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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.02.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140211020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914021102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914021102
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1914
- Monat1914-02
- Tag1914-02-11
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flben-- Kusgabe Se,ligspr°Is-: L «onatUck» l er m., »t«tt«y»hrUch r.7» m. s«i »er v«8t,»ss»grU«. unfern F>lial«a «a» Nu»-ad«ssrU«» adgrh»lti m»natUil>lM..vt«tt«y»hrU»SM. pur» »t« Poft: »aarrhald vrutfchlo«»» ua» »«r ürutfchru K»l»ot« »»»alUch 1-50 M., vlrrlrUSHrUch 4-LS M., au«s»U«-ll<t> poftd»NrUg»lt. vo» irtpziger kogrdlatt «rschttal werNag» »mal. Sana» u. L«>«ttog» lmat. S» Lrlpzlg, 4ro Noiddarartrn an» »ra Ott«a mlt «iaraen ZIllalra «lr» tt« std»aüou«gad« noch am Ndraü üe» «rschrlaro. In» hau» grlirfrrt. V«rlia»r Sröattton: 2a ö«n Zellen 17. jerasprech-flafchluh: MoadU Nr.»47. ^curdelsFertuns /trrrtsbloUt des Rates und des pokzeuuntes der Stadt Leipzig U*doktt»» ua» S»fchSft«f1»ll»: Johanni»,ass« Ne.». 4 Zrrnsprrch.flnfchloS Nr. 1»»«. 14545 uo» 11-4». 708. Jahrgang flaMmprrls«: L »an ou»w«irt» 34 Pf., N«Nam«a 1.24 M., <l«ln« Nnzrtgen »»«petttzrU« na» L»pf.b.wl«S,rhoi.Nad.,2af«ral« von VrhorS«» tm omtli<h«nss«ll »i« p«ttt- -«>l« 54 Pf. S«fchSft»an)«ls»n ml» plahoors»rlf« -m pr«lsr erkühl. Rabatt na«h ssartt. Sellagear Se/omtaufl.5M.üa»ssauseaü auaschl Possgebühr. ttn,»l,»a.f>naahm»: )ohannl»,asse». bei sämtlichen «Molen »«, kelp,»,« aagedlatte» un» ollen -1nn»arra»<xp»ülllon«n »«» In» an» ^a»l a»e». S«lchüft»st«U» für verlin a.»l« pr. Vron rnburg: vlrrktionWalter Zllegel, Verlta w. 1», MorgarethenssraK» I. Zernsprrch»-Inschiutz: Lüyow »471. Nr. 7S Mlilwilli, üen 11. /edrusr. 1914. Das wichtigste. * Zn Stockholm wurden König Gustav Leget sterte Huldigungen dargeLracht. (S. Ausl.) * Die Unruhen in Japan nehmen immer gröbere Ausdehnung an. * Die Seismographen verschiedener amerikanischer Städte melden ein starkes Erdbeben. (S. Nachr. v. T.) Vie landwirtschaftlichen Organisationen. O Berlin, 10. Februar. Wenn der Februar kommt, kommen auch die Landwirte nach Berlin. Die weitere Oeffent- lübkeit weiß von diesen Zusammenkünften, die sich fast durch den ganzen Februar dehnen, frei lich nicht viel. Im allgemeinen prägen sich ihr nur zwei Veranstaltungen ein: die Tagung des Deutschen Landuurtschaflsrales und die Zirkus versammlung des Bundes der Landwirte; jene auch nur um deswillen, weil seit einer Reihe von Jahren es Sitte wurde, daß zu dem Fest mahl des Landwirlschaftsrats der jeweilige Kanz ler erscl-eint, um der dort vereinigten Oberschicht der deutschen Landwirtschaft gut zuzureden und ihr Rosen vor die Füße zu streuen oder aber durch die Blume ihr ein paar Mahnungen und Ratschläge auf den politischen oder wirtschafts politischen Weg zu geben. Indessen verlohnte es sich wohl, aus diesem Anlaß einmal das bunte und daneben doch straff zujammengesaßte, kunst voll ausgebaute Vielerlei landwirtschaftlicher Or ganisationen zu betrachten. Die Angehörigen der Landwirtschaft pflegen, soweit sie sich politisch betätigen, dem Organi» sationswesen anderer nicht eben hold zu sein. DaS ist um so seltsamer, als die Landwirte im Grunde als die Ersten von aflen Berufsständen in Deutschland das Organisieren gelernt haben. Die landwirtschaftlichen Vereine, deren es 1894 allein in Preußen weit über 2000 gab, reichen in ihren Anfängen in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts zurück. Seither ist die ganze deutsche Landwirtschaft in Reich und Einzelstaat „durchorganisiert" worden und früher als bei allen anderen Ständen und Ge werben hat diese Vereinsbildung ihren Anschluß an die staatliche Verwaltung erlangt. Die Gründe sind ja bekannt und sind erst ausführlich dar gelegt worden, als vor ein paar Jahren Handel, Gewerbe und Industrie daran gingen, sich gleich falls eine gemeinsame Organisation zu schaffen. Die landwirtschaftlichen Betriebs- und Produk tionsverhältnisse sind nun einmal einheitlicher, die einzelnen Landwirte konkurrieren weniger miteinander, schon weil ihrer Produktionsmog- lichkcit von vornherein bestimmte Grenzen ge setzt sind; es wird auch mitsprechen, daß schon von der Dorfgemeuischaft her die Landwirte mit einem Gefühl genossenschaftlicher Zugehörigkeit erfüllt werden. Am letzten Ende ist das für diesen Zusammenhang freilich belanglos. Die Hauptsache bleibt, daß die Landwirte eher auf gestanden sind, als die anderen Berufe, und mit einem Netz vielgestaltiger Vereinigungen und Ge sellschaften das ganze Reich überziehen. Den Unterbau bilden dabei, wie gesagt, die land wirtschaftlichen Vereine, die früh angefangen haben, über das gesellige Gebiet hinauszugreifen und sich wirtschaftliche Ausgaben zu stellen; von den 24 Versuchsstationen, die in Preußen be stehen — schon das ist bezeichnend — wurden nicht weniger als 21 durch landwirtschaftliche Vereine ins Leben gerufen. Die örtlichen Ver eine haben sich dann zu Zentralvereinen für ein zelne Provinzen oder Länder vereinigt. Als man in Preußen 1894 die Landwirtschafts kammern einrichtete, die fortan offiziell die Gesamtintcrcssen der Land- und Forstwirtschaft ihres Bezirks wahrzunehmen hatten, wurden in Preußen die Provinzialvereine depossediert; in anderen Staaten blieben sie als Organe der Be lehrung, Aufklärung und Anfmun er ng in allen Gebieten der Technik, als Interessenvertretungs körper und als sachverständige Organe der Re gierung bestehen. Ueber diefe örtlichen Vereine erhebt sich dann in Preußen seit 1842 das Kö nigliche Landesökono miekolle gium, das, ehedem die Zentralstelle für die preußischen Zentralvereine, jetzt neben neun vom Landwirt schaftsminister ernannten Mitgliedern die Ver treter der einzelnen Landeskammern vereinigt. Ihm entsprechen in Sachsen der Landeskul turrat, in Bayern daS Generalkomitee de- Landwirtschaftlichen Bereis»-, in Württemberg die Zentralstelle des Landwirtschaftlichen Ver eins, in Baden der LändwirtschaftSrat usw. Sie alle aber schufen sich, ein Jahr nachdem von den Schlachtfeldern Frankreichs das neue Reich heim gebracht worden war, eine Sammelstelle und gemeinsame Spitze in dem Deutschen Land wirtschaftsrat, der in Berlin seinen stän digen Sitz bat und durch seine Veröffentlichungen unsere Einsichten in die landwirtscyaftlichcn und agrarpolitischen Dinge oft vertieft hat. Abseits von diesen Bildungen und doch wieder mit ihnen im Zusammenhang steht die 1886 nach einem englischen Borbilde gegründete Deutsche Landwirts chaftsgcsellscha ft, die vor allem das Ausstellungswesen in die Hand ge nommen hat und durch ihre alljährlichen Wan derschauen wohl allen Gegenden unseres Vater landes schon nahe getreten ist. Landesökonomiekollegium und Landwirt schaftsrat haben sich in diesen Tagen in Berlin ein Stelldichein gegeben oder sind zurzeit dabei. A.cdere Vereinig.mgen — nicht nur dec in der Hauptsache lärmender polit.s^cr Agitation ge widmete Bund der Landwirte, auch die sehr viel ernsthafteren und wichtigeren Ge nossenschaften zum gemeinsamen Betrieb des einen oder anderen landwirtschaftlichen Gewerbe zweiges — werden noch folgen. Es ist (unter solchem Gesichtswinkel diese Dinge zu beschreiben sollte unsere jungen Nationalökonomen einmal reizen) eine Art Umschlagsverkehr in neuen, ganz großen Formen. Wie unter primitiveren Wirt schaftsformen die Landwirte einer Provinz in der Bezirkshauptstadt alljährlich auf einen be stimmten Termin zusammenkamen, um sich aus- zusprcchen und ihre Verbindlichkeiten zu regu lieren, so vereinigen sich nun die Grundbesitzer aus dem ganzen Reich zur Erörterung der ihren Beruf angehenden politischen und technischen Probleme. Wir Liberalen neiden ihnen das nicht. Wir freuen uns vielmehr dieses blühenden Lebens, wie wir uns der Fortschritte der Landwirtschaft und des in ihr investierten Kapitals an Fleiß und Können überhaupt freuen. Wir anerkennen durcl-aus, was der verstorbene badische Finanz minister Buchenberger, der ja auch ein Liberaler und daneben einer unserer feinsten Agrartheo retiker war, von diesen Körperschaften aussagt: daß die reformatorische Fort- und Umbildung des Agrarrechts und der Agrarpflege zu erheb lichem Teile ihrer Anregung und ihrer Arbeit zu verdanken ist. Freilich möchten wir in der Erinnerung an früyere Leistungen und manche aus diesen letzten Tagen mit Buchenberger fort fahren: „Aber eine etwas ruhigere Behandlung der agrarischen Wünsche wäre dringend er wünscht, und die' vielfach zutage tretende aus gesprochene Kampfstellung gegenüber Industrie und Handel würde besser unterbleiben, weil eine unter Nichtbeachtung anderer Berufsinteressen sich vollziehende Agrarbewegung Mißtrauen in ditz Hiebe' dieser Bewegung in weiten Kreisen der Bevölkerung erzeugt und dann auch der wirksamen Verfolgung berechtigter Wünsche in den parlamentarischen Körperschaften Abbruch tun kann." Die Landwirte sind nun einmal nicht allein in der Welt, auch die anderen Stande wollen sich organisieren und wollen gedeihen . . . Deutscher Lanöwkrtschastsrat. (Fortsetzung.) Berlin, 11. Februar. Nach der Pause referierte der Präsident Graf von Schwerin-Löwitz über das Thema: „Landwirtschaftliche Vorbereitung auf den Ablauf unserer Handelsverträge.- poliMeke UeberlieM Vie Reichstagsersatzwahl in Jerichow hat ein starkes Anwachsen der konserva tiven Stimmen gebracht. Während der konserva tive Kandidat Herr mm Byern 1912 9830 Stimmen aus sich vereinigte, erranr diesmal der konservative Kandidat Schiele 11999 Stimmen, atm über 2100 Stimmen mehr. Der »ortschritiliche Kan didat erhielt nur 6897 gegen 8291 Stimmen, büßte Vom Referenten lag folgende Resolution vor: 1. Der Deutsche Landwirtschaftsrat erkennt mit den Verbündeten Regierungen an, daß unsere gegenwärtige Handelspolitik und die seit dem Jahre 1906 geltenden Handelsverträge sich im allgemeinen für unser gesamtes Erwerbsleben in hohem Maße bewährt haben, und daß daher kein Anlaß zu einer grund sätzlichen Aenderung dieser Politik eines wirk samen Schutzes unserer gesamten vaterländischen Arbeit vorliegt. 2. Dennoch enthält sowohl unser General tarif als auch namentlich unser gegenwärtiger Vcrlragstarif verschiedene für unsere Landwirt schaft und Gärtnerei s e h r u a ch t e i l i g e M ä n- gel, deren Abstellung der der Neuregelung drin gend erwünscht erscheint. 3. Ob zur Abstellung dieser Mängel eine Neuausstellung unseres Generaltarifes und eine Kündigung einzelner oder aller unserer jetzigen Handelsverträge notwendig sein wird, läßt sich heute mit Sicherheit noch nicht übersehen. Immerhin wird mit dieser Möglichkeit, sowie mit der Wahrscheinlichkeit gegnerischer Kündi gungen schon heute gerechnet werden müssen. 4. In jedem Falle muß unsere deutsche Landwirtschaft — ebenso wie unsere Industrie dies bereits in umfangreichem Maße tut — sich nunmehr baldigst auf die Eventualität einer voll ständigen Neuordnung rüsten, und zwar durch volle Klarstellung unserer gegenwärtigen Pro duktionsverhältnisse in allen Betriebszweigen; d) statistischer Nachweis der in den einzelnen Betriebszweigen auf dem Spiele stehenden Werte; o) Prüfung und Nachweis der unter den jetzigen Vertragsbestimmungen hervorgetrctenen Uebclstände. 5. Zur Herstellung dieses Rüstzeuges wird es in den nächsten Jahren der umfassendsten und opferwilligsten Mitarbeit aller landwirtschaft lichen Kreise bedürfen, auf die der Deutsche Landwirtschaftsrat mit Zuversicht rechnet. In der Diskussion bat Reichscat Buhl (Deidesheim) um Berücksichtigung des Weinbaues in der Resolution. — Die Versammlung stimmte der Resolution zu, in die ein entsprechender auf den Weinbau bezüglicher Passus eingeschoben wurde. Hute un- schlechte Tage im Leber» großer u-l-nner. In Goethes Tagebuch findet sich unter dem 26. März 1789 die folgente Eintragung: „Ich muß den Zirkel, der sich in mir umdreht, von guten und bösen Tagen, näher bemerken. Leidenschaften, An hänglichkeit, Trieb, dies oder jenes zu tun, Erfin dung Ausführung, Ordnung, alles wechselt und hält einen regelmäßigen Kreis. Heiterkeit, Trübe, Stärke, Elastizität, Schwäcke, Gelassenheit, Begier ebenso. Da ich sehr diät lebe, wird der Gang nicht gestört und ich muß noch herauskriegen, in welcher Zeit und Ordnung ich mich um mich selbst bewege." Herausgekriegt hat Goethe Zeit und Ordnung nicht; vielmehr war es einem Forscher der Gegenwart, Wilhelm Fließ, Vorbehalten, die große Entteckung der Periodizität im Ablauf des Lebens zu entdecken, und Wilhelm Fließ selbst teilt jetzt im nächsten Hefte des „Greif" der trefflichen, jungen Monatsschrift des Tottascyen Verlages, einige Bestätigungen für seine Entdeckung aus dem Leben bedeutender Män ner mit. Bon Franz Schubert sind aus dem Jahre 1815 Tag» besonderer Fruchtbarkeit bekannt und durch die Biographen angemerkt worden. Er hat an ihnen dis zu zehn Liedern geschaffen, unt dabei die edelsten Perlen gefunden. Solche Daten, wie der 27. Fe bruar und der 22. Mai, sind 3 mal 28 Tage ausein ander, und die ferneren: 15. Mai, 25. August und 15 Oktober haben die Intervalle 2 mal 28 plus 23 sowie 28 plus 23. Dabei sind die beiden Serien auch noch untereinander verknüpft. Denn zwischen dem ersten und letzten Datum s27. Februar und 15. Oktobers liegen genau 10 mal 23 Tage. Diese Reihe setzt sich überdies bis zu Schuberts Todestag slü. November 1828) mit 218 mal 23 Tagen fort. Besonders auffällige Beispiele führt Fließ für den „letzten Lebensblitz", der die Genesung vor täuscht, und eine plötzliche Katastrophe in einer be sonders schönen und glücklichen Periode des Lebens an: Richard Wagner hat am Vorabend seines Todes dem Arzte in heiterer Laune Anekdoten erzählt: auch ist von ihm überliefert, daß er sich in seinem Todes winter „überraschend wohll' fühlte. Er sah dem Be ginne des Karnevals mit großer Spannung ent gegen. drängte sich mit seiner Tochter Daniela durchs dichteste Maskengewühl, erlebt den Rausch und die Ekstase des Bacchanals und liegt sechs Tage später am der Bahre. Josef Kainz äußert im März 1910 einem ver- trauten Freunde gegenüber, er fühle sich auf dem Gipfel des Glückes, er sei auch körperlich vollkommen erholt: „Ich fühle mich so stark wie nur je und so frisch, wie der Fisch im Wasser." Schon nach wenigen Wochen mußte er sich operieren lassen und im Sep tember starb er. Fließ bezeichnet diese Erscheinung in Ermangelung eines guten deutschen Wortes als euphorischen Auftakt des Todes" und weist daraus hin, daß Künstler in diesem euphorischen Auftakt des Todes oft noch Werke von wunderbarer Krast schaffen. Weber hat die Oberon-Ouvertüre kurz vor der letzten Verschlimmerung seines Brustleidens ge schrieben, Chopin in gleicher Zeit tie As-Dur-Polo- näse. und auch Mozarts Requiem wäre hier zu nennen. Glücklicherweise bezahlt man gewöhnlich die guten Tage mjt kleinerem Uebel, aber daß aus fruchtbare Perioden eine deutliche Leere und De pression folgt, wissen alle schöpferischen Menschen. Eennastens wird man mit einer Migräne für einen Tag besonderer Eingebung bestraft. Ja, Eingebung! Denn die guten Gedanken kommen von selbst. „Wo- her und wie: das weiß ich nicht. Ich kann auch nichts dazu", schreibt Mozart. Schubert und Beethoven wurden von ihnen „überfallen", Helm holtz kamen sie plötzlich, ohne Anstrengung, wie eine Inspiration . Und Heine: „Wie Tränen, die uns plötzlich kommen, so kommen plötzlich auch die Lieder." Aehnlich wie Wagner am Tage vor seinem Tode saß Luther an seinem Todestage fröhlich bei der Tafel und brachte alle durch seine sprudelnden Schwänke und Schnurren zum Lachen. Zum Schluss- sei noch «in euphorischer Auftakt des Todes bei Otto Erich Hartleben aus den Aus führungen von Wilhelm Fließ herausgegriffen, über den es folgendermaßen heißt: „In der letzten Nacht vor seinem Tode saß Hartleben mit einem seiner besten Freunde, der Arzt ist, fröhlich beim Weine. Sie tranken und sangen zur Gitarre, die der Arzt vortrefflich spielte, bis Otto Erich, ein ungewohnte» Ereignis, zu Bette begehrte, da er sich nicht ganz wohl fühlte. Er legte sich nieder, und weil es ihm bald wieder besser ging zitierte er den Freund mit der Gitarre zu sich, und nun wurde des Dichter» Leiblied, mit dem er gern den Abend beschloß, voll Begeisterung angestimmt. Es geht nach der Melodie des Lhopinschen Trauermarsches, und von seinem Inhalte gibt schon die erste Zeile die richtige Vor stellung. Sie heißt: „Nach dem Tode nutzt die Ab stinenz nichts mehr." Und jeder Bers klingt in die Mahnuna aus. darum das Trinken nicht zu ver gessen. Da« Lied war aus, der Dichter schlief ein, der Arzt suchte ebenfalls sein Lager auf. Gegen Morgen wirt er geweckt, weil es Hartleben plötzlich schlecht ging. Der Dichter fieberte, phantasierte und kam nicht mehr zum Bewußtsein. So dürfte jener Abendgesang die letzte bewußte Lebensaußerung des Dichters gewesen sein." Kunst un- Wissenschaft. * Amtliche Nachrichten von der Universität zu Leipzig. Zum Zwecke der Habilitation bei der medizinischen Fakultät wird der Assistent am hygie nischen Institut Dr. med. Arthur Seitz am Freitag, den 13. Februar, nachmittags 5 Uhr in den Räumen der medi insschen Fakultät (Augusteum, rechter Flügel, 2 Obergeschoß) seine Probevorlesung über folgendes Thema halten: „Ueber die neueren Me Heden der Abwasserbeseitigung." Dr Seitz war bereits Privntdozent in Bonn und ist mit dem Ordinarius für Hy iene Prof. Dr. Kruse von dort aus nach Leipzig übergesiedelt. Mit Rücksicht hierauf ist er von den übrigen Habilitationsleistunzen ent Kunden worden. — Der auße etatmäßige außer ordentliche Professor in der medizinischen Fakultät und Assistent am hygienischen Institut Dr. med. Paul Schmidt hat einen Ruf als ordentlicher Professor an die Universität Gießen erhalten und angenommen. Aus diesem Grunde hat ihm das Königliche Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts in Dresden die erbetene Entlassung aus seiner hiesigen Stellung für den 31. März d. I. genehmigt. * d'^ nnunzio's Trauerspiel. Franzeska da Nlmlni erlebte im Freiburger Stadttheater leine Erstaufführung in deuticher Sprache und wurde bei- fällig ausgenommen. * Wahrheit, ein neues Schauspiel von Carl Adolf Metz, wurde soeben vom Stadt theater Gießen zur Uraufführung an genommen. Di« Aufführung wird noch in diesem Wintersemester stattfinden. * Anna Pawlowa, die berühmte Primaballerina de» Kaiserlich Russischen Ballett«, wird im Mat d. 2. mit einem großen Ensemble aus den Ver einigten Staaten zuruckkehren und in Deutschland Vorstellungen veranstalten. Auch im K ö n i g l. Opernhaus in Dresden werden solche statt- inben. und zwar Mitte Mat. Anna Pawlowa wird »auptlächlich die tlassische Ballettkunst zur Dar- tellung bringen, wie sie noch im Kaiserlichen Theater n Petersburg gepflegt wird, während dort die mo derne Pantomime, vie ihre Anregung au« der Dun- canschule und ihren Nachahmern entnimmt, keinen Boden finden kann. * „Das verlorene Ich". Richard Schotts komische Oper, Musik von Waldemar Wendland, hatte im Hoftheater in Hannover einen lebhaften Erfolg. * verband Deutscher VLhnenschriftsteller. Gestern abend fand im „Rheingold" in Berlin die ordent liche General-Versammlung der Vertriebsstelle des Verbandes Deutsckrer Bühnenschriftsteller unter dem Vorsitz von Dr. Max Dreyer statt. Der Direktor der Vertriebsstelle, Dr. Artur Dinter, er stattete den Geschäftsbericht. Auf seinen Antrag wurde die Verteilung einer Dividende von 6 Prozent für das abgelaufene Geschäftsjahr be schlossen. An Stelle der verstorbenen Aufsichtsrats- mitgliedcr Dr. Adolf Milbrand und Dr. Jon Lehmann wurden Dr. Ludwig Ganghofer und Dr. Walter Harlan gewählt. * Aus der Eelehrtenwelt. Der Wiener Theologe Professor Rudolf Knopf hat einen Ruf an die Universität Bonn als Nachfolger des Ge heimrats Grafe angenommen. * Ein neuer Sprengstoff. (Eigener Draht berich t.l Der Erfinder des Melinits Herr Turpin, der seit diele » Jahren in erbittertem Streit mit den französischen Militärbehörden liegt, die er beschuldigt, ihm seine Erfindung widerrechtlich wegqenommen zu baden, und die sich ihrerseits an ihm rächten, indem sie ihn wegen Spionage und Landesve rats verfolgten und verurteilen ließen, hat ein neues Pulver erfunden, von dem er versichert, dag es allen gegenwärtig bekannten Sprengstoffen für Kriegszwecke weit überle zen ist. Dieies Pulver, das die chemische Bezeichnung Trinitrotoluen trägt, zeichnet sich nach den Angaben des Erfinders durch große Stetigleit aus. Es enthält nicht die geringste Spur von Nitratzellulose, bis zu 115 Wärme graden bleibt es «rocken und körnig, dann ichmilzt cs einfach. Bis 350 Graden besteht keine Gefahr der Selbstentzündung, lann also in einer Temperatur von 63 bis 70 Graden, wie sie in den Pulver- tammecn der Kriegsschiffe Herr cht, völlig aefohrlo« aufbewahrt werden, während das > -Pulver, da» an der Vernichtung der Schlachtschiffe „Jena" und der „Libertü" schuld ist, sich bei 35 Graden ent zünden kann. Das neue Pulver verrußt die Hand feuerwaffen nicht und liefert gleiche, oder sogar überlegene Schießergebnisse nne das gegen wärtig im Dienst gebrauchte Pulver. Seine Fa brikation ist einfach und rasch. In drei Tagen kann es hergestellt und zum Schießen benutzt werden, und es kostet ein Drittel io viel wie das S- Pulver oder die verwandten Sprengstoffe. Herr Turprn er'ählte einem Ausfrager, daß er es dem Kriegsministerium angeboten hat, daß dieses es jedoch nicht will. Das Ministerium verlangt, daß der Erfinder seine chemischen Formeln mitteile und Muster liejere. Das erklärt er unter keiner Bedin gung tun zu wollen. Einmal ist er der Frucht seiner Arbeiten beraubt worden, ein zweites Mäl will er sich einer derartigen Behandlung nicht aussetzen.
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