeSitlonen Se» Ja- unS stuolauS«. cheschSftostelle für Serlin u. Sie pr. Vran-enburg: virektionWalterZUegel, Serlin w. >S, Marearetbeiillrafte S. Zernfprech-stnschlutz: Lühow »47>. Nr. 17. SonnsvenS, üen lv. Jammr. 1S14. Vas Wichtigste. * Das Zeppelin-Luftschiff „Z. VI" ist um 1 Uhr. von Gotha kommend, im Leipziger Luftschiffhafen gelandet. sS. bes. Art.) * In dem Prozeß gegen Oberst v. Reuter und Leutnant Schadt wurde heute vormittag ilM Uhr das Urteil verkündet. Beide Angeklagten wurden frei gesprochen. sS. bes. Art.) * In der heutigen Verufungsoerhand- lung gegen Leutnant v. Forstner in Straßburg wurde bekannt, daß o. Forstner am 17. November wegen des Ausdruckes „Wackes" sechs Tage Stubenarrest erhalten habe. fS. Bericht.) * Im preußischen Herrenhaus wurde heute der „Preußen "-Antrag des Grafen Yorck v. Wartenburg erörtert. sS. Letzte Dep.) * Dem „Matin" zufolge soll der Führer der deutschen Militürmission, Liman v. Sanders, zum Eeneralinspekteur der gesamten türkischen Armee ernannt werden, sS. Letzte Dep.) * Der dänische Sozialistenführer Stauning ist aus Flensburg ausgewiesen worden. (S. Dtschs. R.) * Bon der Ostsee küste wird ein Steigen der Sturmflut gemeldet. Aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands laufen Nachrichten über Hochwasser ein. sS. bes. Ber.) * Auf einen Expreßzug wurde von streikenden Bahnarbeitern bei Denver ein Dynamit attentat verübt. (S. Letzte Dep.) * Wegen Erkrankung an den schwarzen Blat tern wurde in Wien ein Bäckerlehrling ins Spital eingeliefert. * Heute vormittag fand im Haager Frie denspalast unter dem Borsitz van Karne beeks eine Konferenz über die endgültige Organi sation der Akademie des internationalen Rechts statt. * Der Eisenbahner streik in Südafrika hat eine bedeutende Verschärfung erfahren. sS. Letzte Dep.) * Aus Bukarest wird gemeldet, daß es sich bei der Erkrankung König Karols lediglich um eine leichte Influenza handele. Mlst v. Muter liiiil Lentmt schM freigesprochen! Straßburg, Ist. Januar. sEig. Drahtberich t.) In dem Prozeß gegen Oberst v. Reuter und Leutnant Schadt wurden heute beide Angeklagten freigespro chen. Die Kosten fallen der Staatskasse zur Last. Heute morgen IOV4 Uhr fällte das Kriegs gericht in Straßburg seinen Spruch in dem gegen den Obersten v. Reuter vom 99. In fanterie-Regiment angestrengten Prozeß. Er war bekanntlich beschuldigt, sich in fortgesetzter Hand lung die Exekutivgewalt inZabern widerrechtlich angceignet zu haben. Bei der Einsperrung von Zivilpersonen habe Oberst v. Reuter eine Tätigkeit ausgeübt, die ihm nur kraft eines öffentlichen Amtes zuge standen hätte. (Verstoß gegen 8 132 des Reichs strafgesetzbuches.) Die Anklage lautete ferner auf Freiheitsberaubung (Vergehen gegen 88 239, 2-10 RSGB-), Nötigung (8 73 RSGB ), ferner auf Anstiftung zur Frei heitsberaubung (Vergehen gegen 8 115 des Militärstrasgesetzbuches.). Zur Aburteilung stand ferner in der gleichen Verhandlung Leut nant Schadt von demselben Regiment, dem Nötigung, Freiheitsberaubung, Mißhandlung und Hausfriedensbruch (88 240, 223, 125, 74 des Reichsstrafgesetzbuchcs) zur Last gelegt wurde. Nach mehrtägigen Verhandlungen hatte dec Anklagevertreter die Beschuldigung, daß sich Oberst v. Reuter die Exekutivgewalt angemaßt habe, fallen gelassen und in diesem Punkte Freisprechung beantragt. Dagegen beantragte er wegen Freiheitsberaubung sieben Tage Gefängnis, mit der Begründung, daß der Angeklagte die Verhafteten nicht länger zurück halten durfte, nachdem ihm Regierungsam.mann Großmann bestimmt versichert hatte, daß er wei terhin mit allen ihm zu Gebote stehenden Mit teln für die Aufrechterhaltung der Ordnung sor gen werde. Gegen Leutnant Schadt hatte der Anklage vertreter drei Tage Gefängnis beantragt, weil er es für erwiesen halte, daß Leutnant Schadt den Zeugen Kormann auf die Backe ge schlagen habe. Von der Anklage der Freiheits ¬ beraubung und des Hausfriedensbruches sei Leutnant Schadt frciznsprechen. Nun lautet das Urteil des Kriegsgerichts für beide Angeklagte auf Freisprechung. Allgemein wird dieser Freispruch das größte Aufsehen erregen. Zwar hatte schon die eben erwähnte Einschränkung der Anklage aus Frei heitsberaubung ein sehr mildes Urteil erwarten lassen, die volle Freisprechung wirkt aber über raschend. Sie ist für Oberst v. Reuter eine große Genugtuung, zumal da er monatelang vor der öffentlichen Meinung mit dem Vor wurf belastet war, ohne zwingende Not gegen die Bevölkerung Zaberns vorgcgangcn zu sein. Unter diesem Eindruck stand auch der Reichstag, als er über die Vorgänge in Zabern verhandelte. Wie wir schon in unserer gestrigen Betrach tung über die Ergebnisse des Prozesses Reu ter ausführten, ist wohl zu unterscheiden zwi schen Ursachen und Folgen. In diesem Pro zesse handelte cs sich nur um die Verantwortung des Obersten v. Reuter für die Vorgänge, die mit dem Einschreiten des Militärs zusammenhingen. Oberst von Reuter hatte nachzuweiscn ver mocht, daß er durch das Versagen der Zivil behörden, insbesondere der Gendarmerie, in eine Zwangslage gebracht worden war. Er hat dann als Offizier so gehandelt, wie es ihm seine Auffassung gebot. Das war für den Ausgang des Prozesses der entscheidende Punkt. Auch die Einsperrung der Verhafteten im Panduren keller rechtfertigte er durch seine Sorge, ihre sofortige Freilassung könne aufs neue einen Auflauf und schlimme Folgen veranlassen. Die Berechtigung dieser Meinung ist stark bestritten worden, aber das Kriegsgericht war, wie das Urteil zeigt, nicht in der Lage, diese subjek tive Ansicht von der Hand zu weisen. Auch hier entschied wohl der Nachweis, daß die Zivilgewalt dem Obersten nach seinen seitherigen Erfahrun gen keine Gewähr gegen eine sofortige Wieder holung böser Auftritte bot. Sowohl den Be hörden wie der Bevölkerung war eben der Ernst der Sache nicht aufgegangen. Gleichwohl, wir wiederholen das, verfahren die Blätter wahr heitswidrig, die die Verfehlungen des Leut nants v. Forstner, die doch der Ausgang der ganzen üblen Geschichte waren, nunmehr auszuschalten belieben als seien sie gänzlich be langlos gewesen. Erst heute wird ans der Be- rufuugsverhaudlung über Leutnant v. Forst- u e r bekannt, daß er wegen der Wackes-Schimp- serei usw. bereits am 17. November (!) 6 Tage Stubenarrest erhalten hatte. Gewiß, das war eine militärische Angelegenheit und mußte nicht mitgeteilt werden. Aber richtiger wäre es angesichts der allgemeinen Erregung zweifellos gewesen, dem Nechtsgefühl diese Ge nugtuung nicht zu entziehen. Diese Unterlassung gehört zu den vielen Unbegreiflichkeiten, die wir zu beklagen haben, trotz der Befriedigung über die Rechtfertigung, die dem Obersten v. Reuter in seiner eigenen Sache zuteil geworden ist. * » * Urteilsbegründung. Aus Straßburg wird uns über die Urteils begründung drahtlich berichtet: : Zn der Urteilsbegründung führte Kriegsgcrichtsrat Jahn aus, daß Leutnant von' Forstner Ende Oktober die Aeußerung über die Wackes getan habe. Die Beweisaufnahme habe er geben, daß infolge der Verbreitung dieser Aeuße rung in dcr Jnstruktionsstunde die Menschen in de monstrativer Absicht sich hinter dem Leutnant von Forstner und vor seiner Wohnung ansammelten und Beleidigungen ausstießen. Es ist festgostellt wor den, daß Steine und Flaschen hinter den Offiziere» hergcworsen wurden. Die Menge zerstreute sich erst, als die Gendarmen zu Pferde stiegen. Das Zer streuen der Menge beantwortete diese mit Stein- würien. Ruhe trat erst ein, als Oberst v. Reuter in Urlarckr ging. Die Beleidigungen gegen die Offiziere wurden aber auch in dieser Zeit fortgesetzt. Was sich später ereignete, darüber gehen die Ansichten auseinander. Nach der einen Ansicht war das Einschreiten des Militärs notwen dig, nach Ser anderen jedoch nicht. Das Gericht hat angenommen, daß die Bevölkerung über die kurz zuvor wogen Beleidigung einiger Offiziere erfolgte Festnahme einiger junger Burschen aufgeregt war, so daß das Einschreiten des Militärs berechtigt war. In rechtlicher Hinsicht führte Kriogsgerichtsrat Zahn aus: Es bestehe ein erhebliches staatliches Inter esse, die Träger der Staatshoheit zu schützen. Die Offiziere aber seien Träger der Staatshoheit. Schon wenn ein Schutzmann beleidigt werde, würde sofort die Offizialklage erhoben. Schon am 13. November habe Oberst von Reuter der Zivilverwaltung mitgeteilt, sie möge für die nötige Abhilfe Sorge tragen, widrigenfalls er den Belagerungszustand verhängen werde. Die Verhängung des Belage- Das achte Weltwunder. (Philipp II. und der Eskorial.) Das achte Weltwunder — es ist der Eskorial. der Riesenbau Philipps II. von Spancen, dem dieser Name beiaelegt worden ist. Eine Welt für sich, eine ganze Welt scheint dieses Bauwerk zu sein, das ein riesiges Gotteshaus, ein ungeheures Kloster, ein be deutendes Priosterseminar, ein einzigartiges Mauso leum, eine kostbare Bibliothek und einen weiträumi gen Palast in sich vereinigt. Der Eskorial hat 18 Höfe, 12 Kreuzgange, 10 Altäre, 1111 Fenster, tie sich nach außen, und 1562, die sich nach den Höfen östnen, 1200 Türen, 86 Treppen und 89 Brunnen, und seine Gänge haben die Gesamtlänge von nicht weniger als 160 Kilometer. Und dazu kommt noch der Reichtum dieses Baues an hervorragenden Ge mälden, trefflichen Plastiken und edelsten Erzeug nissen der Eoldschmiotekunst! Dabei hat Philipp II. doch noch nicht einmal alles erreicht, was er letzten Endes haben wollte: die großen Meister Venedigs, die den Bau und vor allen Dingen die Kirche nach seinem Willen hätten ausmalen sollen, sind seinem Rufe nicht gefolgt, und statt des verführerischen Glanzes venezianischer Lebensfreude ist hier eine Schöpfung entstanden, so freudlos, wie ihr Stifter. „El Escorial": der Schlackenberg — auf ausgebrann tem Boden ein Haus des Todes . . . August L. Mayer, der Münchener Kunstgelehrte, der zu den besten lebenden Kennern der spanischen Kunstgeschichte gehört, gibt in seinem äußerst an ziehenden Buche über Segovia, Avila und den Es korial, das soeoen in der bekannten Serie „Berühmte Kunststätten" bei E. A. Seemann in Leipzig er scheint, eine fesselnde und lebensvolle Schilderung der Entstehung dieses Wunderwerkes. Es war der am Tage des heiligen Lorenz errungene Sieg von St. Quentin, der Philipp II. zur Errichtung von S. Lorenzo del Escorial veranlaßte, und dazu trat ein Jahr darauf der Tod seines Vaters Karl V., dem ter neue Bau ein würdiges Mausoleum be reiten sollte. Am 23. April 1563 wurde der Grund stein für das Kloster hoch über dem kleinen Dörfchen El Escorial, das seinen Namen nach den Eisen, schlacken eines Bergwerkes führt, in Gegenwart des Monarchen gelegt — 24 Jahre später, am 23. Sep tember 1584, konnte dcr Schlußstein in dieses Riesen werk cingefügt werden. Ein Vierteljahrhundert lang herrschte an dieser öden, einst kaum betretenen Starte ein ganz unglaubliches, emsiges und viel fältiges Leben. Ueberall sah man nichts als Werk stätten und Schmieden, Arbeiterhütten und Schenken. Das Gebirge hallte wider von den Schlägen der Hämmer, dem Knirschen der Sägen und Rauschen der Mühlen, die Jaspis schnitten und polierten.. An der Kirche arbeiteten allein 20 zweiräderige Kräne von verschiedener Höhe, 20. ja selbst mitunter 40 Ochsen ¬ paare schleppten die Wagen, die die Granitblöcke aus den Steinbrüchen von Pealejos herbeiführten, und die 20 tüchtigsten Steinhauermeister Spaniens arbei teten hier, deren jedem 40 Steinmetzen als Gehilfen unterstanden. Daneben aber schafften unermüdlich Schreiner, Schlosser, Anstreicher, Maler und Estrich leger; Künstler entwarfen Kartons, malten Altar bilder oder Fresken an den Wänden. Mönche illu minierten Handschriften und schrieben Chorbücher, und Sticker arbeiteten Decken, Vorhänge und Kirchen gewänder in Atlas, Brokat und Samt. Doch an alle dem noch nicht genug, hat Philipp die ganze Welt für das große Werk in Bewegung gesetzt. Amerika schaffte das Gold und die kostbaren Hölzer, in Italien, vor allem in Florenz und Mailand, wurden die großen Bronzestatuen gegossen, die Glocken und Kandelaber wurden in Flandern hergestellt. Aus Deutschland kamen ganze Wagenladungen voll Reliquien, die die protestantischen Kirchen den Unterhändlern Philipps billig abgelasfen hatten. Der König kam häufig zu eingehender Besichtigung des Fortschrittes der Arbeit. Bequem hatte er's da bei im Anfänge freilich nicht. Er mußte beim Pfarrer wohnen, und die Mönche wurden bei den Bauern untergebracht. Ein qanz primitiver Raum diente als Notkirche. Als Altarbild sah man ein mit Kohle an die Wand gemaltes Kruzifix, ein Bettuch diente als Baldachin, ein dreibeiniger Naturstuhl, aus einem Baumstumpf qeschnitzt, um den man ein durchlöchertes französisches Tuch spannte, war des Königs Kirchen sitz: ja einmal, als Philipp zu spät zur Messe kam, nahm er, ohne sich lange zu besinnen, auf der Bank neben einem Bauern Platz. Erst 1571 war eine wirk liche Kapelle fertiggestellt. An allerlei Zwischenfällen konnte es bei einem so mächtigen Werke und so langer Bauzeit nicht fehlen; ja der Teufel selbst, so ver mutete man wenigstens damals, griff störend ein: am 21. Juli 1577 brannte einer der Türme zur Nacht zeit gleich einer Kerze in sieben Stunden völlig ab. Ueber alledem wurde dem Könige der Bau immer teurer, und immer häufiger wanderte er zu dem alten Schlackenberge. Hierher brachte er die in seinem Be sitze befindlichen Wunderwerke eines Roger van der Wcyden, eines Tizian, eines Cellini: hierhin ließ er die sterblichen Reste des Jnfanten Don Carlos und seiner Stiefmutter Elisabeth überführen. Im Eskorial war der finstere Philipp zugänglicher und aufgeräum- als sonst. Gern führte er seine Familie in dieser seiner Licblingsschöpfung herum, ja selbst Fremden gegenüber soll er zu seinem eigenen, großen Ergötzen mehr als einmal inkognito den erläuternden Führer gespielt haben. Hier hörte er sich zuweilen geistliche Komödien an, und 1578 zeigten sogar weltliche Schauspieler ihre Kunst vor ihm — allerdings schaute hierbei der Monarch nur von einem Zimmer aus zu, während die Königin und das Gefolge auf einer Estrade in dem Hofe Platz nahmen, wo die Bühne aufgeschlagen war. Aber den größten Genuß be reiteten Philipp doch die Kirchenfeste und die Oratorien. Da war er ganz in seinem Elemente; denn er war in kirchlichen Dingen so gut beschlagen, daß Abt und Mönche ihn nicht weniger fürchteten, als die Künstler und Handwerker; und es konnte vorkommen, daß der Prior nach einer großen Funktion, bei der nicht alles geklappt hatte, von Seiner Majestät einen kleinen Wischer erhielt. Mit den merkwürdigsten Momenten des Lebens dieses Fürsten ist der Eskorial verknüpft. Es war hier bei einer Vesperandacht am Abend des 8. No vember 1571, als ein Bote in die Jglesia Vieja stürzte, vor dem König auf die Knie fiel und mit lauter Stimme rief, daß die Flotte dcr Türken durch Seiner Majestät Bruder Don Juan d' Austria bei Lepanto vernichtet worden sei. Erregung rings um. Der König verzog aber keine Miene und rührte sich nicht, bis die Andacht zu Ende war. Da erst winkte er dem Prior und befahl das Tedeum für den glänzenden Sieg der christlichen Waffen. Aber hier im Eskorial war cs auch, wo Philipp 17 Jahre später die Schreckensbotschaft von der Zerstörung der „unüberwindlichen Armada" empfing, und mit seiner unerschütterlichen Ruhe den so berühmt gewordenen Ausspruch tat: „Gegen Menschen, nicht gegen Winde und Stürme habe ich sie gesandt." Als Philipp fühlte, daß es zum Sterben ging, ließ er sich in einer Sänfte in sechs Tagesmärschen von Madrid nach seinem geliebten Eskorial tragen. Der Körper des Todkranken war damals nur noch eine einzige offene Wunde, aber schon am Tage nach seiner Anknuft — es war der 8. Juni des Jahres 1598 — ließ er sich auf den Schultern zweier Diener nochmals durch das ganze Bauwerk tragen. So hat er das letzte Vierteljahr seines Lebens im Eskorial zugebracht, von furchtbarer Krankheit gequält, aber bis zuletzt ungetrübten Geistes. Beim Morgen grauen des 13. September 1598 verschied er hier, in den Händen jenes Kruzifix, darauf sein großer Vater einst in San Puste den letzten Kuß ge drückt hatte. Kunst un- Wissenschaft. * Herwarth Walden aus Berlin, der Führer der futuristischen Bewegung, ist in Leipzig eingetroffen und wird am Sonntag '/,12 Uhr in der Galerie Del Vecchio, in welcher gegenwärtig die große Sonderausstellung der Futuristen und Kubisten stattfindet, einen an Hand der Werke er läuternden Vortrag halten. Das Thema seines Vortrages lautet: „Was wollen und beabsichtigen die Futuristen?" * Gastspiel Harry Walden. Harry Walden, der gefeierte Bonvcvant des Hofburgtheaters in Wien, wird, wie bereits angetündigt, Ende dieses Monats im Schau>piclhau>e gastieren. Als Gastrollen sind der Lord Goring in Oskar Wildes Schauspiel „Ein ioealer Gatte" und der Karl-Heinz in „Alt- . Heidelberg" gewählt worden. Die genauen Daten des Gastspiels werden dieser Tage belanntgegeben. * Aus der Theaterchronik. JmBremerSchau- spielhaus hatte die Uraunührung von Heinrich Ilgen st eins dreiattigem Lustspiel „Qui s isana". einen unbestritten starken Eriolg, der einer feinen Dialozkunst und der amüsanten, bis in die letzten Konsequenzen durchgeführten Handlung zu danten ist. * Graf Hülsen über den „Parsifal". Das ,,B. T." halte den Generalintendanten v. Hülsen-Haeje- ler gebeten, die Grnndgedonlen seiner erfolgreichen „Parsifal'-Inszenierung niedcrzuschreiben. Herr von Hül'cn Haeseler hat in einem Schreiben geantwortet, das in seinem wesentlichen Inhalt lautet: „Ich habe den Gedanken, der Aufführung des „Parsisal" im Königlichen Opernhauje eine Einfüh rung in das Werk unter Berücksichtigung aller szeni schen Gesichtspunkte voranzstchicken, seinerzeit wohl erwogen, ihn aber bald wieder fallen lagen. Je tiefer, ernster und inniger ich mich in Dichtung und Partitur versenkte, desto klarer reiste die Erkenntnis in mir, daß das Werk keines erläuternden Kommentars nach irgendeiner Richtung hin bedürfe, daß es vielmehr am ticisten durch sich ganz allein in seiner ureigensten Weihe und Reinheit wirke, und die höchste Auf gabe des Regisseurs — hier in noch weitaus höherem Maße als bei anderen ernsten Werken — darin bestehen müsse, völlig^ergessen zu lassen, daß er da sei! — So habe ich nichts' bincinbetragcn, sondern in sorgsam schürfender Ana lyse die leitenden Gedanken für meine Arbeit dem Werk allein entnommen; ich betrachte sie als mein' geistiges Eigentum nur in dem weiteren Sinne ihrer' Ausmünzung und Weitergabe an meine Mitarbeiter und die darstellenden Künstler, in ständig klärenden« Aussprachen und Darlegungen. Auf diesem Wege find, wir alle zu dem innerlichen harmonischen Zusammen»! schluß gelangt, der vielleicht den Schlüffe! zu demi Stimmungsgehalt und der allgemein anerkannten tiefgreifenden Wirkung der Aufführung gibt. Daß der „Parsifal " in der Königlichen Oper in; einem Rahmen zu erscheinen haben würde, der ihn dem Bilde alltäglicher Opernvorstellungen entrückt, war mir von Anbeginn klar. So erstand das archi tektonische Proszenium, das Bühne und Zuschauer-' raum stimmungsvoll verbinden soll." Graf Hülsen. * Der Bildhauer Christophers Vicari ist Donners ¬ tag im Alter von 68 Jahren in Lugano gestorben. Von seiner Hand stammen Denkmäler in Zurich. Lissabon und Lyon. ,
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